Der vorliegende Essay beschäftigt sich mit der Frage, ob ein Thema wie Krieg und der damit verbundene Term Frieden im Sachunterricht behandelt werden soll oder ob diese Begriffe eine Überforderung vorprogrammieren. Dabei werden die Gefahren sowohl auch die Chancen herausgearbeitet.
Die beiden Themen haben eine große Relevanz im Alltag von Grundschulkindern gewonnen; denn sie haben schon längst damit begonnen, sich, auf ihre eigene Art und Weise, mit einem solchen Themengebiet auseinanderzusetzen. Sie suchen dabei nicht nur nach Lösungen, sondern machen sich ebenfalls große Gedanken um ihre eigene Lebenswelt, indem sie automatisch Gehörtes oder Gesehenes auf ihren eigenen Erfahrungsraum beziehen. Aber haben sie überhaupt genug Wissen, um sich eine eigene Meinung bilden zu können und genug Unterstützung, um sich sorgenfrei mit dieser Thematik auseinanderzusetzen? Ist der direkte Bezug zur eigenen Lebenswelt außerdem unbedenklich und ohne Folgen?
Die Schule ist ein Ort, an dem sich Kinder Wissen aneignen sollen. Dies steht außer Frage. Wissen, das notwendig ist, um Teil der Gesellschaft zu werden und um sich auf dieser Welt zurechtfinden zu können. Schule ist jedoch auch eine Kommunikations- und Begegnungsstätte, die Kindern Neues zeigt und vor allem, wie es der Sachunterricht tun sollte, dabei hilft, die eigene Lebenswelt und die Lebenswelten anderer erschließen zu können. Wieso sollten dann Probleme, die die gesamte Menschheit betreffen, tabuisiert werden, anstatt sie zu thematisieren und über sie zu sprechen? Schließlich repräsentieren sie unser aller Realität.
Besonders die Nähe zur Realität ist für Kinder wichtig, um ihre noch junge Lebenswelt erschließen und sie im späteren Verlauf reflektieren zu können. Dabei sollte das eigenständige Bewerten, ebenso wie das reine Aneignen von Wissen, ein Ziel von Bildung sein und immer wieder angestrebt werden. Themen wie Gewalt oder Sexualität sind zwar bereits fester Bestandteil des Unterrichts, die früher oder später angesprochen werden, doch das Thema Krieg und Frieden scheint, besonders in der Grundschule, weniger relevant für die Entwicklung der Kinder zu sein. Viele sind in dem Glauben, dass Kinder sich noch nicht so frühzeitig mit solchen Inhalten beschäftigen sollten und sie, unter Ausnahme von betroffenen Kindern, keinen Bestandteil ihres Lebens darstellen.
„In der Ukraine kann man grad kein Urlaub machen, weil da ist ja Krieg! Aber der Klitschko macht das schon!“ (Drittklässler, Gemeinschaftsgrundschule Overath, 2015)
Mit einer gewissen Belustigung erzählt mir ein Junge der dritten Klasse diese beiden Sätze während meines Praktikums und bringt mich ins Grübeln: Wieso schmunzelt er, während er etwas eigentlich so Negatives sagt? Wie kommt er auf die Idee, dass „Klitschko“ für Frieden sorgen würde? Woher hat er diese Information? Aus dem Fernsehen oder von den Eltern? Wieso kommt er ausgerechnet während der Kunststunde auf solch einen Gedanken? Und vor allem, weiß er überhaupt was Krieg und Frieden bedeuten?
Wenn man sich all diese Fragen stellt, kommt man zu dem Entschluss, dass ein Thema wie Krieg und damit verbunden auch Frieden, bereits von großer Relevanz im Alltag von Grundschulkindern ist. Außerdem haben sie schon längst damit begonnen, sich, auf ihre eigene Art und Weise, mit einem solchen Thema auseinanderzusetzen. Sie suchen dabei nicht nur nach Lösungen, sondern machen sich ebenfalls große Gedanken um ihre eigene Lebenswelt, indem sie automatisch Gehörtes oder Gesehenes auf ihren eigenen Erfahrungsraum beziehen. Aber haben sie überhaupt genug Wissen, um sich eine eigene Meinung bilden zu können und genug Unterstützung, um sich sorgenfrei mit dieser Thematik auseinanderzusetzen? Ist der direkte Bezug zur eigenen Lebenswelt außerdem unbedenklich und ohne Folgen?
Die Schule ist ein Ort, an dem sich Kinder Wissen aneignen sollen. Dies steht außer Frage. Wissen, das notwendig ist, um Teil der Gesellschaft zu werden und um sich auf dieser Welt zurecht zu finden. Schule ist jedoch auch eine Kommunikations- und Begegnungsstätte, die Kindern Neues zeigt und vor allem, wie es der Sachunterricht tun sollte, dabei hilft, die eigene Lebenswelt und die Lebenswelten anderer erschließen zu können. Wieso sollten dann Probleme, die die gesamte Menschheit betreffen, tabuisiert werden, anstatt sie zu thematisieren und über sie zu sprechen? Schließlich repräsentieren sie unser aller Realität.
Besonders die Nähe zur Realität ist für Kinder wichtig, um ihre noch junge Lebenswelt erschließen und sie im späteren Verlauf reflektieren zu können. Dabei sollte das eigenständige Bewerten, ebenso wie das reine Aneignen von Wissen, ein Ziel von Bildung sein und immer wieder angestrebt werden. Themen wie Gewalt oder Sexualität sind zwar bereits fester Bestandteil des Unterrichts, die früher oder später angesprochen werden, doch das Thema Krieg und Frieden scheint, besonders in der Grundschule, weniger relevant für die Entwicklung der Kinder zu sein. Viele sind in dem Glauben, dass Kinder sich noch nicht so frühzeitig mit solchen Inhalten beschäftigen sollten und sie, unter Ausnahme von betroffenen Kindern, keinen Bestandteil ihres Lebens darstellen.
Der Erziehungswissenschaftler Wolfgang Klafki, der sich zur selben Problematik Gedanken gemacht hat, spricht von sogenannten „Epochaltypischen Schlüsselproblemen“, die die Fragen und Probleme aus der geschichtlichen Gegenwart und der absehbaren Zukunft zum Thema im Unterricht machen sollen. Die Themen „Krieg“ und „Frieden“ stellen dabei das erste seiner fünf Schlüsselprobleme dar und sind ein Teil seines bildungstheoretischen Ansatzes. Nicht nur Klafki, sondern auch Friedrich Schleiermacher würden vielleicht zustimmen, dass nicht nur der Gegenwarts- und Zukunftsbezug von großer Bedeutung ist, sondern dass mein oben genanntes Beispiel auch etwas Weiteres beweist: Kinder bekommen sowohl durch Medien, als auch durch Eltern und Freunde, viele Dinge mit. Doch oft wird dieser Prozess teilweise von Erwachsenen gar nicht wahrgenommen. Es kommt häufig zu der Situation, dass Kinder mit ungeklärten Fakten allein gelassen werden und sich über den ganzen Tag verteilt, unzählige wirre Gedanken, die erklärungsbedürftig wären, im Kopf der Kinder abspielen. So scheint es niemanden mehr sonderlich zu verwundern, dass ein Drittklässler während der Kunststunde, in der er beim Malen eines Bildes seinen Gedanken freien Lauf lassen kann, aus heiterem Himmel solch ein Thema in den Raum wirft. Doch wo kann man als Grundschulkind seine gewonnene Information wirklich loswerden und über sie sprechen? Bei Mitschülern, die ähnlich auf der Suche nach Erklärungen sind? Oder Schülern, deren Eltern sich bemüht haben die Welt mit all ihren Problemen zu schildern, jedoch im kindlichen Redefluss anschließend eher verzweifelt versuchen, ihr von Eltern erläutertes Wissen in Worte zu fassen, weil es vielleicht nicht kindgerecht oder aufschlussreich genug war? Missverständnisse, Fehlinterpretationen und Gerüchte sind hier scheinbar vorprogrammiert und führen gegebenenfalls zu Spannungen, da immer wieder Widersprüche und Unstimmigkeiten auftauchen.
Klafki hat mit seinen Epochaltypischen Schlüsselproblemen das Ziel, diesen Befürchtungen entgegenzuwirken. Seine Schlüsselprobleme sprechen nicht nur für einen zeitgemäßen Sachunterricht, zudem grundsätzlich jedermann plädieren sollte, sondern geben auch die Möglichkeit, mitgebrachte Erfahrungen zu verarbeiten und eine offene und realistisch-kritische Einstellung zur Welt zu entwickeln (vgl. Klafki 2005, S.4). Doch wie des Öfteren gibt es viele kritische Stimmen, die vom Gegenteil überzeugt sind:
Eine Befürchtung von vielen Befürchtungen ist, dass Schüler durch Themen, wie „Krieg“ und „Frieden“, aber auch Technikfolgen oder Dimensionen gesellschaftlich produzierter Ungleichheit, um nur die Hälfte der Epochaltypischen Schlüsselprobleme zu nennen, zunehmend Überforderung verspüren und nicht mit diesen Problemen umzugehen wissen. Ein Grund dafür ist, dass jedes Kind unterschiedlich viel verarbeiten kann und individuell mit den Fakten zu handhaben weiß. Doch sowohl die Entstehung von Angst, als auch die Entstehung eines negativen Weltbildes, ist besonders die Sorge von Eltern. Der einst angestrebte Schonraum der noch jungen Menschen und dem damit verbundenen noch kindlichen Weltbild würde zerstört werden und die Skepsis und kritische Sichtweise zur Welt immer größer. Doch ist es das Ziel von Bildung und besonders von Sachunterricht eine heile Welt vorzuspielen, die man sorgenfrei und voller Freude erkunden kann? Und haben sich Kinder nicht bereits außerhalb der Schule Wissen angeeignet, mit dem sie jetzt verloren umherlaufen, um noch einmal auf die obigen Fragen zurückzukommen?
Es ist davon auszugehen, dass sich der Drittklässler aus dem Praktikum bereits mit dem Konflikt „Krieg“ insofern auseinandergesetzt hat, dass er durch das natürlich-kindliche Bedürfnis eine Lösung für das Problem zu finden, den ehemaligen ukrainischen Profiboxer und nunmehr Politiker Vitali Klitschko als einen Friedensstifter sieht. Demnach geht er eher wirklichkeitsfern davon ausgeht, dass Klitschko den Krieg beenden kann. Möglicherweise hat er das Ganze in den Nachrichten gesehen oder der Vater ist sportinteressiert und spricht gelegentlich über den Namen Klitschko, der in Verbindung mit dem Ukrainekonflikt gebracht werden kann. Vielleicht aber hat er einfach die Meinung seiner Eltern zu seiner eigenen gemacht oder ein Mitschüler hat etwas erzählt, das, wie Kinder es nun einmal tun, aufgenommen und weiter gegeben wurde. Es gibt unzählige Möglichkeiten, wo das Kind diese Information hätte aufschnappen können. Zumal der Junge gemeinsam mit mehreren Flüchtlingskindern unterrichtet wird und die Gründe für ihr Dasein kennt, ist davon auszugehen, dass er sich ohnehin über seine neuen Mitschüler Gedanken gemacht hat und auch von ihnen Informationen erhalten haben könnte. Doch wo wird diese neue Information nun verwertet, wenn nicht eigenständig im Kopf der Kinder? Diese Frage sollte immer wieder gestellt und ihr Ausdruck verliehen werden. Antworten wie „Dafür bist du noch zu klein“ oder vorläufiges Beruhigen wie „Du brauchst keine Angst zu haben“ seitens der Eltern, bringen die Kinder oft nicht weiter und frustrieren sie (vgl. Rogge 2005). Wo bleiben hierbei die Gewissheit und das Gefühl ernstgenommen zu werden? Eine Studie von Klaus Hurrelmann und Sabine Andresen beweist, dass gerade dieser Punkt äußerst belastend für Kinder ist. Vor allem angesichts ihres Alters fühlen sie sich im Alltag benachteiligt und nicht ernstgenommen (vgl. Andresen/ Hurrelmann 2013).
Offensichtlich ist es dem Menschen nicht gegeben, durch unsere, in uns schlummernde Vernunft, zu der Weisheit zu gelangen, dass jedes Individuum ein Recht auf Wahrheit und Wirklichkeit hat. Man muss sich immer wieder die Frage stellen, wieso Themen wie diese außen vor gelassen werden, obwohl sie zu unserer Realität gehören. Bekannter Weise ist es egal, ob in unserem eigenen Land gerade Krieg herrscht oder nicht, denn wenn dies nicht der Fall ist, dann ist die Situation des Friedens der Fall und somit wieder ein Bestandteil unserer Realität. Dies zeigt, egal ob hin oder her, wie sehr uns alle diese Themen etwas angehen und allein aus diesem Grund angesprochen werden müssen.
Gegen die oft skeptische Sichtweise vieler kann man anführen, dass die „Friedenserziehung als kritische Bewußtseinsbildung [sic!] und als Anbahnung entsprechender Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit“ (Klafki 2005, S.4) eine wichtige pädagogische Aufgabe ist und von Lehrern in Betracht gezogen werden sollte. Nicht nur der Aspekt der reinen Wissensvermittlung und Unterstützung bei der Bewältigung, sondern auch die Chancen neue Fähigkeiten zu erlangen, spielen hierbei also mit ein. Auch, um der möglichen Gefahr einer Fixierung, Blickverengung oder fehlenden Anteilnahme der Kinder zu entgehen, die die angestrebte Teilhabe an dieser Welt verhindern könnte, ist eine vielseitige Interessen- und Fähigkeitsförderung von großer Bedeutung. Diese wichtige Förderung der Interessen und vor allem Fähigkeiten ist gerade bei einer Unterrichtsreihe mit diesen Inhalten durchaus förderbar (vgl. Klafki 2005, S.6). Ute Stoltenberg möge hier von Zukunftsoptimismus sprechen, der angestrebt werden müsse (vgl. Pech/ Kaiser 2004, S.9). Unter Fähigkeiten kann man generell, wie Klafki, die „Grundlegenden Fähigkeiten“ verstehen, die auf Grund ihrer fundamentalen Bedeutung ihren Namen bekommen haben. Kritikfähigkeit, einschließlich Selbstkritik, Argumentationsfähigkeit, Empathie und übergreifendes Zusammenhangsdenken, womit das Erkennen von Verflechten gemeint ist, sind Befähigungen, die vorwiegend im allgemeinbildenden Fach Sachunterricht entwickelt werden können und auch müssen. Gerade um zunehmend die Welt, mit all ihren guten und schlechten Seiten erschließen zu können, scheint es also vorteilhaft, über diese Fähigkeiten zu verfügen (vgl. Kaiser/ Pech 2004, S.2). Ute Stoltenberg möge hier hinzufügen, dass gerade die Partizipation, also die Teilhabe an der Ausgestaltung der Welt, vermittelt und gefördert werden müsse (vgl. Kaiser/ Pech 2004, S.9).
Wie auch Dietmar von Reeken, der sich gezielt mit dem politischen Lernen in der Grundschule befasst, ist festzuhalten, dass Themen, die auf den ersten Blick nicht gerade kindgerecht erscheinen mögen, ohnehin unvermeidbar sind und sehr wohl ein Teil der kindlichen Lebenswelt darstellen. Man lässt außer Acht, dass Existenzprobleme, die ausschließlich die Erwachsenenwelt darzustellen scheinen, auch die von Kindern sind und auch Kinder sich durchaus über die Arbeitslosigkeit der Eltern Sorgen machen (vgl. Kaiser/ Pech 2004, S.14). Kinder schnappen alles auf und beginnen, um es noch einmal zu betonen, unbewusst mit dem Prozess der Lösungssuche. Was spricht also gegen eine solche Unterrichtsreihe, in der über diverse Problemstellungen gesprochen und bei der Lösungssuche geholfen werden kann? Dass auch Lehrer nicht immer eine Lösung oder Antwort auf eine Frage geben können, steht fest. Doch auch das Philosophieren mit Kindern könnte hier eine Möglichkeit der Auseinandersetzung sein. Und müssen überhaupt alle Fragen beantwortet werden können?
Ein wichtiger Punkt, der vielleicht sogar den wichtigsten aller Punkte darstellt, ist der Aspekt der modernen Medien. Besonders durch das Fernsehen gelangen Kinder oft ungewollt an Informationen, die sie überfordern. Hier möge man den Eltern sogar Zustimmung schenken. Kriegsberichterstattungen, die auf Grund von Ton- und Lichteffekten das ohne hin oft Grausame für Kinder mehr als erschreckend darstellen, sind mit die Hauptauslöser von ersten Ängsten zu dem Thema „Krieg“. Jedes Kind geht anders mit medialen Angstszenarien um. Doch grundlegende Urängste wie Furcht und Schrecken, die durch Dunkelheit oder plötzlich laute Geräusche bei jedem Menschen entstehen, sind im Fernsehen oft vorprogrammiert und alles andere als kinderfreundlich. Je kleiner die Kinder sind, desto extremer kann die Geräuschkulisse und Musik sie in den Bann ziehen (vgl. Götz 2005). Die Vermeidung solcher Berichtserstattung, unabhängig von der schwierigen Umsetzung, scheint zwar eine Lösung, hält Kinder jedoch wieder von der Realität fern. Vielleicht wäre die Förderung von Medienkompetenz eine weitere Fähigkeit, die die Kinder vor allem im Umgang mit Medien stärken würde, um den damit einhergehenden Problemen entgegenzuwirken. Doch kann ein Erstklässler oder sogar Kindergartenkind schon mit einem Laptop umgehen und beispielsweise das Internet für Recherchen nutzen?
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- Arbeit zitieren
- Laura Schmidt (Autor:in), 2015, Krieg und Frieden als Themenfelder im Sachunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/371664
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