In der Literatur sowie im Film hat das Grand Hotel einen bedeutsamen Platz eingenommen. In ihm treffen Menschen zusammen, werden Liebschaften eingegangen, Flitterwochen und Urlaube verbracht, sich verliebt, verlobt, vergnügt und gestorben. Unzählige Romane und Filme nutzen diesen Handlungsort als Schauplatz unterschiedlichster Geschichten.
Das Grand Budapest Hotel ist der zentrale Handlungsort in der gleichnamigen Tragik-Komödie des Regisseurs Wes Anderson aus dem Jahr 2014. Der sechsstöckige Prunkbau liegt hoch in den Bergen in Nebelsbad, einem Ort in der fiktiven Republik Zubrowka, und beherbergt neben den Gästen eine Schar von Angestellten. Der Hochlage zu verschulden kann das Hotel einzig über eine Kolonnaden-Seilbahn erreicht werden und ist somit von der Außenwelt abgegrenzt.
Seinen Aufschwung hatte das Hotel in den dreißiger Jahren, woraufhin der Zweite Weltkrieg für das Fernbleiben der Touristen sorgte und das Gebäude in den sechziger Jahren bereits heruntergekommen und weniger besucht war.
Im Folgenden wird das Grand Budapest Hotel der dreißiger Jahre mit dem gleichen Hotel in den sechziger Jahren verglichen und der Frage nachgegangen, inwiefern Wes Anderson ein und dasselbe Hotel auf zwei unterschiedliche Weisen inszeniert hat und welche Wirkungen dadurch ausgelöst werden. Dabei wird der Fokus auf den Räumlichkeiten wie Lobby, Speisesaal, Thermalbad und Lift liegen. Die Filmcharaktere spielen weniger eine Rolle, da vorrangig das Hotel in seinem Verwandlungsprozess dargestellt werden soll.
Inhalt
1. Einleitung
2. Die Fassade – Vom Märchenschloss zum Verlies
3. Die Lobby – Die Visitenkarte des Grand Hotels
4. Das alpine Wandbild im Speisesaal
5. Das Thermalbad – Eine Oase der Erholung oder eine bezaubernde alte Ruine?
6. Der Hotellift – Die vertikale Lebensader des Gebäudes
7. Fazit
8. Quellenverzeichnis
„…eine Traumwelt, die von einem Alptraum heimgesucht wird“[1]
1. Einleitung
In der Literatur sowie im Film hat das Grand Hotel einen bedeutsamen Platz eingenommen. In ihm treffen Menschen zusammen, werden Liebschaften eingegangen, Flitterwochen und Urlaube verbracht, sich verliebt, verlobt, vergnügt und gestorben. Unzählige Romane und Filme nutzen diesen Handlungsort als Schauplatz unterschiedlichster Geschichten.
Das Grand Budapest Hotel ist der zentrale Handlungsort in der gleichnamigen Tragik-Komödie des Regisseurs Wes Anderson aus dem Jahr 2014. Der sechsstöckige Prunkbau liegt hoch in den Bergen in Nebelsbad, einem Ort in der fiktiven Republik Zubrowka, und beherbergt neben den Gästen eine Schar von Angestellten. Der Hochlage zu verschulden kann das Hotel einzig über eine Kolonnaden-Seilbahn erreicht werden und ist somit von der Außenwelt abgegrenzt.
Seinen Aufschwung hatte das Hotel in den dreißiger Jahren, woraufhin der Zweite Weltkrieg für das Fernbleiben der Touristen sorgte und das Gebäude in den sechziger Jahren bereits heruntergekommen und weniger besucht war.
Im Folgenden wird das Grand Budapest Hotel der dreißiger Jahre mit dem gleichen Hotel in den sechziger Jahren verglichen und der Frage nachgegangen, inwiefern Wes Anderson ein und dasselbe Hotel auf zwei unterschiedliche Weisen inszeniert hat und welche Wirkungen dadurch ausgelöst werden. Dabei wird der Fokus auf den Räumlichkeiten wie Lobby, Speisesaal, Thermalbad und Lift liegen. Die Filmcharaktere spielen weniger eine Rolle, da vorrangig das Hotel in seinem Verwandlungsprozess dargestellt werden soll.
2. Die Fassade – Vom Märchenschloss zum Verlies
Die Fassade eines Hotels prophezeit den Gästen, was sie im Inneren des Gebäudes zu erwarten haben. Aus diesem Grund ist das äußere Erscheinungsbild so relevant. Prospekte, Broschüren und Internetseiten werben mit diesen einladenden Bildern. Meistens prunkt stolz der Name des Hotels in großen Lettern über dem Eingang. Beim Anblick des Hotels überwältigen die Dimensionen, die auf geräumige Empfangshallen, weite Tanzsäle und große Zimmer hoffen lassen.
Im Jahr 1932 erinnert das Grand Budapest Hotel an ein märchenhaftes Schloss im Winterwald. Die Fassade ist in einem lieblichen, rosa Ton gestrichen und im Hintergrund schmücken weißbedeckte Bäume die Landschaft. Der Name des Hotels schwebt einmal in einem Bogen über dem gesamten Gebäude und ein weiteres Mal direkt über dem Eingang. Zwei mit Kuppeln besetzte Türme erinnern an einen Palast und die ankommenden BesucherInnen werden von einer bedachten Kolonnaden-Seilbahn-Station empfangen.
Im drastischen Gegensatz dazu erscheint die Fassade desselben Hotels im Jahr 1968 wie ein Gefängnis. Das einstige Märchenschloss ist nicht wiederzuerkennen. Statt des lieblichen Rosas erblickt man nun ein bedrückendes Braun. Das Hotel steht jetzt in einem Herbstwald – einer Landschaft also, die demnächst in den Winterschlaf, einen scheinbaren Tod, übergeht. Der Schriftzug wurde durch große, blockbuchstabenartige Initialen ausgetauscht. Die zuvor großen, geschwungenen Fenster sind 1968 klein und viereckig. Das schön verzierte, oberste Geschoss wurde abgetragen, was zu einem kastenartigen Erscheinungsbild beiträgt. Genauso wurde auf das schützende Dach der Kolonnaden-Seilbahn-Station verzichtet.
3. Die Lobby – Die Visitenkarte des Grand Hotels
Der Eintritt in die Empfangshalle eines Hotels wird mit einem Übergangsritus verglichen, bei dem man zu einem „Mitglied einer exklusiven Gemeinde“[2] wird. Sie ist ein Ort, an dem Reisende eintreffen und wieder aufbrechen. Ein Ort der Begegnung, des sich Präsentierens, des Beobachtens, des Wartens und der Kommunikation.
„Die Hotellobby ist kein öffentlicher Raum im eigentlichen Sinne, denn es herrscht dort ein klare Ordnung und ein stilles Einverständnis, wer sich in der Hotelhalle aufhalten darf und wer nicht.“[3] Angestellte halten sich zwar während der Arbeit in der Lobby auf, dürfen sie jedoch nicht als Pausenraum nutzen. Die Hotelhalle gilt als Aushängeschild des Hotels und beeindruckt häufig durch ihr prachtvolles Gewand. Sie bietet ihren Gästen Sitzgelegenheiten an und lädt zum Verweilen ein. Nicht selten werden Begrüßungsgetränke und Speisen angeboten.
Darüber hinaus wird man von einem Lobbyboy in Empfang genommen und von einem Portier begrüßt. An der Rezeption geben die KundInnen persönliche Auskünfte über sich und erhalten die Zimmerschlüssel. So konstatiert Nestmeyer, dass „[i]n den Sesseln der Hotellobby oder an der Portiersloge […] die Privatheit auf ungekannte Weise transparent und zu einem Drehpunkt sozialer Beziehungen [wird]. (S. 142) Der Empfangstresen markiert zudem eine Grenze zwischen der für die BesucherInnen vorbehaltenden Welt und der Welt der Angestellten.[4]
Das Grand Budapest Hotel der dreißiger Jahre beeindruckt mit einer majestätischen Lobby. Die Größe des Saals erstreckt sich sowohl in der Weite, als auch in der Höhe. Prachtvolle Kronleuchter erhellen den Raum, ein roter Teppich geleitet die Ankömmlinge zu diversen Sitzgelegenheiten und zur Rezeption. Große Palmenpflanzen vermitteln eine Urlaubsatmosphäre und herumlaufendes Personal sorgt für Ordnung und Sauberkeit. Der Concierge thront förmlich an der Rezeption und ist adrett gekleidet. Zusammenfassen kann behautet werden, dass die gesamte Halle freundlich und einladend wirkt.
Dreißig Jahre später ist die ehemals prunkvolle Lobby nicht mehr wiederzuerkennen. Der Raum ist massiv geschrumpft und wirkt durch die dominierenden Farben Orange und Grün trist und leblos. Die Kronleuchter wurden durch Neonröhren ausgetauscht und das Personal durch schwarze Hinweisschilder ersetzt. Der Rezeptionist sitzt mit schiefer Fliege am Hals, sichtbar gelangweilt und rauchend, hinter dem Tresen und hat seine hoheitsvolle Aura einbüßen müssen. Außerdem sind weitaus weniger Sitzmöglichkeiten vorhanden und die wenigen, die noch da sind, erinnern mehr an einen Klappstuhl einer Bushaltestelle, als an eine gesellige Sesselgruppe. Das Fehlen des emsigen Personals und die Einsamkeit des Gastes fallen auf. Bei genauerem Hinsehen wird deutlich dass der orangefarbende Teil des Teppichs ein Kreuz bildet, das an ein Grab erinnert (s. Abb. oben). Diese Tatsache kann als ein Hinweis auf den bevorstehenden Zerfall des Hotels verstanden werden.
[...]
[1] Hannah Pilarczyk: „Grand Budapest Hotel“ von Wes Anderson. So ein schöner Schwindler. In: Spiegel online. Verfügbar unter: http://www.spiegel.de/kultur/kino/grand-budapest-hotel-von-wes-anderson-kommt-ins-kino-a-956024.html. [21.03.2017].
[2] Ralf Nestmeyer: Hotelwelten. Luxus, Liftboys, Literaten. Stuttgart 2015. S. 135.
[3] ebd., S. 136.
[4] ebd., S. 134-146.
- Quote paper
- Sarah Sander (Author), 2017, Das Grand Budapest Hotel im Rausch der Verwandlung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/374279
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