Dieser Essay behandelt die Frage "Was ist ein Autor" im Spiegel des Werkes von Michel Foucaults aus dem Jahre 2000. Darin wird die Komplexität des Begriffes „Autors“ untersucht. Sein Vortrag ist in vier Teile gegliedert und geht der Frage nach, was ein Autor im Allgemeinen ist. Seinen Fokus legt er dabei darauf, den Bezug von Text und Autor.
Die zentrale These auf die er sich dabei stützt entnimmt er einem Zitat des Schriftstellers Samuel Beckett, die eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber dem Autor impliziert. Er analysiert die Funktion des Autorennamens im Bezug von „Text“ und „Werk“ unter drei Blickpunkten: Autorname als besondere Funktionsweise des Eigennamens, die Autorfunktion, die einige Diskurse haben und Autoren als Diskursivitätsbegründer.
Ausgehend von Eigenschaften zeitgenössischen Schreibens und Literatur von Flaubert, Kafka und Proust, diskutiert Foucault das Phänomen des „Verschwindens des Autors“. Dabei lehnt er sich zu Beginn des Vortrages eng an den von Roland Barthes verfassten Text „Der Tod des Autors“ an. Er selbst vertritt die Position, dass man die Existenz eines Autors im wirklichen Leben nicht zu leugnen braucht und gleichzeitig auch nicht das Verschwinden desselben feststellen muss.
1. Autorname als besondere Funktionsweise des Eigennamens.
2.
Die Autorfunktion, die einige Diskurse
4
haben, andere dagegen nicht.
3.
Autoren als Diskursivitätsbegründer.
5
Autorname Eigenname
Angelehnt an die zu findenden Leerstellen, in denen ein Autor seine Funktion ausübt, zieht er
zusätzlich die Bereiche des Autornamens an sich, das Aneignungs- und
Zuschreibungsverhältnis sowie die Position eines Autors mit in seine Überlegungen ein.
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Als Problem mit dem Gebrauch des Autornamens stellt Foucault die Fragen, was ein
Autorenname sei und wie er funktioniert. Er klassifiziert den Autornamen als einen
Eigennamen, der eine hinweisende Funktion besitzt, beziehungsweise als Beschreibung
dienen kann. Allerdings stellt er einen Unterschied in der Verbindung eines Eigennamens und
dem zugehörigen Individuum in Abgrenzung zu einem Autorennamen und dem fest, was
dieser benennt. Ein Beispiel kann diese Problematik veranschaulichen: Wenn ich merke, dass
Christian keine grünen Augen hat oder nicht in Wiesbaden geboren ist, bezieht sich der
Eigenname ,Christian` immer noch auf dieselbe Person. Bei einem Autornamen verhält es
sich allerdings nicht so. Foucault nennt ein Fallbeispiel, in dem bewiesen wird, dass
Shakespeare nicht die Sonette geschrieben habe. Dies würde der Bedeutung und die Funktion
des Autornamens ,Shakespeare` in Mitleidenschaft ziehen.
7
Deshalb ist der Autorname ,,nicht
unbedingt ein Eigenname wie alle anderen"
8
. Eine zusätzliche Betrachtungsweise liefert er
mit einem weiteren Beispiel, das eine ,,paradoxe Einmaligkeit des Autornamens" beschreibt.
In diesem Sinne gibt es einen Unterschied darin zu sagen ,Christian` gibt es nicht oder
,Homer` gibt es nicht. Entgegen dem Eigennamen ,Christian` besitzt der Autorenname
,Homer` eine klassifikatorische Funktion, da man Homer, im Sinne des
Zuschreibungsverhältnisses, verschiedene Werke zuordnet, die sich wiederum von Texten
anderer Autoren abgrenzen lassen.
9
Dem Autornamen schreibt Foucault eine
4Eine Menge von Aussagen, die einem gleichen Formationssystem angehören (vgl. S.194)
5Ebd., S. 194.
6Ebd., S. 198.
7Ebd., S. 209.
8Ebd.
9Ebd.
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Ordnungsfunktion zu, nach welcher sich Texte nicht nach deren Inhalt systematisieren lassen,
sondern durch den Autor.
10
Damit vermutet er die Unterschiede in folgendem begründet:
,,ein Autorname ist nicht einfach ein Element in einem Diskurs [...]; er hat bezogen auf den Diskurs eine
bestimmte Rolle: er besitzt klassifikatorische Funktion; mit einem solchen Namen kann man eine gewisse
Zahl von Texten gruppieren, sie abgrenzen, einige ausschließen, sie anderen gegenüberstellen"
11
.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es in einer Kultur eine bestimmte Anzahl von
Diskursen gibt, die die Funktion Autor haben, während andere sie nicht haben. Der Autor ist
steht charakteristisch für Existenz-, Verbreitungs- und Funktionsweise bestimmter Diskurse in
einer Gesellschaft.
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Funktion des Autors
In einem nächsten Schritt beschreibt Foucault die Funktion des Autors. Diesen Abschnitt
leitet er mit der Frage ein, wie sich in unserer Kultur ein Diskurs bestimme, der Träger der
Funktion Autor sei. Diese Merkmale von Diskursen mit der Funktion Autor erläutert er nun
im Näheren anhand von vier Merkmalen.
Das erste Merkmal macht er darin fest, dass die dem Autor zugeschriebenen Diskurse
,,Aneignungsobjekte" sind. Diese beschreiben in erster Linie die Regelung von
Eigentumsverhältnissen in Bezug auf einen verfassten Text, über dessen Inhalt man, als
eigenständiger Verfasser, zu Rechenschaft gezogen werden kann.
Das zweite Merkmal beschreibt er in Geltungsschwankungen, da Funktion und Autor nicht
einheitlich und gleichmäßig auf alle Diskurse zu allen Zeiten oder allen Kulturformen nicht
gleichermaßen wirkten. In einem Beispiel stellt Foucault die unterschiedliche Gewichtung der
Nennung eines Autors, im westeuropäischen Raum im Mittelalter und der Neuzeit,
vergleichend gegenüber. Gleichzeitig wird zwischen literarischen und
naturwissenschaftlichen Texten unterschieden. So entwirft er eine These die besagt, dass
literarische Texte im Mittelalter keine Nennung eines Autors erforderten, die Menschen in der
Neuzeit im Regelfall eine Nennung des Autors fordern. Das Verhältnis dreht sich bei der
Betrachtung wissenschaftlicher Thesen. Im Mittelalter bedurfte es einer Nennung des Autors
10Ebd., S. 202.
11Ebd., S. 210.
12Ebd., S. 211.
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im Bereich naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, wogegen in der Neuzeit im seltensten Fall
eine Nennung erforderlich ist, damit ein naturwissenschaftlicher Diskurs als wahrhaftig
angenommen wird.
13
Das dritte Merkmal der Funktion Autor ist das Ergebnis komplizierter Operationen, sodass
man einem Produzenten nicht direkt einen Diskurs zuschreiben kann. Diese komplizierte
Operation konstruiert ein Vernunftwesen, das man Autor nennt. Dieser Konstruktion schreibt
Foucault die Fähigkeit zu, dem Autor eines Textes eine Art schöpferische Kraft zu. Aus dieser
Kraft heraus entsteht dann der Entwurf für einen Text, der letztendlich den Ursprung des
Schreibens beschreibt. Allerdings ist der Begriff Autor dabei nur ,,die psychologische
Projektion der Behandlung, die man Texten angedeihen lässt"
14
. Die Operationen variieren
wiederum je nach Epoche und Diskurstyp. In diesem Sinne lässt sich ein philosophischer
Autor nicht wie ein Dichter behandeln und die Konstruktion eines Autors eines Romanwerkes
wurde im 18. Jahrhunderts anders vorgenommen als heute. Diesen Konstruktionen
zugrundeliegenden Gemeinsamkeiten lassen sich in vier Authentizitätskriterien des heiligen
Hieronymus zuschreiben. Nach dessen Ansicht gab es vier Kriterien, die nachvollziehbar
machten, ob ein Text mit Sicherheit von einem Autor verfasst wurde oder ob verschiedene
Texte demselben Autor zugeordnet werden können: Gesetzt dem Fall, dass unter mehreren
Büchern eines Autors eines von ihnen enorme qualitative Unterschiede zu den anderen
aufweist, oder einem dem Autor nicht entsprechenden Stil verfasst wurde, so muss es aus der
Liste der Gesamtwerke gestrichen werden. Genauso verhält es sich mit Werken, die
vorherigen Werken widersprechen. Zuletzt können Ereignisse die nach dem Tod des Autors
geschahen nicht von ihm selbst beschrieben worden sein. Diese von Hieronymus
beschriebenen Einheiten verdeutlichen erneut die Autorfunktion. Der Begriff Autor lässt sich
hier als konstantes Wertniveau, eines begrifflichen und theoretischen Zusammenhangs, einer
stilistischen Struktur und eines bestimmten geschichtlichen Augenblicks zusammenfassen.
15
Das letzte Merkmal, das Foucault in Bezug zu Diskursen mit Autorfunktion erwähnt ist die
Zuschreibung eines Autors zu einem Werk. ,,Autor ist derjenige, durch den gewisse
Ereignisse in einem Werk ebenso wie deren Transformation erklärt werden können[...]"
16
. So
wird der Autor zu einem Prinzip einer gewissen Einheit des Schreibens. Zusätzlich enthalten
13Ebd., S. 212f..
14Ebd., S. 214.
15Ebd., S. 215.
16Ebd.
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- Stefan Schmidt (Autor), 2016, Was ist ein Autor? Eine Untersuchung im Spiegel Michel Foucaults, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376494
