Die Zahl der Arbeitslosen ist erschreckend. Doch ob es uns gefällt oder nicht, die Arbeitslosigkeit ist ein Bestandteil unserer Gesellschaft gewor-den. Während in allen Medien die Arbeitslosigkeit und ihre Ursachen dis-kutiert werden, werden ihre Folgen oft vernachlässigt. Dabei kann der Verlust des Arbeitsplatzes sowohl gesundheitliche als auch existenzielle Konsequenzen haben.
Einen Beruf auszuüben bedeutet in unserer Gesellschaft Selbstverwirkli-chung, Selbstständigkeit, Verantwortung und die Sicherung der Famili-enversorgung. Verliert der Mensch seine Arbeit, fällt er aus dem Gleich-gewicht. Deswegen ist es besonders wichtig, den Folgen von Arbeitslo-sigkeit eine große Beachtung zu schenken. Diese Hausarbeit soll dazu einen Beitrag leisten.
Inhaltsangabe
1. Einleitung
2. Die Arbeitslosenforschung
3. Die Arbeitslosen von Marienthal
3.1. Die vier Haltungstypen
3.1.1. Die Resignierten
3.1.2. Die Ungebrochenen
3.1.3. Die Verzweifelten
3.1.4. Die Apathischen
3.2. Der Zeitverfall der Arbeitslosen
3.2.1. Der Alltag der Männer
3.2.2. Der Alltag der Frauen
3.3. Die psychologische Widerstandskraft der Arbeitslosen
4. Die Arbeitslosigkeit als psychologisch relevantes Lebens- ereignis
4.1. Reaktionen der Betroffenen
4.2. Arbeitslose und ihr Gesundheitszustand
4.3. Arbeitslose und ihre Familie
4.4. Arbeitslose und ihre politische Überzeugung
5. Schluss
6. Quellenangabe
1. Einleitung
„Die Arbeitslosigkeit hat im Januar mit mehr als fünf Millionen Erwerbslosen einen neuen Nachkriegsrekord erreicht. Nach einem Bericht der Tageszeitung Die Welt waren zum Jahresauftakt 5,037 Millionen Männer und Frauen als arbeitslos registriert. Dies wären etwa 573.000 mehr als im Dezember 2004 und etwa 440.000 mehr als vor einem Jahr.“[1]
Die Zahl der Arbeitslosen ist erschreckend. Doch ob es uns gefällt oder nicht, die Arbeitslosigkeit ist ein Bestandteil unserer Gesellschaft geworden. Während in allen Medien die Arbeitslosigkeit und ihre Ursachen diskutiert werden, werden ihre Folgen oft vernachlässigt. Dabei kann der Verlust des Arbeitsplatzes sowohl gesundheitliche als auch existenzielle Konsequenzen haben.
Einen Beruf auszuüben bedeutet in unserer Gesellschaft Selbstverwirklichung, Selbstständigkeit, Verantwortung und die Sicherung der Familienversorgung. Verliert der Mensch seine Arbeit, fällt er aus dem Gleichgewicht. Deswegen ist es besonders wichtig, den Folgen von Arbeitslosigkeit eine große Beachtung zu schenken. Diese Hausarbeit soll dazu einen Beitrag leisten.
Im Zusammenhang mit der Veranstaltung „Arbeitslosigkeit in Deutschland“ möchte ich mich mit dem Thema der Arbeitslosigkeit und ihren Auswirkungen auf Betroffene und Familie auseinandersetzen.
Dazu möchte ich die oft zitierte Studie von Marie Jahoda, Hans Zeisel und Paul F. Lazarsfeld „Die Arbeitslosen von Marienthal“ einbeziehen, weil hier Belege für den schlechten Zustand arbeitsloser Menschen zu finden sind.
Diese Arbeit wird wahrscheinlich nichts an der Zahl der Arbeitslosen ändern können, doch wäre ich erfreut, wenn sie die soziale Blickrichtung von den politischen und gesellschaftlichen Problemen, auf die persönlichen und individuellen Folgen der Arbeitslosigkeit lenken könnte.
2. Die Arbeitslosenforschung
Eine Aufgabe der Arbeitslosenforschung ist es, den Zusammenhang zwischen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Phasen ungewollter Arbeitslosigkeit zu untersuchen.[2]
Es ist unumstritten, dass Arbeitslose anfälliger für psychische und physische Erkrankungen sind, „… denn in dem Maß, in dem die Arbeitslosigkeit wächst, wird die körperliche Widerstandskraft offenbar unterhöhlt.“[3]
Finanzielle Probleme, der Verlust der Lebensperspektive, weil die Berufslaufbahn gestört ist, und der Zerfall der Zeitstruktur, sowie der soziale Rückzug und die gesellschaftliche Diskriminierung tragen zu der Verschlechterung des Gesundheitszustands bei.[4]
Allerdings gibt es auch die Möglichkeit, dass Krankheit die Wahrscheinlichkeit arbeitslos zu werden oder zu bleiben, erhöht.[5] Studien belegen, dass gesundheitlich eingeschränkte Arbeitnehmer, aufgrund des Überangebots von Arbeitskräften und ihrer geringen Wettbewerbsfähigkeit, von Selektionseffekten stärker betroffen sind.[6]
Ob eine gesundheitliche Verschlechterung Folge oder Ursache der Arbeitslosigkeit ist, kann nur durch eine Anamnese und ein Gespräch über die Entstehung und Entwicklung der Arbeitslosigkeit festgestellt werden.
Die Frage nach Ursache oder Folge wird oft vernachlässigt. Das Problem, das sich daraus ergibt, ist oft eine falsche Diagnose bzw. Behandlung.
Doch jetzt zu Zeiten, wo das Problem der Arbeitslosigkeit aktueller denn je ist, scheint sich die Aufmerksamkeit der Arbeitslosenforschung zu verschieben: nämlich von den psychologischen Auswirkungen der Arbeitslosigkeit zu dem Problem der Arbeitslosen, sich wieder in die Arbeitswelt zu integrieren. Es zeigt sich seit den 80er Jahren verstärkt das Problem der Nichtwiedereingliederung von vielen Erwerbslosen in die Welt der beruflich Beschäftigten. Zwar gibt es immer einige, die die Schwierigkeiten der Arbeitslosigkeit bewältigen können und sich somit den Einstieg in ein Arbeitsverhältnis erleichtern, doch vielen anderen gelingt es nicht. Dabei wird die Chance immer kleiner eine neue Arbeitsstelle zu finden, je länger ein Einzelner ohne Arbeit ist.[7]
Jedes Individuum reagiert auf den Verlust des Arbeitsplatzes anders. Trotzdem hat die Arbeitslosenforschung feststellen können, dass bestimmte Faktoren auf die Bewältigung von Arbeitslosigkeit einwirken können. Damit können Selbstwertgefühl, Selbstkontrolle oder die Fähigkeit, soziale Beziehungen herzustellen und zu pflegen, gemeint sein. Aber auch das Alter, die Dauer der Arbeitslosigkeit, der Familienstand, die individuelle Bedeutung der beruflichen Tätigkeit und die Zugehörigkeit zu gesellschaftlichen Subkulturen können für die Handhabung der belastenden Situation ausschlaggebend sein.[8]
Beispielsweise kann sowohl die Ungewissheit, jemals eine Arbeit zu finden als auch die finanzielle Einschränkung für junge Arbeitslose, schwierig sein, aber
„… ihnen kommt zugute, dass sie meist noch keine ausgeprägte „Erwerbsorientierung“ entwickelt haben. Da sie kaum oder gar nicht in den Arbeitsprozess integriert waren, haben sie noch keine Erfahrungen, Gewohnheiten, Routinen entwickelt, deren Wegfall sie nunmehr vermissen könnten.“[9]
Ein Arbeitsloser im hohen Alter, der sich vermutlich auf seine Rente freut, hat es dagegen etwas leichter.
Besonders schlimm trifft die Erwerbslosigkeit Menschen im mittleren Alter, z. B. einen 40-jährigen Familienvater. Der hat häufig finanzielle Verpflichtungen und ist in den meisten Fällen stark berufsorientiert.[10]
Weil die Spannbreite der Forschung über die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit sehr weit ist, kann diese Arbeit nur exemplarisch Studien einbeziehen. Da die Marienthalstudie ein Klassiker der Arbeitslosenforschung ist, soll ihr in dieser Arbeit eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
3. Die Arbeitslosen von Marienthal
Die Forschungsgruppe der Marienthalstudie war eine der ersten, die versucht haben, die Auswirkungen der Arbeitslosigkeit systematisch zu untersuchen.[11]
Sinn dieser Feldforschung war es, mit modernen Erhebungsmethoden die Lücke zwischen den „nackten Ziffern der offiziellen Statistik“ und der sozialen Realität auszufüllen.[12]
Dem Team war es wichtig, dass jedes ihrer Mitglieder eine soziale, natürliche Position innerhalb der Gemeinschaft einnahm. Sie boten Erziehungsberatung, ärztliche Behandlungen, politische Mitarbeit und einen Turnkurs für Mädchen an, um die Bewohner so in ihrer natürlichen Umgebung beobachten zu können und die Gespräche mit ihnen zu suchen. Sie führten eine Kleideraktion durch und ein Schnittzeichenkurs wurde abgehalten, um den Arbeitslosen eine Beschäftigung zu geben. Durch persönliche Besuche verschafften sie sich auch einen Einblick in die häuslichen Verhältnisse.[13]
Diese wohl bekannteste Untersuchung, die in den 30er Jahren zur Zeit der Weltwirtschaftskrise durchgeführt wurde, kommt aus Marienthal in Niederösterreich; ein kleines Fabrikdorf an der Fischa-Dagnitz im Steinfeld.[14] Nach der Stilllegung der Fabrik 1929 waren rund 80% der Bewohner arbeitslos.
[...]
[1] O.V.: Artikel „5,037 Millionen Menschen ohne Job“, in: Süddeutsche Zeitung, 01.02.2005
[2] EGGERT-SCHMID NOERR, Annelinde: „Geschlechtsrollenbilder und Arbeitslosigkeit. Eine Gruppenanalytische Studie“, Mainz 1991, S.45
[3] JAHODA, Marie/LAZARSFELD, Paul F./ZEISEL, Hans: „Die Arbeitslosen von Marienthal“, Allensbach, Bonn 1975, S. 97
[4] FRESE, Michael: Artikel „Arbeitslosigkeit“, in: Handwörterbuch der Psychologie, Hrsg. von R. Asanger und G. Wenninger, Weinheim, Basel 1980, S. 31f.
[5] GROBE, Thomas G./ SCHWARTZ, Friedrich W.: „Arbeitslosigkeit und Gesundheit“, in Robert Koch-Institut (Hrsg.): Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 13, Berlin 2003, S. 5
[6] a. a. O., S. 17
[7] KIRCHLER, Erich: „Arbeitslosigkeit. Psychologische Skizzen über ein anhaltendes Problem“, Göttingen 1993, S. 18f.
[8] EGGERT-SCHMID NOERR, Annelinde: „Geschlechtsrollenbilder und Arbeitslosigkeit. Eine Gruppenanalytische Studie“, Mainz 1991, S. 49
[9] BECKER, Silke: „Leben in der Warteschleife“, in: Psychologie Heute, Jg. 31, Heft 3, S. 64
[10] ebenda.
[11] EGGERT-SCHMID NOERR, Annelinde: „Geschlechtsrollenbilder und Arbeitslosigkeit. Eine Gruppenanalytische Studie“, Mainz 1991, S. 37
[12] JAHODA, Marie/LAZARSFELD, Paul F./ZEISEL, Hans: „Die Arbeitslosen von Marienthal“, Allensbach, Bonn 1975, S. 24
[13] a. a. O., S. 28 ff.
[14] EGGERT-SCHMID NOER, Annelinde: „Geschlechtsrollenbilder und Arbeitslosigkeit. Eine gruppenanalytische Studie“, Mainz 1991, S. 37f.
- Citar trabajo
- Charisma Capuno (Autor), 2005, Die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit auf Betroffene und Familie, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37331
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