Georg Trakls Lyrik zeichnet sich durch ihre besondere Stimmung und ihren Stil aus. Die Gedichte des Österreichers strahlen eine tiefe Schwermut aus, die den Leser zum einen befremden, zum anderen aber faszinieren.
In seinem kurzen Leben hat Trakl viele Gedichte zu verschiedenen Themen verfasst. Seine Lyrik wird zur Strömung des Expressionismus gezählt, obwohl seine frühen Werke auch impressionistische Elemente enthalten.
Diese Arbeit vergleicht zwei seiner Gedichte. Ich habe bewusst ein Gedicht seines Frühwerks, "Verfall", und eines seiner letzten Gedichte, "Grodek" (von manchen Wissenschaftlern als sein letztes Gedicht bezeichnet), ausgewählt. "Verfall" und "Grodek" sind sehr verschieden in Form und Stil, jedoch sehr ähnlich ihn ihrer Grundstimmung. Diese Hausarbeit geht auf formelle, thematische und stilistische Aspekte der Gedichte ein.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Verfall
1.2. Grodek
2. Der Vergleich der Gedichte „Verfall“ und „Grodek“
2.1. Form
2.2. Thematik
2.3. Stil
2.3.1. Farbmetaphorik
3. Fazit
4. Bibliographie
1. Einleitung
Georg Trakls Lyrik zeichnet sich durch ihre besondere Stimmung und ihren Stil aus. Die Gedichte des Österreichers strahlen eine tiefe Schwermut aus, die den Leser zum einen befremden, zum anderen aber faszinieren.
In seinem kurzen Leben[1] hat Trakl viele Gedichte zu verschiedenen Themen verfasst. Seine Lyrik wird zur Strömung des Expressionismus gezählt, obwohl seine frühen Werke auch impressionistische Elemente enthalten.
In dieser Arbeit möchte ich zwei seiner Gedichte vergleichen. Ich habe bewusst ein Gedicht seines Frühwerks, Verfall, und eines seiner letzten Gedichte, Grodek (von manchen Wissenschaftlern als sein letztes Gedicht bezeichnet), ausgewählt.
1.1. Verfall
In Trakls Sonett „Verfall“, das zu seinen frühen Arbeiten gehört[3] und 1913 veröffentlicht wurde, geht es um Verfall und Vergänglichkeit[2].
Die Quartette beschreiben eine Abendszene, in der das lyrische Ich in einem Garten spazieren geht. Die Glocken läuten und die Vögel ziehen in der Dämmerung Richtung Süden.
Die Terzette beschreiben eine Veränderung in dieser harmonischen Szene: ein Wind kommt auf; der vorher positiv wirkende Garten wird in negativen Bildern des Verfalls beschrieben.
1.2. Grodek
Trakl schrieb das Kriegsgedicht „Grodek“ im September 1914 nach der Schlacht von Grodek[4], bei der er für eine Scheune mit neunzig verwundeten Soldaten zuständig war. Das letzte Gedichts Trakls wurde um 1915 posthum in der Zeitschrift Der Brenner veröffentlicht[5] und handelt von den Schrecken des ersten Weltkriegs.
Das Gedicht beschreibt eine Kriegsszene in einem Herbstwald und geht zunächst auf Waffengeräusche, Soldaten, die fallen, und das vergossene Blut ein.
Dann bezieht sich das Gedicht auf eine Gespensterebene. In dieser wird das Gefühl der Trauer und Hoffnungslosigkeit beschrieben, das der Krieg hervorruft.
2. Der Vergleich
Verfall und Grodek sind sehr verschieden in Form und Stil, jedoch sehr ähnlich ihn ihrer Grundstimmung. Im Folgenden möchte ich auf formelle, thematische und stilistische Aspekte der beiden Gedichte eingehen.
2.1. Form
Betrachtet man die beiden Gedichte, fällt dem Leser gleich der Unterschied in der Form ins Auge. Der streng vorgegeben Sonettform von Verfall gegenüber wirkt Grodek formlos. Das Metrum des Kriegsgedichts ist unregelmäßig und die Verslängen variieren, zudem sind keine Reime zu finden.
Die Tatsache, dass Verfall ein Sonett ist, das aus traditionellen jambischen Pentametern besteht, ist im Kontext von Trakls Gesamtwerk außergewöhnlich, denn:
Die Form des Sonetts gebraucht Trakl im ganzen sechsmal […]. Das erscheint erstaunlich bei einem Dichter, der so wenig auf metrische Linienführung bedacht ist, bei dem die aus Farbtönen gebildete Melodie mehr bedeutet als Versmaß und Reim.[6]
Die nähere Untersuchung zeigt, dass Grodek zwar frei geschrieben ist, jedoch zwei Substantive mit den dazugehörigen Attributen durch ihre Position im Gedicht betont werden. Sie bilden die zwei kürzesten Verse und sind vom Rest des Gedichtes abgetrennt.
„Ihrer zerbrochenen Münder“ (G, V.6) bildet die Schwelle von der Realitäts-beschreibung zu der Darstellung einer Geisterwelt und trennt damit das Gedicht in zwei Teile. Der zweite Teil widerspricht dem ersten mit der Konjunktion „doch“ (G, V.7). Dies ist die einzige Konjunktion, die verwendet wird. Grodek ist eine unlogische Zusammenstellung verschiedener Gedanken, die syntaktisch und semantisch nicht verbunden sind; selbst der Gebrauch der Satzzeichen ist unlogisch.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt
Das vergoßne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung. (G, V.7ff.)
Auch der Schluss des Gedichtes folgt diesem unlogischen Prinzip, man kann bald von Telegrammstil sprechen, und erinnert an Lichtensteins Gedicht Punkt:
O stolzere Trauer! Ihr ehernen Altäre
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel. (G, V.15ff.)
„Die ungebornen Enkel“ (G, V.17), die das Gedicht beschließen, zeigen im Kontext einer düster beschriebenen Gegenwart die mangelnde Zukunftsperspektive und Verlust der Hoffnung.
[...]
[1] Trakl wurde 1887 in Salzburg geboren und starb 1914 in der psychiatrischen Abteilung einer Klinik in Krakau an einer Kokainvergiftung.
[2] Dieser Titel wird in Quellenangaben mit S (Sonett) abgekürzt.
[3] Eine erste Version des Gedichts erschien 1909 unter dem Titel „Herbst“ in Gedichte.
[4] Dieser Titel wird in Quellenangaben als G abgekürzt.
[6] Eduard Lachmann (1954, S.67)
- Quote paper
- BA, MA Kathrin Gerbe (Author), 2004, Vergleich von Georg Trakls Gedichten "Verfall" und "Grodek", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37512
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