Tagtäglich wählen Journalisten aus einem riesigen Angebot einige wenige Ereignisse aus, die letztendlich als Nachricht veröffentlicht werden. Aus diesem Angebot wählt wiederum der Rezipient Nachrichten aus, die er für relevant hält.
Seit langem beschäftigt die Wissenschaft das Phänomen dieser Nachrichtenauswahl seitens der Journalisten oder der Rezipienten: Was macht die Nachricht zur Nachricht? Was sind die ausschlaggebenden Faktoren und wie sehen die Entscheidungskriterien der Journalisten aus?
Im Laufe der Zeit gab es mehrere Ansätze, die diesen Vorgang klären wollten. Diese Arbeit fokussiert sich auf die Nachrichtenwert-Forschung. „Dabei ist der Blick insbesondere auf bestimmte Ereignismerkmale (‚Nachrichtenfaktoren’) gerichtet, an denen sich die Auswahlentscheidung der Journalisten orientiert und die damit die Publikationswürdigkeit (‚Nachrichtenwert’) eines Geschehnisses bestimmt.“
Am Anfang stand vor allen Dingen die Presse im Mittelpunkt. In erster Linie sollten Inhaltsanalysen oder auch explorative Journalistenbefragungen Aufklärungen geben. Der bisherige Lauf der Nachrichtenwert-Forschung wird im folgenden zweiten Kapitel näher dargestellt. Dabei wird von den Theorien, die sich mit Nachrichten auseinandersetzen (Nachrichtenwert-Theorie, News Bias, Framing, Gatekeeper-Forschung), lediglich die Nachrichtenwert-Theorie thematisiert.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht eine Analyse der Studie xxx (siehe Kapitel drei), die in den drei Bereichen Fragestellung, Methode und Ergebnisse untersucht wird. Hierfür wird weitere Primär-/Sekundärliteratur verwendet. Anhand dieser Studie soll aufgezeigt werden, wie sich sowohl die Methode als auch die Nachrichtenwerte im Laufe der Zeit verändert haben. Dabei wird sich zeigen, wie die Nachrichten-Faktoren auf das Medium Fernsehen transformiert werden konnten. Abschließend soll anhand der vorliegenden Studie der aktuellste Stand der Nachrichtenwert-Forschung aufgezeigt werden. In der vorliegenden Studie sind zwar auch Aspekte verschiedener anderer Nachrichten-Theorien vorhanden, eine ausführliche Analyse über die Nachrichtenwert-Theorie hinaus würde aber den Rahmen dieser Arbeit sprengen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Überblick über die Nachrichtenwert-Forschung
2.1 Die Entstehung: Östgaard und Galtung/Ruge
2.2 Die Entwicklung: Sande, Schulz, Staab
3. Die Studie
3.1 Fragestellung
3.1.1 Medium
3.1.2 Kommunikator
3.1.3 Rezipient
3.2 Methode
3.2.1 Medium
3.2.2 Kommunikator
3.2.3 Rezipient
3.3 Ergebnisse
3.3.1 Medium
3.3.2 Kommunikator
3.3.3 Rezipient
4. Diskussion der Studie
5. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Tagtäglich wählen Journalisten aus einem riesigen Angebot einige wenige Ereignisse aus, die letztendlich als Nachricht veröffentlicht werden. Aus diesem Angebot wählt wiederum der Rezipient Nachrichten aus, die er für relevant hält. Seit langem beschäftigt die Wissenschaft das Phänomen dieser Nachrichtenauswahl seitens der Journalisten oder Rezipienten: Was macht die Nachricht zur Nachricht? Was sind die ausschlaggebenden Faktoren und wie sehen die Entscheidungskriterien der Journalisten aus?
Im Laufe der Zeit gab es mehrere Ansätze, die diesen Vorgang klären wollten. Diese Arbeit fokussiert sich auf die Nachrichtenwert-Forschung, deren Prinzip Kunczik/Zipfel zusammenfassen: „Dabei ist der Blick insbesondere auf bestimmte Ereignismerkmale (‚Nachrichtenfaktoren’) gerichtet, an denen sich die Auswahlentscheidung der Journalisten orientiert und die damit die Publikationswürdigkeit (‚Nachrichtenwert’) eines Geschehnisses bestimmt.“[1] Die Begriffe „Nachrichtenfaktor“ und „Nachrichtenwert“ werden im Weiteren nach dieser Definition benutzt.
Am Anfang stand vor allen Dingen die Presse im Mittelpunkt. In erster Linie sollten Inhaltsanalysen oder auch explorative Journalistenbefragungen Aufklärungen geben. Der bisherige Lauf der Nachrichtenwert-Forschung wird im folgenden zweiten Kapitel näher dargestellt. Dabei wird von den Theorien, die sich mit Nachrichten auseinandersetzen (Nachrichtenwert-Theorie, News Bias, Framing, Gatekeeper-Forschung), lediglich die Nachrichtenwert-Theorie thematisiert, um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen.
Im Mittelpunkt steht dabei eine Analyse der Studie „Der Wert von Nachrichten im deutschen Fernsehen“, die von der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) in Auftrag gegeben wurde. Die drei Bereiche Fragestellung, Methode und Ergebnisse werden separat dargestellt (siehe Kapitel drei). Anschließend folgt eine Diskussion über die Grundzüge der Nachrichtenwert-Forschung, wobei eine Kritik von Rosengren sowie die Entgegnungen von Winfried Schulz im Mittelpunkt stehen. Anhand dieser Auseinandersetzung folgt eine Einordnung der LfM-Studie.
Ziel dieser Arbeit ist es, anhand der analysierten Studie neue Erkenntnisse in der Nachrichtenwert-Theorie aufzuweisen. Es wird sich zeigen, wie die Nachrichtenwert-Theorie auf das Medium Fernsehen transformiert werden konnte und wie sich die Faktor-Struktur im Laufe der Zeit geändert hat.
2. Überblick über die Nachrichtenwert-Forschung
In diesem Kapitel liegt der Schwerpunkt auf der europäischen Forschungstradition. Eine komplette Darstellung würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten, auch wenn es teilweise Bezugspunkte zu früheren amerikanischen Ansätzen gibt.[2] Zudem wird die Studie von Karl-Eric Rosengren aus dem Jahr 1970 nicht an dieser Stelle vorgestellt, da sie nicht so sehr als Grundlage für die folgende Analyse sonder vielmehr als Basis für die abschließende Diskussion geeignet ist (vgl. Kapitel vier).
2.1 Die Entstehung: Östgaard und Galtung/Ruge
Als Gründer der europäischen Nachrichtenwert-Forschung gelten Einar Östgaard sowie Johan Galtung und Mari Holmboe Ruge. Im Jahre 1965 veröffentlichte Östgaard die Arbeit „Factors Influencing the Flow of News“. Er hatte zuvor Inhaltsanalysen der letzten Jahre gesammelt und miteinander verglichen. Ihn interessierten die „Ursachen und Folgen von Verzerrungen im internationalen Nachrichtenfluß“.[3] Seine Vermutung war, „that there are factors which can be singled out for attention an systematically analysed, and which… affect the flow of the news“.[4] Östgaard wollte „causal relationships between the news media and other phenomena in the international society“ herausfinden.[5] Zum einen konnte er Ereignis-unabhängige Faktoren wie etwa politische Zensur oder ökonomische Zwänge aufweisen, zum anderen sei die Berichterstattung insbesondere „von den drei Faktoren ‚Vereinfachung’ (einfache Sachverhalte werden komplexeren vorgezogen bzw. komplexere vereinfacht), ‚Identifikation’ (Nähe des Ereignisses, Status beteiligter Personen, Personalisierung von Nachrichten) und ‚Sensationalismus’ (Unglücke, Konflikte, Klatsch)“ geprägt.[6]
Angelehnt an Östgaard fassten Johan Galtung und Marie Holmboe Ruge in ihrer Studie „The Structure of Foreign News“ zwölf Nachrichtenfaktoren zusammen:[7]
Frequency, threshold (absolute intensity, intensity increase), unambiguity, meaning fulness (cultural proximity, relvance), consonance (predictability, demand), unexpectedness (unpredictability, scarcity), continuity, composition, reference to elite nations, reference to elite people, reference to persons, reference to something negative.
Die Forscher wiesen bereits darauf hin, dass „interesting inter-relations“ zwischen den Nachrichtenfaktoren bestehen.[8] Zudem formulierten sie fünf Hypothesen:[9]
1. The Selection Hypothesis: The more the event satisfies the criteria mentioned, the more likely that it will be registered as news.
2. The Distortion Hypothesis: Once a news item has been selected, what makes it news-worthy will be accentuated.
3. The Replication Hypothesis: Both the process of selection and the process of distortion will take place at all steps in the chain from the event to the reader.
4. The Additivity Hypothesis: The more news factors an event satifies, the higher the probability that it will become news, and even make headlines.
5. The Complementarity Hypothesis: If an event is low on one factor, then it will have to be high on some other factor to make news at all.
Auch stellten Galtung und Ruge bereits fest, dass nicht nur auf Kommunikator-Seite sondern auch beim Rezipienten eine Selektion stattfand, bei der Nachrichtenwerte eine Rolle spielten: „… on the contrary, it ist the personal image, not the newspaper that counts…“[10] In ihrer Untersuchung beschränkten sie sich aber auf den Kommunikator.
2.2 Die Entwicklung: Sande, Schulz, Staab
Aufgegriffen wurde der Ansatz von Galtung & Ruge zunächst von Æystein Sande im Jahr 1971. Während Galtung und Ruge lediglich den Tatbestand der Veröffentlichung berücksichtigten, verfeinerte Sande die Methode, „indem er den Beachtungsgrad einer Nachricht (Häufigkeit der Berichte, Platzierung und Länge der Artikel) als Indikator für den Einfluß von Nachrichtenfaktoren einführte.“[11] Sande sprach bei hervorgehobenen Nachrichten von „big news“.[12] Er wies einen Einfluss der Faktoren Negativismus, Kontinuität, Elite-Personen und Elite-Nationen nach. Auch bestätigte er die von Galtung und Ruge aufgestellte Additivtäts- und Komplementärhypothese.
Nochmals verbessert wurde Sandes Untersuchungsmethode von Winfried Schulz, der 1975 zusätzlich eine „Intensitätsabstufung“ der Nachrichtenfaktoren einführte.[13] Schulz bezog zudem die nationale und nicht-politische Berichterstattung in seine Untersuchung ein und überarbeitete den Nachrichtenfaktoren-Katalog von Galtung/Ruge. Er kam zu dem Ergebnis, dass „nach unseren Befunden... vor allem die Faktoren Thematisierung, Persönlicher Einfluß (Elite-Status), Ethnozentrismus, Negativismus, aber auch Erfolg als Determinanten für hohen Nachrichtenwert angesehen werden.“[14] Später schließt Schulz zudem den Rezipienten durch eine Befragung in seine Untersuchung ein.
Abschließend soll eine Studie von Joachim Friedrich Staab vorgestellt werden, der das bisher vertretene Kausalmodell durch das Finalmodell ergänzte.[15] Das Finalmodell geht davon aus, dass Journalisten gemäß ihrer Intentionen (vor allem politischen) bestimmten Ereignissen selbst Faktoren zuschreiben. Staab analysierte die Nachrichtengebung von insgesamt sechs Mediengattungen (neben verschiedenen Zeitungen auch den dpa-Basisdienst sowie die Hauptnachrichtensendung von ARD und ZDF).[16] Er stellte heraus, dass „die Nachrichtenfaktoren – mit Ausnahme der räumlichen Nähe von Ereignissen, die ‚objektiv’ messbar ist – lediglich indizierbar (quasi-objektiv) bzw. konsensbedingt (subjektiv) sind.“[17] Außerdem ließen sich die Faktoren nicht zu verschiedenen Dimensionen zusammenfassen: „Die Faktoranalysen führten... zu unbefriedigenden Lösungen, so daß sich die Nachrichtenfaktoren als im wesentlichen voneinander unabhängig und damit nicht redundant voneinander erwiesen.“[18] Bei der Überprüfung des Kausalmodells kommt Staab zu dem Schluss, dass Nachrichtenfaktoren starken Einfluss auf den Umfang einer Nachricht, weniger aber auf die Platzierung ausüben würden.[19] Dies sei unter anderem ein Grund dafür, dass das Kausalmodell nicht alleine sonder ergänzt durch das Finalmodell betrachtet werden müsse.[20]
3. Die Studie
3.1 Fragestellung
Orientiert an der erläuterten Nachrichtenwert-Theorie lässt sich das Ziel der LfM-Studie formulieren: „Das erkenntnisleitende Interesse der Studie liegt in der Frage, wie in den bundesweit relevantesten TV-Nachrichtensendungen Ereignisse als Nachrichten dargestellt und bewertet werden.“[21] In erster Linie berücksichtigt seien die Faktoren Drama, Intimität und Personalisierung. Eine Veränderung der Nachrichten hinsichtlich dieser Faktoren stehe unter besonderer Beobachtung.[22]
In meiner Analyse sollen die drei Teilbereiche Kommunikator (Journalist), Medium (Nachricht) und Rezipient (Fernsehzuschauer) differenziert untersucht werden.
[...]
[1] Kunczik, M./Zipfel, A. (2001) „Publizistik: Ein Studienhandbuch“, Köln; Weimar; Wien; Böhlau.
[2] Der Amerikaner Walter Lippmann entwickelte bereits 1922 die Grundzüge des heutigen Konzeptes und führte den Begriff „News Value“ ein. Charles Merz führte 1925 die erste empirische Untersuchung in Bezug zu Lippmanns Konzeption durch.
[3] Kunczik/Zipfel (2001), S. 247.
[4] Östgaard, Einar (1965) „Factors Influening the Flow of News“, Oslo. In: Journal of Peace Research 2, S. 39
[5] Östgaard (1965), S. 39.
[6] Vgl. Östgaard (1965), S. 45-51. Zitiert nach: Kunzcik/Zipfel (2001), S. 247.
[7] Galtung, Johan/Ruge, Marie Holmboe (1965) „The Structure of Foreign News: The Presentation of the Congo, Cuba and Cyprus Crises in Four Norwegian Newspapers“, Oslo. In: Journal of Peace Research 2, S. 70f.
[8] Galtung/Ruge (1965), S. 21.
[9] Galtung/Ruge (1965), S. 222f.
[10] Galtung/Ruge (1965), S. 65.
[11] Kunczik/Zipfel (2001), S. 249f.
[12] vgl. Sande, Øystein (1971) „The Perception of Foreign News“. In: Jorunal of Peace Research 8, S. 226.
[13] Schulz (2. Auflage von 1990; zuerst 1976) „Die Konstruktion von Realität in den Nachrichtenmedien: Analyse der aktuellen Berichterstattung“, Freiburg/München, S. 37.
[14] Schulz (1990), S. 116.
[15] Mit Kausalmodell sind die bisher thematisierten Ansätze gemeint, die davon ausgehen, dass bestimmte Nachrichtenfaktoren eines Ereignisses die Publikations-Wahrscheinlichkeit erhöhen.
[16] vgl. Staab, Joachim Friedrich (1990) „Nachrichtenwert-Theorie: Formale Struktur und empirischer Gehalt“, Freiburg/München. S. 210.
[17] Staab (1990), S. 208.
[18] Staab (1990), S. 210.
[19] Staab (1990), S. 211.
[20] vgl. Staab (1990), S. 213f.
[21] Ruhrmann, Georg (2003) „Der Wert von Nachrichten im deutschen Fernsehen: Ein Modell zur Validierung von Nachrichtenfaktoren“, Opladen. S. 23.
[22] vgl. Ruhrmann (2003), S. 23.
- Quote paper
- Moritz Förster (Author), 2004, Die Nachrichtenwert-Forschung: Eine Analyse mit Schwerpunkt 'Fernsehen', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37909
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