Zu den bedeutenden Aktivitäten einer demokratisch organisierten Staatsführung gehört die Kontrolle der Staatsfinanzen. Da in einem demokratischen Staat öffentliche Mittel verwaltet werden, bedarf es der Finanzkontrolle, um dem Volk über die Verwendung der Mittel unabhängig Rechenschaft abzulegen. Somit leitet sich bereits aus dem demokratischen Staatsaufbau heraus Legitimation der Finanzkontrolle ab. Der Europäische Rechnungshof hat nicht nur das Ziel die Schwachstellen der Verwaltung aufzudecken, sondern ist auch beratend tätig, um den Steuerzahlern eine optimale Verwaltung und Verwendung der Mittel zu garantieren. Durch die Expansion der Eigenmittel im Rahmen des ersten „Delors5-Paketes“ hat der Europäische Rechnungshof immer mehr an Bedeutung gewonnen. Daher befasst sich diese Seminararbeit zunächst mit der Entstehung und Organisation des Europäischen Rechnungshofes. Anschließend werden die Aufgaben und in diesem Zusammenhang vor allem die Prüfungsansätze des Hofes detailliert erörtert. Im letzten Abschnitt werden die zuvor wichtigsten Aufgaben anhand ökonomischer Theorien analysiert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Europäische Rechnungshof
2.1. Historischer Hintergrund
2.2.1. Strukturen der Zusammenarbeit
2.2.2. Zusammensetzung der Mitglieder
2.2.3. Stellung der Mitglieder
3. Die Rechnungsprüfung
3.1. Grundsätze der Rechnungsprüfung
3.2. Aufgaben der Rechnungsprüfung
3.2.1. Prinzip der Rechtmäßigkeit
3.2.2. Prinzip der Ordnungsmäßigkeit
3.2.3. Prinzip der Wirtschaftlichkeit
3.3. Ziele der Rechnungsprüfung
3.4. Verfahren und Methode der Rechnungsprüfung
3.4.1. Systemprüfung
3.4.2. Zeitpunkt der Kontrolle
3.4.3. Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten
3.5. Das Prüfungsgebiet des Europäischer Rechnungshofes
4. Die Dokumentation der Rechnungsprüfung
4.1. Die besonderen Jahresberichte, Sonderberichte und Stellungnahmen
4.2. Erklärung über die Zuverlässigkeit der Rechungsführung sowie die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit (Déclaration d´ assurance, DAS)
4.3. Verfahren der Berichte
5. Institutionsökonomik des Europäischen Rechnungshofes
5.1. Untersuchung mittels Prinzipal Agent Theorie
5.2. Untersuchung auf Basis der Erkenntnisse der Neuen Politischen Ökonomie
6. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Zu den bedeutenden Aktivitäten einer demokratisch organisierten Staatsführung gehört die Kontrolle der Staatsfinanzen. Da in einem demokratischen Staat öffentliche Mittel verwaltet werden, bedarf es der Finanzkontrolle, um dem Volk über die Verwendung der Mittel unabhängig Rechenschaft abzulegen. Somit leitet sich bereits aus dem demokratischen Staatsaufbau heraus Legitimation der Finanzkontrolle ab.[1]
Als älteste Kontrolleinrichtung der Neuzeit gilt die „Contaduría Mayor de Cuentas“ aus der Herrscherzeit Ferdinands und Isabellas von Kastilien (1475-1516).[2] Revisionseinrichtungen und Rechnungshöfe sind älter als der Parlamentarismus oder der demokratische Verfassungsrat und ihre Legitimation ist bis heute nicht in Frage zu stellen.[3]
Eine ordentliche "interne Kontrolle" (Überprüfung der Maßnahmen und Verfahren einer Dienststelle) und "externe Kontrolle" (Überprüfung der Mittelverwendung) ist für die Administration der öffentlichen Haushaltsplanung und -ausführung unabdingbar. In einigen Staaten, wie auch in Deutschland, ist die Kontrolle sogar in der Verfassung verankert. In der EU ist für die interne Kontrolle die europäische Kommission zuständig, während sich der externen Kontrolle das Parlament und der Europäische Rechnungshof annehmen. Bei der Überwachung und Prüfung wird der jeweilige Haushaltsplan nach bestimmten Kontrollregeln und -zeitpunkten auditiert. Dabei sind zwei verschiedene Arten der Kontrolle zu unterscheiden:
Zum einen die Rechnungskontrolle (formelle Prüfung) und zum anderen die Verwaltungskontrolle (sachliche Prüfung). Nicht zuletzt trägt die Kontrolle zur Aufdeckung von Mängeln und Unzulänglichkeiten, sei es durch unwirtschaftliches Handeln seitens der Verwaltung oder vorsätzliche nichterlaubte Handlung, in einem politischen System bei. Je mehr Akteure in einem politischen System involviert sind, desto komplizierter wird die Überwachung und Prüfung, und somit der Schutz vor fiskalischen Schaden. Der Unfang an Kontrolle steigt dabei durch die Zunahme der Bürokratie und deren Verfügung über eigene finanzielle Mittel.
Daher war durch die vollständige Finanzierung eines selbständigen Haushaltsplans
in der Europäischen Union die Schaffung einer von den Organen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten unabhängigen externen Kontrolle signifikant. Diese externe Kontrolle der EU-Mittel wurde vom Europäischen Rechnungshof übernommen. Neben Ministerrat, Kommission, Europa Parlament und Europäischen Gerichtshof ist der Europäische Rechnungshof ein Organ der Gemeinschaft und wird nach dem Leitmotiv von Hans Kutscher als
„finanzielles Gewissen“[4] der Europäischen Union bezeichnet. Er ist für die nachträgliche
Rechnungsprüfung zuständig. Der Europäische Rechnungshof hat nicht nur das Ziel die Schwachstellen der Verwaltung aufzudecken, sondern ist auch beratend tätig, um den Steuerzahlern eine optimale Verwaltung und Verwendung der Mittel zu garantieren.
Durch die Expansion der Eigenmittel im Rahmen des ersten „Delors[5] -Paketes“ hat
der Europäische Rechnungshof immer mehr an Bedeutung gewonnen. Daher befasst sich
diese Seminararbeit zunächst mit der Entstehung und Organisation des Europäischen
Rechnungshofes. Anschließend werden die Aufgaben und in diesem Zusammenhang vor
allem die Prüfungsansätze des Hofes detailliert erörtert. Im letzten Abschnitt werden die zuvor wichtigsten Aufgaben anhand ökonomischer Theorien analysiert.
2. Der Europäische Rechnungshof
Die rechtlichen Grundlagen des Europäischen Rechnungshofes sind insbesondere im Art. 246 bis 248 EG Vertrag geregelt. Der Europäische Rechnungshof ist, wie jedes Organ
der Europäischen Union, zur Erfüllung bestimmter Funktionen nach einer klaren Struktur gegliedert. Die Funktionen sind entsprechend dem gewünschten Bedarf an externer Kontrolle historisch gewachsen, dies hat dazu geführt, dass der Europäische Rechnungshof im Laufe der Zeit an Bedeutung gewonnen hat.
2.1. Historischer Hintergrund
Die externe Kontrolle europäischer Finanzen war bis 1977 ein, vom Ministerrat unterstellter Kontrollausschuss und einem externen Rechnungsprüfer der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl übertragen worden.[6] Dieser tagte alle zwei Monte und bestand aus neun
Beamten, die von den Mitgliedstaaten ernannt wurden. Nach dem europäischen Ratstreffen von Den Haag im Dezember 1969 beschloss der Rat, das System der nationalen
Finanzbeiträge, die zuvor in jeweiligen nationalen Haushaltsplänen ausgewiesen und von den nationalen Haushaltsbehörden bewilligt worden waren, durch ein System eigener Mittel zur Finanzierung des Gemeinschaftshaushaltes zu ersetzen.[7] Die Finanzierung des Gemeinschaftshaushaltes aus eigenen Mitteln und die Befugnis zur Feststellung des Gemeinschaftshaushaltsplans durch das Europäische Parlament machte die Erfordernisse einer vom Rat abgekoppelten externen Kontrolle nötig. Zudem wurde die Entlastungsbefugnis[8] zwischen
Parlament und Rat aufgeteilt. Außerdem wurde durch den einflussreichen Bericht im Jahre 1973 von Herrn Heinrich Aigner[9] "The Case for a European Audit Office" dem Nachdruck verliehen.[10] So wurde am 22. Juli 1975 in Brüssel, auf Verlangen des Europäischen
Parlaments, der Vertrag zur Gründung des Europäischen Rechnungshofes unterzeichnet.[11]
Im Oktober 1977 nahm dann der Europäische Rechnungshof durch einen entsprechenden Beschluss des Rates seine Tätigkeit als unabhängige Kontrollinstitution auf. Der volle Organ-status wurde dem Europäischen Rechnungshof erst mit dem „Vertrag von Maastricht“ bzw. dem Vertrag über die Europäische Union, der am 01. November 1993 in Kraft getreten ist, zuerkannt.[12] Die daraus resultierende Aufwertung bedeutet eine förmliche Gleichstellung mit den anderen Organen der Europäischen Union.[13] Mit dem Inkrafttreten des „Vertrags von Amsterdam“ am 01. Mai 1999 folgen weitere Aufwertungen, die zur Erweiterung der
Handlungsmöglichkeiten führten. Zum Beispiel hat der Europäische Rechnungshof die
Möglichkeit, zur Wahrung seiner Ziele, wie die anderen Organe auch, den Europäischen
Gerichtshof anzurufen. Er besitzt das so genannte Klagerecht und ist diesbezüglich nicht mehr auf die Kommission angewiesen,[14] zudem wurde seine Kontrolltätigkeit auf weitere
Empfänger von Gemeinschaftsmitteln ausgebaut[15]. Aus dem „Vertrag von Nizza“, der am 01. Februar 2003 ratifiziert worden ist, ergaben sich keine wesentlichen Änderungen für den
Europäischen Rechnungshof. Es folgte lediglich eine Aufforderung zur besseren Zusammenarbeit mit den entsprechenden Kontrollinstitutionen der Mitgliedstaaten, und durch die
Änderung der in Art. 247, I und III EGV verankerten Bestimmungen eine Bestätigung der bisherigen Vorgehensweise, bezüglich der Anzahl der Mitglieder und einer Verankerung bei der Ernennung der Mitglieder des Europäischen Rechnungshofes mit qualifizierter Mehrheit im Rat. Außerdem hat der Europäische Rechnungshof die Ermächtigung bekommen, ein Kammersystem einzurichten. Am 01. Mai 2004 wurde die Europäische Union, und somit auch der Europäische Rechnungshof, um zehn neue Mitglieder erweitert. Die neue
Zusammensetzung der Mitglieder erforderte eine Neuorganisation bezüglich des Arrangements und der Arbeitsweise.
2.2. Verwaltungsapparat des Europäischen Rechnungshofes
Entsprechend der Zahl der EU-Mitgliedstaaten organisiert sich die Leitung des Europäischen Rechnungshofes zur Zeit aus 25 „Mitgliedern“ (ein Vertreter je EU-Land)[16] und einem
Generalsekretär. Das in Luxemburg ansässige Kontrollorgan ist von den übrigen EU-Organen unabhängig und verfügt über eigene Entscheidungs- und Organisationsfreiheit, d.h. es ist
bezüglich seiner Kontroll- und Beratungstätigkeit in Angelegenheiten seines Rechts und im Rahmen der Ausübung seines Mandats nicht an Weisung und Aufträge anderer Organe
gebunden. Der Europäische Rechnungshof agiert deshalb neben dem Europäischen
Parlament, dem Rat, der Kommission und dem Europäischen Gerichtshof frei und in richter-licher Unabhängigkeit.[17] Er verfügt über einen eigenen Einzelhaushaltsplan im Gesamt-haushalt der Europäischen Union und besitzt zu dem die Geschäftsordnungsautonomie. In der Anwendung dieses Rechts hat der Europäische Rechnungshof eine Geschäftsordnung aufgestellt, diese muss jedoch zunächst von der Mehrheit des Rates genehmigt werden.[18] Die Mitglieder des Europäischen Rechnungshofes sind dadurch zum Beispiel befugt, über das zur Verfügung stehende Budget selbst zu entscheiden. So haben sich die Mitglieder des Hofes erst vor kurzem einen erheblichen Aufschlag, aufgrund eines Kaufkraftparitätsausgleichs für EU-Beamte auf ihre Grundgehälter, von monatlich ca. 16.000 Euro genehmigt.[19]
Die offizielle Sprache ist die jeweilige Amtsprache der Mitglieder der Europäischen Union.[20]
2.2.1. Strukturen der Zusammenarbeit
Die Mitglieder des Europäischen Rechnungshofes werden bei der Prüfung der abge-schlossenen Rechnungsprozesse auf die Verwendung der Haushaltsmittel von hauptberuflich beschäftigten Mitarbeitern, die von den Mitgliedern aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts rekrutiert werden, unterstützt. Der Personalbestand beträgt 736 Mitarbeiter, davon haben 135 Mitarbeiter eine Stelle ausschließlich auf Zeit.[21] Außerdem arbeitet der Europäische
Rechnungshof mit einigen wichtigen internationalen Organisationen und insbesondere mit den Obersten Rechnungskontrollbehörden (ORKB) der EU-Mitgliedstaaten bilateral und
[...]
[1] Vgl. Homepage des Europäischen Rechnungshofes: http://www.eca.eu.int/eca/presentation/eca_presentation_history_de.htm, Stand: 13.01.2005
[2] Vgl. Esteban 1989, S. 85
[3] Vgl. Zavelberg 1989, S. 43 ff.
[4] Deutscher Jurist und Ehemaliger Präsident des Europ. Gerichtshofes
[5] Jacques Delors: frz. Politiker (Parti Socialiste). 1979-81 Mgl. des Europ. Parlaments; 1981-84 Wirtschafts- und Finanz-Min.; 1985-95 Präs. der EU-Kommission.
[6] Vgl. Hubl 1999 S. 122
[7] Vgl. Kommunique der Konferenz der Staats- bzw. Regierungschefs der EWG-Mitgliedstaaten in Den Haag am 1. und 2. Dezember 1969
[8] Entlastungsbefugnis im s.g. Entlassungsverfahren: siehe Punkt 4
[9] Ehemaliger Vorsitzender des Ausschusses für Haushaltskontrolle des Europäischen Parlaments
[10] Vgl. Warleigh
[11] Vgl. Vertrag zur Änderung bestimmter Finanzvorschriften vom 22. Juli 1975 in Kraft getreten am 1. Juni 1977
[12] Vgl. Beutler, Bieber, Pipkorn, Streil 2001, S. 211
[13] Vgl. Art. 7, I EGV
[14] Vgl. Art 230 EGV
[15] Erweiterung der Prüfung bezüglich der Ausgaben in den Breichen der Außen- und Sicherheitspolitik sowie der polizeilichen und juristiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen vgl. W.D. Gruner und W. Woyke 2004: S. 418
[16] Vgl. Art. 247, I EGV
[17] Vgl. Art. 247, IV und IX EGV
[18] Vgl. Art. 248, IV EGV
[19] Vgl. Spiegel 12/2004, 23.3. 2004, S. 19
[20] Vgl. Art. 21 und 314 EGV
[21] Vgl. Amtsblatt der Europäischen Union Nr. I/126 23.2.2004
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.