Welcher Unternehmer träumt nicht davon, jährlich fette Gewinne einzufahren und die Firma wachsen zu sehen? Nur, wie erreicht man dieses Ziel? Franz-Josef Sei-densticker hält in seinem 2004 erschienen Artikel mit dem Titel „Wege zu nachhaltig profitablem Wachstum: Vom empirischen Erfolgsmuster zur individuellen Unternehmensstrategie“ Antworten auf diese Frage bereit. In einem ersten Teil werden diese zusammengefasst. Aber sind sie auch überzeugend genug? Damit setzt sich dieser Bericht in der zweiten Hälfte auseinander.
1. Einleitung
Welcher Unternehmer träumt nicht davon, jährlich fette Gewinne einzufahren und die Firma wachsen zu sehen? Nur, wie erreicht man dieses Ziel? Franz-Josef Seidensticker hält in seinem 2004 erschienen Artikel mit dem Titel „Wege zu nachhaltig profitablem Wachstum: Vom empirischen Erfolgsmuster zur individuellen Unternehmensstrategie“ Antworten auf diese Frage bereit. In einem ersten Teil werden diese zusammengefasst. Aber sind sie auch überzeugend genug? Damit setzt sich dieser Bericht in der zweiten Hälfte auseinander.
2. Zusammenfassung des Artikels
Franz-Josef Seidenstickers Artikel lässt sich in drei Abschnitte unterteilen: Im ersten stehen die Fragen im Vordergrund, weshalb nachhaltig profitables Wachstum anzustreben ist und wie dies erreicht werden kann. Der zweite Teil liefert Antworten dazu. Im abschliessenden, dritten Abschnitt wird die Expansion als Möglichkeit zur Erwirtschaftung dauernden Profits behandelt. Es wird näher darauf eingegangen, was es dabei besonders zu beachten gilt.
Eine langfristig erfolgreich agierende Firma beschäftige motivierte Mitarbeiter und komme einfach zu Geldkapital. Ausserordentlich wenige Unternehmen hätten es in den letzten zehn Jahren hingegen zustande gebracht, auf Dauer angemessene Wachstumsraten zu erzielen. Wachstumsraten seien dann auf Dauer angemessen, wenn das reale Umsatz- und Gewinnwachstum von Jahr zu Jahr jeweils um mindestens 5.5 % gesteigert werden könne und die Dividenden aus dem Eigenkapital die Kapitalkosten mindestens decken würden. In den 1990er-Jahren hätten lediglich 13.0 % aller weltweit tätigen, grossen Firmen diese Kriterien erfüllt.
Eine Voraussetzung für ein langfristig profitables Wachstum sei die Konzentration von Kräften auf das „Kerngeschäft“ der Unternehmung. Das Kerngeschäft bilde im dazugehörenden Kernmarkt denjenigen Bereich, in dem eine Firma ihre schlagkräftigsten Wettbewerbsvorteile („Kernkompetenzen“) nutzen könne. Um dieses Geschäft eruieren zu können, bedürfe es einer sorgfältigen Lagebeurteilung, die nicht nur die Gegenwart im Blick haben solle, sondern möglichst die Zukunft miteinzubeziehen habe. Gelinge es den Führungskräften zusätzlich, im Kernmarkt den ersten Platz zu erkämpfen, dann sei der wesentlichste Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft gelegt. Es gelte dann aber, den Markt weiter im Auge zu behalten und, sofern nötig, den Kernmarkt neu zu bestimmen. Zahlreiche Firmen würden jedoch die vorhandenen Möglichkeiten zur Umsatz- und Gewinnsteigerung im entsprechenden Kerngeschäft zu wenig ausreizen. Manager übersähen am häufigsten die Möglichkeit, bereits gebundene Kunden noch stärker zu binden, indem sie ihnen preislich höher angesiedelte Substitute anbieten würden. Weitere Massnahmen bestünden darin, die Investitionen in Forschung und Entwicklung zu erhöhen oder die Produktionsprozesse soweit zu verbessern, dass die Herstellungskosten sinken würden.
Die oben angeführten Ausschöpfungsmöglichkeiten seien jedoch limitiert. Um den Profit weiter erhöhen zu können, erscheine eine Expansion unausweichlich. Wer jedoch eine erfolgreiche Expansion wolle, der müsse darauf achten, dass die Erwerbungen vom bestehenden Kerngeschäft nicht zu weit entfernt lägen. Selbst wenn eine Unternehmung Marktleader sei, könne eine Diversifikation schwerwiegende Folgen haben, weil nicht vorhandene Synergien einen Mehraufwand erforderten, der das Budget der Unternehmung strapazieren könne. Um eine extreme Abweichung vom Kernmarkt zu verhindern, sei eine minutiöse Analyse des Marktes durchzuführen; es müsse demnach bekannt sein, was der Kunde wünsche. So vermeide die Firma, am neuen Markt vorbeizuproduzieren. Doch die Nähe zum Kerngeschäft alleine bilde noch keine solide Grundlage für einen Erfolg. Stattdessen müsse die Expansion Schritt für Schritt erfolgen. Im Falle weiterer Expansionspläne sei eine bewährte Vorgehensweise wichtig, weil sie es ermögliche, zukünftige Akquisitionen schneller durchzuführen.
Nach Franz-Josef Seidensticker ist ein langfristig optimaler Weg des Wachstums über die Stufen Kerngeschäft , Marktleader und vorsichtige Expansion, die vom Kerngeschäft ausgehe, vorhanden.
3. Würdigung
Die Struktur und der Aufbau überzeugen grundsätzlich. Zu Beginn teilt Franz-Joseph Seidensticker in einem Abstract deutlich mit, worum es geht. Er erwähnt das Hauptthema der langfristigen Rentabilität, stellt das Problem der Machbarkeit klar vor und nimmt die Kernthese der Existenz eines überlegenen Wachstumspfades vorweg. Mit dem einleitenden, ersten Kapitel führt er den Leser an das Thema heran, zeigt die zentralen Fragen auf und unterstreicht die Wichtigkeit des Problems (siehe erste und dritte Spalte). Nach dem 12-seitigen Hauptteil zählt Seidensticker die wichtigsten Ergebnisse im Fazit nochmals auf und gibt eine Handlungsempfehlung mit auf den Weg, nämlich die der „Sorgfalt der Analyse“. Der Text ist ausserdem logisch aufgebaut: Seidensticker beginnt mit der Einführung des „Kerngeschäfts“ und dessen Bedeutung, um darauf aufbauend die „Marktführerschaft“ ins Spiel zu bringen sowie die nahe am Kerngeschäft durchgeführte Expansion zu erläutern. Das Kapitel „2.4 Expansion über den Kern hinaus“ ist zu umfangreich geraten, so dass sich der Autor auf den Seiten 329 und 330 in Wiederholungen verliert. Aufgrund der Tatsache, dass sowohl das Abstract als auch die Einleitung die zentralen Fragestellungen und Hauptthemen enthalten, ist die Problemstellung klar. Relevant ist sie ebenfalls, da nur eine gesunde Unternehmung langfristig überleben kann.
Die Beantwortung des Problems „Wie kann eine Unternehmung langfristig erfolgreich operieren?“ weist bezüglich der Definition des Massstabs, des Miteinbezugs äusserer Rahmenbedingungen, des Aufbaus der Argumente sowie der benutzten Quellen Schwächen auf: Wenn man den Entstehungshintergrund der drei Sollgrössen näher betrachtet, fällt auf, dass der Autor nicht begründet, weshalb er auf die Benutzung anderer betriebswirtschaftlicher Kennzahlen verzichtet. Ferner wird der Vorwurf mangelhafter Differenzierung laut. Die drei Kriterien dieser Messlatte seien ein „Querschnitt von Strategieplänen“ (Seite 318). Aber ein Querschnitt wovon? Von welchen Strategieplänen denn genau? Welche Unternehmungen stehen dahinter? Stammen alle aus derselben Branche? Falls ja, wovon man als Leser nicht ausgehen kann, von welcher Branche denn genau? Falls nein, ist es dann angebracht, für unterschiedliche Branchen ein einheitliches Messsystem aufzustellen? Es wäre möglich, dass es beispielsweise in der Luxusgüterindustrie aufgrund einer anderen Marktart völlig andere Spielregeln zu beachten gilt als in der Verpackungsindustrie. Das würde von Führungskräften ein anderes Vorgehen in der Planung erfordern. Es ist aus diesen Gründen fraglich, ob die Beispiele in Form von Statistiken und ähnlichen Analysen aussagekräftig sind. Einerseits ist eben nicht klar, vor welchem Hintergrund der Massstab genau zustande kam und andererseits haben Fragmente wie „untersuchte Grossunternehmen weltweit“ (Seite 320) eine noch zusätzlich mindernde Wirkung, weil erneut nicht ersichtlich wird, welche Grossunternehmen gemeint sind. Ausserdem ist Franz-Joseph Seidenstickers Text nicht zu entnehmen, worauf sich „weltweit“ bezieht. Dasselbe gilt für „globale Studie“ und „jüngsten Untersuchungen“ (Seite 320 und 321). Einzig auf den Seiten 326 und 328 differenziert Seidensticker mit „Unternehmenspaaren aus verschiedenen Branchen“, um dann diese gewonnene Klarheit mit der fehlenden Angabe nach dem geographischen Wo sogleich wieder zunichte zu machen.
Das Wo ist nämlich für den nächsten Punkt von Relevanz. Der Autor blendet die äusseren Rahmenbedingen grösstenteils komplett aus. Anspruchsgruppen wie der Staat könnten auch einen Einfluss auf den Geschäftsverlauf einer Firma haben. Je nach Land sind die vorherrschenden Rahmenbedingungen, wie die Höhe der Unternehmenssteuer, verschieden. Sind sie in einem bestimmten Land zum Zeitpunkt einer Untersuchung ungünstig, könnte es dem Management einer Firma entsprechend schwer fallen, die von Seidensticker aufgestellten drei Kriterien überhaupt zu erfüllen. So wird auf Seite 321 eine Untersuchung erwähnt, die zwischen 1994 und 2003 in der Schweiz sowie Deutschland durchgeführt worden sei. Dabei geht Seidensticker nicht näher darauf ein, wie zum Zeitpunkt der Untersuchung die jeweiligen staatlichen Rahmenbedingungen aussahen.
Die undifferenzierte Auslegung der Erfolgskriterien, Analysen und Untersuchungen hat mit dem fehlenden Einbezug äusserer Rahmenbedingungen zur Folge, dass die Argumente insgesamt nicht überzeugen, weil Seidensticker die Resultate der Untersuchungen häufig als Beweise in seine Argumente einbaut, so zum Beispiel auf den Seiten 322 und 326. Dies bringt das Fundament der Hauptthesen („Marktführerschaft“, „Kerngeschäft“) ins Wanken und lässt an der Schlüssigkeit der Argumente zweifeln.
Dazu tragen auch die fehlenden Einschränkungen bei. Dies trifft im Falle der These „Expansion nahe am Kernmarkt“ (Seite 328) zu. Seidensticker könnte hier mit Gegenbeispielen die Glaubwürdigkeit seiner Aussage verbessern. Weil er das unterlässt, gelangt man als Leser zu der Ansicht, die Beweise seien nicht repräsentativ, sprich die Argumentation nicht konsistent genug. Auf Seite 329 werden zum Beispiel Gillettes Akquisitionen als Beispiele misslungener Expansionsschritte erwähnt. Doch weshalb lässt der Autor Beispiele anderer Unternehmungen weg, die genau das getan haben, wovon er abrät? Jungbluth (2004) zeigt, dass der Familienkonzern Oetker in den verschiedensten Bereichen wie Nahrungsmittel, Schifffahrt oder Bankwesen erfolgreich wirtschaftet. Ein weiteres Stichwort ist General Electric. Jack Welch (2001) über die Expansionen von GE: „Von 1997 bis 2000 übernahm der medizinische Bereich 40 Dienstleistungsunternehmen. Der Energiebereich kam auf 31 und der Bereich Flugzeugtriebwerke auf 17 Übernahmen. Selbst der Transportbereich . . .“ (S. 335). Ähnlich verhält es sich mit dem Geltungsbereich der Thesen. Sie gelten nur innerhalb des mit Hilfe der drei Kriterien definierten Rahmens. Dass im Hinblick auf eine andere „Messlatte“ die praktischen Empfehlungen freilich anders sein könnten, lässt Seidensticker gänzlich weg. Stattdessen beleuchtet er das Problem fortwährend vom Ansatz der drei Kriterien her, was seinen Text unwissenschaftlich erscheinen lässt.
Auch die Quellen destabilisieren die Beweise wesentlicher Thesen beträchtlich. Sie sind bezüglich ihres Ursprungs zu einseitig, was die soeben genannte, undifferenzierte Betrachtungsweise kennzeichnet. Entweder sind die Quellen aus dem Hause Bain and Company oder von Zook. Der Autor zieht von Seite 327 bis 331 sogar Quellen hinzu, die aus eigener Feder stammen. Die Vermutung liegt nahe, dass der Autor die Hintergründe eigener Analysen und Untersuchungen am besten kennt und ihnen somit am ehesten vertraut. Das ist jedoch eine subjektive Interpretation. Er wäre glaubwürdiger, wenn er mehr fremde, wissenschaftliche Quellen hinzugezogen hätte. Des Weiteren ist die Verlässlichkeit der Bücher in Frage zu stellen, womit folgende Fragen verbunden sind: Welche Qualität weisen die angegebenen Quellen auf? Mit welchen Quellen wurde bei der Entstehung dieser Bücher gearbeitet?
Infolge der oben genannten Schwächen in der Beantwortung der Fragestellung, ist der Artikel für Unternehmer nur wenig ergiebig und innovativ.
4. Fazit
Obwohl es am Aufbau und an der Struktur, aber auch bezüglich der Relevanz und Klarheit der Problemstellung wenig zu bemängeln gibt, vermögen diese positiven Merkmale des Textes die negativen nicht zu kompensieren. Infolge der undifferenzierten Auslegung von Messlatte, Analysen und Statistiken können Seidenstickers Thesen gar nicht genügend überzeugen. Fehlende Gegenbeispiele aus der Praxis erwecken zudem den Verdacht, der Autor wolle Widersprüchlichkeiten verdecken. An dieser Stelle seien Oetker oder GE genannt, die mit Diversifikation durchaus erfolgreich fahren. Dies führt zur weiterführenden Frage: Hat der Unternehmensaufbau etwa einen Einfluss darauf, ob eine Diversifikation erfolgreich verläuft?
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- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2006, Wege zu nachhaltig profitablem Wachstum. Vom empirischen Erfolgsmuster zur individuellen Unternehmensstrategie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/378250
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