Was macht die Kulturtechnik 'Schwimmen' so besonders, dass sie in der Öffentlichkeit häufig thematisiert wird? Vielfach wird die Meinung vertreten, dass im Schwimmunterricht nur gebadet wird. Entspricht das wirklich der Realität? Welche Inhalte und Kompetenzen werden denn tatsächlich im Schwimmunterricht vermittelt? Welche sind laut Lehrplan vorgegeben? Stehen den Schulen überhaupt ausreichende Schwimmbadkapazitäten zur Verfügung?
Wieviel Schwimmunterricht tatsächlich an hessischen Gymnasien erteilt wird, soll im Rahmen dieser Examensarbeit untersucht werden.
Die zwei zentralen Fragen der Arbeit lauten: Wie sieht die Realität bezüglich des Schwimmunterrichts an hessischen Gymnasien aus? und: Welche Optimierungen gibt es? Bezüglich der Realität werden vorwiegend die Rahmenbedingungen, zum Beispiel Schwimmbadhallenzeiten, erfasst und analysiert. Im Blickfeld der Optimierung stehen Rahmenbedingungen, Fort- und Weiterbildungen sowie Unterrichtsinhalte.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Genaue Beschreibung der Probleme und Zielstellungen ...
1.2 Forschungsstand
1.3 Hinweis zu Aufbau und Erläuterung der Arbeitsweise
2 Schwimmunterricht an hessischen Gymnasien
2.1 Legitimation des Schulschwimmens
2.2 Anspruch und Wirklichkeit
2.3 Geforderte Qualifikationen und Kompetenzen
3 EMPIRISCHER TEIL
4 Konzeption der Untersuchung
4.1 Befragungsgruppe
4.2 Fragebögen
4.3 Testlauf und Realisierung
4.4 Probleme bei der Datenerhebung
4.5 Auswertungsmethode und Ergebnisdarstellung
5 Ergebnisse der Befragung
6 Folgerungen für den Schwimmunterricht
6.1 Notwendigkeit von Fort- und Weiterbildungen
6.2 Einbindung neuer Schwimmlernkonzepte am Beispiel SwimStars
7 Zusammenfassung
7.1 Fazit
7.2 Schlussfolgerungen
7.3 Ausblick
8 Literaturverzeichnis
9 Tabellen und Abbildungsverzeichnis
10 Anhang
1 Einleitung
Hieroglyphen belegen, dass bereits im alten Ägypten Menschen, vorwiegend Adelige und Kinder der Pharaonen, das Schwimmen erlernten. Aufgrund der Überlebensnotwendigkeit ist aber durchaus davon auszugehen, dass das Schwimmenlernen so alt wie die Menschheit selbst ist. Schwimmenkönnen gehört in Deutschland spätestens seit den 1960er Jahren zu den sogenannten Kulturtechniken. Heutzutage ist es hier selbstverständlich, dass es in der Schule vermittelt wird. Legitimation findet der Schwimmunterricht durch Verankerung des Sportunterrichts in den Lehrplänen.
Was macht das Schwimmen aber so besonders, dass es oft in der Öffentlichkeit thematisiert wird?
Das Beherrschen des Schwimmens ermöglicht eine breite Teilhabe an Kultur- und Freizeitmöglichkeiten. Ohne Schwimmen zu können, wird man sich beispielsweise kaum ein Kajak im Urlaub leihen und auf Entdeckungstour gehen. Man wird auch nicht mit Freunden zusammen in einem See toben oder mit ihnen ein Freizeitbad besuchen können. Urlaube am Meer wären dann eher Urlaube am Strand. Der Zugang zu unzähligen Wassersportarten, auch Trendsportarten wie Kitesurfen oder Unterwasserfrisbee, wäre versperrt. Das Element Wasser bietet einen einzigartigen Bewegungsraum, weil es nur in diesem möglich ist sich nahezu schwerelos zu fühlen und zu schweben. Sofern man also die oben beschriebenen Aktivitäten ausüben möchte, muss man Schwimmen können, um sich falls nötig retten zu können.
Es ist bekannt, dass Bewegungen im Wasser gelenkschonender sind, als solche an Land, aufgrund des statischen Auftriebes. Auch mit erhöhtem Körpergewicht oder im hohen Alter kann sich im Wasser bewegt werden. Das Verletzungsrisiko ist dabei deutlich niedriger als bei Sportarten an Land. Oftmals sind im Wasser Bewegungen möglich, die auf dem Land nicht oder noch nicht möglich sind, denke man beispielsweise an Übungen im Rahmen von Rehabilitationsmaßnahmen.
Seit einigen Jahren steigt die Anzahl an Übergewichtigen, auch gerade bei Jugendlichen, in Deutschland. Mangelnde Bewegung ist einer der verursachenden Faktoren (vgl. Kurth & Schaffrath Rosario, 2007, S. 737-740). Die Umstellung vieler Schulen auf Ganztagsunterricht beziehungsweise auf G8 sorgte dafür, dass die Schüler- und Schülerinnen noch mehr Zeit in der Schule verbringen. Man könnte also vermuten, dass ihre Bewegungszeit darunter leidet, sofern der Sportunterricht nicht verstärkt wird (vgl. Naul, 2015, S.329-332). Wieviel Schwimmunterricht tatsächlich an hessischen Gymnasien erteilt wird, soll im Rahmen dieser Examensarbeit untersucht werden.
In regelmäßigen Abständen liest man in der Presse, dass immer weniger Kinder schwimmen können, und dass es dadurch zu Ertrinkungsunfällen kommt. Ob es in der Sekundarstufe I an hessischen Gymnasien tatsächlich viele Nichtschwimmer gibt wird im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls untersucht. Von der Öffentlichkeit verantwortlich gemacht für diese vermeintlich mangelnde Schwimmausbildung werden vor allem die Städte und Gemeinden. Behauptet wird, dass nicht genügend finanzielle Mittel für den Erhalt von Schwimmbädern zur Verfügung gestellt werden. Schwimmbadschließungen oder aber die Übernahme von öffentlichen Bädern in private Hände sind die Folge. Diese Privatinvestoren wiederum bauen die Schwimmbäder in Freizeit- oder Spaßbäder um, die dann, laut der öffentlichen Meinung, weniger Möglichkeiten für die Schwimmausbildung bieten. Den Schulen wird zudem gerne eine Mitschuld gegeben, da sie, laut der Öffentlichkeit, nicht für eine ausreichende Schwimmausbildung sorgen. Vielfach wird die Meinung vertreten, dass im Schwimmunterricht nur gebadet wird. Entspricht das wirklich der Realität? Welche Inhalte und Kompetenzen werden denn tatsächlich im Schwimmunterricht vermittelt? Welche sind laut Lehrplan vorgegeben? Stehen den Schulen überhaupt ausreichende Schwimmbadkapazitäten zur Verfügung? Auf diese Fragen wird in dieser Arbeit eingegangen.
Unter Berücksichtigung der sich stark veränderten Lebenswelt der Kin- der und Jugendlichen, Stichwort Medienkonsum, muss sich die Frage gestellt werden, wie das Interesse am Schwimmunterricht hochgehalten werden kann. Macht es heutzutage Sinn, Abzeichen zu verwenden, die bereits 1978 entwickelt wurden? Muss sich der Schwimmunterricht nicht stärker auf die veränderte Lebenswelt der Schüler und Schülerinnen einstellen und anpassen? Diese Frage stand ebenfalls im Vordergrund dieser Arbeit und wird im Rahmen der Folgerungen für den Schwimmunterricht (Kapitel 6) nochmals verstärkt aufgegriffen werden. Die zwei zentralen Fragen dieser Arbeit lauten: Wie sieht die Realität bezüglich des Schwimmunterrichts an hessischen Gymnasien aus? und: Welche Optimierungen gibt es? Bezüglich der Realität werden vorwiegend die Rahmenbedingungen, zum Beispiel Schwimmbadhallenzeiten, erfasst und analysiert. Im Blickfeld der Optimierung stehen Rahmenbedingungen, Fort- und Weiterbildungen sowie Unterrichtsinhalte.
1.1 Genaue Beschreibung der Probleme und Zielstellungen
Fast jedes Jahr, hauptsächlich zur Sommerferienzeit, sind in der Presse Schlagzeilen zu lesen wie: „Deutschland wird ein NichtschwimmerLand. Kaum Schulsport, Bäder machen dicht. Nur jeder zweite Zehnjährige kann noch schwimmen.“ (vgl. Quassowsky, 2015).
Eine Mitschuld wird dabei den Schulen gegeben. Behauptet wird, dass der Schwimmunterricht nur ungenügend sei. Dass er zu oft ausfiele oder dass die Schüler und Schülerinnen nur plantschen würden. Vielerorts werden auch Schwimmbadschließungen mit dafür verantwortlich gemacht, dass vermeintlich immer weniger Kinder schwimmen können. Das Thema Schwimmenkönnen beschäftigt aber durchaus auch die Politik. So gibt es, gerade auf lokaler Ebene, immer wieder so genannte kleine Anfragen an die Landtage. Am 29.01.2015 stellten die Abgeordneten Degen und Hartmann dem hessischen Landtag eine kleine Anfrage betreffend der Umsetzung und Finanzierung des Schwimmunterrichts an hessischen Schulen (vgl. Hessischer Landtag, 2015). Dabei stellten sie der Landesregierung insgesamt sechs Fragen, im Vordergrund stand die Frage nach der Finanzierung des Schwimmunterrichts. Die Antwort der Landesregierung erfolgte im Februar 2015. Die Abgeordneten wollten zunächst wissen, ob der Schwimmunterricht flächendeckend vorgesehen sei und in welchen Jahrgängen dieser stattfindet. Die Landesregierung antwortete, dass der Schwimmunterricht flächendeckend vorgesehen ist und, dass davon auszugehen ist, dass jede Schülerin und jeder Schüler während der Schullaufbahn im Schwimmen unterrichtet wird. Der Schwimmunterricht sei jedoch abhängig von der Möglichkeit der Nutzung von Schwimmbädern. Dabei verwies die Landesregierung noch auf die Lehrpläne und Bildungsstandards. Danach stellten sie die Frage, welche Kosten durch den Schwimmunterricht entstehen und wer diese trägt. Bezüglich der Kostenfrage teilte man mit, dass sich diese aus den Personalkosten, Fahrtkosten, anteiligen Kosten für Betrieb und Unterhalt der Schwimmstätten, sowie der Organisationskosten zusammensetzen. Eine explizite betriebswirtschaftliche Kostenrechnung gäbe es diesbezüglich nicht, da diese Erhebung mit einem unverhältnismäßig hohen Kosten- und Personalaufwand verbunden wäre. Bei der dritten und vierten Frage wollten die Abgeordneten wissen, ob es der Landesregierung bekannt sei, dass an manchen Schulen die Eltern um Schwimmspenden gebeten werden, um den Schwimmunterricht aufrechtzuerhalten. Und sie fragten die Landesregierung wie sie dies beurteilt. Der Landesregierung sei dies nicht bekannt und sie gehe davon aus, dass es sich bei den Spenden eher um Umlagen handele. Diese Umlagen können von den Schulträgern für die bestimmte Ausgaben erhoben werden. Anschließend wurde noch gefragt, welchen Stellenwert die Landesregierung dem Schwimmunterricht einräumt und wie dieser flächendeckend sichergestellt wird. Dazu teilte die Landesregierung mit, dass bereits durch die Verankerung des Schwimmunterrichts im hessischen Lehrplan ein hoher Stellenwert erkennbar sei. Betreffend der Sicherstellung des Schwimmunterrichts nannte sie das Hallenbad- Investitionsprogramm des hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport. Dies unterstütze in den vergangenen Jahren die Sanierung von über 100 Hallenbäder, und damit sei ein Beitrag zur Sicherstellung des Schwimmunterrichts geleistet wurden. In Rheinland-Pfalz gab es ebenfalls eine Anfrage zu der Situation des Schwimmunterrichts in der Stadt Ludwigshafen. Hierbei wurde gefragt, an welchen Schulen Schwimmunterricht erteilt wird, in welchem Umfang, wo dieser stattfindet und wie viele Lehrkräfte die Erlaubnis haben Schwimmunterricht zu erteilen (vgl. Landtag Rheinland-Pfalz, 2016).
Eine empirische Untersuchung bezüglich der Situation des Schwimmunterrichts an hessischen Schulen fehlt bislang. In der SPRINT-Studie (vgl. DSB, 2006, S. 55-75) wurden die Sportstätten, unter dem Aspekt der Ressource des Schulsports, in allen 16 Bundesländern untersucht. Dabei zeigten die Ergebnisse, dass den Schulen bundesweit zu wenige geeignete Sportstätten zur Verfügung stehen. Zudem gaben 27,6 % der Gymnasien an, dass sie keine Nutzungsmöglichkeit eines Schwimmbades haben. Eine Aufsplittung der Ergebnisse nach Bundesländern erfolgte in den veröffentlichten Ergebnissen jedoch nicht. Erst nach einer aktuellen Datenerhebung können Schlüsse bezogen auf Hessen gezogen werden. Daher wurden diese Daten, bezüglich der Ressourcen des gymnasialen Schwimmunterrichts, im Rahmen dieser Examensarbeit erhoben. Dabei wurden vor allem die organisatorischen und inhaltlichen Aspekte des Schwimmunterrichts untersucht. Mit der Untersuchung erhoffte man sich ein Bild des IST-Zustandes zu erhalten und mögliche Optimierungsstellschrauben zu finden. Zielsetzung dieser Arbeit ist es eine aktuelle Bestandsaufnahme des Schwimmunterrichts an hessischen Gymnasien in der Sekundarstufe I zu liefern, sowie Optimierungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
1.2 Forschungsstand
Eine bundesweit durchgeführte Studie, die so genannte SPRINT-Studie (vgl. DSB, 2006), die vom Deutschen Sportbund im Jahr 2003 in Auftrag gegeben wurde, untersuchte die Situation des Schulsports in Deutschland. Befragt wurden hierbei, innerhalb von vier Monaten, rund 4400 Eltern, fast 9000 Schüler- und Schülerinnen, rund 1100 Sportlehrkräfte und circa 200 Schulleitungen an 219 Schulen. Es fanden dabei quantitative sowie qualitative Forschungsmethoden Anwendung. Aufgrund der Komplexität des Sportunterrichts wurde dieser aus vier Perspektiven beleuchtet, die alle miteinander verbunden sind. Der Schulsport wurde aus Schüler- und Schülerinnen-, Lehrkräfte-, Schul- leitungs- und Elternperspektive betrachtet. Es wurden vier zentrale Bereiche untersucht: Lehrpläne und Lehrplanentwicklung im Fach Sport, die Sportstättensituation, die empirische Erfassung des aktuellen Sportunterrichts sowie der Aspekt des außerunterrichtlichen Schulsports. Für diese Examensarbeit waren die Ergebnisse bezüglich des Schwimmunterrichts interessant. Dieser wurde jedoch in der SPRINTStudie nicht inhaltlich untersucht, sondern es wurden die Rahmenbedingungen, wie Schwimmhallenverfügbarkeit, Kosten und Anfahrtsweg, analysiert. Dabei herauskam, dass bei min. 20 % aller Schulen zu wenige geeignete Sportstätten zur Verfügung stehen, um das Stundensoll decken zu können. Der Zustand der Sportstätten wird als befriedigend angesehen, wobei 21 % aller Gymnasien keine Schwimmsportstätte zur Verfügung steht (vgl. DSB, 2006, S. 74 f.). Bezüglich der Entfernung der Sportstätten wurde unter anderem ermittelt, dass zwar 80,5 % der Gymnasien eine überdachte Einzelsporthalle auf dem Schulgelände zur Verfügung steht, eine Schwimmsportstätte allerdings nur für 15.2 % der Gymnasien direkt vor Ort nutzbar ist (vgl. DSB, 2006, S. 65 ff.). Die SPRINT-Studie betrachtete auch den finanziellen Aspekt der Sportstättennutzung, welche ebenfalls häufig medial aufgegriffen wird. Hierbei zeigte sich, dass die Nutzungsgebühren von Schwimmhallen deutlich teurer sind als die Nutzung aller anderen Sportstätten. Die Nutzung eines Hallenlehrschwimmbeckens kostete laut dieser Studie mehr als doppelt so viel, 113,80 Euro pro Unterrichtseinheit, als die Nutzung einer Doppelturnhallenhälfte, 54,30 Euro. Es wurde in der Studie zwar nach der Zufriedenheit mit dem vorhandenen Material bei den Sportstätten gefragt, aber nicht speziell untersucht, welches Material vorhanden ist. Auch wurde nicht die Zufriedenheit, bezüglich der Ausstattung speziell im Bereich der Schwimmsportstätten, untersucht. Eine weitere große Studie, die sich mit dem Thema Schwimmfähigkeit beschäftigt, ist die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS). Diese ist Bestandteil des Gesundheitsmonitorings, welches das Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegeben hat. Durchgeführt wird die Studie vom Robert-Koch-Institut (RKI) seit dem Jahr 2003. Bei KiGGS werden regelmäßig Daten zur gesundheitlichen Lage von Kindern und Jugendlichen, bis einschließlich 17 Jahren, in Deutschland, erhoben. Dabei werden der Gesundheitszustand sowie das Gesundheitsverhalten erfasst. Ziel ist es gesundheitspolitische relevante Problemlagen zu erkennen und mögliche Gesundheitsziele abzuleiten (Hölling, Schlack, Kamtsiuris, But- schalowsky, Schlaud & Kurth, 2012). In der ersten KiGGS- Folgebefragung, der so genannte KiGGS Welle 1, die von 2009 bis 2012 durchgeführt wurde, wurden zum ersten Mal Informationen zur Schwimmfähigkeit von Kindern- und Jugendlichen erhoben. Hierbei führte man standardisierte Telefoninterviews mit den Eltern durch, die Teilnahmequote lag hierbei bei 39 % (vgl. Lange, Butschalowsky, Jent- sch, Kuhnert, Schaffrath Rosario, Schlaud & Kamtsiuris, 2014, S. 758). Laut dieser Studie beträgt der Nichtschwimmeranteil der 10-jährigen Kinder 6,9 % (vgl. Kuntz, Ellert, Rommel, Schmitz, Gutsche, Poethko- Müller & Lampert, 2015, S. 139). Die DLRG führte in den Jahren 2004 und 2010 eine Umfrage zum Thema der Schwimmfähigkeit durch. 2004 wurde die Umfrage in Kooperation mit der EMNID durchgeführt. Knapp ein Viertel der deutschen Bevölkerung konnte nach dieser Studie nicht schwimmen (vgl. DLRG, 2004). 2010 kooperierte die DLRG bei einer weiteren Umfrage mit der Forsa. Zentrales Ergebnis dabei war, dass höchstens 40% der deutschen Bevölkerung als sichere Schwimmer anzusehen sind, mindestens 60% aber nicht (vgl. DLRG, 2010, S. 6). Eine Examensarbeit aus dem Jahre 2003 befasste sich mit der Situation des Schwimmunterrichts an Bochumer Grundschulen. In dieser wurden die Bedingungen des Schwimmunterrichts untersucht. Ergebnisse dieser Untersuchung waren, dass aus der Sicht der Lehrkräfte, zu wenig Wasserflächen beziehungsweise Wasserzeiten, zu wenig qualifizierte Schwimmlehrkräfte und zu lange Anfahrtswege zu den Schwimmbädern als Gründe für den Ausfall von Schwimmunterricht gesehen werden. Zudem fehlen ausreichende Fort- und Weiterbildungen (vgl. Schulze, 2007, S. 93). Studien, Befragungen und sonstige Arbeiten, die sich nur mit dem Schwimmunterricht an hessischen Schulen beschäftigten, konnten nach eingehender Literaturrecherche nicht gefunden werden.
1.3 Hinweis zu Aufbau und Erläuterung der Arbeitsweise
Im nachfolgenden Kapitel werden zunächst die Berechtigung des Schwimmunterrichts und dessen Inhalt, sowie die Kompetenzen und notwendigen Qualifikationen der Sportlehrkraft, behandelt. Zudem wird dargestellt, ob und inwieweit Anspruch und Realität auseinanderklaffen. Das darauf folgende Kapitel enthält den empirischen Teil dieser Arbeit. Zunächst erfolgt eine Darstellung der Konzeption der Untersuchung. Es wird darin beschrieben, wie der erstellte Fragebogen entwickelt wurde und welche Schwierigkeiten dabei auftraten. Danach folgt die Ergebnisdarstellung mit anschließender Diskussion. In Kapitel 6 werden mögliche Folgerungen für den Schwimmunterricht beschrieben. Dabei wird sowohl explizit auf die Notwendigkeit von Fort- und Weiterbildungen eingegangen, als auch eine mögliche Einbindung neuer Schwimmlernkonzepte beschrieben. Abschließend folgt eine Zusammenfassung mit Fazit sowie möglichen Schlussfolgerungen.
2 Schwimmunterricht an hessischen Gymnasien
Dieser Abschnitt behandelt die rechtlichen Grundlagen des Schwimmunterrichts an hessischen Gymnasien. Zuerst wird auf die Legitimation und Notwendigkeit des Schwimmunterrichts eingegangen. Anschließend werden die Inhalte und Kompetenzen herausgearbeitet, welche der Schwimmunterricht leisten soll. Das Ende dieses Kapitels behandelt die Anforderungen und Qualifikationen, welche die Lehrkräfte erfüllen müssen.
2.1 Legitimation des Schulschwimmens
Lehrpläne und curriculare Vorgaben existieren schon seit den 1970er Jahren. In Deutschland gibt es Vorgaben auf drei Ebenen: auf nationaler, regionaler (Bundesländer) und lokaler Ebene (Schule). Diese werden nun zunächst beschrieben, bevor auf die Frage der Legimitation des Schulschwimmens eingegangen wird.
Die nationalen Bildungsstandards werden von der Kultusministerkonferenz (KMK) beschlossen. Aufgrund des föderalistischen System und der Bildungshoheit der Länder, soll ein einheitlicher Rahmen geschaffen werden. Dieser soll dazu führen, dass alle Bundesländer, zumindest im Groben, ähnliche Bildungsstandards vermitteln. Damit einhergehend soll eine allgemeine Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse und Lernergebnisse geschaffen werden. Die nationalen Bildungsstandards legen fachliche, personelle, soziale und methodische Kompetenzen fest, Unterrichtsinhalte jedoch nicht. Sie beschreiben zudem die Kompetenzen, welche die Schülerinnen und Schüler bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Schullaufbahn erlernen sollen. Die Standards beziehen sich auf den Kernbereich des entsprechenden Faches und lassen den Schulen somit pädagogische Gestaltungsfreiräume. Aufgrund des nur durchschnittlichen Abschneidens deutscher Schüler und Schülerinnen bei Schulleistungserhebungen, wie beispielsweise der PISA-Studie im Jahr 2000, wurden unter anderem Bildungsstandards für die Fächer Mathe und Deutsch an Hauptschulen eingeführt (vgl. Sekretariat der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der BRD, 2004, S. 3 ). Unterhalb der nationalen Ebene existieren die Kerncurricula der einzelnen Bundesländer. Das Wort Curriculum stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie Wettlauf, Umlauf, Kreisbahn oder Lauf (Tenorth & Tippelt, 2007, S. 137-139, 2007).
Diese Curricula wurden aus den nationalen Bildungsstandards entwickelt. Die Kerncurricula spezifizieren die Bildungsstandards. Die dritte und unterste Ebene, bildet das Schulcurriculum. Jede Schule erarbeitet ein eigenes Schulcurriculum. Darin werden die inhaltlichen Vorgaben der Bildungsstandards und der Kerncurricula vertieft. Das Schulcurriculum benennt die spezifischen Unterrichtsinhalte für jede Jahrgangsstufe und legt den zeitlichen Umfang fest. Dies erfolgt in den Fachkonferenzen. Zurückzukommen zur Frage der Legitimation. Legitimieren bedeutet Handlungen, Entscheidungen oder Forderungen begründen, zu rechtfertigen und als rechtmäßig auszuweisen (vgl. Scherler, 1994, S. 4). Der Schwimmunterricht gehört zum Unterrichtsfach Sport. Der Schulsport bietet allen Schülern und Schülerinnen die Chance körperliche und soziale Kompetenzen zu erwerben. Die Aufgabe des Schulsports ist es daher, sowohl die Sport- und Bewegungskultur zu erschließen, als auch die Persönlichkeit zu entwickeln. Der Doppelauftrag des Sports Erziehung zum Sport und Erziehung durch Sport sollen sich ergänzen (vgl. Deutscher Olympischer Sportbund, 2009, S. 5).
In der Einleitung zum hessischen Gymnnasiallehrplan (Hessisches Kultusministerium, 2010, S. 3) wird betont, dass der „Schulsport einen eigenständigen und nicht ersetzbaren Beitrag zur Einlösung des ganzheitlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule leistet.“ Dennoch existiert auf nationaler Ebene noch kein Bildungsstandard für das Fach Sport.
Rechtliche Vorgaben in Hessen Das Bundesland Hessen entschied sich dazu, Bildungsstandards für al- le Fächer der Primarstufe und der Sekundarstufe zu entwickeln. Dabei orientierte man sich durchgängig am Erwerb von Kompetenzen. Das hessische Kerncurriculum enthält zudem Inhaltsfelder (vgl. Hessisches Kultusministerium, 2010). Bildungsstandards und Inhaltsfelder sind auf die zentralen Aspekte der Fächer hin ausgerichtet. Dies wiederum bedeutet, dass sie keine detaillierten Aussagen zu einzelnen Themen des Unterrichts enthalten (vgl. Höfer, Loleit, Steffens und Diehl, 2010, S. 7). Im hessischen Gymnasiallehrplan für das Fach Sport ist Schwimmen, mit dem Bewegungsfeld Bewegen im Wasser im Sportunterricht, verankert (vgl. Hessisches Kultusministerium, 2010, S.9). Die Wichtigkeit des Faches Sport wird in der Einleitung hervorgehoben. „Vor dem Hintergrund einer Umwelt, die den Kindern und Jugendlichen immer weniger natürliche Bewegungsanlässe bietet, leistet der Schulsport einen eigenständigen und nicht ersetzbaren Beitrag zur Einlösung des ganzheitlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule.“ (vgl. ebd., S. 3). Laut hessischem Gymnasiallehrplan (vgl. ebd., S. 33) müssen 50 Wochenstunden in dem Bewegungsfeld Bewegen im Wasser absolviert werden. Die Schulen müssen mindestens in den Jahrgangsstufen 5G oder 6G Schwimmunterricht verbindlich anbieten. Können sie dies nicht, so ist es dem Schulamt, beziehungsweise dem Hessischen Kultusministerium mitzuteilen (vgl. ebd.).
Im Schwimmunterricht der Jahrgangsstufen 5G bis 9G sollen verbindlich die folgenden Themen vermittelt werden: „Verbesserung des Wassergefühls“, „Erlernen des Kraul- und Rückenkraulschwimmens“, „Verbesserung der Technik des Brustschwimmens“ (ebd., S. 74). Der Schwerpunkt soll auf dem Sportschwimmen liegen (vgl. ebd, S. 11). Die Schüler und Schülerinnen sollen zudem folgende fachlichen Kenntnisse erlangen: Baderegeln, Sicherheitsmaßnahmen, hygienische Verhaltensregeln, Theoriekenntnisse bezüglich der Brust-, Kraulund Rückenschwimmtechnik. Zusätzlich sollen sie zur Selbst- und Fremdrettung Kenntnisse erlangen (vgl. ebd., S. 75).
Darüber hinaus können im Sportunterricht, je nach schulischen Möglichkeiten und situativen Voraussetzungen, weitere fakultative Unterrichtsinhalte vermittelt werden. Hierzu werden folgende Inhalte im Lehrplan (ebd.) genannt: „Jugendschwimmabzeichen Gold, Rettungsschwimmen mit Rückenschwimmen ohne Armtätigkeit, Transportieren, Ziehen und Schieben, Wasserspringen, Einführung in die Delphintechnik und ins Schnorcheltauchen, Wasserball und Synchronschwimmen.“ Auch Arbeitsmethoden sind dort angegeben. Die Schüler und Schülerinnen sollen selbstständig die wesentlichen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen anwenden können, sowie Rücksichtnahme beim Schwimmen und Springen zeigen. Zudem sollen sie die Baderegeln einhalten und mit der Stoppuhr umgehen können (vgl. ebd).
Ziel des Schwimmunterrichtes ist es, spätestens am Ende der Jahrgangsstufe 9, mindestens die Bedingungen des Deutschen Jugendschwimmabzeichens Bronze, zu erfüllen. Die Bedingungen des Deutschen Jugendschwimmabzeichens Silber und Gold (insbesondere 600 Meter schwimmen, 50 m Brustschwimmen unter 70 Sek., 25 m Kraulschwimmen, 50 m Schwimmen in Rückenlage) sind jedoch anzustreben (vgl. ebd., S. 74). Hier im Lehrplan zeigt sich, dass die Deutschen Jugendschwimmabzeichen einen hohen Stellenwert haben.
2.2 Anspruch und Wirklichkeit
Die Ansprüche an den Schwimm- und Sportunterricht sind hoch. Der zuvor beschriebene Lehrplan enthält eine Vielzahl an Vorgaben. Im Fach Sport sollen, wie in keinem anderen Fach, neben dem fachlichen Inhalt, zahlreiche andere Inhalte vermittelt werden. Gerade die Vermittlung sozialer Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Selbstständigkeit, Kooperation stehen dabei im Fokus.
Kinder und Jugendliche sind sehr interessiert neue Sportarten kennenzulernen. Der Sportlehrplan bietet dazu mittlerweile Möglichkeiten. Doch können auch die Sportlehrkräfte nicht immer allen Wünschen nachgehen, da ihnen, entweder die Räumlichkeit, das Material oder aber die nötige Qualifikation fehlt. Schwimmunterricht soll laut hessischem Lehrplan verpflichtend in der fünften oder sechsten Klasse unterrichtet werden. Laut der SPRINT-Studie (DSB, 2006, S. 55-75) hatten im Jahr 2003 allerdings rund 27,6 % der Gymnasien keinen Schwimmunterricht.
Laut § 20 Abs. 3 der hessischen Aufsichtsverordnung (S. 12) dürfen sich pro Lehrkraft maximal 20 Schüler und Schülerinnen im Wasser befinden. Was in dieser Zeit mit den anderen Schülern und Schülerinnen gemacht werden soll, darüber wird keine Auskunft gegeben.
Der Lehrplan verlangt, dass Schwimmen unterrichtet wird. Es stellt sich nur die Frage inwieweit das sinnvoll ist, wenn der Anfahrtsweg bis zur Schwimmstätte bereits 15 oder mehr Minuten in Anspruch nimmt, und somit die zu Verfügung stehende Unterrichtszeit um mindestens ein Drittel verkürzt wird. Ziel laut hessischem Lehrplan Sport (S. 11) ist es, dass alle Kinder am Ende der neunten Klasse das Deutsche Jugendschwimmabzeichen Bronze erreichen. Es kann jedoch durchaus passieren, dass Kinder in der Sekundarstufe I gar kein Schwimmunterricht haben.
2.3 Geforderte Qualifikationen und Kompetenzen
Welche Qualifikationen und Kompetenzen verlangt man von den Sportlehrkräften im Hinblick auf den Schwimmunterricht? Und welche Qualifikationen bringen die angehenden Sportlehrkräfte mit?
Gymnasiale Sportlehrkräfte haben in der Regel ein mindestens neun- semestriges Studium absolviert. Im Fach Sport haben sie zahlreiche Seminare und Vorlesungen besucht. Sportpraktische Kurse haben alle von ihnen absolviert. Diese sind zumeist in Individual- und Mannschaftssportarten unterteilt. An den meisten Hochschulen sind durch die Sportlehramtsstudenten die Sportarten wie Turnen, Leichtathletik, Schwimmen, Tanzen sowie ein bis drei Ballsport- und Rückschlagsportarten verpflichtend zu belegen. Es kann demnach davon ausgegangen werden, dass eine gewisse Basisqualifikation in Bezug auf Schwimmen vorhanden ist. Betrachtet man einmal exemplarisch die Modulbeschreibungen des Faches Sport (S. 12) an der Justus-Liebig- Universität Gießen so werden dort folgende Kompetenzen beschrieben:
„Die Studierenden verfügen über grundlegende Fähigkeiten, Einsichten und Kompetenzen die Individualsportarten und Bewegungsfelder „Gerätturnen“, „Schwimmen“, [...] in den verschiedenen Schulstufen des Sportunterrichts einsetzen zu können. Insbesondere können sie sportwissenschaftliche (fachwissenschaftliche und sportdidaktische) Kenntnisse interdisziplinär und im Anwendungsvollzug des Schulsports begreifen, einordnen und umsetzen [...] Die Studierenden kennen methodische Vermittlungsformen in den o.g. Bereichen, können diese in der Vielfalt der pädagogischen Perspektiven didaktisch reflektieren und in Bezug auf das Handlungsfeld des Schulsports (Sekundarstufe I) anwenden. Die zur Vermittlung notwendigen Leistungs- und Demonstrationsfähigkeiten sind präsent und sind variabel verfügbar.“
Die Modulbeschreibung enthält keine expliziten Angaben darüber, welche Themen und Inhalte genau im Schwimmen behandelt werden. Ergänzend werden jedoch noch entsprechende didaktische Module belegt. Schulpraktika sind im Studium ebenfalls zu absolvieren, in diesen gibt es durchaus die Gelegenheit den Schwimmunterricht zu übernehmen. Im Vorbereitungsdienst ist dies ohnehin der Fall.
Für Schwimmen sind beispielsweise, laut oben genannter Modulordnung, 50 Stunden veranschlagt. Ein Lehrscheininhaber beispielsweise benötigt ca. 90 Stunden bis zur entsprechenden Qualifikation. Dass die Sportlehrkraft und der Lehrscheininhaber dann unterschiedliches Wissen haben, erschließt sich von selbst. Die Inhalte des Sportlehramtsstudiums entsprechen auch nicht unbedingt den Inhalten, welche die zukünftigen Sportlehrkräfte vermitteln müssen. Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 der Verordnung über die Aufsicht über Schülerinnen und Schüler des Landes Hessen, bleibt es aber die Aufgabe der Lehrkräfte „sich intensiv über die jeweilige Sportart zu informieren, um ihre sportartspezifische Qualifikation zu bewahren“. Sportlehrkräfte müssen mit besonderen Arbeitsbelastungen zurechtkommen. Frommel (2006, S. 243 ff.) hat diese in einem Beitrag aufgegriffen. Laut ihm müssen die Sportlehrkräfte zum Teil Distanzen von 1 km bis 20 km zurücklegen, um zu der entsprechenden Sportstätte zu kommen. Aufgrund der Aufsichtspflicht, müssen sie zudem immer als erstes in der Sportstätte sein, und am Ende des Unterrichts diese als Letztes verlassen. Daraus resultiert oftmals keine ausreichende Pause. Der Unterricht im Schwimmbad erfordere zudem sicherheitsrelevante Überlegungen und eine erhöhte Verantwortung (vgl. ebd. S. 243 f.). Gerade im Schwimmunterricht gibt es große Leistungsunterschiede. Die Sportlehrkräfte müssen über eine ausreichende didaktische und methodische Kompetenz zurückgreifen, um den Schülern und Schülerinnen gerecht zu werden. Außerdem müssen sie mit den speziellen Bedingungen in der Schwimmstätte zurechtkommen, eine gewisse Flexibilität, sowie Kreativität sind gefragt. Die diagnostische Kompetenz ist auch nicht zu unterschätzen, da sie beispielsweise feststellen müssen, wieso ein Kind Bewegungen nicht korrekt ausführt.
3 Empirischer Teil
Im empirischen Teil werden zunächst das Design und die Konzeption der Untersuchung erläutert. Danach werden Probleme bei der Datenerhebung und -auswertung angesprochen. Bei der Untersuchung wurde mit einem Fragebogen gearbeitet, sodass im anschließenden Kapitel die Ergebnisdarstellung der einzelnen Fragen erfolgt. Nach jeder einzelnen Ergebnisdarstellung findet in der Regel eine Diskussion statt, in der sich verstärkt mit inhaltlichen Themen, aus der jeweiligen Frage, beschäftigt wird.
4 Konzeption der Untersuchung
4.1 Befragungsgruppe
Es wurden insgesamt 47 hessische Gymnasialsportlehrkräfte befragt. Hierbei wurde weder nach Alter oder Geschlecht unterschieden, noch dieses erfasst. Alle hessischen Gymnasialsportlehrkräfte durften prinzipiell an dieser Umfrage teilnehmen, unabhängig davon, ob sie Schwimmunterricht erteilten oder nicht.
4.2 Fragebögen
Es wurde mit dem Programm LimeSurvey, einem Programm zur Erstellung eines Onlinefragebogens, gearbeitet. Dieses steht den Studierenden der Justus-Liebig-Universität Gießen zur Verfügung. Hierbei erfolgte eine eigenständige Einarbeitung in das Programm. Vorteil dieses Programms war es, dass die Daten zwecks Auswertung bereits digitalisiert vorlagen. Mit einem weiteren Computerprogramm wurde ein inhaltlich identischer Fragebogen im gängigen pdf-Format erstellt. Den Schulen war es somit möglich, auch unabhängig der Onlineversion, den Fragebogen zu beantworten. Ein virtuelles Ausfüllen dieses Fragebogens war genauso möglich, wie das Ausdrucken und Verschicken via E-Mail, Fax oder Post. Thematisch sollte der Fragebogen möglichst viele Bereiche abdecken, um einen generellen Überblick über die Situation des Schwimmunterrichts zu erhalten. Dennoch wurde der Umfang so bemessen, dass er den Lehrkräften nicht mehr Zeit als notwendig abverlangte. Er wurde für eine maximale Ausfüllzeit von zehn Minuten konzipiert. Der Fragebogen enthält insgesamt 28 Fragen, wovon etwa 80 % quantitative und 20 % qualitative Fragen sind. Bei der Konstruktion des Fragebogens wurden die Hinweise der Autorinnen Wagner und Hering beachtet (2014, S. 661-671).
Teilweise durften zudem zusätzliche Anmerkungen zu den Antworten gemacht werden. Als Anreiz des Ausfüllens wurden drei Gutscheine eines bekannten Onlinehandels verlost. Ende Juni 2016 wurde der Fragebogen via E-Mail an 136 Gymnasien in Hessen, über das jeweilige Sekretariat, verschickt. Hierfür wurden vorab die E-Mailadressen und zur Sicherheit, für möglicherweise notwendige Rückfragen, die Telefonnummern der Sekretariate via Onlinesuche recherchiert und in eine Excel-Liste gebracht. Über persönliche Kontakte wurden zudem weitere Lehrkräfte direkt angeschrieben. Mitte September 2016, um den Zeitraum der Sommerferien mit einzuschließen, wurde die Befragung endgültig geschlossen. Da, zusätzlich zu den Onlinefragebögen, teilweise Fragebögen sowohl via E-Mail oder als auch per Post eingingen, mussten diese im Nachhinein manuell in das Auswerteprogramm übertragen werden. Damit wurde sichergestellt, dass alle Angaben erfasst und auswertbar waren. Der pdf-Fragebogen, sowie ein Screenshot der Onlinebefragung sind im Anhang einsehbar.
Die Schulleitungen wurden nicht gezielt befragt, da davon ausgegangen werden kann, dass diese, außer zu den Rahmen- und Organisationsbedingungen, keinerlei relevanten Auskünfte für diese Befragung hätten geben können. Andere Gruppen, zum Beispiel die Schüler und Schülerinnen selbst, wurden nicht befragt, da ihre Perspektive für die Hintergründe dieser Examensarbeit nur zweitrangig waren. Den Sportlehrkräften wurden Fragen allgemeiner, organisatorischer sowie inhaltlicher Art gestellt. Auskünfte erteilten sie zusammengefasst über: die organisatorischen Rahmenbedingungen des Schwimmunterrichts, den Ausbildungsstand der Schüler und Schülerinnen, ihre eigene Qualifikation, Angebote der Schule bezüglich Schwimmen, Inhalte, Benotungen, Umgang und Gründe mit passiven Schülern und Schülerinnen, sowie Kenntnisstand über das Konzept SwimStars.
4.3 Testlauf und Realisierung
Einen richtigen Testlauf wie man es von großen Studien kennt, konnte, aufgrund der begrenzten Zeit, im Rahmen dieser Examensarbeit nicht realisiert werden. Allerdings wurden mehrere kleine Pretests vorgenommen. Anfang Juni testeten mehrere Lehrkräfte in NordrheinWestfalen und Schleswig-Holstein den Onlinebogen sowie den pdf- Fragebogen. Es zeigten sich einige Schwierigkeiten inhaltlicher und technischer Art. Einige Fragen mussten überarbeitet werden, da sie nicht klar genug formuliert waren. Im Onlinefragebogen mussten Fragen, um so genannte Bedingungen, ergänzt werden. Sollte Jemand zum Beispiel die Antwort C geben, sollte eine Zusatzfrage hinterlegt werden, die dann auftauchte. Oder aber es sollte beispielsweise eine Bedingung hinterlegt werden, die dafür sorgt, dass der Fragebogen je nach entsprechender Antwort beendet ist. Einige Fragen wurden zudem von quantitativ auf qualitativ umgestellt. Dies erschwerte zwar die Auswertung, brachte jedoch spezifischere Erkenntnisse. Die Anpassungen erfolgten bis Ende Juni, sodass die Befragung zu diesem Zeitpunkt starten konnte.
Wie im vorherigen Abschnitt beschrieben, wurde die Befragung via EMail-Verteiler an die jeweiligen Schulen geschickt. Dies schien die effektivste Option, da die Anfrage sonst über alle Schulämter in Hessen hätte erfolgen müssen. Wäre nur ein Bezirk untersucht worden, wäre dies vielleicht ein sinnvollerer Weg gewesen. Da die Befragung aber für ganz Hessen durchgeführt wurde, war diese Vorgehensweise, auch aus ökonomischer Sicht sinnvoller und zeitgemäßer. Per E-Mail wurde ein entsprechendes Anschreiben formuliert. Dieses kann dem Anhang entnommen werden. Ein Erinnerungsschreiben wurde nicht verschickt.
4.4 Probleme bei der Datenerhebung
Teilweise gab es Probleme mit dem beigefügten pdf-Fragebogen aufgrund der Version des jeweiligen pdf-Readers an der Schule. Nicht alle Schulen waren auf dem neuesten technischen Stand, sodass es vermehrt zu Kompatibilitätsproblemen kam. Teilweise antworteten die Sekretariate mit einer E-Mail, in der sie angaben, dass es keinen Schwimmunterricht an ihrer Schule gibt. Im E-Mail-Anschreiben (siehe Anhang) wurde vorab bereits darauf hingewiesen, dass der Fragebogen auch ausgefüllt werden kann, wenn an der Schule kein Schwimmunterricht erteilt wird. Auf telefonische Nachfrage wurde es von diesen dennoch für nicht notwendig erachtet, den Fragebogen an die Sportlehrkräfte weiterzuleiten. Insgesamt wurden, wie bereits erwähnt, 136 Schulen angeschrieben. Ausgefüllt wurden 51 Fragebögen, wobei vier von Gesamtschullehrkräften stammten. Zieht man, neben diesen, noch insgesamt neun Doppelantworten von Schulen ab, da mehrere Lehrkräfte einer Schule antworten durften, ergibt sich eine bereinigte Rücklaufquote von knappen 28 % (n=38). Der Großteil der Antworten erfolgte vor den Sommerferien, beziehungsweise in der ersten Sommerferienwoche. Nur ein geringer T eil antwortete noch Ende August und Anfang September. Zu den nicht beantworteten Fragebögen stellen sich mehrere Fragen: Antworteten die Schulen nicht, weil sie keinen Schwimmunterricht haben und ihnen nicht bewusst war, dass die Befragung dennoch hätte erfolgen können? Wurden die E-Mails nicht an die Sportlehrkräfte weitergeleitet? Oder bestand einfach kein Interesse an der Umfrage teilzunehmen, da sie nicht von offizieller Stelle, sei es dem Schulamt oder auch der Schulleitung, kam? Diese Fragen können leider nicht beantwortet werden. Anfang September 2016 wurde via Sozialen Netzwerken nochmals für die Umfrage geworben. Immerhin zwei Sportlehrkräfte nahmen daraufhin noch an der Umfrage teil.
4.5 A uswertungsmethode und Ergebnisdarstellung
Wie bereits angemerkt, wurden die Daten mit Hilfe des Programms „LimeSurvey“ digital erfasst. Anschließend wurde eine entsprechende Excel-Datei zum Erstellen von Statistiken generiert, welche dann in Word übertragen wurden. Die Überlegung die Daten mit dem Statistikprogramm SPSS zu bearbeiten, wurde aufgrund ökonomischer Aspekte verworfen. Zumal die qualitativen Fragen ohnehin manuell ausgewertet werden mussten.
5 Ergebnisse der Befragung
Insgesamt wurden 54 Antwortbögen ausgefüllt. Dreimal wurden die Fragebögen nur getestet und nicht ausgefüllt, sodass diese Datensätze vor Auswertung entfernt wurden. Einzelne Fragebögen wurden zudem nicht komplett bis zum Ende ausgefüllt, sodass nur eine Auswertung einzelner Fragen möglich war. Teilweise nahmen mehrere Lehrkräfte einer Schule an der Befragung teil, Doppelantworten mussten daher bei der Auswertung berücksichtigt werden. Zudem konnten die Lehrkräfte bei manchen Fragen Mehrfachantworten geben, beispielsweise bei der Frage nach dem Schwimmmaterial. Demnach unterscheidet sich die Anzahl der Antworten bei den jeweiligen Fragen. Die Antworten der Gesamtschullehrkräfte wurden nicht gewertet, da sich die Befragung an hessische Gymnasien richtete.
Es soll hier nicht auf jedes Ergebnis eingegangen werden, sondern nur auf solche, die im Hinblick auf diese Arbeit, relevant erscheinen. Zuerst wird auf die Ergebnisse des Teils I, „Allgemeine Fragen zum Schwimmunterricht“, des Fragebogens, anschließend auf den zweiten Teil „Organisatorische Aspekte“ eingegangen. Abschließend werden die Ergebnisse des dritten Teils „Inhaltliche Aspekte“ dargestellt. Nach jeder Frage werden die Ergebnisse in der Regel anschließend direkt diskutiert.
Im Teilbereich I „Allgemeine Fragen zum Schwimmunterricht“ wurde zunächst die folgende Frage gestellt: Wird an Ihrer Schule Schwimmen unterrichtet? Hier zeigte, dass an 87 % (n=33) der befragten Schulen Schwimmunterricht erteilt wird, nur an 13 % (n=5) wird kein Schwimmunterricht erteilt (Abb. 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 Wird an Ihrer Schule Schwimmen erteilt?
Ob der Realanteil von Schulen, die kein Schwimmunterricht erteilen nicht deutlich höher liegt, kann nur spekuliert werden, da nur knapp ein Drittel der Schulen den Fragebogen beantwortet haben. Die fünf Schulen, die kein Schwimmen unterrichten wurden hierzu dann nach den Gründen befragt. Jeweils zweimal lautete die Antwort, dass kein Schwimmbad zur Verfügung steht beziehungsweise die Organisation zu aufwändig sei. Weiter wurde angegeben, dass keine Belegzeit da sei, Kostengründe vorliegen oder der Schwimmunterricht nicht effektiv genug sei. Eine Lehrkraft gab zudem an, dass im nächsten Schuljahr ein „neugebautes Schwimmbad an einer Grundschule“ genutzt werden darf und deshalb momentan kein Schwimmunterricht stattfinde. Laut SPRINT-Studie (2006) stehen 21 % aller Gymnasien in Deutschland keine Schwimmsportstätten zur Verfügung. Das sind deutlich mehr als bei dieser Umfrage ermittelt werden konnten. Dies könnte aber an der geringen Rücklaufquote liegen und gerade daran, dass viele Schulen, die kein Schwimmen erteilen, vielleicht gar nicht geantwortet haben. Bezüglich der Kostengründe ist zu erwähnen, dass vielerorts Gemeinden und Städte Nutzungsgebühren für die Sportstätten. Die Höhe dieser Entgelte untersuchte die SPRINT-Studie (2006) ebenfalls. Hierbei fällt auf, dass die Entgelte für die Schwimmhallennutzung, im Vergleich zu denen der anderen Sportstätten, am Höchsten sind (vgl. DSB, S. 69). Des Weiteren wurden die Lehrkräfte danach befragt, ob auch externe Lehrkräfte Schwimmunterricht erteilen. Nur an zwei der befragten Schulen erteilen externe Lehrkräfte Schwimmunterricht. Um als externe Lehrkraft tätig werden zu können, müsse diese die benötigte Qualifikation vorweisen. Diese wurde im Fragebogen als „ein DLRG-Schein“ und/oder eine „Entscheidung der Schulleitung für die externe Lehrkraft“ benannt. Um welchen „DLRG-Schein“ es sich dabei handelt, wurde nicht spezifiziert. Laut Aufsichtsverordnung können auch externe Personen mit der Lehre beauftragt werden. Hierbei benötigen sie jedoch entsprechende Fachkenntnisse und Qualifikationen. So genannte Schwimmhelfer benötigen jedoch lediglich eine Schwimmfähigkeit, die mit Besitz des DJSA Bronze nachgewiesen wird. Diese Schwimmhelfer dürfen zwar nicht eigenständig unterrichten, aber die Lehrkräfte unterstützen (vgl. Land Hessen, 2013, S.13). Warum die Schulen diese Möglichkeit nicht nutzen, darüber kann nur spekuliert werden. Es könnten möglicherweise ökonomische Gründe vorliegen. Beispielsweise müssen externe Lehrpersonen extra eingestellt werden. Auch wenn es den Schulen mittlerweile selber möglich ist, im Rahmen der verlässlichen Schule, ist damit immer ein hoher Verwaltungsaufwand verbunden. Zudem müssen die Schulen diese Lehrkräfte über ihr eigenes Haushaltsbudget vergüten. Hierbei wollen die Schulen vielleicht finanzielle Mittel einsparen und den Schwimmunterricht lieber ausfallen lassen. Möglicherweise gibt es aber auch nicht genügend qualifizierte Vertretungskräfte. Dies müsste näher untersucht werden. Sollte dies jedoch der Fall sein, könnten den Schulen eventuell Kooperationen zu lokalen Schwimmvereinen oder der DLRG helfen. Dort findet die Ausbildung von Trainern oder Ausbildern statt und es könnte durch Kooperationen möglicherweise Personal gefunden werden.
Zur Untersuchung, ob es solche Kooperationen bereits gibt, wurden die Schulen ebenfalls befragt (Abb. 2)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 Schwimm-AG, Sportförderunterricht und Kooperationen
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