Ziel dieser Arbeit ist es, das komplexe Phänomen der Preisblasen aus theoretischer wie auch aus praktischer Sicht näher zu betrachten, um so die Grundlagen für eine unabhängige empirische Untersuchung des deutschen Wohnimmobilienmarktes zu schaffen. Diese soll Aufschluss darüber geben, ob sich auf selbigem gerade eine Preisblase bildet oder ob die Entwicklungen der letzte Jahre fundamental gerechtfertigt sind.
In einem ersten Schritt wird hierzu das Phänomen der Preisblasen in die vorherrschende neoklassische Finanzmarkttheorie eingeordnet und das Verständnis effizienter Märkte letzterer kritisch beurteilt. Des Weiteren sollen im ersten Teil dieser Arbeit die theoretischen Grundlagen für das Verständnis von Preisblasen gelegt werden. Hierzu werden unterschiedliche Preisblasen-Definitionen diskutiert, historische Preisblasen betrachtet und verschiedene Arten von Preisblasen sowie deren typische Anatomie näher beleuchtet.
Im zweiten Teil soll schließlich der Fokus auf die Immobilie und ihren Markt gerichtet werden. Dies betrifft vor allem die Besonderheiten der Immobilie als Wirtschaftsgut, die Frage wie sich der Wert einer Immobilie ermitteln lässt sowie die Betrachtung des Immobilienmarktes, dessen spezifischer Eigenschaften und dessen Effizienz in Bezug auf die Allokation von Ressourcen. Den Abschluss des theoretischen Teils bildet schließlich die Analyse der Immobilienblase als spezielle Form des Phänomens Preisblase. Hierbei steht am Anfang die Frage nach dem Unterschied zwischen Wert und Preis einer Immobilie und wie sich diese ermitteln lassen.
Anschließend liegt der Fokus auf den Ursachen für die Entstehung von Immobilienblasen und zum Abschluss soll mit den Methoden zur Erkennung selbiger, der Übergang zur empirischen Untersuchung des deutschen Wohnimmobilienmarktes eingeleitet werden. Diese beginnt damit, dem Leser einen Überblick über den derzeitigen Stand der Forschung zum Thema zu verschaffen und potentielle Forschungslücken zu ermitteln. Im Anschluss hieran soll die Methodik der empirischen Untersuchung erläutert und anschließend der deutsche Wohnimmobilienmarkt in Form einer charttechnischen sowie einer fundamentalen Analyse auf Preisblasen untersucht werden, um schließlich zu einem Urteil über die eingangs formulierte Fragestellung zu gelangen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise
2. Preisblasen: Theoretische Grundlagen und Einordnung
2. 1 Das Konzept der Markteffizienz
2.2 Preisblasen als Marktanomalien
2.2.1 Definition
2.2.2 Historische Preisblasen
2.2.3 Arten von Preisblasen
2.2.4 Anatomie von Preisblasen
3. Die Immobilie und ihr Markt
3.1 Die Immobilie als Wirtschaftsgut
3.1.1 Definition
3.1.2 Immobilienspezifische Besonderheiten
3.1.3 Bewertung von Immobilien
3.2 Der Immobilienmarkt
3.2.1 Volkswirtschaftliche Bedeutung
3.2.2 Die regionalen Teilmärkte
3.2.3 Immobilienmärkte und Effizienz
4. Immobilienblasen: Theoretische Grundlagen und Einordnung
4.1 Wert und Preis einer Immobilie
4.1.1 Definition
4.1.2 Fundamentalwert
4.1.3 Preisindizes
4.2 Determinanten für die Entstehung von Immobilienblasen
4.2.1 Makroökonomische Erklärungsansätze
4.2.2 Institutionelle Erklärungsansätze
4.2.3 Verhaltensbasierte Erklärungsansätze
4.3 Erkennung von Immobilienblasen
4.3.1 Indikatorengestützte Analyse
4.3.2 Kennzahlengestützte Analyse
5. Empirische Untersuchung des deutschen Wohnimmobilienmarktes
5.1 Derzeitiger Stand der Forschung
5.2 Aufbau der empirischen Untersuchung
5.3 Charttechnische Analyse
5.4 Fundamentale Analyse
5.4.1 Indikatorengestützte Analyse
5.4.2 Kennzahlengestützte Analyse
5.5 Zusammenfassung der Ergebnisse
6. Fazit
Literatur- und Quellenverzeichnis VI Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Immobilienindex der bulwiengesa AG
Abbildung 2: Charttechnische Definition
Abbildung 3: Fundamentale Definition
Abbildung 4: Wohnimmobilienpreisindex Top 7
Abbildung 5: BIP, Inflation und Leitzins im Zeitraum von 1999 bis 2014
Abbildung 6: Bevölkerungswachstum im Zeitraum von 1999 bis 2014
Abbildung 7: Sparquote der Haushalte im Zeitraum von 1999 bis 2014
Abbildung 8: Preissteigerungen und Transaktionsvolumen im Zeitraum von 2006 bis 2014
Abbildung 9: Baugenehmigungen und –fertigstellungen im Zeitraum von 1999 bis 2014
Abbildung 10: Kreditneuvergabevolumen im Zeitraum von 2005 bis 2014
Abbildung 11: Renditen im Zeitraum von 2005 bis 2014
Abbildung 12: Price-Rent-Ratio im Zeitraum von 2005 bis 2014
Abbildung 13: Price-Income-Ratio im Zeitraum von 2005 bis 2014
Abbildung 14: Affordability im Zeitraum von 2005 bis 2014
Abbildung 15: Tobins q im Zeitraum von 2005 bis 2014
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Historische Preisblasen
Tabelle 2: Immobilienmärkte
Tabelle 3: Fundamentale Einflussfaktoren
Tabelle 4: Marktindikatoren
Tabelle 5: Untersuchungsergebnisse
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
„Auf Dauer ist das Maß an Liquidität zu groß und das Zinsniveau zu niedrig.“[1] Mit diesen Worten hat Finanzminister Wolfgang Schäuble letztes Jahr vor einer aufkommenden Immobilienblase in Deutschland gewarnt. Die Angst vor Entwicklungen wie sie vor Ausbruch der Finanzkrise in den USA, Spanien oder auch Irland zu beobachten waren, treibt nicht nur die Bundesregierung, sondern zunehmend auch die deutsche Öffentlichkeit um.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung 1: Immobilienindex der bulwiengesa AG[2] Wie der in Abbildung 1 dargestellte Immobilienindex der bulwiengesa AG aufzeigt, ist diese Sorge nicht unbegründet. Während sich die Preise für Gewerbeimmobilien in den letzten Jahren kaum merklich verändert haben, konnten die Preise füt Wohnimmobilien seit 2011 jährliche Zuwachsraten von mehr als 5% verzeichnen. Dies hat dazu geführt, dass der Wohnimmobilien-index der bulwiengesa AG einen, im Betrachtungszeitraum von 1990 bis 2014, noch nie da gewesenen Höchststand von beinahe 160 Punkten erreicht hat. Was derartige Entwicklungen zur Folge haben können, hat die Subprime-Krise vor wenigen Jahren eindrucksvoll aufgezeigt. Das Platzen der US-Immobilienblase hatte nicht nur verheerende Auswirkungen auf die amerikanische Wirtschaft, sondern gilt vielmehr als Auslöser einer weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, deren Folgen bis heute anhalten.
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, dass komplexe Phänomen der Preisblasen aus theoretischer, wie auch aus praktischer Sicht näher zu betrachten, um so die Grundlagen für eine unabhängige empirische Untersuchung des deutschen Wohnimmobilienmarktes zu schaffen. Diese soll Aufschluss darüber geben, ob sich auf selbigem gerade eine Preisblase bildet oder ob die Entwicklungen der letzte Jahre fundamental gerechtfertigt sind.
In einem ersten Schritt wird hierzu das Phänomen der Preisblasen in die vorherrschende neoklassische Finanzmarkttheorie eingeordnet und das Verständnis effizienter Märkte letzterer kritisch beurteilt. Des Weiteren sollen im ersten Teil dieser Arbeit die theoretischen Grundlagen für das Verständnis von Preisblasen gelegt werden. Hierzu werden unterschiedliche Preisblasen-Definitionen diskutiert, historische Preisblasen betrachtet und verschiedene Arten von Preisblasen sowie deren typische Anatomie näher beleuchtet. Im zweiten Teil soll schließlich der Fokus auf die Immobilie und ihren Markt gerichtet werden. Dies betrifft vor allem die Besonderheiten der Immobilie als Wirtschaftsgut, die Frage wie sich der Wert einer Immobilie ermitteln lässt sowie die Betrachtung des Immobilienmarktes, dessen spezifischer Eigen-schaften und dessen Effizienz in Bezug auf die Allokation von Ressourcen. Den Abschluss des theoretischen Teils bildet schließlich die Analyse der Immobilienblase als spezielle Form des Phänomens Preisblase. Hierbei steht am Anfang die Frage nach dem Unterschied zwischen Wert und Preis einer Immobilie und wie sich diese ermitteln lassen. Anschließend liegt der Fokus auf den Ursachen für die Entstehung von Immobilienblasen und zum Abschluss soll mit den Methoden zur Erkennung selbiger, der Übergang zur empirischen Untersuchung des deutschen Wohnimmobilienmarktes ein-geleitet werden. Diese beginnt damit, dem Leser einen Überblick über den derzeitigen Stand der Forschung zum Thema zu verschaffen und potentielle Forschungslücken zu ermitteln. Im Anschluss hieran soll die Methodik der empirischen Untersuchung erläutert und anschließend der deutsche Wohn-immobilienmarkt in Form einer charttechnischen sowie einer fundamentalen Analyse auf Preisblasen untersucht werden, um schließlich zu einem Urteil über die eingangs formulierte Fragestellung zu gelangen.
2. Preisblasen: Theoretische Grundlagen und Einordnung
2. 1 Das Konzept der Markteffizienz
Ein Markt ist ein Ort auf dem Angebot und Nachfrage aufeinandertreffen. Von einem effizienten Markt kann immer dann gesprochen werden, wenn auf diesem die Allokation der Ressourcen zur Maximierung der Summe aus Konsumenten- und Produzentenrente führt und somit der Gesamtnutzen von Käufern und Verkäufern maximiert wird. Ist dies der Fall, gleichen Angebot und Nachfrage sich aus und es ergibt sich ein Marktgleichgewicht. Die unsichtbare Hand des Marktes führt somit Käufer und Verkäufer zu einer effizienten Allokation der Ressourcen. Dieser Mechanismus funktioniert, so lange keine Umstände des Marktversagens, wie z.B. Marktmacht oder Externalitäten, vorliegen.[3] Weit verbreitet und von besonderer Relevanz, aus wissenschaftlicher wie auch aus praktischer Sicht, ist der Effizienzbegriff für die Beschreibung von Finanzmärkten.[4] Der Begriff der Finanzmarkteffizienz ist dabei äußerst weitreichend. Er lässt sich im engeren Sinne jedoch mit der Informationseffizienz von Finanzmärkten gleichsetzen.[5] Dieser engeren Betrachtungsweise soll im Weiteren gefolgt werden.
Die wohl bekannteste, auch in der Literatur weit verbreitete und größtenteils anerkannte, Definition von Informationseffizienz geht auf Eugene Fama zurück. Nach der sog. Effizienzmarkthypothese ist ein Finanzmarkt dann als effizient zu betrachten, wenn die Kurse zu jedem Zeitpunkt alle verfügbaren Informationen in vollem Umfang widerspiegeln.[6] Den Begriff der Informationseffizienz differenziert Fama noch einmal in drei unterschiedlich stark ausgeprägte Formen der selbigen: In die schwache, halbstrenge sowie die strenge Form der Informationseffizienz. Erstere gilt, wenn die in der Vergangenheit angefallenen Informationen sich in den aktuellen Marktpreisen widerspiegeln. Halbstrenge Informationseffizienz kann als gegeben betrachtet werden, falls alle öffentlich verfügbaren Informationen bereits von den aktuellen Marktpreisen reflektiert werden und falls alle in einem Zeitpunkt verfügbaren Informationen sich zu jedem Zeitpunkt in den Preisen widerspiegeln, spricht man von einem streng informationseffizienten Markt.[7] Hinreichende Bedingungen für das Vorliegen von Markteffizienz sind nach Fama drei Voraussetzungen. Einerseits dürfen keine Transaktionskosten auftreten, alle verfügbaren Informationen müssen sämtlichen Markt-teilnehmern kostenlos zur Verfügung stehen und deren Erwartungen bezüglich des Einflusses von Informationen auf die Kursentwicklungen müssen sich gleichen. Sollten diese Kriterien nicht gegeben sein, kann die Erfüllung zwei weiterer notwendiger Bedingungen Marktineffizienzen verhindern. Einerseits muss eine ausreichende Anzahl an Anlegern mit Zugang zu Informationen vorhanden sein und des Weiteren dürfen heterogene Erwartungen der Anleger nicht dazu führen, dass es Teilen von ihnen gelingt systematisch überdurchschnittliche Renditen zu erzielen.
Die EMH steht seit ihrer erstmaligen Veröffentlichung im Mittelpunkt der empirischen Finanzmarktforschung. In den Wirtschafts- und Sozialwissen-schaften gibt es kaum eine Theorie, die so umfangreich geprüft wurde. Seit ihrer Veröffentlichung im Jahr 1970 wurden in der Fachliteratur immer wieder empirische Studien veröffentlicht, die die schwache sowie die halbstrenge Form der Informationseffizienz nachweisen konnten, bzw. nicht im Stande waren sie zu widerlegen. Dagegen herrscht in der Literatur über die Ungültigkeit der strengen Form weitestgehend Einigkeit. Für die Praxis sind die Überlegungen zur Hypothese effizienter Märkte und die weitreichende empirische Bestätigung die die schwache sowie halbstrenge Form erfahren hat, von erheblicher Bedeutung.[8]
Vor allem die aus der Annahme schwach informationseffizienter Märkte hervorgehende Schlussfolgerung, dass Aktien einem Zufallspfad folgen, die sog. Random-Walk-These, kann dabei als zentral betrachtet werden. Diese impliziert, dass historische Kursverläufe keine Schlüsse auf zukünftige Kursverläufe zulassen.[9] Aufeinanderfolgende Kursbewegungen geschehen in diesem Fall unabhängig voneinander. Ihr Erscheinungsbild gleicht einer durch einen Zufallsmechanismus erzeugten Zahlenreihe, was sich mit der Zufalls-situation beim Werfen einer Münze vergleichen lässt. Im Falle dass die Marktakteure die Kurse korrekt bilden, sind sie daher das Ergebnis ihrer eigenen Erwartungen. Daraus folgt, dass sämtliche Informationen, die man zum jetzigen Zeitpunkt über die Zukunft haben kann, sich in den aktuellen Kursen bereits vollständig widerspiegeln. Kursbewegungen ergeben sich dementsprechend ausschließlich aus Reaktionen der Marktteilnehmer, welche durch neue, marktrelevante Informationen ausgelöst werden. Diese müssen sich jedoch zwingend zufällig ergeben, denn eine den Akteuren in der Zukunft zugehende Information mit der zum jetzigen Zeitpunkt bereits gerechnet wird stellt keine neue Information dar und ist daher bereits in den Kursen eingepreist.[10]
Die ursprüngliche Form des Random-Walk unterstellt, dass der enthaltene Zufallsterm normalverteilt und von Vergangenheitswerten unabhängig ist. Des Weiteren weist er einen Erwartungswert von Null auf. Dadurch wird impliziert, dass die Kursänderungen und damit auch Renditen von Aktien, zumindest näherungsweise, mit Hilfe der Normalverteilung beschrieben werden können.[11] Nach der Random-Walk-These dürften somit die meisten Kursbewegungen nur gering vom historischen Mittel abweichen und bedeutende Kursschwankungen nur äußerst selten zu beobachten sein. Effekte, die den Implikationen der EMH widersprechen, dürften dem-entsprechend eigentlich gar nicht, bzw. nur äußerst selten auftreten. Solche Phänomene werden daher als Marktanomalien bezeichnet.[12] Preisblasen und die extremen Kursbewegungen, welche mit der Entstehung dieser einhergehen, stehen daher den Implikationen der Hypothese effizienter Märkte entgegen.
2.2 Preisblasen als Marktanomalien
2.2.1 Definition
Um eine fundierte Auseinandersetzung mit Preisblasen oder den, in der englischsprachigen Literatur, auch „Bubbles“ genannten Erscheinungen zu ermöglichen, ist es essentiell vorab festzulegen, was unter dem genannten Phänomen genau zu verstehen ist. Erschwert wird dies jedoch durch die Tatsache, dass sich trotz der intensiven Auseinandersetzung der Wissenschaft mit der Thematik bislang noch keine allgemeingültige Definition in der Literatur durchsetzen konnte. Einer der Hauptgründe, warum dies bis jetzt noch nicht geschehen ist, liegt laut Garber in der Interdisziplinarität und dem hohen Komplexitätsgrad des Phänomens, welches aus psychologischer, wie auch ökonomischer Sicht beurteilt werden muss.[13]
Die in der Literatur verbreiteten Definitionen lassen sich nach Fernandez-Kranz/Hon drei unterschiedlichen Sichtweisen zuordnen. Der chart-technischen, der fundamentalen sowie der verhaltensbasierten Sichtweise.[14]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Charttechnische Definition[15]
U.a. liegen Definitionen von Kindleberger und Shiller vor, die sich auf die Identifikation von Preisblasen durch das Erkennen bestimmter Muster in Kursverläufen stützen. Sie definieren Preisblasen als den Anstieg des Preises eines Anlagegutes über ein bestimmtes Niveau hinaus, dem ein Einbruch des Preises, bzw. das Platzen der Blase folgt.[16] Das, nach dieser Definition, typische Verlaufsmuster einer Preisblase ist in Abbildung 2 dargestellt. Diese sog. charttechnische Sichtweise hat den Vorteil, dass sie aus empirischer Sicht einfach zu interpretieren ist und gleichzeitig nur geringe Anforderungen an die, der Untersuchung zugrundeliegenden, Daten stellt. Kritisch zu beurteilen ist sie jedoch hinsichtlich ihrem Aussagegehalt über die eindeutige Existenz von Preisblasen. Die isolierte Betrachtung von Kursverlaufsmustern, ohne die Einbeziehung fundamentaler Faktoren, ermöglicht es nicht eine fundierte Aussage zu dieser Fragestellung zu tätigen. Ein Preisanstieg bestimmter Anlagegüter kann ebenso durch die Veränderung fundamentaler Faktoren ausgelöst werden. Dementsprechend wäre dieser nur das Ergebnis einer Anpassung des bestehenden Niveaus, hin zu einem neuen Gleichgewicht.[17] Ein Großteil der Preisbewegungen auf Märkten basiert, wie auch die Hypothese effizienter Märkte nahelegt, auf Veränderungen der Informationslage, ist dementsprechend gerechtfertigt und daher nicht mit dem Phänomen der Blasenbildung zu verwechseln. Die charttechnische Sichtweise ist deshalb nicht als Definition geeignet. Sie ist jedoch eine recht einfach anwendbare Methode, um erste Hinweise auf Übertreibungen zu identifizieren und bildet dementsprechend auch die Grundlage einer Vielzahl an empirischen Untersuchungen.
In der Literatur am weitesten verbreitet sind Definitionen, die sich auf die sog. fundamentale Sichtweise stützen. Diese basiert auf der theoretischen Überlegung, dass in effizienten Märkten die Marktpreise von Anlagegütern auf lange Sicht deren fundamental gerechtfertigten Werten, also den diskontierten zukünftigen Zahlungsströmen, entsprechen müssen. Die stetige Anpassung der Preise an ihren fundamental gerechtfertigten Wert bringt den Markt daher immer wieder ins Gleichgewicht.[18] Aus diesem Gedanken resultiert, in dieser Form u.a. von Blanchard/Watson und Smith/Smith, die Definition von Preisblasen als einen langfristigen und erheblichen Anstieg des (Markt-)Preises eines Anlageguts über seinen fundamental gerechtfertigten Wert hinaus.[19] Dieser Ablauf ist in Abbildung 3 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Fundamentale Definition[20]
Der Fundamentalwert eines Anlagegutes ist hierbei als Wert zu verstehen, den ein rational handelnder Marktakteur unter Beachtung aller vorhandenen und relevanten Informationen bereit wäre, für dieses zu bezahlen. Er stellt somit die theoretisch richtige Größe für den Wert eines Anlagegutes dar und lässt sich mithin als objektiver Wert bezeichnen.[21] Der (Markt-)Preis bildet sich dagegen frei durch das Aufeinandertreffen von Angebot und Nachfrage. Er wird im Gegensatz zum fundamental gerechtfertigten Wert auch von subjektiven Komponenten, wie z.B. den persönlichen Erwartungen der Marktakteure, beeinflusst.[22]
Die subjektiven Einflussfaktoren stehen im Mittelpunkt einiger weiterer, in der Literatur ebenfalls verbreiteten, Definitionen. Die sog. verhaltensbasierte Sichtweise geht aus einem speziellen Zweig der Wirtschaftswissenschaften, der Behavorial Finance, hervor. Sie konzentriert sich auf den Einfluss, den die Marktakteure in bestimmten Situationen auf die Preisbildung ausüben. Dabei erweitert sie die neoklassische Annahme rational handelnder Individuen um die Möglichkeit irrationalen Verhaltens. Definitionen der verhaltensbasierten Sichtweise stammen u.a. von Stiglitz, der die Existenz einer Preisblase als gegeben betrachtet, wenn der Preis eine bestimmte Höhe ausschließlich erreicht hat, weil die Marktakteure an weitere kurzfristige Preissteigerungen glauben und diese Entwicklung nicht durch fundamentale Faktoren gerechtfertigt werden kann.[23] Noch weiter gehen Case/Shiller, die vor allem die öffentliche Erwartung weiterer, zukünftiger Preissteigerungen und das daraus hervorgehende Spekulationsmotiv der Marktteilnehmer als bezeichnend für die Existenz einer Preisblase betrachten. Dabei unter-scheiden beide nicht zwischen einem Markt- und einem Fundamentalwert, sondern stellen vor allem die Spekulationsabsichten der Marktakteure in den Mittelpunkt ihrer Definition.[24] Problematisch an einer verhaltensbasierten Definition ist jedoch zum Einen, dass sich rationales von irrationalem Verhalten nicht exakt abgrenzen lässt, d.h. es ist nicht sicher zu erkennen ob dieses noch durch fundamentale Faktoren gerechtfertigt oder bereits der Irrationalität geschuldet ist. Des Weiteren lassen sich verhaltensbasierte Theorien empirisch nicht überprüfen, sondern unterliegen immer auch dem subjektiven Empfinden des Beobachters.[25] Dennoch kann die verhaltens-basierte, wie auch die charttechnische Sichtweise, eine gewisse Orientierung bei der Untersuchung von Preisblasen bieten und als ergänzende Definition durchaus sinnvoll herangezogen werden.
Es lässt sich festhalten, dass alle drei Sichtweisen ihre Daseinsberechtigung haben. Am geeignetsten und in der Literatur dementsprechend auch am weitesten verbreitet ist jedoch die Definition der fundamentalen Sichtweise. Nur diese macht einerseits eine klare Abgrenzung nicht gerechtfertigter Kurs-entwicklungen gegenüber Preisbewegungen, die auf Veränderungen der fundamentalen Einflussfaktoren basieren, möglich und bietet ebenso die Möglichkeit einer empirischen Überprüfung. Im Weiteren wird daher unter dem Begriff Preisblase ein langfristiger und erheblicher Anstieg des (Markt)Preises eines Anlageguts über seinen fundamental gerechtfertigten Wert hinaus verstanden. Dennoch bietet sowohl die charttechnische, als auch die verhaltensbasierte Sichtweise interessante Ansätze und Überlegungen, diese sollen daher im Laufe der vorliegenden Arbeit noch einmal aufgegriffen werden.
2.2.2 Historische Preisblasen
In der Geschichte ist es, wider den Implikationen der EMH, regelmäßig zu spekulativen Entwicklungen auf den Märkten und der Bildung von Preisblasen gekommen. Um einen Einblick in die Historie des Phänomens Preisblase geben zu können, sind in folgender Tabelle einige ausgewählte historische Preisblasen dargestellt. Anspruch auf Vollständigkeit wird hierbei nicht erhoben. Vielmehr wurde zur Darstellung ein Querschnitt der, an Preisblasen äußerst reichen, wirtschaftlichen Historie gewählt. Der Fokus liegt hierbei auf dem 20. bis 21. Jahrhundert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Historische Preisblasen[26]
Als erste ausführlich dokumentierte Preisblase der Geschichte gilt die sog. Tulpenmanie. Diese Preisblase entwickelte sich in den Jahren 1636 bis 1637 in Holland und betraf sowohl die Märkte für Geldvermögensgüter (Aktien), als auch die Märkte für Realvermögensgüter (Immobilien, Tulpen). Ihren Namen verdankt diese Preisblase den damaligen Spekulationen mit seltenen Tulpen-zwiebeln. Deren Preise stiegen exzessiv an und erreichten in der Spitze einen Wert von bis zu 5.500 Gulden, was zur damaligen Zeit in etwa dem Jahres-einkommen eines Kaufmannes entsprach.[27]
Im Laufe des 20. sowie des 21. Jahrhunderts ist es vermehrt zur Bildung von Preisblasen gekommen. Diese hatten nach ihrem Platzen oftmals längere Phasen weltweiter Rezession zur Folge. Dabei haben vor allem die beiden letzten Blasen, die Dotcom-Blase sowie die Subprimekrise, dazu beigetragen die Thematik wieder verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit, wie auch der Wissenschaft, zu rücken.
Die Entstehung der Dotcom-Blase begann Ende des letzten Jahrtausends und endete schließlich im Jahr 2001. In diesem Zeitraum hatten Aktien von Technologieunternehmen, der sog. New Economy, exzessive Wertzuwächse verzeichnen können. Jungunternehmen ohne rentables Geschäftsmodell und Gewinnaussichten erreichten in kürzester Zeit Marktkapitalisierungen, welche die von etablierten Unternehmen der Old Economy oftmals um ein vielfaches überstiegen. Die Hausse an den Börsen übertraf während dieses Zeitraums jedes historische Maß, bis schließlich im März des Jahres 2000 die ersten Kurskorrekturen zu verzeichnen waren und im Zuge des Bekanntwerdens einiger Unternehmensskandale die Dotcom-Blase schließlich platzte.[28]
Als Reaktion, auf den in der Folge einsetzenden wirtschaftlichen Abschwung, begann die Zentralbank der vereinigten Staaten daraufhin die Konjunktur durch das Absenken des Leitzinssatzes auf einen historischen Tiefstand wieder anzukurbeln. Oftmals wird diese Reaktion als Startpunkt der kurz darauf folgenden Subprimekrise gedeutet, welche 2008 mit der Pleite der US-Bank Lehman Brothers ihren Höhepunkt erreichte. Immobilienspekulationen und der exzessiv wachsende Handel mit strukturierten Wertpapieren beflügelten bis zu diesem Zeitpunkt die Immobilienpreise in den USA sowie Teilen Europas und auch die internationalen Aktienmärkte erreichten wieder einmal neue historische Höchststände. Das Platzen der Preisblase, die sich auf dem US-Immobilienmarkt gebildet hatte, führte im Jahr 2008 schließlich zur Korrektur des Preisniveaus und resultierte gleichzeitig in einer weltweiten Rezession.[29]
Der kurze Einblick in die Historie des Phänomens Preisblasen verdeutlicht, dass diese, obwohl als Marktanomalie und dementsprechend als Ausnahme-erscheinung tituliert, in zuverlässiger Regelmäßigkeit auf den globalen Märkten auftreten. Dabei haben sich Preisblasen in den letzten hundert Jahren mehr und mehr zu einem globalen Phänomen entwickelt, dass sowohl auf den Märkten für Vermögensgüter als auch auf den Finanzmärkten auftritt. Unter den letzten sechs registrierten Blasen ist mit der Bubble Economy nur eine einzige deren Einfluss sich auf einen nationalen Markt, in diesem Fall Japan, beschränkte. Sämtliche andere breiteten sich ebenfalls auf andere nationale Märkte aus. Dies machte und macht Preisblasen auch in Zukunft zu einer Gefahr für die globale Wirtschaft.
2.2.3 Arten von Preisblasen
Um Preisblasen differenziert beurteilen zu können ist vorab eine nähere Betrachtung des Phänomens notwendig. Die Literatur unterscheidet zwischen rationalen und irrationalen Blasen. Erstere lassen sich hierbei noch einmal in stochastische, deterministische sowie agencyorientierte Blasen unterteilen.[30] Auf diese Differenzierung soll jedoch in den weiteren Ausführungen, Mangels Relevanz für die Fragestellung, nicht weiter eingegangen werden. Die Attribute rational, bzw. irrational beziehen sich auf das Verhalten der Anleger, welches schließlich die Bildung einer Preisblase auslöst. Beide Verhaltensweisen haben jedoch gleichermaßen die Abweichung der Kurse von ihren fundamental gerechtfertigten Werten zur Folge.
Während es bei der Entstehung einer rationalen Preisblase für die Markt-teilnehmer durchaus sinnvoll sein kann weiterhin im Markt zu verbleiben obwohl sie die Übertreibungen auf diesem Markt erkennen können (so lange das Risiko, dass die Blase platzt, von den kurzfristig zu erwartenden Kurssteigerungen kompensiert wird), zeichnet sich eine irrationale Blase dadurch aus, dass die Marktteilnehmer das Risiko des Markteinbruchs einfach ignorieren. Sie vertrauen auf eine Fortsetzung der Übertreibungen und bleiben auch dann noch im Markt, wenn das Risiko die zu erwartenden Kurssteigerungen bei weitem übersteigt.[31]
Problematisch bei dieser Betrachtungsweise ist, dass die oben beschriebenen Ausprägungen sich in der Realität oftmals überschneiden und es daher zu Mischformen kommen kann.[32] Wie bereits im vorigen Abschnitt erwähnt, ist es nicht möglich rationales von irrationalem Verhalten eindeutig zu unterscheiden, da das Urteil hierüber auch vom subjektiven Empfinden des Beurteilenden beeinflusst wird. Die Differenzierung ist daher ausschließlich von theoretischer Relevanz. Für die Fragestellung, ob eine Preisblase existiert, ist es im Endeffekt unerheblich aus welchem Grund diese entstanden ist bzw. entsteht. Im theoretischen Teil der vorliegenden Arbeit soll die hier dargestellte Problematik zwar durchaus noch einmal aufgegriffen werden, im praktischen Teil kann sie jedoch als unerheblich für die Frage-stellung bezeichnet und dementsprechend vernachlässigt werden.
2.2.4 Anatomie von Preisblasen
Trotz ihrer individuellen Entstehungsgeschichten sind im Ablauf von Preisblasen durchaus Muster zu erkennen. Dieses Phänomen hat Minsky in seiner Financial-Instability-Hypothesis zum ersten Mal aufgegriffen und erläutert. Laut ihm entstehen Preisblasen aufgrund nicht nachhaltiger Finanzierungen, abgeschlossen nur aus Spekulationsabsichten und dem Glauben an starke, zukünftige Preissteigerungen.[33] Beachtung fand seine Hypothese in der Wissenschaft jedoch erst, nachdem sie von Kindleberger, zur Untersuchung historischer Preisblasen, aufgegriffen wurde und dieser dabei ebenfalls ein gewisses Ablaufschema nachweisen konnte.[34]
Nach Minsky/Kindleberger lässt sich der Verlauf von Preisblasen in fünf verschiedene Phasen unterteilen: Exogener Schock, Kreditexpansion, Euphorie, Liquiditätsengpass und Schieflagen sowie dem Ende der Panik. Die einzelnen Phasen sollen im Folgenden kurz erläutert werden: Exogener Schock: Durch einen exogenen Schock, welcher tiefgreifende Veränderungen mit sich bringt, wird der Preisblasenzyklus ausgelöst. Es kann sich hierbei um den Ausbruch oder das Ende eines Krieges, eine tiefgreifende politische Maßnahme, finanzpolitische Änderungen oder einen techno-logischen Durchbruch handeln. Aus neoklassischer Sichtweise liegt die Schuld oftmals im Eingreifen der Regierungen, die durch die Zentralbanken den Markt beeinflussen und somit das eigentlich stabile System aus dem Gleichgewicht bringen. Gleich um was für eine Form des exogenen Schocks es sich handeln mag, er ermöglicht, falls bedeutend genug, neue Möglichkeiten der Profitmaximierung. Diese führen zu Investitionen, was wiederum die Produktion steigert und somit die Phase der Kreditexpansion einleitet.[35]
Kreditexpansion: In der Phase der Kreditexpansion ist das Zinsniveau niedrig und die Gewinnerwartungen lassen die Investitionen stark ansteigen. Durch die Möglichkeit der günstigen Kreditaufnahme streben die Markt-akteure einen zunehmend höheren Fremdkapitalanteil bei der Finanzierung ihrer Investitionen an. Da die Kreditwirtschaft am allgemeinen Aufschwung ebenfalls partizipieren will, wird diesem Wunsch nachgekommen und die stark wachsende Kreditnachfrage bedient. Die Geldmenge erhöht sich durch die expansive Kreditvergabepraxis der Banken und macht somit ein exzessives Wachstum möglich. Im Laufe dieser Entwicklung steigt die Anzahl an Investoren sprunghaft an, was deutliche Preissteigerung zur Folge hat und dadurch die Anzahl an Investoren noch weiter ansteigen lässt. Die positive Stimmung im Markt wandelt sich in dieser Phase, hin zur Euphorie.[36]
Euphorie: Durch die weiterhin wachsende Anzahl an Investoren erhöht sich die Nachfrage stetig und es werden höhere Profite realisiert. Dadurch werden wiederum neue Marktteilnehmer zum Einstieg bewegt, was weitere Preis-steigerungen zur Folge hat. Dieser Prozess, in der Literatur auch als positive Rückkoppelung bezeichnet, lässt die Stimmung und die Erwartungen aller Beteiligten nun immer euphorischer werden. In Folge dessen treten auch vermehrt Investoren in den Markt ein, die ausschließlich auf weitere Preissteigerungen der Anlagegüter spekulieren und mit der Absicht zur baldigen Weiterveräußerung investieren. Der Gewinn soll hierbei ausschließlich durch die erwarteten Preissteigerungen realisiert werden. An diesem Punkt befindet sich der Markt nun in einer schon länger andauernden Hausse. Die euphorische Stimmung steigt noch weiter und das optimistische Marktklima lässt die Marktteilnehmer sich, hinsichtlich ihrer eigenen Fähigkeiten und den in Zukunft zu erwartenden Preissteigerungen, maßlos überschätzen. Es treten nun auch Akteure in den Markt ein, die unter normalen Umständen nicht dazu bereit wären hohe Risiken einzugehen und beteiligen sich ebenfalls an der Spekulation. Schließlich führt diese Entwicklung zu einer regelrechten Manie und eine Preisblase entsteht.[37]
Liquiditätsengpass und Schieflagen: Bis zu diesem Zeitpunkt haben alle Marktteilnehmer von der allgemeinen Euphorie und der Hausse der Märkte profitiert. Nun erkennen jedoch Insider die größer werdenden Gefahren und verkaufen ihre Anlagegüter, um die Gewinne zu realisieren. Der Exit der Insider wird zwar erst einmal noch durch den Einstieg neuer Marktakteure aufgewogen, die Anzahl an Investoren wächst nun jedoch nicht mehr, sondern stagniert. Der Markt beginnt sich seitwärts zu bewegen und auch die anderen Marktteilnehmer erkennen, dass der Höhepunkt überschritten ist und beginnen ihre Anlagegüter zu veräußern, um ebenfalls ihre Gewinne zu realisieren. Dies führt jedoch zu einem Überangebot, dem nicht mehr in gleichem Maße eine Nachfrage gegenübersteht und die Preise beginnen stark zu fallen. In der Folge gehen die ersten Marktakteure, aufgrund spekulativer Finanzierungsstrukturen, in die Insolvenz. Der Markt reagiert in dieser Phase äußerst volatil, jedoch erkennen viele Marktakteure zu diesem Zeitpunkt die Gefahr noch nicht in Gänze und investieren nach kleineren Preiskorrekturen erneut. Letztendlich steigen jedoch alle Investoren zu einem gewissen Zeitpunkt panikartig aus dem Markt aus. Dies kann allmählich vonstattengehen, oftmals löst jedoch ein bestimmtes Signal, z.B. der Bankrott eines bedeutenden Unternehmens oder einer Bank, die panische Flucht aus. In der Folge führt diese Entwicklung dazu, dass sich die Marktakteure untereinander nicht mehr vertrauen. Der Interbankenhandel kommt zum Erliegen und Geld wird nur noch unter Aufschlag hoher Risikomargen verliehen. Der Markt ist ab diesem Punkt äußerst illiquide, was zu einem weiteren Rückgang der Handelsumsätze führt und die Preise endgültig einbrechen lässt.[38]
Ende der Panik: Die Preise fallen im Allgemeinen so lange, bis ein Preisniveau erreicht ist, welches es für Investoren wieder interessant macht die zu diesem Zeitpunkt illiquiden Anlagegüter zu erwerben, die Handels-plätze aufgrund der äußerst volatilen Kursbewegungen geschlossen werden oder ein „Lender of Last Resort“ in das Geschehen eingreift. Bei diesem handelt es sich in der Regel um die Regierung oder die Zentralbank des betroffenen Landes, die dem Markt frische Liquidität zuführt. Oftmals reicht dabei die Ankündigung einer Intervention bereits aus, um die angespannte Situation zu beruhigen, da alleine die Möglichkeit, sich Geld leihen zu können, das Misstrauen und die Panik der Marktteilnehmer mindert.[39]
Obwohl die Bildung von Preisblasen ein äußerst komplexes Phänomen ist und jede Preisblase auf ihre eigene, individuelle Art und Weise entsteht, hat sich gezeigt, dass sich doch gewisse Gemeinsamkeiten in der Anatomie von Preisblasen feststellen lassen. Dies sollte sich im Weiteren nutzen lassen, um Methoden zur Feststellung der Existenz von Preisblasen identifizieren zu können. Bevor dies im speziellen Falle der Immobilienblasen zur Anwendung kommt, sollen im nächsten Abschnitt jedoch zunächst einmal die spezifischen Eigenschaften des Wirtschaftsgutes Immobilie sowie der Märkte auf denen dieses gehandelt wird analysiert werden.
3. Die Immobilie und ihr Markt
3.1 Die Immobilie als Wirtschaftsgut
3.1.1 Definition
In der Literatur existiert keine einheitliche Definition für Immobilien, da jede Wissenschaftsdisziplin diese aus ihrem eigenen Blickwinkel betrachtet. Im Allgemeinen sind Immobilien „unbewegliche Güter“. Hierzu zählen neben Gebäuden auch Grundstücke. Ist ein Grundstück bebaut, so bezeichnet man das Grundstück inklusive des darauf errichteten Gebäudes als Immobilie.[40] Als bedeutendste Definitionen lassen sich in der Literatur die physische, juristische sowie ökonomische Definition identifizieren.
Aus physischer Sicht sind ausschließlich die materiellen Eigenschaften einer Immobilie von Belangen. Sie wird als umbauter Raum, welchen man für verschiedene Zwecke nutzen kann, definiert. In Gesetzestexten wird die Immobilie normalerweise über den Grund und Boden oder das Grundstück definiert. Als Grundstück bezeichnet man, nach der juristischen Definition, einen räumlich abgegrenzten Teil der Erdoberfläche. Dazu gehören der Raum über der Erde und der Boden unter der Oberfläche. Dem Grundstück werden ebenfalls die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen zugerechnet, insbesondere die darauf stehenden Gebäude, sowie die das Eigentum betreffenden Rechte. Ökonomen unterteilen den Immobilienbegriff nach zwei unterschiedlichen Sichtweisen. Einerseits werden Immobilien als Produktionsfaktor und andererseits als Kapitalanlage oder Sachvermögen („Assets“) definiert. Aus wirtschaftlicher Sicht bestimmt sich der Charakter einer Immobilie somit nicht durch ihre Produktion, sondern durch die Art ihrer Nutzung. Produktionswirtschaftlich betrachtet gehören Immobilien zu den Produktionsfaktoren, die im betrieblichen Leistungsprozess zur Erstellung anderer Güter eingesetzt werden. Investoren sehen Immobilien dagegen als Investitionsgut oder Vermögensgegenstand, dessen Nutzen sich sowohl aus der Erzielung laufender Erträge als auch aus der Aussicht auf Wert-steigerungspotentiale ergibt.[41]
Unter Beachtung aller bisher dargestellten Definitionen lässt sich die Immobilie als Wirtschaftsgut, welches aus unbebauten oder bebauten Grundstücken sowie den dazugehörigen Gebäuden und Außenanlagen besteht und von Menschen im Rahmen physischer, rechtlicher, wirtschaftlicher sowie zeitlicher Grenzen zu Produktions-, Handels-, Dienstleistungs- und Konsumzwecken genutzt wird, definieren.[42]
3.1.2 Immobilienspezifische Besonderheiten
Grundsätzlich unterscheiden sich Immobilien, aufgrund mehrerer besonderer Eigenschaften, wesentlich von anderen Wirtschaftsgütern. Dies liegt vor allem in folgenden Charakteristika der Immobilie begründet:
Standortgebundenheit: Die Gebundenheit der Immobilie an einen bestimmten Standort stellt das wesentlichste Merkmal dar. Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsgütern ist sie immobil und damit abhängig von der regionalen Wirtschafts- und Arbeitsmarktsituation, der technischen und kulturellen Infrastruktur sowie von ökologischen Faktoren. Des Weiteren bedingt die Standortgebundenheit die Herausbildung von geografischen bzw. lokalen Teilmärkten, innerhalb derer die einzelnen Immobilien üblicherweise miteinander konkurrieren.[43]
Heterogenität: Aus der Immobilität ergibt sich zwangsläufig auch die Heterogenität von Immobilien. Jedes Objekt ist ein Unikat, das sich in seiner Art, Ausstattung, Nutzung oder Lage von anderen Immobilien unterscheidet. Die Heterogenität spielt in der Immobilienökonomie eine herausragende Rolle und impliziert, dass Immobilien nur sehr eingeschränkt miteinander vergleichbar sind und ihre Fungibilität daher eher gering ist. Die folgenden Eigenschaften gelten, im Gegensatz zu den bisher dargestellten, auch für andere besondere Wirtschaftsgüter (z.B. Containerschiffe). Bei Immobilien treten sie jedoch in besonders starkem Ausmaß auf.[44]
Begrenzte Substituierbarkeit: Immobilien sind nicht bzw. nur eingeschränkt substituierbar. Wohnen gehört zu den Grundbedürfnissen und Gewerbeflächen können von den Nutzern ebenfalls nur in beschränktem Ausmaß substituiert werden. Die Drittverwendungsfähigkeit einer Immobilie ist daher eingeschränkt, da sie i.d.R. nur für einen Zweck gebaut und damit eine alternative Nutzung erschwert wird.[45]
Lange Entwicklungs- und Lebenszyklen: Ebenfalls charakteristisch für Immobilien sind ihre überdurchschnittlich langen Entwicklungs- und Lebenszyklen. Der Zeitraum zwischen Investitionsentscheidung und Fertigstellung kann je nach Größenordnung des Projekts zwischen zwei und fünf Jahren betragen. Aufgrund der langen Entwicklungsdauer reagiert das Immobilienangebot zeitlich stark verzögert auf verändertes Nachfrage-verhalten. Des Weiteren besitzen Immobilien einen weitaus längeren Lebenszyklus als andere Wirtschaftsgüter. Bezüglich der Nutzungsdauer lässt sich dabei zwischen technischer und ökonomischer Nutzungszeit unterscheiden, wobei erstere i.d.R. die wirtschaftliche Nutzungsdauer bei weitem übertrifft. Dementsprechend entsteht eher selten Ersatzbedarf, was dazu führt, dass dem Bestand an Immobilien im Verhältnis zu Neubauobjekten eine hohe Bedeutung beikommt.[46]
Hohes Investitionsvolumen und Transaktionskosten: Immobilien-investitionen sind immer auch mit hohen Investitionsvolumina und einer meist langen Kapitalbindungsdauer verbunden, was den Kreis potentieller Investoren für den direkten Erwerb reduziert. Gleichzeitig fallen bei der Eigentumsübertragung relativ hohe Transaktionskosten (z.B. Grund-erwerbsteuer, Grundbuch- oder Notargebühren) an. Diese spezifischen Charakteristika schaffen die Notwendigkeit, Immobilien möglichst langfristig im Bestand zu halten, was wiederum schlechte Fungibilität und mangelnde Markttransparenz zur Folge hat.[47]
3.1.3 Bewertung von Immobilien
Immobilien unterscheiden sich auch bezüglich ihrer Bewertung deutlich von anderen Wirtschaftsgütern. Dies gilt vor allem für die Feststellung und Beurteilung des jeweils aktuellen Wertes eines Objektes. Auf den aktuellen Handelswert von Wertpapieren kann jederzeit zugegriffen werden und diese werden zwingend zum aktuellen Kurs an den weltweiten Börsen gehandelt. Der Wert einer Immobilie steht dagegen erst bei ihrem Erwerb bzw. Verkauf als notariell beurkundeter Verkaufspreis fest. Somit stellt sich die Frage, was man unter dem Wert einer Immobilie versteht und wie sich dieser ermitteln lässt. Selbstverständlich hat ein Marktakteur, welcher eine Immobilie veräußern will subjektive Vorstellungen über den gewünschten bzw. in seinen Augen gerechtfertigten Wert. Die Wertschätzung einer Immobilie unterliegt stets auch der subjektiven Einschätzung der Beteiligten Akteure. Dieser Umstand sowie eine Vielzahl an geläufigen Normen führen in Praxis und Wissenschaft zu den unterschiedlichsten Wertbegriffen im Bereich der Immobilienbewertung. Es sind aktuell rund 20 Wertbegriffe bekannt, die zum Teil Ähnliches aussagen, aber aufgrund unterschiedlicher Vorschriften und unterschiedlicher Betrachtungsweisen zu völlig unterschiedlichen Werten für ein und dieselbe Immobilie kommen können. Für die Praxis von besonderer Relevanz sind jedoch insbesondere der Beleihungswert, der Investmentwert sowie der Verkehrswert.[48]
Der im Kreditwesen weit verbreitete Beleihungswert berücksichtigt z.B. vorrangig das Kreditsicherungsinteresse der Banken und wird durch vorsichtige Einschätzung der zukünftigen Vermarktungsfähigkeit der Immobilie, unter Berücksichtigung langfristiger Nachhaltigkeitsaspekte, ermittelt. Durch den Investmentwert wird dagegen der Wert einer Immobilie in Bezug auf einen bestimmten Investor bzw. eine Klasse von Investoren ausgedrückt.[49] Der in der Bewertungspraxis am häufigsten verwendete Begriff ist jedoch der Verkehrswert. Bei diesem handelt es sich um einen Marktwert, der dem Fair Value entspricht, wie er international definiert und ausgelegt wird. Er bietet eine gute Grundlage für Wertmittlungen, da diese durch seine Zugrundelegung vergleichbar werden. Der Verkehrswert ist als der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr, am freien Markt unter normalen Umständen und zu einem bestimmten Stichtag, erzielbare Preis definiert.[50]
In der Wertermittlungslehre und der Wertermittlungspraxis sind, wie auch bei den Wertbegriffen, unzählige Wertermittlungsverfahren verbreitet. Letzt-endlich lassen sich diese jedoch im Kern auf drei Grundverfahren zurück-führen. Bei diesen handelt es sich um kaufpreisorientierte, performance-orientierte sowie substanzorientierte Bewertungsverfahren. In den meisten Ländern stehen die drei genannten, klassischen Bewertungsverfahren im Mittelpunkt der Bewertungspraxis und sollen daher im Folgenden kurz erläutert werden:[51] Kaufpreisorientierte Verfahren: Kaufpreisorientierten Bewertungs-verfahren liegt die Vorstellung zugrunde, dass der Preis, der für eine Immobilie am Markt erzielt werden kann, ihren Wert widerspiegelt. Zu den Kaufpreisorientierten verfahren gehört z.B. das deutsche Vergleichswert-verfahren, welches eine sogenannte Preisvergleichsrechnung darstellt. Der Wert des zu bewertenden Objektes wird dabei durch den Vergleich mit tatsächlich am Markt bezahlten Preisen für vergleichbare Objekte bestimmt. In der Praxis ist es jedoch häufig problematisch derart homogene Vergleichsobjekte, in außerdem ausreichend großer Anzahl, zu finden. Es wird daher versucht die Unterschiede durch entsprechende Zu- und Abschläge bzw. Umrechnung der Werte mittels Umrechnungskoeffizienten heraus-zufiltern. Das Grundschema kaufpreisorientierter Verfahren ist im Vergleich zu anderen Verfahren recht einfach, weshalb es hauptsächlich zur Bewertung von unbebauten Grundstücken bzw. einfachen Immobilienarten, wie z.B. Wohnimmobilien, herangezogen wird.[52]
Performanceorientierte Verfahren: Performanceorientierte Verfahren finden zur Schätzung des Barwertes von Rechten, bei Immobilien generell zukünftige Erträge, d.h. vor allem Mieteinnahmen und/oder ein zukünftiger Kapitalwert, welcher sich aus einem in der Zukunft liegenden Verkauf ergibt, Anwendung. Der Wert einer Immobilie wird dabei über die Abzinsung der Erträge ermittelt und ist mit dem daraus resultierenden Barwert gleichzusetzen. Die Abzinsungsfaktoren werden hierbei aus Vergleichs- transaktionen oder dem Kapitalmarkt im Allgemeinen abgeleitet. Performanceorientierte Verfahren kommen überwiegend bei der Wert-ermittlung von Renditeimmobilien zum Einsatz.[53] Übliche Verfahren sind u.a. das deutsche Ertragswertverfahren oder die international weit verbreitete Discounted Cashflow Method.
Substanzorientierte Verfahren: Substanzorientierte Verfahren stützen sich auf die Überlegung, dass ein potentieller Käufer normalerweise nicht mehr Geld für eine Immobilie ausgibt, als der Kauf eines gleichwertigen Grundstücks sowie der Bau eines gleichwertigen Gebäudes kosten würde. Sie berücksichtigen daher die Möglichkeit, anstatt eines Kaufs auch eine gleich-wertige Immobilie neu zu errichten. In Deutschland lässt sich das Sachwertverfahren den substanzorientierten Methoden zuordnen. Es spielt in der aktuellen Bewertungspraxis jedoch nur noch eine untergeordnete Rolle.[54]
3.2 Der Immobilienmarkt
3.2.1 Volkswirtschaftliche Bedeutung
Dass Immobilien im Leben der Menschen eine zentrale Rolle spielen steht außer Frage. Sie sind Wohnraum, Arbeitsplatz und prägen unsere Umwelt wie kein anderes Wirtschaftsgut es sonst vermag.[55] Doch auch für die deutsche Volkswirtschaft, einzel- wie auch gesamtwirtschaftlich, sind Immobilien von großer Bedeutung.
Die Immobilienwirtschaft ist aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ein wichtiger Wirtschaftssektor, trägt einen wesentlichen Teil zur Wirtschaftsleistung bei und ist gleichzeitig ein bedeutender Arbeitgeber. Die Immobilienwirtschaft umfasst dabei eine Vielzahl unterschiedlicher Branchen. Vor allem zu nennen sind hierbei die Bauindustrie, Banken und Kapitalanlagegesellschaften, Architekten und Ingenieure sowie Anbieter von Dienstleistungen rund um die Immobilie. Die deutsche Immobilienwirtschaft zählte im Jahr 2011 rd. 788 Tsd. Unternehmen, beinahe ein Viertel aller in Deutschland ansässigen Unternehmen, welche rd. 453 Mrd. € umsetzten. Dabei arbeiteten rd. 2,8 Mio. sozialversicherungspflichtige Beschäftigte in der Immobilienwirtschaft, was knapp 10 % aller abhängig Beschäftigten in Deutschland entsprach. Gleichzeitig erbrachte die Immobilienwirtschaft eine Bruttowertschöpfung in Höhe von rd. 434 Mrd. € und damit fast 19 % der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang ebenfalls noch die große Bedeutung der Immobilienwirtschaft für die Kreditwirtschaft. So handelte es sich bei ca. der Hälfte aller Kredite, welche zum Jahresende 2013 an Unternehmen sowie Privatpersonen ausgereicht waren und ein Volumen von ca. 2,4 Bio. € erreichten, um Immobilienkredite bzw. Kredite an Bauunternehmungen.[56]
Neben dem bedeutenden Beitrag, den die Immobilienwirtschaft zur Wirtschaftsleistung beisteuert, ist die Immobilie, als Gegenstand der Vermögensbildung, aus gesamtwirtschaftlicher Sicht von noch größerer Wichtigkeit.[57] Grund- und Immobilienbesitz stellt für Privathaushalte eine bedeutende Komponente des privaten Vermögens und für Unternehmen wichtige Produktionsfaktoren dar. So betrug das Nettoanlagevermögen, d.h. der Wert aller produzierten Vermögensgüter abzüglich der aufgelaufenen Abschreibungen, im Jahr 2012 in Deutschland ca. 11,8 Bio. €, wobei der Anteil der Wohn- und Nichtwohn-Bauten, mit einem Wert von rd. 10 Bio. €, bei 85 % lag und somit eine herausragende Stellung einnahm.[58]
Die Immobilienwirtschaft übt, aufgrund ihrer bereits dargestellten Bedeutung für die Gesamtwirtschaft, einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf volkswirtschaftliche Größen wie Beschäftigung und Konsum aus. Die Wechselwirkungen zwischen dem Immobilienmarkt und der Gesamtwirtschaft wurde jedoch lange Zeit unterschätzt.[59] Von einem Aufschwung in der Immobilienbranche profitieren zahlreiche andere Sektoren, auch über einen längeren Zeitraum hinweg. Hierfür sind Impulse, die vor- und nachgelagerte Märkte positiv beeinflussen und letztlich auch über den privaten Konsum der Einkommensempfänger auf zusätzliche Bereiche der Wirtschaft Einfluss nehmen, verantwortlich. Dadurch wird die Investitionsbereitschaft angeregt und schließlich die Konjunktur angetrieben. Tatsächlich spielen die Immobilienmärkte, im negativen wie im positiven Sinne, eine wichtige Rolle bei der Erklärung von Konjunkturzyklen. Dementsprechend groß sollte das Interesse daran sein, den Einfluss, den der Immobilienmarkt auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung hat, nachvollziehen zu können.[60]
3.2.2 Die regionalen Teilmärkte
Märkte werden als Orte des Aufeinandertreffens von Angebot und Nachfrage definiert. Dementsprechend handelt es sich bei Immobilienmärkten um Märkte, auf denen Immobilien bzw. Immobiliendienstleistungen gehandelt werden. Aufgrund der spezifischen Eigenschaften, die die Immobilie als Wirtschaftsgut mit sich bringt, existiert „der eine“ Immobilienmarkt jedoch nicht. Aufgrund ihrer Heterogenität werden Immobilien vielmehr auf einer Vielzahl von unterschiedlichen Immobilienmärkten gehandelt, welche sich nach unterschiedlichen Kriterien voneinander abgrenzen lassen. Um eine differenziertere Betrachtung zu ermöglichen, soll dies daher im Folgenden geschehen.[61]
Unter anderem können Immobilienmärkte nach unterschiedlichen Gebäude-typen in Abhängigkeit ihrer jeweiligen Nutzungs- oder Objektart unter-schieden werden. Immobiliennutzer lassen sich hierbei in Privatleute, Unternehmen und Non-Profit-Organisationen aufgliedern. Privatpersonen können dementsprechend z.B. Wohnimmobilien, Unternehmen Gewerbe-immobilien und Non-Profit-Organisationen Sonderimmobilien zugeordnet werden. Die Typologisierung nach Immobilienarten stellt dabei eine weitere Möglichkeit der Differenzierung dar. Die Anzahl der Immobilienarten variiert dabei je nach der gewählten Aufteilung, wobei die Unterteilung in die drei bereits genannten Arten Wohnimmobilien, Gewerbeimmobilien sowie Sonderimmobilien weitestgehend anerkannt ist. Den Wohnimmobilien lassen sich hierbei Immobilien mit Wohnfunktion, also Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen zuordnen. Unter Gewerbeimmobilien versteht man dagegen Flächen und Gebäude, die der Produktion von Gütern und Dienstleistungen oder der Distribution von Waren dienen. Diese lassen sich noch einmal in Büro-, Handels- sowie Industrieimmobilien untergliedern. Sonderimmobilien zeichnen sich dadurch aus, dass sie meist für eine sehr spezifische Nutzung ausgelegt und dementsprechend oft nur schlecht drittverwendungsfähig sind. Ihnen können z.B. Gastronomie- und Beherbergungsgebäude, Seniorenimmobilien oder auch Sport- und Freizeitanlagen zugeordnet werden.[62] Je detaillierter innerhalb der unter-schiedlichen Objektarten nach der Nutzung differenziert wird, umso homogener wird das daraus resultierende Marktsegment. In diesem können die Immobilien dann wiederum nach ihrer individuellen Ausstattung, Größe und weiteren Kriterien unterschieden werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Tabelle 2: Immobilienmärkte[63] Immobilienmärkte können nicht nur nach ihrer jeweiligen Nutzungs- oder Objektart unterschieden werden. Aufgrund der Standortgebundenheit von Immobilien können Immobilienmärkte des Weiteren noch nach ihrer Lage bzw. ihrem Standort bestimmt werden. In dieser Struktur werden dementsprechend lokale, regionale, nationale sowie internationale Immobilienmärkte differenzieren. Aufgrund ihrer spezifischen Markt-bedingungen können sich die räumlichen Teilmärkte äußerst unterschiedlich entwickeln. In Deutschland existiert, im Gegensatz zu Frankreich oder Großbritannien, kein dominanter Metropolenmarkt sondern mehrere bedeutende lokale Märkte wie die sieben sog. A-Städte München, Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Hamburg, Düsseldorf und Köln. Auch diese lokalen Märkte lassen sich noch einmal in verschiedene Teilmärkte differenzieren. Die Unterscheidung von Immobilien nach Objektart sowie ihrer Lage bzw. ihrem Standort führt zu der weit verbreiteten zweidimensionalen Marktabgrenzung nach Lage und Nutzungsart der Immobilie. Dies führt, wie in Tabelle 2 zu erkennen ist, zu einer Vielzahl verschiedener Immobilienmärkte.[64]
3.2.3 Immobilienmärkte und Effizienz
Der Preis einer Immobilie bildet sich durch das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage. Um die Vergleichbarkeit der Kosten zu gewähren, werden die Preise von Immobilien meist pro m² angegeben. Bei der Preisbildung sind Tendenzen des Marktes hin zum Käufermarkt bzw. Verkäufermarkt zu beachten. Im Falle des Ersteren ist das Angebot hoch und das Preisniveau niedrig. Tendiert der Markt dagegen hin zum Verkäufermarkt, so steht wenigen Anbietern eine Vielzahl von Nachfragern gegenüber. Der Preis wird auf dem Immobilienmarkt stark durch die nachfragende Seite beeinflusst. Während die Anbieter versuchen einen möglichst hohen Preis für ihr Objekt zu erzielen, sind die Nachfrager bestrebt einen möglichst geringen Preis zu bezahlen. Bei der Preisfindung orientieren sich beide Seiten an Vergleichspreisen ähnlicher Objekte bzw. am Wert eines Objekts, welcher sich z.B. mit Hilfe eines Gutachters und unterschiedlichen Wertermittlungs-methoden ermitteln lässt. Eine Immobilie kann einen bestimmten Wert haben, dieser sich jedoch, mangels Nachfrage, nicht umsetzen lassen. Gleichzeitig kann der Kaufpreis einer Immobilie, unter gewissen Umständen, deren Wert auch bei weitem übersteigen. Der Wert ist dementsprechend nicht mit dem Preis gleichzusetzen.[65]
Die möglichen Diskrepanzen zwischen Wert und Preis einer Immobilie sind auf die spezifischen Eigenschaften des Immobilienmarktes, bedingt durch die Besonderheiten des Wirtschaftsgutes Immobilie, zurückzuführen. In der Theorie führt die Interaktion von Angebot und Nachfrage zu einer effizienten Allokation und resultiert in einem Gleichgewichtspreis. Der fehlerfreie Ablauf des Preismechanismus setzt jedoch einen vollkommenen Markt voraus. Dieser ist gekennzeichnet durch die Homogenität der angebotenen Güter, vollständige Markttransparenz, eine unendlich große Anzahl von Anbietern und Nachfragern sowie absoluter Angebotselastizität. Die genannten Merkmale drücken die Idealvorstellung eines vollkommenen Marktes aus. Umso weniger dieser Kriterien ein Markt erfüllt, desto unvollkommener ist er.[66]
In der Realität entsprechen die Finanzmärkte am ehesten dieser Idealvorstellung. Auch diese lassen sich jedoch nicht als vollkommen bezeichnen. Wird der Immobilienmarkt nach den aufgeführten Kriterien beurteilt, ergibt sich ein deutliches Bild:
Homogenität angebotener Güter: Immobilien sind heterogen. Es müssen sich zwangsläufig Präferenzen für ein bestimmtes Angebot oder einen bestimmten Anbieter ergeben.
Vollständige Markttransparenz: Aufgrund der geringen Transaktions-häufigkeit liegen in der Regel nur wenige Informationen über Preise, Mieten oder den Bestand einzelner regionaler Immobilienmärkte vor. Markt-transparenz ist dementsprechend nur partiell gegeben.
Unendlich große Anzahl von Marktteilnehmern: Auf den jeweiligen Teilmärkten ist die Anzahl der Anbieter und Nachfrager begrenzt.
Absolute Angebotselastizität: Bedingt durch die lange Produktionsdauer von Immobilien, erfolgt auf dem Immobilienmarkt eine Reaktion an veränderte Rahmenbedingungen nur mit relativ großen Zeitverzögerungen. Es besteht daher eine nur sehr geringe Angebotselastizität gegenüber Nachfrageänderungen.
Da die Bedingungen eines vollkommenen Marktes im Falle des Immobilienmarktes nicht oder nur teilweise erfüllt sind, handelt es sich bei diesem um einen stark unvollkommenen Markt.[67] Neben seiner Unvollkommenheit wird dem Immobilienmarkt ebenfalls, insbesondere aufgrund des immanenten Informationsmangels und der daraus resultierenden geringen Markttransparenz, eine im Vergleich zu Finanzmärkten geringe Markteffizienz zugesprochen. Nach Dasso ist dieser lediglich schwach informationseffizient.[68] Als Konsequenz ergeben sich große Probleme, was die Rendite- und Wertermittlung von Immobilien betrifft. Um den nicht vollkommenen Marktmechanismus zu simulieren, müssen daher, wie bereits dargestellt, Bewertungsverfahren zur Preisfindung eingesetzt werden.[69] Die effiziente Allokation der Ressourcen ist auf Immobilienmärkten daher nicht einwandfrei gegeben. Dies führt letztlich ebenfalls zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Fehlbewertungen und somit auch der Bildung von Preisblasen. Auf diese Problematik soll nun im folgenden Abschnitt umfassend eingegangen werden.
[...]
[1] Manager Magazin (2014)
[2] bulwiengesa AG (2015)
[3] Vgl. Mankiw (2004), S. 169f.
[4] Vgl. Sapusek (1998), S. 9.
[5] Vgl. Steiner, Bruns (1994), S. 34ff.
[6] Vgl. Fama (1970), S. 383
[7] Vgl. Fama (1970), S. 383ff.
[8] Vgl. Schredelseker (2013), S. 371
[9] Vgl. Volkart (2011), S. 253
[10] Vgl. Schredelseker (2013), S. 365f.
[11] Vgl. Mandelbrot, Hudson (2004), S. 35ff.
[12] Vgl. Schredelseker (2013), S. 384
[13] Vgl. Garber, (2000), S. IX.
[14] Vgl. Fernandez-Kranz/Hon (2006), S. 450
[15] Eigene Darstellung in Anlehnung an Rombach (2010), S. 29
[16] Vgl. Kindleberger (1996), S. 13; Shiller (2003), S. 35
[17] Vgl. Rehkugler/Rombach (2011) , S. 163
[18] Vgl. Irle (2010), S. 12
[19] Vgl. Blanchard/Watson (1982), S. 1; Smith /Smith (2006), S. 3
[20] Eigene Darstellung in Anlehnung an Rombach (2010), S. 47
[21] Vgl. Schmitz, J. (2005), S. 6
[22] Vgl. Jedem, U. (2006), S. 49
[23] Vgl. Stiglitz (1990), S. 13
[24] Vgl. Case/Shiller (2003), S. 299
[25] Vgl. Garber (2000), S. 4
[26] Eigene Darstellung in Anlehnung an Eustermann (2010), S. 25; Kindleberger (2001), S. 283ff.
[27] Vgl. Eustermann (2010), S. 9
[28] Vgl. Stiglitz (2005), S. 25 ff.
[29] Vgl. Daxhammer/Facsar (2011), S. 139ff.
[30] Vgl. Bruns (1994), S. 22
[31] Vgl. Kiehling (2001), S. 169
[32] Vgl. Bruns (1994), S. 22f.
[33] Vgl. Minsky (2011)
[34] Vgl. Kindleberger (2001)
[35] Vgl. Kindleberger (2001), S. 30
[36] Vgl. Kindleberger (2001), S. 31
[37] Vgl. Kindleberger (2001), S. 31f.
[38] Vgl. Kindleberger (2001), S. 33f.
[39] Vgl. Kindleberger (2001), S. 34.
[40] Vgl. Vornholz (2014), S. 5
[41] Vgl. Gondring (2009), S.16f.
[42] Vgl. Bone-Winkel et al. (2008), S. 16
[43] Vgl. Brauer (2010), S. 10f.
[44] Vgl. Vornholz (2014), S. 7
[45] Vgl. Vornholz (2014), S. 7
[46] Vgl. Gondring (2009), S.19
[47] Vgl. Brauer (2010), S. 12f.
[48] Vgl. Irle (2010), S. 14
[49] Vgl. Müller (2009), S. 272f.
[50] Vgl. Kleiber (2011), S. 263
[51] Vgl. Kleiber (2011), S. 268f.
[52] Vgl. Müller (2009), S. 277
[53] Vgl. White (2003), S. 85
[54] Vgl. Irle (2010), S. 19
[55] Vgl. Mussel, G. (2005), S. 56
[56] Vgl. Vornholz (2014), S. 24ff.
[57] Vgl. Gondring (2009), S.1
[58] Vgl. Vornholz (2014), S. 21f.
[59] Vgl. Jäger/Voigtländer (2006) S. 4ff.
[60] Vgl. Gondring (2009), S. 46
[61] Vgl. Vornholz (2014), S. 9
[62] Vgl. Gondring (2009), S.17f.
[63] Eigene Darstellung in Anlehnung an Vornholz (2014), S. 11
[64] Vgl. Vornholz (2014), S. 9f.
[65] Vgl. Gondring (2009), S. 28
[66] Vgl. Brauer (2010), S. 13
[67] Vgl. Brauer (2010), S. 13f.
[68] Vgl. Dasso et al. (1995), S. 294
[69] Vgl. Rombach (2011), S. 86
- Citar trabajo
- David Winder (Autor), 2015, Preisblasen auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/377281
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