In dieser Hausarbeit werde ich versuchen, die Position Jürgen Habermas zum Phänomen 'Globalisierung' darzustellen. Mir ist wichtig zu zeigen, dass Jürgen Habermas die Auswirkungen der Globalisierung auf demokratische Legitimationsformen der nationalen, europäischen und internationalen Ebene sowohl als Gefahren für den demokratischen Nationalstaat erkennt, er das Globalisierungsphänomen aber auch als Chance und Herausforderung begreift.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Habermas über Demokratie und Nationalstaat
3 Die Position Habermas zur Globalisierung
3.1 Definition
3.2 Auswirkungen der Globalisierung auf den Nationalstaat
3.2.1 Verlust staatlicher Kontrollfähigkeiten
3.2.2 Zunehmende Legitimationsdefizite im Entscheidungsgang
3.2.3 Eingeschränkte Legitimität
3.2.4 Auswirkungen auf die kollektive Identität
3.3 Globalisierung als Chance
4 Erweiterte Schließung der Öffnung
4.1 Die Europäische Union
4.2 Die Vereinten Nationen
5 Schlussfolgerungen
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Jürgen Habermas, der zugleich Analytiker und Normgeber der Bundesrepublik Deutschland ist, liefert eine komplexe Diagnose der Unvermeidlichkeiten, Chancen und Risiken unseres weltgeschichtlichen Ortes“, wie Jan Philipp Reemtsma bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2001 in der Frankfurter Paulskirche sagte.
Habermas stellt in seinem Werk „Die postnationale Konstellation“ die Diagnose, dass der Nationalstaat im veränderten Kontext von Weltwirtschaft und Weltgesellschaft an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit stößt. Die mit dem Prozess der Globalisierung einhergehende postnationale Konstellation wird innerhalb der europäischen Nationalstaaten als Gefährdung des bis dahin bewährten und durch den demokratischen Prozess garantierten gesellschaftlichen Zusammenhalts angesehen.
Die Globalisierung führe zu Problemen, die innerhalb eines nationalstaatlichen Rahmens oder auf dem bisher üblichen Wege der Vereinbarung nicht mehr gelöst werden können.[1]
Die „postnationale Konstellation“ verlange nach Antworten auf die Fragen: „Wer oder was kann verhindern, dass die demokratischen Errungenschaften der europäischen Zivilisation im Strudel der Globalisierung untergehen? Wie lassen sich wirtschaftliche Dynamik und demokratischer Prozess aufs neue in Balance bringen? Wie können die Funktionsverluste der Nationalstaaten kompensiert werden, die, zumeist im letzten Jahrhundert gegründet, in naher Zukunft zweifellos schwächer werden?"[2]
Um den Herausforderungen auf der politischen Ebene gewachsen zu sein, fordert Habermas ein „Aufholen der Politik“. Dieses „Aufholen der Politik“ soll die Öffnung, die die Staaten durch die Globalisierung zwangsläufig erfahren mussten, wieder mit einem erweiterten Horizont schließen.
In dieser Hausarbeit werde ich versuchen, die Position Jürgen Habermas zum Phänomen ‘Globalisierung’ darzustellen. Mir ist wichtig zu zeigen, dass Jürgen Habermas die Auswirkungen der Globalisierung auf demokratische Legitimationsformen der nationalen, europäischen und internationalen Ebene sowohl als Gefahren für den demokratischen Nationalstaat erkennt, er das Globalisierungsphänomen aber auch als Chance und Herausforderung begreift.
In Gliederungspunkt zwei werde ich zunächst auf den demokratietheoretischen Hintergrund der Habermas-Konzeption eingehen und ihn erläutern. Im dritten Gliederungspunkt werde ich dann das Habermassche Verständnis von Globalisierung vorstellen und die von ihm beschriebenen Auswirkungen der Globalisierung auf den demokratischen Nationalstaat darstellen. Seine gespaltene Position zum Globalisierungsphänomen zeige ich dann anhand der Chancen, die sich für Habermas aus der Globalisierung ergeben. Habermas Forderung nach einer erweiterten Schließung der geöffneten Gesellschaften findet im darauf folgenden Gliederungspunkt ihren Platz. Diese Methode der erweiterten Schließung wendet er auf europäischer und internationaler Ebene an: Die Reformen der Institutionen Europäische Union und Vereinte Nationen, die Habermas dazu für erforderlich hält, bilden meinen Abschluss.
2 Habermas über Demokratie und Nationalstaat
In der deliberativen Demokratie verbindet Jürgen Habermas liberale und republikanische Ansichten über Demokratie. Er übertrifft den liberalen Ansatz, der ausschließlich auf die Legitimationsfunktion politischer Macht fokussiert ist. Andererseits möchte sich Habermas auch nicht auf die Konstituierung eines politischen Systems, das sich auf die Tugenden gemeinwohlorientierter Staatsbürger verlässt, angewiesen sein, wie es das republikanische Modell vorsieht.
Indem er beide Ansätze miteinander verknüpft, wird es einer Gesellschaft unter bestimmten Bedingungen ermöglicht, sich als eine „mit politischen Mitteln auf sich einwirkende Gesellschaft“ (Habermas 2001: 86) zu begreifen. Für Habermas ermöglichte der Nationalstaat die Umsetzung der republikanischen Idee einer Einwirkung der Gesellschaft auf sich selbst. Die Leistung des Nationalstaates, hervorgegangen aus dem frühmodernen Staatensystem, bestand darin, dass er zwei Probleme in einem gelöst hat: „Er machte auf der Grundlage eines neuen Legitimationsmodus eine neue, abstraktere Form der sozialen Integration möglich“ (Habermas 1997: 135).
Für den Nationalstaat war ein „komplementäres Verhältnis zwischen Staat und Ökonomie einerseits, innerstaatlicher Politik und zwischenstaatlicher Machtkonkurrenz andererseits typisch“ (Habermas 1997: 146). Habermas konstatiert, dass die kapitalistische Dynamik eher eine Festigung des modernen Staatensystems bewirkt habe (Habermas 1997: 147).
Der Erfolg des Nationalstaates erklärt sich Habermas zu einem erheblichen Maße aus den Vorzügen des modernen Staatsapparates als solchen (Habermas 1997: 129): „Offensichtlich hat der gewaltmonopolisierende Flächenstaat mit ausdifferenzierter, aus Steuern finanzierter Verwaltung die funktionalen Imperative der gesellschaftlichen, kulturellen und vor Allem wirtschaftlichen Modernisierung besser erfüllen können als die politischen Formationen älteren Ursprungs“ (Habermas 1997: 131). Erfolg hat dem Nationalstaat vor Allem der Umstand beschieden, dass er „die zerfallenden korporativen Bindungen der frühmodernen Gesellschaft durch den Solidarzusammenhang der Staatsbürger ersetzt hat“.
(Habermas 1997: 139).
3 Die Position Habermas zur Globalisierung
3.1 Definition
Habermas definiert Globalisierung als eine in den 1970er Jahren beginnende Entwicklung, die hauptsächlich durch einen unaufhaltsamen Trend zur Entgrenzung gekennzeichnet ist (Habermas 1997: 145). Jürgen Habermas benutzt den Begriff für die Beschreibung eines Prozesses, nicht eines Endzustandes (Habermas 1998:101).
Eine zunehmende wirtschaftliche und politische Verflechtung, eine Zunahme von weltumspannenden Kommunikationsnetzwerken und ein wachsender Einfluss transnationaler Unternehmen sowie neue globale Risken sind für Habermas Kennzeichen des Phänomens Globalisierung: „Er [der Globalisierungsprozess] kennzeichnet den zunehmenden Umfang und die Intensivierung von Verkehrs-, Kommunikations- und Austauschbeziehungen über nationale Grenzen hinweg“ (Habermas 1998: 101).
Jürgen Habermas verwendet den Terminus aber auch in Bezug auf „die interkontinentale Ausbreitung von Telekommunikation, Massentourismus oder Massenkultur“ als auch auf die „grenzüberschreitenden Risiken von Großtechnik und Waffen- und Drogenhandel (Habermas 1998: 106), auf die weltweiten Nebenwirkungen der überlasteten Ökosysteme oder die übernationale Zusammenarbeit von Regierungs- oder Nicht-Regierungsorganisationen“ (Habermas 1998: 102).
Der Begriff „Netzwerk“ ist für Habermas ein wichtiges Element des Globalisierungsphänomens: „Netzwerk ist zu einem Schlüsselwort geworden, gleichviel ob es sich um Transportwege für Güter und Personen, um die Ströme von Waren, Kapital und Geld, um die elektronische Übertragung und Verarbeitung von Informationsflüssen oder um ökologische Kreisläufe zwischen Mensch, Technik und Natur handelt“ (Habermas 1998: 102). Die durch die heutige Satellitentechnik, die Luftschifffahrt und die digitalisierte Kommunikation erzeugten erweiterten und verdichteten Netzwerke, vergleicht Habermas mit der Eisenbahn, der Dampfschifffahrt und dem Telegraphen, die im 19. Jahrhundert den Verkehr von Gütern und Personen sowie den Austausch von Informationen verdichtet und beschleunigt haben (Habermas 1998: 102).
Relevant seien in erster Linie die Beschleunigung der weltweiten Kapitalbewegungen und eine imperative Bewertung nationaler Standorte durch die global vernetzten Finanzmärkte, die eine „von der Realwirtschaft entkoppelte“ Eigendynamik entfalten. Diese Tendenzen führten zu einer Verschärfung des internationalen Wettbewerbs (Habermas 1998: 103).
[...]
[1] Der Report des UN High Level Panel on Threats, Challenges and Chang e „Global security-our shared responsibility“ vom 2. Dezember 2004 zeigte deutlich, dass die globalisierte Welt ohne Grenzen eine Welt ist, in der Bedrohungen, die keinen Halt vor Grenzen machen, zum alltäglichen Leben gehören. (www.un.org/secureworld/report3/pdf)
[2] Diese Fragen standen auch im Zentrum eines Vortrags von Habermas an der Universität St. Gallen im Januar 1999 im Rahmen einer Vortragsreihe zur Globalisierung. Kalberer, Guido. Europa im Übergang. Schweizer Tagesanzeiger vom 4.2.1999
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