Diese Ausarbeitung widmet sich der Erläuterung unterschiedlicher Emotionstheorien und einhergehenden kulturanalytischen Aspekten und versucht dabei, folgende Fragen zu beantworten:
1. Inwiefern und warum werden Emotionen sozial konstruiert und sind kulturell sowie historisch variabel?
2. Was versteht Sighard Neckel in seinem Artikel »Emotion by design: Das Selbstmanagement der Gefühle als kulturelles Programm« unter ›emotionalem Selbstmanagement‹ sowie unter ›Ökonomisierung der Gefühle‹?
3. Erläuterung des Zusammenhang von Anerkennung und romantischer Liebe und die historischen Veränderungsprozesse laut Eva Illouz.
4. Was versteht Norbert Elias unter dem ›Prozess der Zivilisation‹?
1.) Bitte erläutern Sie mit Hilfe der verschiedenen im Seminarkontext gelesenen Texte, inwiefern und warum Emotionen sozial konstruiert sowie kulturell und historisch variabel sind.
Fernab sprachlicher Äußerungen und gewissermaßen als Vorstufe dessen, erfassen wir die Welt zunächst mit Hilfe innerer Vorgänge.[1] Aus Sicht der Soziologie dient die Gefühlswelt eines jeden, der Bewertung der Umwelt und anschließender Selektion. Menschen sind so veranlagt, sich in erster Linie auf emotionaler Ebene zu integrieren und zu binden.[2] Auf diese Weise sind Emotionen in der Lage Aktionen und Erwartungen eines Agierenden anzuleiten- innerhalb der Disziplin auch als Handlungsorientierung bezeichnet.[3]
Eva Illouz sagte in einem Interview folgendes: „In jedem noch so banalen Gefühl kommt auch eine Gesellschaft zum Ausdruck und zugleich die Geschichte, die solche Zusammenhänge bestimmt.“[4]
Je nach Kultur äußern sich Emotionen in unterschiedlichsten Formen begründet durch variable gefühlsbezogene Einstellungen und Handlungsweisen.[5] Anhaltspunkte liefern mitunter Kulturkreise in denen Emotionen beispielsweise in Ritualen hervorgerufen werden. So stufen die Baining, ein Volk Papua- Neugineas, daraus Resultierendes als gefährlich gar schädlich ein.[6] Ein Gefühl wie der Ekel ist ein etwaiger Fall, der verdeutlicht inwiefern Emotionen und Körperlichkeit ebenso auseinander gehen können. Denke man dabei nur an bestimmte Essgewohnheiten oder Hygienestandarts, die für den einen ganz normal sind und für andere, anderer Herkunftsländer zum besagten Gefühlsausbruch führen können.[7] Moralische Wertvorstellungen wie bei den Komplementären ‚schlecht‘ und ‚gut‘ sind eine weitere Möglichkeit zur Erklärung der Variation.[8] Dieser Ansatz steht auch eng im Zusammenhang mit verschiedenen Denkweisen hinsichtlich der ‚Angemessenheit‘. So vermeiden zum Beispiel die Kaluli extreme Wut- oder Trauerausbrüche, vor allem im familiären Umfeld und flüchten sich dabei eher in Schamgefühle. Auch Fehlverhalten seines Gegenüber, genauer eines Fremden oder Freundes wird verschiedest aufgefasst. In Deutschland sind wir meist deutlich empfindsamer als die Briten, sollte ein Freund nicht richtig agieren.[9]
2.) Was versteht Sighard Neckel in seinem Artikel »Emotion by design: Das Selbstmanagement der Gefühle als kulturelles Programm« unter ›emotionalem Selbstmanagement‹ sowie unter ›Ökonomisierung der Gefühle‹ ?
Emotionales Selbstmanagement dient gegenwärtig jedem Einzelnen, Wissen und Umgangsregeln für ein korrektes Gefühlsleben näher zu bringen. Ratgeber und Handbücher lassen dem Leser in dem Glauben neben Selbstmanagement auch Gefühle anderer Agierenden mit Erfolg steuern zu können. Hierzu werden Gefühle keineswegs nur als solches beleuchtet, sondern ebenso im rationalen Sinn aufbereitet.[10] Per Kenntnisvermittlung bezüglich Emotionen sollen „[…]Sicherheit, Wohlbefinden und Wirkung des eigenen Selbst[...]“[11] gesteigert werden- das heißt Emotionen sollen instrumentalisiert werden. Neben Literatur sind Beratungen, Therapien u.v.m. an diesem Diskurs beteiligt. Viele dieser Möglichkeiten fundieren auf einer gemeinsamen Annahme- Menschen können über ihre Gefühle frei verfügen sobald sie jeweiligen Techniken beherrschen.
Zu Konzepten dieser Art, zählt das der ‚emotionalen Intelligenz‘, als aktuell wohl einflussreichstes. Dabei werden im Grunde Anweisungen geliefert, alles Negative in Positives umzuwandeln. Beispielsweise sollen qualvolle Erfahrungen in den menschlichen Antriebsmotor der Motivation transformiert werden.[12] Dabei steht der Einzelne als „unerschöpfliche Quelle persönlicher Potentiale“[13] immer im Zentrum. ‚Emotionale Intelligenz‘, ein Konzept beruhend auf einer Kombination der Neurowissenschaften und dem Streben nach Erfolg, ausgelöst durch den allgegenwärtigen Wettbewerbsdruck.[14] Im
Laufe der Auffassungen des Psychologen Daniel Goleman bewirkt das erläuterte Konzept eine große Veränderung. Tatsächlich Empfundenes, fernab jeglicher Beeinflussbarkeit, werden in die Rolle eines Merkmals psychischer Krankheitsbilder gedrängt. So stehen sie plötzlich Gefühlen nach, die auf Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft stoßen. Normalität wird der Nützlichkeit untergeordnet. ‚Emotionale Intelligenz‘ beinhaltet schließlich neben dem Antrainieren etwaiger Fähigkeiten auch das Erlernen kulturell geprägter Moral- und Wertvorstellungen.[15]
Insbesondere der Wirtschaftszweig gilt in der heutigen Zeit als Antrieb emotionaler Regulation. Denn im Gegensatz zur einstigen Annahme in der Ökonomie würden Gefühle ausgeklammert, werden innerhalb jeglicher Prozesse modernen Konsumdenkens, Emotionen absichtlich eingesetzt um zum Beispiel Produkt und deren Verkauf zu untermalen. Gefühle gelten als Zeugnis von Authentizität. Arlie Hochschild merkt in diesem Kontext an, dass Arbeitnehmer des Dienstleistungssektors mentale Selbstmanipulation regelrecht auferlegt wäre. Sodass der Kundenkontakt beinahe einer theatralischen Vorstellung gleicht- unechte Gefühle werden nach außen getragen. Des Gefühlsmanagements verschuldet, entstehe auf diese Weise ein Kontrast zwischen Ausdruck und tatsächlichen Erleben. In der Arbeitswelt entsteht schlussendlich ein nicht unterscheidbares Bündnis zweckorientierten und emotionalen Handelns.[16]
3.) Bitte erläutern Sie die den Zusammenhang von Anerkennung und romantischer Liebe und die historischen Veränderungsprozesse dieses Zusammenhangs laut Eva Illouz, die sie in ihrem Artikel »Das Verlangen nach Anerkennung« erläutert.
[...]
[1] Vgl. Gerhards, Jürgen: Soziologie der Emotionen. Fragestellungen, Systematik und Perspektiven. München/ Weinheim 1988, S. 80.
[2] Vgl. ebd., S. 75f.
[3] Vgl. ebd., S. 82.
[4] Thadden, Elisabeth von: Alles eine Frage des Gefühls. Was interessiert den Geist heute so lebhaft an den Emotionen. Geht es uns nur ums Wohlbefinden? Ein Gespräch mit der Historikerin Ute Frevert und der Soziologin Eva Illouz. In: DIE ZEIT, Nr. 37, 6. September 2012, S. 55.
[5] Vgl. Vester, Heinz-Günter: Emotion, Gesellschaft und Kultur. Grundzüge einer soziologischen Theorie der Emotionen. Opladen 1991, S. 101
[6] Vgl. ebd. S. 106.
[7] Vgl. Vester 1991, S.108.
[8] Vgl. ebd., S. 112.
[9] Vgl. ebd., S. 114.
[10] Vgl. Neckel, Sighard (2005): Emotion by Design. Das Selbstmanagement der Gefühle als kulturelles Programm, in: Berliner Journal für Soziologie, H. 3, S. 124f.
[11] Ebd., S. 125.
[12] Vgl. ebd., S. 126f.
[13] Ebd., S. 126.
[14] Vgl. ebd., S. 128.
[15] Vgl. Neckel 2005, S. 130f.
[16] Vgl. ebd., S. 120ff.
- Arbeit zitieren
- Madlen Stiebler (Autor:in), 2015, Erläuterung einiger Emotionstheorien unter Berücksichtigung kulturanalytischer Aspekte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/374182
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