Optische Mikroskope sind eine der wenigen Möglichkeiten, um lebende Organismen zu untersuchen. Ihre Auflösungsfähigkeit ist jedoch durch Beugungseffekte auf einige hundert Nanometer begrenzt, sodass molekulare Strukturen lange Zeit im Verborgenen blieben. Durch das Markieren bestimmter Arten von Proteinen mit fluoreszenten Molekülen ist es jedoch gelungen, Aussagen über molekulare Strukturen in der Größenordnung weniger Nanometer zu treffen und das Zellinnere näher zu erforschen. Bei diesem Versuch werden wir die Methode des Förster-Resonanzenergietransfers (FRET) kennenlernen und anwenden, um Proteinabstände in einigen Proben menschlicher HeLa-Zellen zu bestimmen und die in dem Prozess auftretenden Fehlerquellen zu untersuchen.
Inhaltsverzeichnis
1. Zielstellung des Versuches
2. Theoretischer Hintergrund
3. Fragen zur Vorbereitung
4. Versuchsaufbau und Messtechniken
5. Messprotokoll
6. Auswertung
7. Fazit
1. Zielstellung des Versuches
Optische Mikroskope sind eine der wenigen Möglichkeiten, um lebende Organismen zu untersuchen. Ihre Auflösungsfähigkeit ist jedoch durch Beugungseffekte auf einige hundert Nanometer begrenzt, sodass molekulare Strukturen lange Zeit im Verborgenen blieben. Durch das Markieren bestimmter Arten von Proteinen mit fluoreszenten Molekülen ist es jedoch gelungen, Aussagen über molekulare Strukturen in der Größenordnung weniger Nanometer zu treffen und das Zellinnere näher zu erforschen.
Bei diesem Versuch werden wir die Methode des Förster-Resonanzenergietransfers (FRET) kennenlernen und anwenden, um Proteinabstände in einigen Proben menschlicher HeLa-Zellen zu bestimmen und die in dem Prozess auftretenden Fehlerquellen zu untersuchen.
2. Theoretischer Hintergrund
FRET ist ein physikalischer Effekt, der die strahlungsfreie Übertragung von Energie zwischen zwei mit unterschiedlichen Farbstoffen markierten Molekülen beschreibt. Der Effekt kann in beide Richtungen ablaufen, wir beschränken uns jedoch auf die Energieübertragung in eine Richtung. Einer der Farbstoffe (Donor) wird mit Licht angeregt. Wenn Moleküle des zweiten Farbstoffes (Akzeptor) in der Nähe des Donors sind, werden diese durch Dipol-Dipol-Wechselwirkungen angeregt und geben selbst Photonen einer größeren Wellenlänge beim Übergang in den Grundzustand ab.
Der Donor wird durch ein Photon in einen angeregten Schwingungszustand gebracht und geht innerhalb von Picosekunden in den normalen angeregten Zustand über. Von dort aus könnte der Donor durch Abgabe eines Photons wieder in den Grundzustand übergehen (Fluoreszenz). Ist ein geeigneter Akzeptor in der Nähe, wird durch Dipol-Dipol-Wechselwirkungen die Energie auf diesen strahlungsfrei übertragen. Der Akzeptor geht erneut durch Relaxation von seinem angeregten Schwingungszustand in seinen angeregten Zustand über, von dem aus er durch Abgabe eines langwelligen Photons in den Grundzustand gelangt. FRET äußert sich also in einer Verminderung der Fluoreszenz des Donors und in einer Erhöhung der Emission im Spektrum des Donors. [1]
Bei unserem Versuch sind Donor und Akzeptor zwei mit dem cyanen Farbstoff CFP und dem gelben Farbstoff YFP markierte Pleckstrin-Homologiedomänen (PH), die an das Lipid Phosphatidylinositol(4,5)-Bisphosphat in der Zellmembran binden. Der Energietransfer lässt sich durch die Aktivierung des Moleküls mit einer Phospholipase verändern. Diese bewirkt, dass die PH-Domänen sich von der Zellwand ablösen und ins Innere der Zelle treiben. Dabei wird der Abstand zwischen CFP und YFP größer und die FRET-Effizienz nimmt ab.
Ein Maß für den Abstand von Donor und Akzeptor ist der Försterradius. Bei dieser Distanz erfolgt der Energietransfer genau zu 50%. Es gilt der Zusammenhang
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hierbei bezeichnet Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten den Försterradius. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten symbolisieren die Raten für Energietransfer, den strahlungslosen Abbau des angeregten Zustandes des Donors sowie die spontane Fluoreszenz des Donors.
3. Fragen zur Vorbereitung
a) „Wie kommt man bei einer Dipol-Dipol-Wechselwirkung zum FRET-Effekt? Was bedeutet der Försterradius?“
Ein mögliches Modell der Energieübertragung basiert auf der Dipol-Dipol-Wechselwirkung. Der Donor überträgt dabei seine Schwingung auf den Akzeptor. Dabei ist die Orientierung der Dipole wichtig, da ein Dipol keine Energie entlang seiner Ausrichtungsachse abgeben kann.
Der Försterradius ist ein Maß für den Abstand von Donor und Akzeptor. Er ist definiert als die Distanz, bei der der Energietransfer noch zu genau 50% erfolgt. Die Proportionalität des Energietransfers zu Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ergibt sich direkt aus der Dipol-Dipol-Wechselwirkung, da das Feld eines Dipols proportional zu Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist.
b) „Was passiert, wenn Donor und Akzeptor feste Orientierungen haben? Welche Grenzfälle gibt es? Kann es auch FRET vom Akzeptor auf den Donor geben?“
Wenn die Orientierung von Donor und Akzeptor fixiert ist, dann ist der einzige Freiheitsgrad in der Energieübertragung deren Abstand. Die Grenzfälle bestehen in kollinearer (bester Energieübertrag) und orthogonaler (kein Energieübertrag) Orientierung. Es besteht folgender Zusammenhang:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dabei bezeichnen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten den Winkel zwischen Emissionsdipol des Donors und Absorptionsdipol des Akzeptors und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten sowie Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten die Winkel zwischen den jeweiligen Farbstoffen und deren Verbindungsvektor.
FRET kann auch vom Akzeptor zum Donor ablaufen, wenn deren Spektren ausreichend überlappen.
c) „Warum kann man nicht einfach den Donor anregen und schauen ob im Spektralbereich des Akzeptors Licht detektierbar ist? Nötige Korrekturen?“
Da die Spektren von Donor und Akzeptor stark überlappen, müssen leak-through vom Akzeptor im CFP-Kanal, vom Donor im CY-Kanal und von der Sensitized Emission im CFP-Kanal sowie die cross-excitation vom Akzeptor digital herausgerechnet werden.
d) „Geht das Experiment nur mit einem Epi-Fluoreszenzmikroskop? Alternativen?“
Auch wenn das Epi-Fluoreszenzmikroskop der gängigste Gerätetyp für diese Anwendung ist, gibt es zahlreiche Alternativen. Nennenswert sind das Lichtscheibenmikroskop, bei dem das Anregungslicht von der Seite über den Glasträger zur Probe gelangt, sowie das konfokale Laser-Scanning Mikroskop, bei dem die Probe mit einem auf einen Punkt fokussierten Lichtstrahl pixelweise abgerastert wird.
e) „Was passiert, wenn man anderes Objektiv nimmt?“
Das Objektiv bestimmt die Vergrößerung und Auflösung des Mikroskops. Wir verwenden ein Öl-Immersionsobjektiv, d.h. wir setzen zwischen das Objektiv und den Probenträger einen Öltropfen. Dadurch ist der Brechungsindex zwischen Objektiv und Probe größer und der Winkel des einfallenden Lichts kleiner. Gemäß
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
erhalten wir eine schärfere Auflösung.
f) „Welchen Abstand sollten PH-CFP und PH-YFP haben um FRET zu sehen?“
Der Abstand sollte im Bereich des Försterradius iegen. Die Größenordnung ist 5nm.
g) „Warum verändert sich die FRET-Effizienz, wenn man die Lipase aktiviert?“
Die Aktivierung durch die Phospholipase bewirkt ein Abtrennen der Farbstoffmoleküle von der Zellmembran. Im Inneren der Zelle haben diese dann einen größeren Abstand zu einander, sodass die FRET-Effizienz dort niedriger ist.
4. Versuchsaufbau und Messtechniken
Unsere Experimente werden wir mit einem Epi-Fluoreszenzmikroskop mit Kamera und Öl-Imersionsobjektiv durchführen.
Wir werden nach einigen Korrekturmessungen wie dem Bildrauschen die erhöhte Abstrahlung von Photonen im Spektrum von YFP messen, sobald FRET einsetzt. Diese Methode ist auch als Sensitized Emission bekannt. Daraus bestimmen wir dann ein Bild der FRET-Effizienz, was uns Auskunft über den Abstand von Donor und Akzeptor im jeweiligen Bildbereich liefert.
5. Messprotokoll
Verwendete Geräte:
Leica DMI4000 Epi-Fluoreszenzmikroskop, Uni BT Inv.-Nr. 92893
Leica DFC 360 FX Kamera
HCX PL APO 100x/1.40 Öl-Immersionsobjektiv
Temperaturregelung
5.1. Kamerarauschen und Identifikation von Fehlerquellen
Zuerst untersuchen wir die Sensitivität der Kamera und deren Rauschen (statistische Abweichung einzelner Pixelwerte vom eigentlichen Signal). Das Bildrauschen tritt bereits auf, wenn der Kamerasensor nicht belichtet wird. Es ist primär auf Dunkelrauschen der Pixel des Sensors sowie auf den Verstärker zurückzuführen.
Für die Messung nehmen wir für zwei unterschiedliche Einstellungen (Gain 1, Exposure 5ms und Gain 10, Exposure 5ms) jeweils zwei Bilder A und B auf. Weiterhin identifizieren wir mögliche Fehlerquellen anhand vorbereiteter fixierter Zellproben, wobei wir den maximalen dynamischen Bereich der Kamera nutzen. Für fünf unterschiedliche Belichtungszeiten quantifizieren wir das nötige Gain für jeweils drei unterschiedlich exprimierende Zellen für CFP und YFP. Unsere Einstellungen sind in folgenden Tabellen zusammengetragen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Auffällig war, dass bei zu hoher Beleuchtung die Zellen sehr schnell ausblichen. Das Ausbleichen ist auf unerwünschte chemische Reaktionen der Chromophoren unter Lichteinfall zurückzuführen. Die Reaktionen sind nur zu einem gewissen Anteil chemisch reversibel. Dabei entstehen unter Anderem Radikale, welche sich schädlich auf lebende Zellen auswirken.
Wir wählten daher für die Messung des dynamischen Bereiches eine niedrige Beleuchtungsstärke von 17%. Außerdem begannen wir mit der Messung bei hohem Gain und kurzer Belichtungszeit.
Anschließend quantifizieren wir durch mehrfache Belichtung derselben Zelle mit unterschiedlichen Belichtungszeiten bei sonst gleichen Einstellungen die Ausbleichraten von CFP und YFP.
Wir messen für CFP und YFP jeweils 2 Zellen bei jeweils zwei unterschiedlichen Belichtungszeiten jeweils 5 Minuten lang und nehmen alle 5 Sekunden ein Bild auf. Um den Effekt des Ausbleichens zu verstärken, wählten wir bei dieser Messung eine etwas höhere Beleuchtungsstärke.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
5.2. Einstellung der Feldblende
Die Feldblende begrenzt den ausgeleuchteten Bereich der Probe. Der Bereich sollte gerade größer sein als das Sichtfeld, damit man den maximal möglichen Bereich sehen kann und gleichzeitig ein Ausbleichen der Probe außerhalb des Sichtfeldes verhindert wird. Wir stellen die Feldblende zu Beginn auf Größe 6 (quadratisch). Wir verändern diese Einstellung im Laufe des Versuches nicht mehr.
5.3. Köhlerbeleuchtung
Wir führen einige qualitative Hellfeldaufnahmen durch. Dazu stellen wir die Köhlersche Beleuchtung ein: Wir öffnen die Feld- und Aperturblenden, stellen die Probe scharf, schließen die Feldblende vollständig und stellen die Abbildung der Feldblende erneut durch Ändern der Kondensorhöhe scharf, während wir die Blende zentrieren. Wir öffnen die Feldblende gerade soweit, dass sie aus dem Sichtfeld verschwindet und entfernen eine Okularstutze. Schließlich schließen wir die Aperturblende so weit, dass etwa 2/3 der Pupille abgedeckt sind. Mit diesen Einstellungen wird die Probe in maximaler Schärfe aufgelöst.
In der Hellfeldaufnahme sind auch Zellen sichtbar, die weder CFP noch YFP exprimieren. Außerdem sind haarartige Ausläufer der Zellen sichtbar, welche Hinweise auf Apoptose, einen programmierten Zelltod, sind. Einzelne Zellen begehen bei Gefährdung auf diese Weise Suizid, um den Fortbestand der Zellkultur zu gewährleisten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
5.4. Shading Correction
Um einen Gradient in der Helligkeit im Bild durch eine inhomogene Beleuchtung der Probe zu vermeiden, nehmen wir zur Kalibrierung des Shading zehn Bilder einer homogenen Probe auf. Unsere Aufnahmen von Zellen werden wir durch den normalisierten Mittelwert dieser Bilder pixelweise teilen.
5.5. Bildregistrierung
Durch die unterschiedlichen Filterwürfel kann das Bild der Probe leicht verschoben sein. Da der Effekt sehr gering ist, verzichten wir auf die aufwendigen digitalen Korrekturen.
5.6. FRET-Messung
Dieser Teil ist der eigentliche Versuch. Wir suchen uns einen bisher unbeobachteten Bereich der Probe, in dem die Zellen sowohl CFP und YFP exprimieren. Mit den unterschiedlichen Filtern nehmen wir diesen Bereich dreimal auf: bei Anregung und Detektion des Donors (DCY), Anregung und Detektion des Akzeptors (ACY) und schließlich Anregung des Donors und Detektion des Akzeptors (SCY). Diese drei Bilder wiederholen wir für Zellen, die nur CFP (DCFP, ACFP, SCFP) oder nur YFP (DYFP, AYFP, SYFP) exprimieren. Wir erhalten also insgesamt 9 Bilder. Diese 9 Bilder nehmen wir für 5 verschiedene Zellen auf. Unsere Einstellungen für alle Messreihen sind Gain 10, Exposure 200ms und Belichtungsstärke 17%.
Zuletzt untersuchen wir lebende Zellen. Wir beobachten die zellinterne Dynamik mittels einer möglichst langen Zeitreihe (10min, ein Bild alle 10s) von Bildern. Nach einer Minute geben wir eine vorbereitete Chemikalie zur Aktivierung der Phospholipase C zu. Die Auswirkungen nehmen wir im weiteren Verlauf der Bilderserie auf. Dieses Experiment wiederholen wir mit mehreren unterschiedlichen Chemikalien.
In unserer Probe von Lebendzellen enthielten nur sehr wenige der Zellen CFP und YFP, wir schätzen auf eine von hundert Zellen. Bei der Messung der Zeitreihen war auffällig, dass die Zellen unter der Lichteinwirkung an der Membran Bläschen ausbildeten. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Farbstoffe sich unter Lichteinwirkung chemisch verändern können und für die Zelle toxische Nebenprodukte entstehen, die zum Absterben der Zelle führen.
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[1] https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c4/FRET_Jabolinski_Diagram.svg, Aufrufdatum: 24.09.2017
- Quote paper
- Moritz Lehmann (Author), Niklas Stenger (Author), 2017, Förster-Resonanzenergietransfer. Physikalisches Praktikum für Fortgeschrittene, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/378242
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