Aufgrund von geschlechtsspezifischen Ungleichheiten und willkürlichen Charakter- und Eigenschaftszuschreibungen wurde die Kategorie „Geschlecht“ durch feministische Debatten zweigeteilt. So entstand die sex/gender-Trennung. Die hier entstandene analytische Trennung von sex und gender legte zwar die soziale Konstruktion von Geschlecht offen, entkoppelte aber die Verbindung zwischen Biologie und Sozialisation. Die Frauenforschung kritisierte den traditionellen Geschlechterdualismus und die beliebigen kategorialen Zuschreibungen geschlechtsspezifischer Eigenschaften, verblieb aber an einer binären Differenzierung der biologischen Zweigeschlechtlichkeit von Frauen und Männern haften. Die alltägliche Selbstverständlichkeit der Zweigeschlechtlichkeit im Alltag wurde auf diese Weise in der Wissenschaft stillschweigend übernommen und reproduziert.
West/Zimmermann und Butler kritisieren mit ihren konstruktionstheoretisch ausgerichteten Arbeiten die Weiterführung der universellen biologischen Zweigeschlechtlichkeit. Ausgehend von der Problematik der Naturalisierung von Geschlecht entwickeln sie konstruktivistische Theorien, die die Herstellungsprozesse der Geschlechterdifferenz selbst in Frage stellen. So stellen sie nicht nur die binäre Differenz in Frage, sondern postulieren auch, dass das biologische Geschlecht (sex) ebenfalls eine soziale Konstruktion sei. Dabei gehen sie jeweils von zwei unterschiedlichen Identitätsbegriffen aus, die im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen sollen.
Ein besonderer Fokus wird dabei auf dem Verhältnis zwischen der Konstruktion von (Geschlechts-)Identität und mögliche Veränderungsvorschläge von geschlechtsspezifischen Ungleichheiten liegen. Zunächst wird im Überblick das Konzept „doing gender“ dargelegt. Im darauffolgenden Unterkapitel wird speziell auf das Subjektverständnis von West/Zimmerman innerhalb der „doing gender“-Theorie eingegangen. Anschließend wird das Konzept der Performativität von Butler und ihre Subjektkritik vorgestellt. Abschließend werden die unterschiedlichen Subjektkonstitutionen miteinander verglichen und vor dem Hintergrund geschlechtsspezifischer Ungleichheiten und deren mögliche Lösung reflektiert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretischer Rahmen: Die Dekonstruktion von Geschlecht
- West/Zimmermann: Konzeption des „doing gender“
- Subjektkonstitution bei „doing gender“
- Judith Butler: Konzeption der Performativität und die Subjektkritik
- Theorievergleich der Subjektkonstitutionen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit vergleicht zwei einflussreiche konstruktivistische Theorien zur Dekonstruktion der Zweigeschlechtlichkeit: das Konzept des „doing gender“ von Candace West und Don Zimmerman und das Konzept der Performativität von Judith Butler. Ziel ist es, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in ihren jeweiligen Konzepten der Subjektkonstitution zu analysieren und vor dem Hintergrund geschlechtsspezifischer Ungleichheiten zu bewerten.
- Dekonstruktion der Zweigeschlechtlichkeit
- Interaktionistische und poststrukturalistische Perspektiven auf Geschlecht
- Subjektkonstitution und die Konstruktion von (Geschlechts-)Identität
- Geschlechtsspezifische Ungleichheiten und mögliche Veränderungspotenziale
- Vergleich der Theorien von West/Zimmermann und Butler
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die beiden zu vergleichenden Theorien vor und erläutert die Problematik der Zweigeschlechtlichkeit und geschlechtsspezifischer Ungleichheiten. Sie legt die Zielsetzung der Arbeit dar, nämlich die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den Subjektkonstitutionen bei West/Zimmermann und Butler im Hinblick auf die Konstruktion von Geschlecht und die Dekonstruktion der Zweigeschlechtlichkeit zu analysieren.
- Theoretischer Rahmen: Die Dekonstruktion von Geschlecht: Dieser Abschnitt beleuchtet die Herausforderungen der sex/gender-Trennung und stellt die Konzeption des „doing gender“ von West/Zimmermann vor. Es wird hervorgehoben, dass Geschlecht nicht als biologische Tatsache, sondern als interaktiver und situativer Herstellungsprozess verstanden wird. Der Abschnitt untersucht die Bedeutung von Interaktion und dem „gender display“ für die Konstruktion von Geschlecht.
- West/Zimmermann: Konzeption des „doing gender“: Dieser Abschnitt konzentriert sich auf die Subjektkonstitution bei West/Zimmermann innerhalb der „doing gender“-Theorie. Er erklärt, wie Interaktion und „gender display“ die Herstellung von Geschlechtsidentität beeinflussen und wie diese Prozesse in den Alltag integriert sind.
- Judith Butler: Konzeption der Performativität und die Subjektkritik: Dieser Abschnitt stellt Butlers Konzept der Performativität vor und analysiert ihre Subjektkritik. Es wird erklärt, wie Geschlecht als performative Handlung verstanden wird, die durch Wiederholung und Rituale hergestellt und aufrechterhalten wird. Die Kritik an der essentialistischen Subjektkonstruktion und die Bedeutung der Dekonstruktion von Geschlechterrollen werden hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen der Gender Studies, darunter die Konstruktion von Geschlecht, die Dekonstruktion der Zweigeschlechtlichkeit, die Subjektkonstitution, Performativität, „doing gender“, Geschlechtsidentität, Interaktion, soziale Konstruktion, Geschlechterrollen und geschlechtsspezifische Ungleichheiten. Die Arbeit analysiert zwei einflussreiche Theorien von Candace West, Don Zimmerman und Judith Butler, die in den Bereichen der Gender Studies und der Soziologie breite Beachtung finden. Die Arbeit stellt zudem wichtige Verbindungen zwischen Gender Studies und anderen Disziplinen wie der Philosophie, der Psychologie und der Politikwissenschaft her.
- Citation du texte
- Anonym (Auteur), 2017, Performativität oder "Doing Gender"? Subjektkonstitution bei West/Zimmerman und Butler, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/373125