Medien umgeben uns tagtäglich; inzwischen kann man gar ihre Ubiquität konstatieren – so wie sie der amerikanische Medienkritiker POSTMAN in Form einer medialen Abondance beschreibt. Über die Wirkung und die Wirksamkeit von Medien ist in der Öffentlichkeit in genere allerdings nur wenig bekannt. Dabei bieten sowohl die traditionellen als auch die modernen Medien eine Vielzahl von Chancen, (nicht nur) den schulischen Lernprozess zu unterstützen. Es stellt sich die Frage, wie diese „Lehrmittel“ wirken, welche Möglichkeiten aber auch welche Schwierigkeiten oder gar Gefahren mit dem Einsatz von Medien verbunden sind.
In dieser Arbeit wird deshalb der Frage nachgegangen, inwieweit sich verschiedene Medientypen hinsichtlich der Behaltensquoten, die rein technisch betrachtet stellvertretend für einen Lernerfolg gemessen werden können, unterscheiden. Ausgehend von einer theoretischen Betrachtung von Lernvorgängen aus lern- und kognitions-psychologischer Sicht, wird im Anschluss der Versuch unternommen, einen empirischen Nachweis für die (Lern-)Wirksamkeit von Medientypen zu führen. Exemplarisch wurden dazu vier unterschiedliche Medien bzw. Medienkompositionen verwendet.
Auch und insbesondere werden im Folgenden die Voraussetzungen für ein effektives Lernen (mit Medien) betrachtet, um abschließend zu schlussfolgern, wie Unterrichtsmedien geschaffen sein müssen und wie sie eingesetzt werden sollten, um den Anforderungen gerecht werden zu können.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Lernen mit Medien aus lernpsychologischer Perspektive
2.1. Lernen aus Sicht der Neurophysiologie und –psychologie
2.2. Das Lernen in der konstruktivistischen Perspektive
2.3. Das Lernen beeinflussende Faktoren
2.4. Empirische Befunde für Lernwirksamkeit von Medien
3. Untersuchung zur Lernwirksamkeit von Medien
3.1. Versuchsaufbau und -durchführung
3.2. Auswertung und Interpretation
4. Resümee – Die Bedeutung von Medien für den Lernprozess
Anhang
I. Literaturverzeichnis
II. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
III. Inhalt des Fernsehberichts
IV. Aufbau des Fragebogens
V. Bewertung des Fragebogens
1. Einleitung
Medien umgeben uns tagtäglich; inzwischen kann man gar ihre Ubiquität konstatieren – so wie sie der amerikanische Medienkritiker Postman in Form einer medialen Abondance beschreibt. Über die Wirkung und die Wirksamkeit von Medien ist in der Öffentlichkeit in genere allerdings nur wenig bekannt. Dabei bieten sowohl die traditionellen als auch die modernen Medien eine Vielzahl von Chancen, (nicht nur) den schulischen Lernprozess zu unterstützen. Es stellt sich die Frage, wie diese „Lehrmittel“ wirken, welche Möglichkeiten aber auch welche Schwierigkeiten oder gar Gefahren mit dem Einsatz von Medien verbunden sind.
In dieser Arbeit wird deshalb der Frage nachgegangen, inwieweit sich verschiedene Medientypen hinsichtlich der Behaltensquoten, die rein technisch betrachtet stellvertretend für einen Lernerfolg gemessen werden können, unterscheiden. Ausgehend von einer theoretischen Betrachtung von Lernvorgängen aus lern- und kognitionspsychologischer Sicht, wird im Anschluss der Versuch unternommen, einen empirischen Nachweis für die (Lern-)Wirksamkeit von Medientypen zu führen. Exemplarisch wurden dazu vier unterschiedliche Medien bzw. Medienkompositionen verwendet.
Auch und insbesondere werden im Folgenden die Voraussetzungen für ein effektives Lernen (mit Medien) betrachtet, um abschließend zu schlussfolgern, wie Unterrichtsmedien geschaffen sein müssen und wie sie eingesetzt werden sollten, um den Anforderungen gerecht werden zu können.
2. Lernen mit Medien aus lernpsychologischer Perspektive
2.1. Lernen aus Sicht der Neurophysiologie und –psychologie
Die Neurowissenschaft, jene Schnittstelle von Medizin, insbesondere der Physiologie sowie Anatomie, und Psychologie, hat sich lange Zeit der Frage zugewandt, wo Gehirnfunktionen zu lokalisieren sind. Die Forschungsbemühungen dieser Vertreter einer Lokalisationstheorie führten u.a. zur Ausarbeitung detaillierter Karten des Gehirns, die Regionen beschrieben und darstellten, welche für ganz spezielle Funktionen verantwortlich sein sollten.[1] Doch konnte man mit diesem theoretischen Ansatz, und auch mit anderen Theoriekonstrukten der Zeit[2], die Entstehung und Funktionsweise der höheren geistigen Fähigkeiten nicht hinreichend erklären.
Einen Versuch der Theoriebildung im Bereich der Neuropsychologie unternahm der russische Arzt und Psychologe Lurija. Er definierte den Begriff „Funktion“ abweichend von dem Verständnis dieses Begriffs aus Sicht der Lokalisationstheorie – so wurde die Funktion von den Vertretern dieser Forschungsrichtung als „Funktion spezifischer Gewebearten“ verstanden. Lurija ging davon aus, dass die Funktion eher als ein „funktionelles System“ aufgefasst werden sollte. Psychische Prozesse beim Menschen bedingen zwar unterschiedliche Aktivitäten der verschieden Hirnregionen, doch lassen sich nicht eindeutige Funktionsstrukturen lokalisieren.[3]
Er unterschied drei fundamentale Einheiten des Gehirns, die an jeder Aktivität beteiligt sind:
- „Einheit der Steuerung von Tonus und Wachheit;
- Einheit der Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen;
- Einheit der Programmierung, Steuerung und Kontrolle psychischer Tätigkeit.“[4]
Einheit der Steuerung von Tonus und Wachheit
Dabei setzt jede geordnete, zielgerichtete – und auf das Lernen bezogen, Erfolg versprechende – Handlung die Aufrechterhaltung einer optimalen Spannung voraus.[5] Diese Spannung oder auch Erregungszustand, bedingt durch den Ursachenkomplex bestehend aus dem Stoffwechsel, der Intensität von Reizen und den Absichten, Plänen sowie Vorhaben des Menschen, sollte für die Aufnahme und Vertiefung von Informationen weder zu gering sein, denn dann verbliebe die Informationsverarbeitung eher im Unbewussten, noch zu groß sein, denn dann überlagerte die externe wie interne Reizüberflutung die gerichtete Verarbeitung des Informationsangebotes. Eine zu starke Erregung kann somit das Lernvermögen behindern.[6] Fehlt es im Verhältnis „Emotion « Kognition“ jedoch an Emotionalität, werden gleichwohl weniger Informationen gespeichert, da der für ihre Verarbeitung notwendige „Impuls“ fehlt.[7]
Die Einheit der Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen
Die Einheit der Speicherung von Informationen ist zweifelsohne für den Lernprozess wesentlich. Die langfristige Speicherung von Informationen ist allerdings nur dann möglich, wenn Informationen überarbeitet, bzw. wiederholt werden – und vorab bearbeitet, d.h. selektiert werden. Obwohl die Umwelt des Menschen ihn jederzeit eine Informationsflut wahrnehmen lässt, wird dennoch nur der kleinste Teil der Wahrnehmungen weiterverarbeitet. Andernfalls wäre das menschliche Gehirn trotz seiner bis heute technisch nicht nachzuahmenden Eigenschaften und Leistung nicht in der Lage, alle Informationen weiterzuverarbeiten. Es wird vielmehr durch selektive Prozesse das „Notwendige“ herausgefiltert und überhaupt erst wahrgenommen. Bis zur ihrer endgültigen Speicherung müssen diese Informationen wiederholt werden – sei es durch „Überdenken“ oder erneuter sinnlicher Wahrnehmung. Dieses gängige Modell des Gedächtnisses setzt sich aus drei funktionellen Bestandteilen zusammen, die das so genannte Multi-Speicher-Modell bilden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Für einen lang anhaltenden Lernerfolg ist das „Überlernen“, d.h. die ständige und wiederkehrende Reizaufnahme zu einem Informationskomplex oder ihre aktive Erinnerung/Überarbeitung, notwendig. Doch nicht allein die bewusste Rezeption bestimmt das Lernverhalten, auch unbewusste Informationen werden stets mit verarbeitet. Der Wissenserwerb lässt sich nach Cohen, Squire und Schacter nach dem Zustand der Bewusstwerdung klassifizieren. Sie unterscheiden das implizite, d.h. das bewusste Registrieren von Informationen, und das explizite Lernen, d.h. die unbewusste Informationsverarbeitung und -speicherung.[8] Während explizit Gelerntes häufig recht schnell manifestiert wird, läuft das implizite Lernen langsam ab und der Lernvorgang muss mehrmals wiederholt werden (also noch häufiger als beim expliziten Lernen), damit die Inhalte vom Gedächtnis, insbesondere vom Langzeitspeicher, aufgenommen werden können.
Derart lässt sich der Lernerfolg suggestopädischer Verfahren erklären, die im Wesentlichen auf der unbewussten Informationsaufnahme, wie z.B. dem Hören einer Abfolge von Vokabeln im Schlaf, beruhen. Besonderen Erfolg hat der Lernende dann, wenn die implizit gespeicherten Informationen anschließend aktiv, also explizit verarbeitet werden; dadurch wird das unbewusst gespeicherte Wissen in den „aktiven Langzeitspeicher“ überführt.
Einheit der Programmierung, Steuerung und Kontrolle psychischer Tätigkeit Lurija zeigte, dass über die beschriebenen Einheiten hinaus, Pläne und Programme zur Erklärung der menschlichen Kognition wesentlich sind: „Der Mensch reagiert nicht nur passiv auf einfließende Informationen, sondern hat auch Absichten, entwirft Pläne und Programme seines Handelns, beobachtet die Ausführung von Handlungen und steuert sein Verhalten, so dass mit diesen Absichten und Programmen Übereinstimmung erzielt wird; schließlich kontrolliert er seine bewusste Tätigkeit, indem er die Wirkung seines Handelns mit den ursprünglichen Absichten vergleicht und entstandene Fehler berichtigt.“[9] Mit diesem Ansatz der menschlichen Kognition erweitert Lurija die behavioristischen Erklärungsversuche und ebnet den Weg für eine konstruktivistische Betrachtungs- und Deutungsweise.
2.2. Das Lernen in der konstruktivistischen Perspektive
Die Hypothese, dass Lernen ein Prozess der Informationsverarbeitung darstellt, ist gemeinhin anerkannt. Aus psychologischer Sicht ist Lernen vereinfacht die „Fixierung von sensorischen Informationen, motorischen Abläufen und Verknüpfungen zwischen Dingen für eine längere Zeit.“[10]
Das einfachste Schema der Informationsverarbeitung besteht aus drei Komponenten: dem Input, der Verarbeitung und dem Output.[11] Betrachtet man die Physiologie des Gehirns technisch, so lässt dies zunächst den Schluss zu, menschliches Handeln geschehe primär nach einem Ursache-Wirkungs-Prinzip. Diese behavioristische Auffassung, die auf den Lernprozess bezogen annimmt, dass das Lernen passiv unter dem Einfluss externer Stimuli erfolgt[12], wird inzwischen von anderen Paradigma und nicht zuletzt durch die Konstruktivismus-Diskussion der 1990er Jahre, durch die in der Didaktik der Lernende gegenüber dem Lehrenden stärker in den Mittelpunkt gerückt wurde, kritisiert. In besonderer Konkurrenz zum Behaviorismus steht die Gestaltpsychologie, die von der Leitvorstellung ausgeht, „dass eine geordnete Gesamtheit immer Vorrang vor den Einzelwahrnehmungen besitzt.“[13] Die Gesamtheit der Einzelinformationen wird vom Betrachter jeweils zu einem Gesamteindruck zusammengefügt; die Einzelheiten werden also zugunsten systematisch-„konstruierten“ Strukturen nicht wahrgenommen. Diese Autopoiese[14] lässt sich neurowissenschaftlich belegen: Es konnte nachgewiesen werden, dass die menschlichen neuronalen Netzwerke nur zum geringen Teil externe Inputs verarbeiten, sondern überwiegend selbst organisiert und eigendynamisch operieren.[15] Siebert schlussfolgert entsprechend: „Lernen ist prinzipiell selbst gesteuert.“[16]
Die Wahrnehmung des Gesamten geschieht, so gehen die Gestaltpsychologie und der konstruktivistische Lern-Ansatz konform, erst in der Verarbeitung des Rezipienten „manu propria“. Das Erkennen von Formen und von Ordnungen, so wie die Gestaltpsychologie propagiert, liegt im „Auge“ des Betrachters. Eingedenk dieser Überlegungen erneuert der Konstruktivismus die Begriffe des Wissens und der Kognition. Von Glasersfeld resümiert:
- „Wissen wird vom denkenden Subjekt nicht passiv aufgenommen, sondern aktiv adaptiert;
- Die Funktion der Kognition ist adaptiv und dient der Organisation der Erfahrungswelt, nicht der Entdeckung der ontologischen Realität.“[17]
Für den Lernbegriff haben diese Erkenntnisse zur Folge, dass beim Prozess der aktiven Aneignung von „Wirklichkeit“ drei Vorgänge beteiligt sein können:
- Lernen als Konstruktion – im Sinne eines Aufbaus handlungsrelevanter Wissensnetze.
- Lernen als Rekonstruktion – im Sinne des Erwerbs und der Integration vorhandener Wissensbestände.
- Lernen als Dekonstruktion – im Sinne des Abbaus von Verhaltensmuster und normativen Orientierungen, die nicht mehr variabel sind.[18]
Während in der behavioristischen Perspektive sich das Wissen noch aus Fakten, dem „know-that“, zusammensetzt, hat sich inzwischen die kognitivistische Auffassung, dass es aus Prozeduren, Verfahren und Algorithmen bestehe, dem „know-how“, durchgesetzt. Diese Begriffsauffassung erweitern die Vertreter des Konstruktivismus. Für sie beinhaltet das Wissen „(soziale) Praktiken“, dem so genannten „knowing-in-action“.[19]
Diese Erkenntnisse können auch nicht vor dem Unterricht, insbesondere vor der Gestaltung von Unterrichtsmaterialen und -methoden, Halt machen. Um die Lehrmittel in optimaler Form gestalten zu können, muss stärker auf die Eigenheiten des Lernverhaltens der Lernenden eingegangen werden. Denn, wie später im empirischen Teil noch gezeigt wird, hängt der Lernerfolg keineswegs allein vom Lehr- und Lernmaterial ab – dann verleugnete man die individuelle Konstruktion von Wirklichkeit des Lernenden –, sondern vielmehr auch von subjektiven Eigenschaften des Lernenden und von den äußeren Einflüssen, denen der Lernende ohnehin ausgesetzt ist.
[...]
[1] vgl. Klimsa 1998, 78f
[2] Haughlings-Jackson stellten die These auf, dass die Organisation komplexer psychischer Prozesse aufgrund ihres Aufbaus und nicht aufgrund ihrer Lokalisation erklärt werden sollten. (vgl. Lurija 1992, 20) Für Marie, Goldstein und Head – als Vertreter der holistischen Richtung, die der Lokalisationstheorie entgegengesetzt war – stellte das Gehirn ein Organ dar, das an allen geistigen Aktivitäten als Ganzes beteiligt ist. (vgl. Gardner 1992, 284)
[3] vgl. Klimsa 1998, 78f
[4] Klimsa 1993, 220
[5] ebd., 82f
[6] So wurde von Schenk nachgewiesen, dass zu erregende Darstellungen, wie besonders aggressive und sexuelle Darstellungen, aber auch mitreißende Musik die ganze Aufmerksamkeit des Zusehers eines Fernsehberichtes auf sich ziehen. Um diese Szenen zu verarbeiten, wird die gesamte Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Information kanalisiert, so dass seine reguläre Informationsaufnahme, d.h. jener bei einem nicht erregtem Zustand, kurzzeitig blockiert wird und damit ein „Lernloch“ entsteht. (vgl. Schenk 2002, 62ff)
[7] vgl. ebd.
[8] vgl. Klimsa 1998, 86
[9] Lurija 1992, 76
[10] Starker/Dörner 1996, 31
[11] vgl. Klimsa 1998, 73 (Hervorhebungen: Verfasser)
[12] vgl. Schulmeister 1996, 67
[13] Birkenhauer 1997, 25
[14] Autopoiese [ gr. ]: Selbsterzeugung. „So kann auch Erkennen [und Lernen] als autopoietischer Prozess verstanden werden. Wahrnehmen, Denken, Lernen erfolgt – in Kontakt mit der Umwelt – als autopoietischer, emergenter, selbstreferenzieller Vorgang.“ (Siebert 2003, 70)
[15] vgl. ebd., 71
[16] ebd.
[17] von Glasersfeld 1997, 22 (Hervorhebungen: Verfasser)
[18] vgl. Siebert 2003, 73
[19] beide: Klimsa 1993, 21
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