Diese Arbeit hat das Ziel, zu untersuchen, welche Faktoren sich hemmend auf den Kauf von Bio-Lebensmitteln auswirken. Nachdem die Kaufhemmnisse identifiziert sind, soll aufgezeigt werden, wie mit Hilfe des Marketings die Absatzmenge von Bio-Lebensmitteln gesteigert werden kann. Es soll gezeigt werden, wie mit der Unterstützung des Marketing-Instrumentariums der Sprung aus der Öko-Nische geschafft werden kann, genau ausgedrückt, wie der Bio-Lebensmittel-Anteil am Gesamtmarkt auf mindestens 5% erhöht werden kann. Hierbei liegt der Fokus darauf, die Erhöhung des Absatzes durch die Überwindung der Kaufhemmnisse zu erreichen. Das Marketing setzt dabei gezielt bei den Ursachen an , die zum Nicht-Kauf von Bio-Lebensmitteln führen und damit eine Ausweitung des Absatzes verhindem.
Um sich dem Thema anzunähern, werden im zweiten Kapitel zunächst die Grundlagen zur Theorie und zum ökologischen Landbau aufgegriffen. Dort werden die Begrifflichkeiten "bio"-"öko" und "Qualität" sowie die informationsökonomischen Mechanismen wie Signaling und Screening erklärt.
Im dritten Kapitel folgt die Analyse des deutschen Bio-Lebensmittelmarktes. Nach der Darstellung der aktuellen gesetzlichen Lage folgen der Marktüberblick mit Kennzahlen und Produkten sowie die Absatzkanäle. Darüber hinaus werden die Bio-Käufer
und ihre Motive dargestellt. Den Schluss des Kapitels bildet die Branchenstrukturanalyse nach Porter.
Im vierten Teil werden die Kaufbarrieren für Bio-Lebensmitteln erläutert und im fünften Teil die Implikationen für das Marketing zur deren Überwindung vorgestellt. Abschließend folgt das Fazit.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen
2.1 Theoretische Grundlagen
2.1.1 Definition des Begriffs "Bioprodukt" bzw. "Ökoprodukt"
2.1.2 Definition des Begriffs "Qualität"
2.1.3 Qualitätsunsicherheitaufgrund von Informationsasymmetrie
2.1.4 Signaling und Screening zum Abbau von Qualitätsunsicherheit.
2.1.5 Preis- Leistungs-Verhältnis
2.2 Grundlagen zu biologischen Lebensmitteln
2.2.1 ÖkologischerLandbau
2.2.2 KonventionellerLandbau
2.2.3 Vergleich des ökologischen und konventionellen Landbaus
2.2.4 Qualitätsbegriff bei Bio-Lebensmitteln
3 Der deutsche Markt für Biolebensmittel
3.1 Bio-Lebensmittel gemäß gesetzlicher Grundlage
3.2 Marktüberblick: Kennzahlen und Produkte
3.2.1 Ökologischer Landbau: Welt - Europa - Deutschland
3.2.2 Struktur in Deutschland
3.2.3 Umsatzentwicklung
3.2.4 Produkte
3.2.5 Kennzeichnung der Produkte
3.2.6 Preise
3.3 Absatzkanäle für Bio-Lebensmittel
3.3.1 Direktvermarktung
3.3.2 Naturkostfachhandel
3.3.3 Konventioneller Lebensmitteleinzelhandel
3.4 Bio-Käufer: Zielgruppen und Kaufmotive
3.4.1 Zielgruppen von Bio-Käufern
3.4.2 LOHAS
3.4.3 Kaufmotive für Bio-Lebensmittel
3.5 Branchenstrukturanalyse nach Porter
4 Kaufbarrieren bei Bio-Lebensmitteln
4.1 Preisbarrieren
4.2 Informations- und vertrauensbezogene Kaufbarrieren
4.2.1 Opportunismusrisiko
4.2.2 Qualitätsunsicherheit
4.2.3 Wissensdefizit und geringe Transparenz
5 Implikationen für das Marketing
5.1 Marketingplan
5.2 Überwindung der Preisbarrieren
5.3 Überwindung der Informationsbarrieren
5.3.1 Vertrauensaufbau mittels Signaling
5.3.1.1 Reputationsaufbau
5.3.1.2 Selbstverpflichtung
5.3.2 Anreizschaffung für das Screening von Öko-Produkten
6 Fazit
7 Literaturverzeichnis
8 Selbstständigkeitserklärung
9 Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser eseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Das ökologische Produkt
Abbildung 2: Qualitätsansätze nach Garvin (1984)
Abbildung 3: Ökolandbau Kreislaufprinzipien
Abbildung 4: Landwirtschaftsformen nach dem Grad der Intensität
Abbildung 5: Logos der biologischen Anbauverbände in Deutschland
Abbildung 6: Entwicklung des Umsatzes von Bio-Lebensmitteln in Deutschland in Mrd. Euro und dessen Marktanteils am Gesamt-Lebensmittelmarkt von 2004 bis 2013
Abbildung 7: EU-Bio-Logo (Euro-Blatt) und Bio-Siegel (sechseckig)
Abbildung 8: Prozentueller Mehrpreis von Öko-Produkten gegenüber dem Durchschnitt aller konventioneller Artikel, n = 2.781
Abbildung 9: Absatzwege für Bio-Produkte
Abbildung 10: Prozentuale Aufteilung der Käufergruppen
Abbildung 11: Käufergruppen für Bio-Lebensmittel im Einzelhandel
Abbildung 12: KaufmotivefürBio-Lebensmittel
Abbildung 13: Die Triebkräfte des Branchenwettbewerbs
Abbildung 14: Umfrage zu Barrieren für ökologischen Konsum in Deutschland 2013
Abbildung 15: Vertrauensproblematik - Echtheitszweifel an Bio-Lebensmitteln
Abbildung 16: Der Marketingplan
Abbildung 17: Marktanteil von Bio-Lebensmitteln in Deutschland (2004 - 2013)
Abbildung 18: Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland (2000 - 2014)
Abbildung 19: Pro-Kopf-Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in ausgewählten Ländern weltweit im Jahr 2013 (in Euro)
Abbildung 20: Importanteil bei ausgewählten Bio-Erzeugnissen in Deutschland in den Jahren 2012/13 und 2013/14
Abbildung 21: Verhältnis von Maximalpreis zu Minimalpreis bei konventionellen und ökologischen Artikeln
Abbildung 22: Arithmetisches Mittel und Spannmitte der Preise für konventionelle und ökologische Artikel, n = 2.781
Abbildung 23: Umfrageergebnisse „Warum kaufen Sie Bio-Lebensmittel?“
Abbildung 24: Umfrageergebnisse zur Bekanntheit von Siegeln
Abbildung 25: Regalwipper mit Klebepunkt zur Befestigung am Regal
Tabelle 1: Vergleich ökologischer und konventioneller Landwirtschaft
Tabelle 2: Vergleich der prozentualen Mehrpreise ökologischer Produkte
Tabelle 3: Kernaussagen der Bio-Käuferanalyse auf Basis der NVS II
Tabelle 4: Zentrale Kaufbarrieren
Tabelle 5: Organic Agriculture 2015: Key Indicator and Leading Countries
Tabelle 6: World: Organic agricultural land by country 2013
Tabelle 7: World shares oforganic agricultural land by country 2013, sorted
Tabelle 8: Europe: Key indicators by country and country group 2013
Tabelle 9: Entwicklung der Ökoanbaufläche in Deutschland (1996 - 2014)
Tabelle 10: Entwicklung derZahl der landwirtschaftlichen Ökobetriebe in Deutschland (1996-2014)
Tabelle 11: Öko-Unternehmen* und Ökofläche in den Bundesländern per 31.12.2014
Tabelle 12: Wertmäßige Anteile der Öko-Produktgruppen an ihren jeweiligen Gesamtmärkten für ausgewählte Länder (2011)
Tabelle 13: Ernährungsbezogene Verbrauchersegmentierungsstudien für BioLebensmittel
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Umweltkatastrophen, Lebensmittelskandale, unzumutbare Bedingungen in der Massentierhaltung haben in den letzten Jahren zu einem gestiegenen Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein der Verbraucher geführt, was in einer steigenden Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln in Deutschland und dem damit verbundenen Ausbau der ökologischen Lebensmittelwirtschaft resultierte. Ausgelöst durch die BSE-Krise wurde im Jahr 2001 durch die damalige rot-grüne Bundesregierung die Agrarwende beschlossen (vgl. Ratschow, Feindt, 2003: S. 4). Ziel der Agrarwende war die Herstellung gesunder und vollwertiger Lebensmittel, die unter Schonung der Umwelt und im Rahmen einer artgerechten Tierhaltung erfolgen sollte (vgl. Brand u. a., 2006: S. 267). Die Leitfunktion galt dabei dem ökologischen Landbau; der Anteil der Öko- Fläche in Deutschland sollte innerhalb der nächsten 10 Jahre von 3 auf 20% gesteigert werden. Im selben Jahr wurde das staatliche Bio-Siegel eingeführt mit dem Ziel dem Verbraucher auf einen Blick die Unterscheidung zwischen ökologisch und konventionell erzeugten Produkten zu ermöglichen (vgl. BLE, 2010). Im Jahre 2002 folgte die Einführung und Finanzierung des Bundesprogramms Ökologischer Landbau (BÖL) und der Erlass des ÖkoLandbaugesetzes (vgl. Kuhnert u. a., 2005: S. 14). Infolge dieser Maßnahmen stiegen die Umsätze mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland an und verzeichneten bis zum Jahr 2013, abgesehen von einer Stagnation in den Jahren 2008 bis 2010, stetiges Wachstum. Die Analyse des deutschen Marktes scheint besonders interessant, da er im Jahr 2014 mit knapp 8 Mrd. Euro rund ein Drittel des europäischen Gesamthandelsvolumens an Bio-Lebensmitteln darstellte (vgl. BÖLW, 2015a: S. 19).
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für einen Ausbau des BioLebensmittelmarktes sind gegeben. Auch erhalten Bio-Produkte durch ein zunehmend höheres Konsumbewusstsein Zuspruch von der Nachfrageseite. Dennoch ist der deutsche Bio-Lebensmittelmarkt im Jahre 2013 mit einem Anteil von knapp 4% am Gesamt-Lebensmittelmarkt noch immerein Nischenmarkt[1]. Auch ist die für das Jahr 2010 geplante Erhöhung des Anteils an ökologisch bewirtschafteter Fläche auf 20% längst nicht erreicht. Im Jahr 2014 liegt der Anteil an Ökofläche in Deutschland bei gerade einmal 6,3% (vgl. BLE, 2015b). Aufgrund des hohen Wachstumspotenzials des deutschen Bio-Lebensmittelmarkts auf der einen Seite und seines Nischen-Daseins auf der anderen Seite, stellt sich die Frage, welche Art von Kaufhemmnissen vorliegt und wie diese überwunden werden können, um eine Ausweitung von Bio-Lebensmitteln zu erreichen.
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit hat das Ziel zu untersuchen welche Faktoren sich hemmend auf den Kauf von Bio-Lebensmittel auswirken. Nachdem die Kaufhemmnisse identifiziert sind, soll aufgezeigt werden, wie mit Hilfe des Marketings die Absatzmenge von Bio-Lebensmitteln gesteigert werden kann. Es soll gezeigt werden wie mit der Unterstützung des Marketing-Instrumentariums der Sprung aus der Öko-Nische geschafft werden kann, genau ausgedrückt, wie der Bio-Lebensmittel-Anteil am Gesamtmarkt auf mindestens 5% erhöht werden kann. Hierbei liegt der Fokus darauf, die Erhöhung des Absatzes durch die Überwindung der Kaufhemmnisse zu erreichen. Das Marketing setzt dabei gezielt bei den Ursachen an, die zum Nicht-Kauf von Bio-Lebensmitteln führen und damit eine Ausweitung des Absatzes verhindern.
Um sich dem Thema anzunähern, werden im zweiten Kapitel zunächst die Grundlagen zur Theorie und zum ökologischen Landbau aufgegriffen. Dort werden die Begrifflichkeiten "bio"-"öko" und „Qualität“ sowie die informationsökonomischen Mechanismen wie Signaling und Screening erklärt.
Im dritten Kapitel folgt die Analyse des deutschen Bio-Lebensmittelmarktes. Nach der Darstellung der aktuellen gesetzlichen Lage folgen der Marktüberblick mit Kennzahlen und Produkten sowie die Absatzkanäle. Darüber hinaus werden die Bio-Käufer und ihre Motive dargestellt. Den Schluss des Kapitels bildet die Branchenstrukturanalyse nach Porter.
Im vierten Teil werden die Kaufbarrieren für Bio-Lebensmitteln erläutert und im fünften Teil die Implikationen für das Marketing zur deren Überwindung vorgestellt. Abschließend folgt das Fazit.
2 Grundlagen
2.1 Theoretische Grundlagen
Der Zusatznutzen von Biologischen bzw. ökologischen[2] Produkten besteht in ihrer ökologischen Qualität. Bio-Lebensmittel heben sich durch ihre ökologischen Eigenschaften von den konventionellen Lebensmitteln ab. Für später folgende MarketingImplikationen ist folglich die Auseinandersetzung mit den theoretischen Grundlagen des Öko-Produkts und des Qualitätsbegriffs relevant.
2.1.1 Definition des Begriffs "Bioprodukt" bzw. "Ökoprodukt"
Die gängige Definition des ökologischen Produkts orientiert sich hauptsächlich am Aspekt der Umweltbelastung: "Ein umweltfreundliches [bzw. ökologisches] Produkt liegt dann vor, wenn es gegenüber einem herkömmlichen[3] Produkt den gleichen Gebrauchsnutzen erfüllt, aber bei der Herstellung, Verwendung und Vernichtung eine geringere Umweltbelastung hervorruft" (Töpfer, 1985: S. 242).
In diesem Zusammenhang werden die Merkmale eines ökologischen Produkts durch die Abgrenzung zu einem konventionellen Produkt definiert. Man sollte dabei beachten, dass ökologische Produkte über die gesamte Wertschöpfungskette ebenfalls Umweltbelastungen mit sich bringen, jedoch fallen diese im Vergleich zu konventionellen Produkten geringer aus, während sie aus Konsumentensicht dieselben Bedürfnisse erfüllen (vgl. Türck, 1990: S. 36-41).
Problematisch bei dieser Definition ist, dass ein Produkt schon als ökologisch gilt, wenn es im Vergleich zum herkömmlichen Vergleichsprodukt geringere Umweltbelastung verursacht - während das Ausgangsniveau der Umweltschädigung unbeachtet bleibt (vgl. Türck, 1990: S. 63). Daraus lässt sich folgern, dass es streng gesehen keine vollständig ökologischen Produkte geben kann, da jedes Produkt in einer Phase seines Produktlebenszyklus negative Auswirkungen auf die Umwelt hat (vgl. Pickett-Baker, Ozaki, 2008: S. 283).
Nach Kotier besteht ein Produkt aus drei auf einander aufbauenden Produkteben: dem Kernprodukt, dem Regeiprodukt[4] und dem erweiterten Produkt. Das Kernprodukt besteht im Kernnutzen des Produkts. Weitere Eigenschaften wie Marke, Qualität, Verpackung machen es zum Regelprodukt, wie man es auf dem Markt vorfindet. Die dritte Ebene schließlich ergänzt das Regelprodukt um Serviceleistungen wie etwa Einbau, Reparaturleistungen oder Zahlungsziel (vgl. Kotler u. a., 2003: S. 615ff).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Das ökologische Produkt Quelle: Türck, 1990: S. 24
Unter Anwendung der Definition des ökologischen Produkts nach Töpfer (1985) erweitert Türck den Produktbegriff von Kotler um die ökologische Ebene (vgl. Abbildung 1). Die ökologische Ebene ist hierbei nicht als eine bloße Erweiterung des Produktbegriffs zu verstehen, sondern sie durchdringt alle Ebenen des Produkt, die vorgelagerte Ebene inbegriffen (Türck, 1990: S.23f). Das heißt, dass die ökologischen Aspekte, wie z.B. eine umweltschonende Verpackung oder eine C02- neutrale Lieferung des Produkts, zu einem Teil des Produkts werden.
Für den Verbraucher bringt ein ökologisches Produkt einen Zusatznutzen, wie z.B. reines Gewissen, weil die Umwelt geschont wurde oder dass man, im Falle von ökologischen Lebensmitteln, die eigene Gesundheit unterstützt hat.
2.1.2 Definition des Begriffs "Qualität"
Bei der Suche nach dem Begriff Qualität stößt man auf vielfältige Definitionen. Zunächst einmal wird eine allgemeine Definition für Qualität gegeben.
Qualität wird aus dem Lateinischen von qualis (wie beschaffen) abgeleitet, was übersetzt so viel wie Eigenschaft heißt (vgl. Zollondz, 2006: S. 9).
Die folgende Definition verdeutlicht die Mehrdimensionalität des Qualitätsbegriffs. Demnach wird Qualität als eine Gesamtheit von Teilqualitäten aufgefasst. Dabei fließt die Beurteilung der Qualität aller einzelnen differenzierbaren Produkteigenschaften mit in die Gesamtbeurteilung ein (vgl. Klatt, 1961: S. 24). Die Beurteilung derTeilqualitäten hat dabei in Bezug zum Verwendungszweck hin zu erfolgen (vgl. Kawlath, 1969: S. 48-53; Türck, 1990: S. 18).
Kotler gibt die von der International Organization for Standartization entwickelte Definition für Qualität, die auch von den deutschen DIN-Normen übernommen wurde, sinngemäß wie folgt wieder:
Qualität ist Beschaffenheit. Beschaffenheit drückt sich aus in der Gesamtheit der Ausstattungselemente und Eigenschaften eines Bezugsobjekts (z.B. Produkt oder Geschäftsbeziehung), die sich auf seine Eignung auswirken, geäußerte oder beinhaltete Kundenbedürfnisse zu befriedigen (Kotler, Bliemel, 1999: S. 68).
Das bedeutet man kann ein Produkt zum einen nach seinen Eigenschaften bzw. Beschaffenheit (objektiv) und zum anderen nach dessen Zweckerfüllung gemäß Kundenerwartungen (subjektiv) beurteilen. Dies entsprich einer kundenbezogenen Sichtweise (vgl. Kotler u. a., 2003: S. 545f).
Man spricht von einem objektiven Qualitätsbegriff, wenn die Zwecke, die man beurteilt, anerkannt sind. Gemäß dieser Sichtweise ist objektive Qualität eine werturteilsfreie Größe, die jedes Produkt als eine allgemeine Eigenschaft besitzt (vgl. Rieger, 1962: S.70). Durch die Formulierung verbrauchsbezogener gruppenspezifischer Normen sind objektive Mittel-Zweck-Vergleiche zur Beurteilung der Qualität möglich. Die Eigenschaften eines Produkts können somit auf die Brauchbarkeit zu Erfüllung der vorgegebenen Zwecke hin überprüft werden, die Bestimmung des Zweck und ihre Gewichtung erfolgen jedoch subjektiv (vgl. Hansen, Leitherer, 1984: S. 38).
Wenn jedoch die Qualität eines Produkts streng individuell erfolgt, ohne den Verwendungszweck zu objektivieren, liegt eine subjektivistische Qualitätsbeurteilung vor. Besonders relevant ist der Begriff der subjektiven Qualität bei Konsumgütern, da die Konsumenten nicht immer Produkte erwerben, deren Qualität objektiv messbar ist, sondern Produkte, die von ihnen als Qualitäten wahrgenommen werden.
Dazu gehören die sinnlich wahrnehmbaren und somit auch kommunikationsfähigen Produktqualitäten (vgl. Ellinger, 1966: S. 265-268). Folglich wird nach der subjektiven Qualitätsempfindung ein Produkt erst dann positiv bewertet, wenn es die subjektiven, individuellen Bedürfnisse eines Konsumenten befriedigen kann (vgl. Türck, 1990: S. 19).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Qualitätsansätze nach Garvin (1984)
Quelle: eigene Darstellung
Garvin klassifizierte 1984 den Qualitätsbegriff nach fünf verschieden Ansätzen (vgl. Abbildung 2).
Nach dem transzendenten Ansatz ist Qualität etwas Absolutes und Universelles und durch hohe Ansprüche geprägt. Sie ist nicht messbar und nur durch eigene Erfahrung wahrnehmbar.
Im Gegensatz dazu ist die Qualität nach dem produktbezogenen Ansatz präzise messbar. Dadurch können Qualitätsunterschiede quantifiziert werden, z.B. je größer die Erdbeere, desto hochwertiger. Diese Sichtweise entspricht der objektiven Qualitätsbeurteilung, da subjektive Kriterien nicht gelten.
Nach der kundenbezogenen Sichtweise sind diejenigen Produkte von hoher Qualität, die die individuellen Kundenbedürfnisse im hohen Maße erfüllen. Da aber die Anforderungen von Kunden unterschiedlich sind, wird Qualität dementsprechend unterschiedlich beurteilt.
Bei dem prozessbezogenen Ansatz bezieht sich der Qualitätsbegriff auf den Herstellungsprozess. Qualität bedeutet Konformität mit den Produkt-Anforderungen und wird gleichgesetzt mit dem Einhalten von Spezifikation o.ä.
Und schließlich wird im wertorientierten Ansatz ein Qualitätsprodukt in Bezug auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis definiert. Qualität entspricht hiernach einem bestimmten Nutzen zu einem angemessen Preis.
Um Qualität zu einem strategischen Erfolgsfaktor zu machen, muss man das Produkt mit all seinen Eigenschaften in den Kontext zu der Unternehmensleistung und den Marktbedürfnissen stellen. Somit kann die relative Qualität, d.h. die Qualität der Produkte, subjektiv aus Kundensicht im Vergleich zu den Wettbewerbsprodukten beurteilt werden (vgl. Türck, 1990: S. 20).
Mit „quality is fitness for use“ verdeutlicht Juran den zweckorientierten Ansatz des Qualitätsbegriffs. Nach dieser Definition liegt Qualität im Auge des Betrachters (vgl. Garvin, 1984: S. 41). Somit ist Qualität als die Gebrauchstauglichkeit hinsichtlich des Zwecks aus der Sicht des einzelnen Kunden zu verstehen, was dem kundenorientierten Ansatz nach Garvin entspricht.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die objektive Qualität zwar die Basis für die Qualitätsbeurteilung darstellt, die relative Qualität jedoch ausschlaggebend für den Erfolg eines Produkts ist. Das Konzept der relativen Qualität lässt sich gut auf ökologische Produkte anwenden, weil bei der Produktgestaltung neben den Kundenbedürfnissen, ebenso ökologische Kriterien mit ins Produkt eingehen, da das gesamte Verhalten des Unternehmens und nicht nur das Produkt an sich bewertetwerden. Will man eine hohe relative Produktqualität erreichen, ist es möglich die ökologischen Aspekte mit in Produktgestaltung mit einzubeziehen, vorausgesetzt es existieren entsprechende Bedürfnisse seitens der Konsumenten und die Unternehmen ihrerseits diese erkennen und sie in ihre Produktpolitik mitaufnehmen (vgl. Türck, 1990: S. 22). Für die Anbieter entstehen wirtschaftliche Vorteile, wenn sie ihre Produkte den ökologischen Anforderungen entsprechend gestalten, weil dadurch die relative Produktqualität steigt und für diese höhere Preise erzielt werden können. In höheren Preislagen ist der Zusammenhang zwischen Preis und Produktqualität nicht so stark ausgeprägt (vgl. Gutenberg, 1984: S. 241f).
2.1.3 Qualitätsunsicherheitaufgrund von Informationsasymmetrie
Aus informationsökonomischer Perspektive entstehen Informations- und Unsicherheitsprobleme aufgrund der Qualität eines Produkts. Dabei werden drei verschiedene Produkteigenschaften unterschieden: Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften (vgl. Kaas, 1995: S. 974f). Die Sucheigenschaften sind dem Konsumenten vor dem Kauf eines Produkts bekannt und können während des Kaufs festgestellt werden, wie z.B. Form, Farbe oder Preis. Erfahrungseigenschaften wiederum können erst nach dem Kauf überprüft werden, wie z.B. der Geschmack eines Lebensmittels oder die Haltbarkeit. Vertrauenseigenschaften sind für den Konsumenten nicht bzw. nur zu unverhältnismäßig hohen Kosten feststellbar. Beim Kauf von Bio-Äpfeln beispielsweise, ist die ökologische Herkunft eine Vertrauenseigenschaft, da diese allein anhand äußerlicher Merkmale schwerlich beurteilt werden kann (vgl. Sammer, 2007: S. 1).
Die ökologischen Eigenschaften eines Bio-Lebensmittels sind Vertrauenseigenschaften, deshalb ist besonders der Markt für ökologische Produkte durch Informations- und Unsicherheitsprobleme geprägt. Je nachdem ob es um Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften geht, liegen zwischen Nachfragern und Anbietern ungleiche Informationsverteilungen über die Produkteigenschaften, d.h. Informationsasymmetrien, vor. Bei Vertrauenseigenschaften besitzt der Anbieter mehr Informationen über die Eigenschaften eines Produkts als der Nachfrager, folglich ist der Informationsvorsprung des Anbieters bei Vertrauenseigenschaften am höchsten, fällt bei den Erfahrungseigenschaften geringer aus und ist bei den Sucheigenschaften am geringsten (vgl. Kolibius, 2001: S. 18f). Während der Anbieter in der Regel besser über die Qualität und Funktionalität seines Produkts informiert ist, weiß der Nachfrager besser um seine Bedürfnisse und Zahlungsbereitschaft (vgl. Kaas, 1990: S. 542). Im ersten Fall handelt es sich um „Hidden Characteristics“ oder verborgene Eigenschaften und im zweiten Fall um ein Beispiel von „Hidden Action“, also einer unbeobachtbarer Aktion. In jedem Fall hätte der Marktteilnehmer „im Dunkeln“ gerne die relevanten Informationen, doch für den besser informierten Marktakteur entstehen unter Umständen Anreize, die Informationen zu verheimlichen (vgl. Mankiw, 2004: S. 518). An dieser Stelle kommen die opportunistischen Anbieter ins Spiel, für die ein Anreiz besteht durch Informationsunterschlagung über Qualitätsmängel ihrer Produkte kurzfristige Gewinne zu machen, anstatt eine durchgehend hohe Qualität anzubieten (vgl. Tolle, 1994: S. 927). Wenn der besser informierte Marktteilnehmer seinen Wissensvorsprung zu eigenen Zwecken ausnutzt, entsteht das Problem des moralischen Risikos (Moral Hazard) (vgl. Mankiw, 2004: S. 518f). Einzelne Anbieter können durch ihr opportunistisches Handeln zum negativen Image einer ganzen Branche beitragen und durch Imageschäden Misstrauen auf der Konsumentenseite auslösen. In diesem Zusammenhang kann das Problem der adversen Selektion bzw. Qualitätsverschlechterung auftreten. Das Standardbeispiel für adverse Selektion ist der Markt für Gebrauchtwagen (Market for Lemons) und wurde von Akerlofim Jahre 1970 beschrieben. Hiernach kennen die Verkäufer von Gebrauchtwagen, im Gegensatz zu den Käufern, die Mängel der zu verkaufenden Autos. Die Käufer sind sich der Gefahr bewusst, eher ein schlechtes Auto zu bekommen (ein Lemon), weil die Eigner der schlechten Autos, diese eher verkaufen, als die Eigner der besten Autos. Demnach sind die Käufer nicht bereit angemessene Preise für die Autos zu bezahlen, weshalb insgesamt weniger gute Autos angeboten werden. Im Endeffekt vermeiden es die Verbraucher überhaupt gebrauche Autos zu kaufen und es tritt die adverse Selektion zu Gunsten der „Lemons“ oder auf Deutsch „Gurken“, auf. Nach Akerlof führen asymmetrisch verteilte Informationen zwischen der Anbieter- und der Nachfragerseite zur zunehmenden Qualitätsverschlechterung. Adverse Selektion zu Gunsten der qualitativ schlechteren Produkte kann zum Marktversagen führen (vgl. Akerlof, 1970: S.488ff; Mankiw, 2004: S. 519f).
2.1.4 Signaling und Screening zum Abbau von Qualitätsunsicherheit
Unter Signaling und Screening werden informationsökonomische Mechanismen zusammengefasst, die zum Abbau von Informationsasymmetrien beitragen.
Signaling ist die gezielte Informationsübertragung der besser informierten Partei durch Marketingaktivitäten, welche die Unsicherheit auf der Seite der schlechter informierten Partei reduzieren soll. Da die vorliegende Arbeit sich mit dem Markt für Bio-Lebensmittel auseinander setzt, sind hierbei besonders die Signaling-Aktivitä- ten seitens der Anbieter von Bio-Lebensmitteln interessant, die relevante Informationen hinsichtlich der ökologischen Qualität ihrer Produkte bereitstellen und aktiv an die Nachfrageseite weiterleiten, um so die Kaufhemmnisse zu überwinden. Den Anbietern stehen dafür folgende Möglichkeiten offen: Kommunikation der Produktqualität durch z.B. Gütesiegel, Markennamen oder durch Werbung. Die Such- und Erfahrungseigenschaften des angebotenen Produkts können dadurch von der Nachfrageseite leicht überprüft werden. Eine weitere Form des Signaling ist über die Distributionspolitik möglich, d.h. je nach dem gewünschten Grad der Informationsübertragung bietet sich der direkte oder indirekte Vertrieb über Absatzmittler an (vgl. Kaas, 1990: S. 545). Ein positives Signal kann ebenfalls durch öffentliche Selbstverpflichtungen gesetzt werden, z.B. durch Anbieten von Garantieleistungen, sowie durch Aufbau von Reputation (vgl. Mitropoulos, 1997: S. 338ff). Das Setzen von Signalen ist mit Kosten verbunden (vgl. Mankiw, 2004: S. 521).
Während beim Signaling die informierte Partei aktiv wird und Informationen preisgibt, unternimmt beim Screening die uninformierte Partei etwas, um Informationen zu beschaffen (vgl. Mankiw, 2004: S. 522). Im Falle von Bio-Lebensmitteln beschafft sich der Konsument kaufrelevante Informationen, um Unsicherheiten bezüglich der zu kaufenden Produkte auszugleichen. Da ökologische Produkte in der Regel Er- fahrungs- bzw. Vertrauenseigenschaften besitzen, muss der Konsument bei der Informationsbeschaffung Zeit, Mühe und Opportunitätskosten in Kauf nehmen (vgl. Halbes, 2003: S. 24). Die wachsende Informationsflut, die eingeschränkte Informationsverarbeitungskapazität und mögliche Unverhältnismäßigkeiten zwischen Informationskosten und -nutzen haben dazu geführt, dass Konsumenten sich verstärkt an leicht zu beurteilenden Informationskategorien orientieren, wie z.B. Preis, Qualitätslabels, Markennamen (vgl. Halbes, 2003: S. 25; Spiller, 1996: S. 290).
2.1.5 Preis- Leistungs-Verhältnis
Das Kosten-Nutzen-Verhältnis eines Produkts wird im wertorientierten Ansatz nach Garvin definiert. Ein angemessener Produktpreis sowie der bestimmte Produktnutzen bilden qualitätsbestimmende Faktoren (vgl. Türck, 1990: S. 20).
Konsumenten ordnen einem Produkt einen bestimmten Wert nach zwei aus seiner Sicht wahrgenommenen wesentlichen Faktoren zu: der Qualität und dem Preis, also dem Preis-Leistungs-Verhältnis. Schon vor dem Kauf haben die Konsumenten bestimmte Erwartungen in Bezug auf die Produkt- und die Preisqualität und treffen letzten Endes die Entscheidung, welches Produkt erworben wird, um die individuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Somit hängt die Kaufentscheidung mit dem zum Produkt verbundenen Nutzen sehr stark zusammen (vgl. Diller, Herrmann, 2013: S. 311; Vahs, Schäfer-Kunz, 2007: S. 576). Die Preiszufriedenheit beim Konsumenten hängt somit mit der Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses zusammen. Je besser das Preis-Leistungs-Verhältnis also ist, desto höher ist die Preiszufriedenheit beim Endverbraucher. Um die Wirkung zu erzielen, können sich Anbieter an verschiedenen Instrumentarien bedienen, u. a. der Preissicherheit. Durch die Preissicherheit wird wiedergegeben, ob der Kunde davon überzeugt ist, mit dem Angebotspreis tatsächlich Vorteile zu erzielen. Die Preissicherheit ist also nicht nur auf ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis, sondern auch auf die Preisgünstigkeit ausgerichtet. Durch zwei wesentliche Ansatzpunkte kann die Kundenzufriedenheit erhöht werden. Zum einen durch die überzeugende Kommunikation über die Qualität der Produkte, wie z.B. kompetente Beratungen und Informationen über die Produkte, Garantien, Qualitätssiegel und -zertifikate usw. Und zum anderen über die Preiskonstanz, die bei den Konsumenten die Vorteilhaftigkeiten der Preise sichert, wenn diese konstant bleiben. Es wird daher empfohlen, die Preise möglichst konstant zu halten und im Falle einer Preiserhöhung, diese rechtzeitig an die Kunden zu kommunizieren (vgl. Diller, Herrmann, 2013: S. 312, 314).
2.2 Grundlagen zu biologischen Lebensmitteln
2.2.1 ÖkologischerLandbau
Abbildung in dieser eseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Ökolandbau Kreislaufprinzipien Quelle: Matulla u. a., 2003: S. 7
Wie in Abbildung 3 dargestellt soll ein ökologischer Landwirtschaftsbetrieb einen in sich weitgehend geschlossenen Betriebskreislauf darstellen. Er wird wie ein Organismus mit den Bestandteilen Mensch, Tier, Pflanze und Boden verstanden. Ein Öko-Betrieb ist bestrebt die Futtermittelgrundlage für seine Tiere selbst zu schaffen und Zukäufe, soweit es möglich ist, zu minimieren. Die Tiere sollen dabei eine artgerechte Fütterung und Behandlung erfahren.
In der Öko-Landwirtschaft verzichtet man auf leicht lösliche mineralische Dünger. Zum Düngen wird hauptsächlich Gülle, Mist oder Mistkompost, in dem der Stickstoff
organisch gebunden ist, eingesetzt, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Aber auch beim Düngen werden Grenzen gesetzt, um den Boden nicht zu sehr mit Nitrat zu belasten, welches unter Umständen auswaschungsgefährdet ist und ins Grundwassergelangen könnte (vgl. LfL, 2003: S. 4).
Ökologisch bewirtschaftete Flächen enthalten im Schnitt zwischen 50 - 80% mehr Regenwürmer als konventionell bewirtschaftete Flächen. Die Folge ist ein höherer Humusgehalt, der den Boden saugfähiger macht. So können Nährstoffe und Wasser bessergespeichertwerden (vgl. Fliessbach u. a., 2000: S. 11).
Auch verzichtet der Öko-Landbau auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel. Stattdessen greift man zu mechanischen Unkrautbekämpfungsmaßnahmen wie Hacken und Abflammen und ggf. zu Nützlingen (vgl. BMEL, 2015c). Auch werden Schädlinge durch eine geeignete und vielfältige Fruchtfolge ferngehalten (vgl. Umweltinstitut München, 2014). Es wird versucht sich durch geeignete Sortenwahl und Auswahl/Anzahl an Tierarten an den gegebenen Standort anzupassen.
Ausgehend von einem ganzheitlichen ethisch-orientierten Ansatz basiert die ökologische Wirtschaftsweise auf Folgenabschätzung für die gesamte Umwelt, weshalb unter anderem auch Gentechnik verboten ist.
Die aufgezählten Maßnahmen tragen zur Stabilisierung der Agrar-Ökosysteme bei und wirken sich positiv auf das Landschaftsbild, Arterhaltung und Biodiversität aus (vgl. Köpke, 2009: S. 16). Durch diese besondere Rücksichtnahme auf die Ökologie verzichtet der Öko-Landbau gleichzeitig auf Maximalerträge, wie sie in der konventionellen Landwirtschaft möglich wären (vgl. Köpke, 2009: S. 16).
Diese Konzeption ist nicht nur eine ideologische, sondern ist im Wesentlichen in der EG-Öko-Basisverordnung Nr. 834/2007 "über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen"[6], geregelt (vgl. Europäische Gemeinschaft, 2009).
2.2.2 Konventioneller Landbau
Es gibt keine einheitliche Definition für den konventionellen Landbau. Deshalb werden dessen Eigenschaften in Abgrenzung zum ökologischen Landbau gesehen.
Der konventionelle Landbau ist die herkömmliche und damit vorherrschende Wirtschaftsform in der Landwirtschaft. Im Jahre 2014 wurden in Deutschland 94% der landwirtschaftlichen Fläche konventionell bewirtschaftet (vgl. BMEL, 2014), das entsprach 92% aller landwirtschaftlichen Betriebe (vgl. BÖLW, 2015a: S. 5).
Der konventionelle Landbau unterliegt keinen festen Richtlinien. Er orientiert sich an geltendem Recht und anerkannten Praktiken. "Gute fachliche Praxis" ist dabei ein Zentralbegriff. Dieser Begriff wird synonym für die ordnungsgemäße Landwirtschaft verwendet oder als die "goldenen Regeln” des bäuerlichen Berufsstandes bezeichnet (vgl. Leopold, 2003: S. 2).
Das Ziel der konventionellen Landwirtschaft ist es möglichst produktiv zu wirtschaften. Natürliche Kreisläufe finden hierbei zwar teils auch Berücksichtigung, jedoch ist das oberste Ziel nicht ein geschlossener Betriebskreislauf, sondern es steht die Produktivität im Vordergrund. Die Produktivität lässt sich steigern, in dem ein Betrieb seine Tätigkeit auf einen bestimmten Bereich konzentriert, also eine Spezialisierung wählt. So legen sich einige Betriebe z.B. auf Futtermittelproduktion und andere auf Viehzucht fest. Faktisch ist der Kreislauf in diesem System vorhanden, jedoch teilt er sich auf mehrere Betriebe auf. Meist stellt also ein konventioneller Landwirtschaftsbetrieb ein offenes System dar, weil der Kreislauf an verschiedenen Stellen aufgebrochen sein kann. Ökologische Gesichtspunkte spielen dabei eine untergeordnete Rolle und müssen dem ökonomischen Aspekt weichen.
Zum Zweck der Ertragssteigerung ist der gezielte Einsatz von chemischen-synthe- tischen Pflanzenschutzmitteln und mineralischem Dünger in der konventionellen Landwirtschaft erlaubt. Dadurch soll die Bodenfruchtbarkeit erhöht und die Schädlinge vernichtet werden. Das Vieh wird zunehmend in Großbetrieben gezüchtet, d.h. den einzelnen Tieren steht weniger Platz zur Verfügung, da Flächengebundenheit kein so strenges Kriterium wie bei der ökologischen Landwirtschaft ist.
Eine sehr intensive Landwirtschaft bezeichnet man auch als industrielle Landwirtschaft bzw. Agrarwirtschaft. Kennzeichnend dabei sind ein hoher Spezialisierungsgrad, hohe Produktivität und hoher Energie- und Kapitaleinsatz unter Verwendung von technischen Verfahren (vgl. Baldenhofer, 2000: S. 215f). Zu diesem Konzept gehört auch die Massenproduktion, also z.B. die Massentierhaltung.
Die genannten ertragssteigernden Maßnahmen der konventionellen Landwirtschaft wirken sich jedoch negativ auf das Ökosystem aus. Wichtige Schlagworte in diesem Zusammenhang sind: hoher Energieverbrauch, Verschmutzung des Grundwassers, Bodenerosion und -Verdichtung, Rückgang derArtenvielfaltusw.
Um den Folgen der konventionellen Wirtschaftsweise zu begegnen wurde das Konzept des integrierten Landbaus als Leitlinie für eine nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft eingeführt. Der integrierte Landbau kann als Bindeglied zwischen der konventionellen und der ökologischen Landwirtschaft gesehen werden und ist heutzutage größtenteils Standard geworden.
Der integrierte Landbau sucht ökonomische und ökologische Aspekte bestmöglich mit einanderzu verbinden. Angestrebt wird eine Ertragsteigerung unter Einsatz aller zugelassenen natürlichen und synthetischen Hilfsmittel, sofern der Umwelt dadurch keine Schäden entstehen (vgl. Diercks, Heitefuss, 1994: S. 406). Es werden z.B. keine vorbeugende Pflanzenschutzmaßnahmen durchgeführt, sofern kein Schädlingsbefall feststeht. Der Zusammenhang zwischen den beschriebenen Landwirtschaftsformen wird in Abbildung 4 verdeutlicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Landwirtschaftsformen nach dem Grad der Intensität Quelle: eigene Darstellung
2.2.3 Vergleich des ökologischen und konventionellen Landbaus
Zwischen der ökologischen und der konventionellen Landwirtschaft gibt es große Unterschiede. Auf beiden Seiten gibt es sowohl Vorteile als auch Nachteile (siehe Tabelle 1, S. 21). Aufgrund des geschlossenen Betriebskreislaufs, bei dem Rücksicht auf die natürlichen Ökosysteme genommen wird, ist der Nachhaltigkeitsgrad der ökologischen Landwirtschaft höher als der der konventionellen. Der ökologische Betrieb benötigt für Pflanzenbau und Tierhaltung größere Flächen und hat ebenso einen höheren Personalaufwand. Gleichzeitig sind die Erträge pro ha Land bzw. die Leistungen, wie die Milchleistung pro Kuh, geringer, weil unter anderem auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und Kunstdünger bzw. künstliche zusätzliche Futtermittel und Antibiotika verzichtet wird. Die Herstellung von ökologischen Produkten ist kostenintensiver, weshalb für Bio-Lebensmittel höhere Preise verlangt werden.
Abbildung in dieser eseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Vergleich ökologischer und konventioneller Landwirtschaft
Quelle: eigene Darstellung
Die konventionelle Landwirtschaft erreicht dagegen durch einen hohen Spezialisierungsgrad, geringere ökologische Auflagen, Massentierhaltung und einen kleineren Flächenbedarf eine höhere Produktivität, wodurch die Lebensmittelproduktion kostengünstiger wird. Die negativen Folgen sind u.a. hohe Umweltbelastung, Tierleid und Lebensmittel, die stärker mit Pestizid-Rückständen/Hormonen/Antibiotika belastet sein können.
2.2.4 Qualitätsbegriff bei Bio-Lebensmitteln
Die Qualität eines Bio-Lebensmittels wird unter Berücksichtigung aller wesentlichen Produkteigenschaften bestimmt (vgl. Schmid u. a., 2005: S. 136). Man unterscheidet zwischen der objektiven und der subjektiven Produktqualität. Insgesamt gibt es drei messbare funktionale Eigenschaften, deren Gesamtheit der Urteilsbildung der objektiven Lebensmittelqualität dient, nämlich die ernährungsphysiologische, sensorische und technologische Qualität (vgl. Euskirchen, 1997: S. 32). Bei derernäh- rungsphysiologischen Qualität werden die Eigenschaften von Lebensmitteln gruppiert erfasst, z.B. nach Inhaltsstoffen, sodass der Gesundheitswert beschrieben werden kann. Die sensorische Qualität beschreibt den Genusswert, bemessen an z.B. Geschmack und Geruch und die technologische Qualität z.B. an der Haltbart- barkeit und Verpackung eines Produkts (vgl. Böcker u. a., 2004: S. 12). Demnach werden bei der objektiven Qualität diese Lebensmitteleigenschaften im Gesamten und bei der subjektiven individuell beurteilt.
Weitere Zusatzeigenschaften wie der ökologische Wert, nehmen weiter an Bedeutung zu, beispielsweise Umweltfreundlichkeit bei der Herstellung und der ideelle Wert, der dazu dient, sich durch den Lebensmittelkonsum sozial hervorzuheben (Prestige usw.) (vgl. Hoffmann u. a., 2007: S. 22). Die Qualität eines Bio-Lebensmittels besteht also aus funktionalen Eigenschaften und Eigenschaften, die einen Zusatznutzen bringen.
Ein weiterer Faktor für die Qualitätsbestimmung von Bio-Lebensmitteln ist die Produktsicherheit. Diese wird bestimmt durch gesetzlich verankerte Richtlinien, die sowohl die Erzeugung (z.B. Landbewirtschaftung, artgerechte Tierhaltung usw.), Verarbeitung (z.B. Konservierungsmethoden und Zusatzstoffe usw.) als auch die Vermarktung regeln. Bei der Qualität, die im Zusammenhang mit der Herstellung steht, spricht Garvin von der Prozessqualität. Dabei entstehen bei jeder Prozessstufe unterschiedliche qualitative Ausprägungen. Insbesondere die Prozessqualität von BioLebensmitteln, die mit der Erzeugung zusammenhängt, kann der Verbraucher gar nicht oder nur im geringen Masse überprüfen. Somit können die Qualitätseigenschaften auch nach dem Unsicherheitsgrad differenziert werden.
Sucheigenschaften, wie z. B. Frische und Gewicht, können bereits beim Kauf festgestellt bzw. kontrolliert werden. Sogenannte Erfahrungseigenschaften, wie z.B. der Geschmack oder Haltbarkeit, können aber erst beim Gebrauch ermittelt werden. Die Überprüfung von Vertrauenseigenschaften, wie z. B. artgerechte Tierhaltung, wäre vom Konsumenten nur unter unvertretbar hohen Kosten möglich.
Bio-Lebensmittel werden auch Vertrauensgüter bezeichnet, weil gerade die Vertrauenseigenschaften bei Produkten aus dem ökologischen Landbau dominieren. Und gerade die Vertrauenseigenschaften führen zur Informationsasymmetrie auf dem Bio-Lebensmittelmarkt. Bei der weiteren Betrachtung sollen jedoch nicht nur die schwer überprüfbaren Prozesseigenschaften in den Vordergrund gestellt werden. Vielmehr sollen Bio-Lebensmittel als eine Gesamtheit von vielen Eigenschaften betrachtet werden, da z.B. gerade Geschmack und Inhaltstoffe für den erfolgreichen Verkaufvon Bio-Lebensmitteln entscheidend sind.
Verglichen mit konventionellen Lebensmitteln gelten Bio-Lebensmittel aufgrund ihrer Prozessqualität als gesünder. Ob Bio-Lebensmittel tatsächlich gesünder sind als konventionelle, spalten sich zahlreichen Studien zufolge die Meinungen. Im Auftrag der Food Standard Agency sind englische Forscher nach Durchsicht von 150 Studien zum Ergebnis gelangt, dass Bio-Nahrung vom Nährstoffgehalt gleichzusetzen wäre mit herkömmlicher Nahrung. Das Schweizer-Institut für biologischen Landbau übte Kritik an diesen Ergebnissen, aufgrund der fehlenden Angaben zur Schadstoffbelastung und keiner gezielten Auswahl der maßgeblichen Studien, denn die Ergebnisse der europäische Großstudie QLIF, an der etwa 30 Forschungsinstitute teilgenommen haben, blieben komplett unberücksichtigt, obwohl diese gegenteilige Studienergebnisse belegt haben. Diese Forschungsergebnisse besagen, dass Kartoffeln, Tomaten, Kohl und Salat aus biologischem Anbau, aufgrund erhöhter Fruchtbarkeit des Bodens und organischer Düngung, vitaminreicher sind und mehr bioaktive Stoffe und Antioxidation aufweisen. Pflanzen aus dem Bio-Anbau weisen einen höheren Gehalt an sekundären pflanzlichen Stoffen auf, was durch die Vermehrung von Mikroorganismen aufgrund der organischen Düngung hervorgerufen wird.
Des Weiteren ist durch eine Studie aus dem Deutschen Bundesprogramm Ökologischer Landbau nachgewiesen worden, dass in Bio-Lebensmitteln der Gehalt an Pestizidrückständen wesentlich geringer ist (BMEL, 2015b). Eine achtjährige Auswertung von Stichproben der staatlichen Kontrollbehörden ergab, dass zwar die Pestizidrückstände bei Nicht-Bio-Lebensmitteln unter den vorgegeben Grenzwerten lagen und somit als unbedenklich eingestuft wurden, dass jedoch einige Ärzte gewisse Personengruppe, wie Kleinkinder und schwangere Frauen, die über größere Zeiträume Pestizidrückstände mit der Nahrung von konventionellen Lebensmitteln zu sich nehmen, als gefährdet einstuften, da im Konzept der Grenzwerte für Pestizidrückstände Langzeitstudien kaum beachtet werden. Die Forschung kommtdies- bezüglich zu keinem Konsens, sodass keine feste Aussage getroffen werden kann, ob Bio-Lebensmittel tatsächlich gesünder sind als konventionelle. Es werden noch viele Meinungsverschiedenheiten zwischen Ökofreunden und Ökoskeptikern pro- phezeit. Feststeht, dass immer Studien vorliegen werden, die eine oder die gegenteilige Meinung bestätigen. Viele Biokonsumenten und Biobauern befürworten die Bioproduktion ohnehin aus Gründen der chemielosen Kreislaufwirtschaft. Es wurde auch nachgewiesen, dass viele Menschen Bioprodukte kaufen, um regionale Produktionen zu unterstützen und sich für eine artgerechte Tierhaltung einzusetzen (vgl. Zeit Wissen, 2009).
Abschließend kann gesagt werden, dass „bio“ nicht gleich „gesund“ bedeutet. Wer stark verarbeitete Lebensmittel, wie z.B. eine Bio-Fertiglasagne und ein Bio-Softgetränk zu sich nimmt, ist nicht automatisch gesünder. Diese enthalten nämlich genauso wie ihre konventionellen Pendants viel Fett bzw. Zucker. Für eine gesunde Ernährungsweise benötigt der Körper frische und naturbelassene Lebensmittel. Wenn diese dann noch biologische Qualität aufweisen, werden sie noch vorteilhafter, weil sie, wie schon dargelegt, einen Zusatznutzen (mehr Geschmack, weniger Schadstoffbelastung usw.) erfüllen.
3 Der deutsche Markt für Biolebensmittel
3.1 Bio-Lebensmittel gemäß gesetzlicher Grundlage
Bereits seit 1993 sind die Begriffe "Bio" und "Öko" durch die EG-Öko-Verordnung geschützt[7]. Der Verbraucher bekommt dadurch die Sicherheit, dass generell alle Produkte mit dem Zusatz "bio" oder "Öko", mindestens den gesetzlichen Vorschriften der EU entsprechen (vgl. Bilharz, 2013; Flemmer, 2014: S. 18-19).
Seit 2007 besteht das EU-Recht aus drei Verordnungen: Nr. 834/2007, 889/2008 und 1235/2008. Die erste ist die Basisverordnung, die die Grundlage für das EURecht bildet, die anderen beiden sind Kommissionsverordnungen. Die erste Kommissionsverordnung enthält weitere Ausgestaltungen des EU-Rechts und die zweite regelt die Bio-Lebensmittelimporte aus Nicht-EU-Staaten (vgl. Schmidt, 2014: S. 9).
Die EG-Öko-Verordnung 834/2007, die im Januar 2009 in Kraft trat, schreibt vor, wie Bio-Lebensmittel hergestellt und gekennzeichnet werden müssen. Produkte dürfen mit den Formulierungen "Bio" bzw. "Öko" nur ausgezeichnet werden, wenn mindestens 95% der Zutaten aus dem Ökologischen Landbau stammen (vgl. Schmidt, 2014: S. 21). Ein Anteil von 5% von nicht-ökologischen Zutaten ist ausnahmsweise zugelassen, wenn diese Zutaten in ökologischer Qualität nicht beschafftwerden können. Darüber hinaus müssen Erzeuger, Verarbeiter und Importeure von ökologischen Produkten gemäß § 27 (3) der EG-Öko-Verordnung mindestens einmal im Jahrvon zuständigen Öko-Kontrollstellen überprüft werden.
Seit dem 1. Juli 2012 ist das EU-Bio-Logo bei vorverpackten Biolebensmitteln, die in der EU hergestellt worden sind, verbindlich vorgeschrieben. Das gilt jedoch nicht für die Nicht-EU-Produzenten. Diese dürfen das EU-Logo für Ihre Produkte verwenden, sind aber nicht dazu verpflichtet (vgl. Schmidt, 2014: S. 21). Zusätzlich zum Logo müssen die Codenummer der zuständigen Öko-Kontrollstelle[8] und der Ort der landwirtschaftlichen Erzeugung angegeben werden (vgl. Schmidt, 2014: S. 22,33).
Neben der EG-Öko-Verordnung existiert das Öko-Landbaugesetz (ÖLG), welches die Durchführung der EU-Rechtsvorschriften gewährleisten soll. Insbesondere regelt dieses Gesetz die Zulassung der Kontrollstellen zur Prüfung der ökologischen Qualität, gleichzeitig aber auch den Entzug der Zulassung bei Verstößen gegen die Vorschriften des ökologischen Landbaus. Weitere Zuständigkeiten des ÖLG umfassen die Erteilung der Codenummer an Kontrollstellen und die Vergabe von Genehmigungen für die Vermarktung von Lebensmitteln aus Nicht-EU-Staaten (vgl. Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, 2008: S. 1f). Ergänzt wird dieses Gesetz durch die ÖLG-Kontrollstellen-Zulassungsverordnung (ÖLGKon- trollStZulV), welche die Zulassung der Kontrollstellen im Einzelnen regelt.
Des Weiteren gibt es das Öko-Kennzeichengesetz. Dieses enthält Vorschriften zur Einführung und Verwendung des Bio-Siegels. Ergänzend dazu enthält die seit Februar 2002 geltende Öko-Kennzeichen-Verordnung (ÖkoKennzV) weitere Details zur Ausgestaltung und Verwendung des Bio-Siegels sowie strafrechtliche Maßnahmen im Falle eines Missbrauchs des Siegels.
3.2 Marktüberblick: Kennzahlen und Produkte
3.2.1 Ökologischer Landbau: Welt - Europa - Deutschland
Im Jahr 2013werden weltweit 43,1 Mio. ha Anbaufläche ökologisch bewirtschaftet, was einem Anteil von einem Prozent an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche entspricht. Den größten Anteil daran hält Ozeanien mit 17,3 Mio. ha (40%) gefolgt von Europa mit 11,5 Mio. ha (27%)[9] und Latein-Amerika mit 6,6 Mio. ha (15%). Innerhalb Europas liegt Spanien mit 1,6 Mio. ha. noch vor Italien mit 1,3 Mio. ha und vor Deutschland und Frankreich mit je 1,1 Mio. ha Bio-Anbaufläche (vgl. FiBL & IFOAM, 2015: S. 24, 37). Sieht man jedoch von den absoluten Zahlen ab und betrachtet sie stattdessen im Verhältnis zu der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche, so haben Länder wie Österreich mit 19,5% oder Schweden mit 16,3% einen relativ großen Öko-Flächenanteil, während Deutschland mit 6,4% nicht weit über dem EU-Durchschnitt (5,7%) liegt (vgl. FiBL & IFOAM, 2015: S. 26, 41).
3.2.2 Struktur in Deutschland
Gemäß der BLE-Strukturdaten werden in Deutschland Ende 2014 insgesamt 1.047.633 ha Land ökologisch bewirtschaftet, was einem Öko-Flächenanteil von 6,3%[10] entspricht. Damit wurde das von der damaligen rot-grünen Bundesregierung angestrebte Ziel von 20% im Jahr 2010 nachweislich nicht annähernd erreicht. Die größten Öko-Flächen entfallen auf Bayern, Brandenburg und Baden-Württemberg in absteigender Reihenfolge. Die Anzahl der Öko-Betriebe liegt per 31.12.2014 bei 23.398 und entspricht einem Anteil von 8,2% an allen landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland (vgl. Tabelle 9, Tabelle 10 und Tabelle 11 im Anhang, auf S. 97, S. 98, S. 99).
Die meisten Bio-Landwirte und Verarbeitungsbetriebe in Deutschland sind in Verbänden organisiert. Die biologischen Anbauverbände haben noch vor der gesetzlichen Verankerung des "Öko"-Begriffs ihre eigenen Richtlinien zur ökologischen Wirtschaftsweise festgelegt und Verbands- und Warenzeichen eintragen und patentrechtlich schützen lassen (vgl. Ökolandbau, 2015a). Einige von ihnen sind bundesweit oder sogar weltweit bekannt, andere haben nur eine regionale Bedeutung. In Abbildung 5 sind die deutschen Bio-Anbauverbände dargestellt.
Abbildung in dieser eseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Logos der biologischen Anbauverbände in Deutschland11 Quelle: verändert nach BÖLW aus www.boelw.de
Die biologischen Anbauverbände befolgen in vielen Bereichen jedoch noch strengere Regeln, als es die Mindestanforderungen der EG-Öko-Verordnung verlangen (vgl. Bilharz, 2013; Flemmer, 2014: S.20). Beispielsweise ist nach der EG-Öko- Verordnung bei einer Betriebsumstellung die konventionelle Bewirtschaftung neben der ökologischen erlaubt. Bei den Verbänden Demeter und Bioland darfjedoch nur eine Gesamtbetriebsumstellung erfolgen (vgl. Demetere.V., 2011).
Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. ,kurz BÖLW, ist der Dachverband, der landwirtschaftliche Erzeuger, Verarbeiter und Händler ökologischer Lebensmittel unter sich vereinigt (vgl. Welling, 2010: S. 150).
Anfang 2015 ist der mit Abstand größte Bio-Anbauverband in Deutschland Bioland mit fast 6.000 Betrieben und etwa 290.000 ha Fläche. Nach der Anzahl der Betriebe folgt Naturland mit ca. 2.600 Mitgliedern (ca. 140.000 ha) und Demeter mit ca. 1.500 Mitgliedern (ca. 73.000 ha), während zu Biopark mit der vergleichsweise geringen Mitgliederanzahl von ca. 600 Betrieben annähernd die gleiche Anbaufläche wie zu Naturland gehört (vgl. BÖLW, 2015a: S. 5).
Etwas mehr als die Hälfte aller Öko-Betriebe (52%) in Deutschland bestehen in einem Verband. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil der verbandgebundenen Fläche nur unwesentlich gewachsen (0,6%) und stellt Anfang 2015 knapp zwei Drittel der gesamten Öko-Fläche dar (66%) (vgl. BÖLW, 2015a: S. 5).
Auch im Ausland gibt es etliche Institutionen und Organisationen. Weltweit haben sich davon über 700 im internationalen Dachverband, der International Federation of Organic Agriculture Movements (IFOAM, dt.: Internationale Vereinigung biologischer Landbaubewegungen), zusammengeschlossen (vgl. Sabersky, 2009: S. 76).[11]
3.2.3 Umsatzentwicklung
Gemessen an den Umsätzen, hat der deutsche Markt absolut gesehen die führende Position in Europa. Im Jahr 2014 steht er mit knapp 8 Mrd. Euro an erster Stelle, gefolgt von Frankreich, Vereinigtem Königreich und Italien (vgl. BÖLW, 2015b, 2015a: S. 19) und stellt damit ein Drittel des europäischen
Gesamthandelsvolumens dar (vgl. FiBL & IFOAM, 2015: S. 174). Seit dem Jahr 2000 (2,1 Mrd.Euro) hat sich der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland bis 2014 fast vervierfacht (vgl. Abbildung 18 im Anhang, S. 101). Die Umsatzsteigerung von 2013 bis 2014 lag bei knapp 5%.
Trozt der hohen Umsätze haben Bio-Produkte in Deutschland im Jahr 2013 mit 3,9% einen vergleichsweise geringen Markt-Anteil am Gesamt-Lebensmittelumsatz (vgl. Abbildung 17 im Anhang, S. 100). Höher als Deutschland in dieser Kategorie gerankte Länder sind Dänemark (8%), Schweiz (6,9%), Österreich (6,5%) und Schweden (4,3%) (vgl. FiBL & IFOAM, 2015: S. 201).
Was den Pro-Kopf-Konsum angeht, so war der einzelne Verbraucher in Deutschland zurückhaltender als seine euroräischen Nachbarn und gab im Jahr 2013 93,6 Euro (kaufkraftbereinigt[12]: 86,4 Euro) für Bio-Lebensmittel aus. Damit stand Deutschland an fünfter Stelle hinter Spitzenreiter Schweiz, gefolgt von Luxemburg, Dänemark und Österreich. In der Schweiz, dem Staat mit ohnehin hohen Lebenshaltunskosten, gab ein Käufer 209,6 Euro (kaufkraftbereinigt: 139,5 Euro) für Bio-Lebensmittel und damit kaufkraftbereinigt etwa 60% mehr, als ein Käufer in Deutschland aus (vgl. Abbildung 19im Anhang, S 102).
Wie aus Abbildung 6 deutlich wird, verzeichnen die Umsätze mit Bio-Lebensmitteln einen ähnlichen Aufwärtstrend wie die Marktanteile der Bio-Lebensmittel am Gesamt-Lebensmittelmarkt. Die stabile Zunahme über die letzten Jahre verdeutlicht, dass er sich beim Bio-Lebensmittelkonsum nicht um einen vorübergehenden Trend handelt. Trotz kontinuierlich steigender Umsätze ist der Markt für Bio-Lebensmittel in Deutschland mit knapp 4% entsprechend der Definition immernoch ein Nischenmarkt (<5%) (vgl. Belz, 1997: S. 9).
[...]
[1] Man spricht von einer Öko-Nische, wenn der Marktanteil von Bio-Lebensmitteln unter 5% des Gesamtmittelmarktes liegt (vgl. Belz, 1997: S. 9). Der Bio-Lebensmittel-Marktanteil lag 2014 bei knapp 4% (vgl. GfK Consumer Scan, 2014).
[2] Die Begriffe "ökologisch" und "biologisch" sollen im Folgenden synonym verwendet werden
[3] Der Begriff "herkömmliche Produkte" wird mit dem Begriff "konventionelle, am Markt verfügbare Produkte" gleichgesetzt
[4] Türck (1990) nennt es in seinem Modell "formales Produkt" (vgl. Abb. 1).
[5] Der Nachhaltigkeitsbegriff ist abgeleitet vom englischen "sustainability". Die meist gebrauchte Definition von Nachhaltigkeit ist die Definition aus dem Brundtland-Bericht der Vereinten Nationen von 1987: "Humanity has the ability to make development sustainable - to ensure that it meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs" (Lee u. a., 2000: S. 42).
[6] Die erweiterte neue EG-Öko-Verordnung Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 trat zum 1.1.2009 in Kraft und ersetzte die bisherige EG-Öko-Verordnung Nr. 2092/91 von 1991.
[7] Weitere geschützte Begriffe sind: biologisch/ökologisch, kontrolliert biologisch/ökologisch, biologischer/ökologischer Landbau, biologisch-dynamisch und biologisch-organisch. Begriffe, die nicht geschützt sind: kontrolliert, aus kontrolliertem Anbau, aus Vertragsanbau, aus integriertem Anbau, regional, naturnah (vgl. Bilharz, 2013).
[8] Schema für die Codenummer einer Öko-Kontrollstelle: DE-ÖKO-000. "DE" für das EU-Mitglieds- land (hier Deutschland), in der Mitte das Kürzel in Bezug auf ökologische Produktion, z.B. bio oder Öko und "000" für die maximal dreistellige Kennziffer der Kontrollstelle (vgl. BMEL, 2015a).
[9] bzw. EU-28 mit 10,2 Mio. ha
[10] Es liegen leicht abweichende Angaben zum Anteil der Öko-Fläche in 2014 in Deutschland vor: die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gibt den Wert mit 6,3% an, während FiBL & IFOAM diesen Wert mit 6,4% angeben.
[11] biologische Anbauverbände in Deutschland aus Abbildung 5: AÖL, Biokreis, Bioland, Biopark, BNN, Demeter, Ecoland, Ecovin, Gäa, Naturland und Verbund Ökohöfe
[12] Um eine gute Vergleichbarkeit zu gewährleisten, sollte bei Ländervergleichen die Kaufkraftparität (KKP) in Betracht gezogen werden, da diese die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten mitberücksichtigt.
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