1. Einleitung
Wussten Sie, dass im Jahre 2003 231′000 Haushalte in der Schweiz trotz vollzeitlichem Erwerb als arm gelten? (Bundesamt für Statistik [BFS], 2004) Diese Personen und Haushalte, welche trotz Erwerbstätigkeit arm sind, nennt man erwerbstätige Arme oder eben Working Poor. Massnahmen gegen Working Poor werden in der politischen Öffentlichkeit diskutiert. So fordert der Schweizerische Gewerkschaftsbund zur Bekämpfung von Working Poor vehement die Einführung gesetzlich verankerter Mindestlöhne (Gaillard, 2001). Gegner dieser Massnahme, wie beispielsweise der Schweizerische Arbeitgeberverband, machen dagegen auf die negativen Folgen einer Mindestlohn Massnahme aufmerksam (Zürcher, 2001). Die Forschungsfrage, welche durch diese Seminararbeit leiten soll, lautet: Ist ein gesetzlich festgelegter Mindestlohn geeignet zur Bekämpfung von Working Poor? Dabei wird von der These ausgegangen, dass ein gesetzlich festgelegter Mindestlohn Working Poor verringert.
Das zweite Kapitel bildet das Grundlagenkapitel. Es wird aufgezeigt, welche Schwierigkeiten sich in der Armutsforschung ganz allgemein und im Speziellen mit Definitionen von Working Poor stellen, und welches Verständnis wir benötigen, wenn wir Statistiken von Working Poor betrachten und basierend auf solchen Daten Massnahmen anwenden wollen.
Im dritten Kapitel wird dann auf die Mindestlohn-Diskussion eingegangen. Die Standpunkte dreier Parteien werden dargelegt. Die Mindestlohn Massnahme wird anhand einer Forschungsstudie mit einer zweiten Massnahme, der Steuergutschrift, verglichen und bewertet. Das abschliessende vierte Kapitel fasst die Erkenntnisse aus den Kapiteln zwei und drei zusammen, bindet sie in eine Diskussion ein und zieht daraus die notwendigen Schlüsse.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Working Poor
2.1 Definition Working Poor
2.2 Working Poor in der Schweiz
3. Mindestlohn als Massnahme gegen Working Poor?
3.1 Mindestlohn
3.2 Mindestlohn vs. Steuergutschrift
4. Diskussion, Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
Wussten Sie, dass im Jahre 2003 231'000 Haushalte in der Schweiz trotz vollzeitlichem Erwerb als arm gelten? (Bundesamt für Statistik [BFS], 2004) Diese Personen und Haushalte, welche trotz Erwerbstätigkeit arm sind, nennt man erwerbstätige Arme oder eben Working Poor.
Massnahmen gegen Working Poor werden in der politischen Öffentlichkeit diskutiert. So fordert der Schweizerische Gewerkschaftsbund zur Bekämpfung von Working Poor vehement die Einführung gesetzlich verankerter Mindestlöhne (Gaillard, 2001). Gegner dieser Massnahme, wie beispielsweise der Schweizerische Arbeitgeberverband, machen dagegen auf die negativen Folgen einer Mindestlohn Massnahme aufmerksam (Zürcher, 2001).
Die Forschungsfrage, welche durch diese Seminararbeit leiten soll, lautet: Ist ein gesetzlich festgelegter Mindestlohn geeignet zur Bekämpfung von Working Poor?
Dabei wird von der These ausgegangen, dass ein gesetzlich festgelegter Mindestlohn Working Poor verringert.
Das zweite Kapitel bildet das Grundlagenkapitel. Es wird aufgezeigt, welche Schwierigkeiten sich in der Armutsforschung ganz allgemein und im Speziellen mit Definitionen von Working Poor stellen, und welches Verständnis wir benötigen, wenn wir Statistiken von Working Poor betrachten und basierend auf solchen Daten Massnahmen anwenden wollen.
Im dritten Kapitel wird dann auf die Mindestlohn-Diskussion eingegangen. Die Standpunkte dreier Parteien werden dargelegt. Die Mindestlohn Massnahme wird anhand einer Forschungsstudie mit einer zweiten Massnahme, der Steuergutschrift, verglichen und bewertet.
Das abschliessende vierte Kapitel fasst die Erkenntnisse aus den Kapiteln zwei und drei zusammen, bindet sie in eine Diskussion ein und zieht daraus die notwendigen Schlüsse.
2. Working Poor
In diesem zweiten Kapitel werden die Grundlagen für das dritte Kapitel erarbeitet. Das erste Unterkapitel versucht dabei den Begriff „Working Poor“ zu definieren und zeigt die damit verbundenen Schwierigkeiten auf. Im zweiten Teilkapitel werden statistische Informationen des Working Poor Problems der Schweiz vorgestellt, um einen Überblick über das Ausmass von Working Poor in der Schweiz zu verschaffen. Das Ziel dieses zweiten Kapitels ist es einerseits Working Poor greifbar zu machen, andererseits aber zu vermitteln, dass Forschungsresultate sehr stark von der gewählten Definition abhängen und es deshalb keine Kategorien wie Richtig oder Falsch gibt, sondern höchstens solche wie Angemessen oder weniger Angemessen.
2.1 Definition Working Poor
Bei erwerbstätigen Armen (Working Poor) handelt es sich um Menschen, die, wie es der Name schon verrät, einerseits erwerbstätig sind, aber andererseits trotzdem als arm bezeichnet werden. Um folglich als Working Poor zu gelten, muss geklärt werden, unter welchen Umständen eine erwerbstätige Person als arm erachtet wird (Lichtie & Knöpfel, 1998, S. 11).
Haushalt
Die erste zweier zentraler Fragen, die es für die Definition von Working Poor zu klären gibt, ist, wann wir eine Person als erwerbstätig betrachten. Sollen einzelne Personen oder Haushalte auf Working Poor untersucht werden? (Lichtie & Knöpfel, 1998, S. 11-12) Für Guldimann (2001) drängt sich „aus sozialpolitischer Sicht“ (S.112) auf, Haushalte zu betrachten, da Haushalte immer als „wirtschaftliche Einheit“ (S. 112) funktionieren. Als Haushalt werden statistisch Personen gezählt, die in einer Wohnung leben und mindestens eine Hauptmahlzeit zusammen einnehmen (Leu, Burri & Priester, 1997, S. 84). Laut Lichtie und Knöpfel (1998) handelt es sich bei der Festlegung auf ganze Haushalte um einen „allgemeinen Konsens“ (S. 12). Dass es innerhalb der Haushalte noch viele weitere Unterscheidungsmöglichkeiten (Art des Haushalts, Beschäftigungsgrad des Haushalts) gibt, und damit die statistische Erfassung von erwerbstätigen Armen noch subjektiver wird, zeigen die Daten im Kapitel 2.2.
Armut und Armutsgrenze
Bleibt die zweite zentrale Frage des Working Poor Definitionsproblems: Wann gelten nun die oben eruierten Haushalte als arm? Dazu der Armutsforscher Leu (1997):
Auf die Frage, was „Armut“ ist und woran man erkennt, ob ein Mensch „arm“ ist, gibt es weder eine objektive, wissenschaftlich eindeutig beweisbare Antwort ... , noch besteht eine „Abgrenzung des Armutsbegriffs, die auf allgemeinen Konsens bauen kann“ ... Jede Armutsdefinition basiert letztlich auf grundlegenden Wertvorstellungen, die von Person zu Person unterschiedlich sind. (S. 9)
Welche Auswirkungen unterschiedliche Definitionen und Annahmen von Haushalten und Armut auf statistische Resultate haben, liefern Hagenaars und de Vos (1988) in ihrem Überblick über unterschiedliche Armuts- und Haushaltsdefinitionen in den Niederlanden. So ist je nach Betrachtungsweise die Armutsquote der Niederlanden zwischen 6% und 34%.
In der Forschung existieren zwei Armutskonzepte (vgl. Leu et al., 1997). Der Ressourcenansatz definiert Armut als Einkommensschwäche. Um diese Einkommensschwäche bestimmen zu können, wird eine Einkommensgrenze beziehungsweise eine Armutsgrenze festgelegt. Diejenigen Haushalte, welche nun auf oder unter dieser definierten Grenze liegen, werden als arm bezeichnet. (Lichtie & Knöpfel, 1998, S.16) Armutsgrenzen sind immer an gewisse Wertvorstellungen gekoppelt und daher stets normativ (Leu et al., 1997, S. 35, vgl. beispielsweise Hagenaars & de Vos, 1998, Piachaud, 1992). Zur Evaluierung der Working Poor in der Schweiz bietet es sich an, eine politische Armutsgrenze, welche von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) festgelegt wurde, anzuwenden. „Weil diese für die Working Poor, falls sie Unterstützungsbeiträge beziehen, zur Anwendung kommt“ (Guldimann, 2001, S. 112). Die Armutsgrenze der SKOS besteht aus einem Warenkorb, welcher sich aus dem so genannten Grundbedarf I und Grundbedarf II nach SKOS ergibt und einem durchschnittlichen Betrag für Miete und für obligatorische Krankenkassen-Grundversicherung (BFS, 2001).
Das zweite Armutskonzept, der Lebenslagenansatz, betrachtet Armut nicht isoliert als Einkommensschwäche, sondern berücksichtigt daneben nicht-materielle Ressourcen wie beispielsweise Arbeit, Bildung, Wohnsituation, Gesundheit sowie die Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (Lichtie & Knöpfel, 1998, S. 17).
Zwischen Lebenslagen- und Ressourcenansatzkonzept kommt es zum Relevanz/Brauchbarkeits-Konflikt (vgl. beispielsweise Sen, 2000). Das Lebenslagenkonzept bringt mehr Relevanz, doch mehr Relevanz bedeutet immer auch mehr Aufwand und Messungsprobleme. Dagegen ist der Ressourcenansatz, wenn auch nicht gleich aussagekräftig, praktischer und deshalb brauchbarer. Die Schwierigkeit besteht darin einen optimalen Konsens zwischen Relevanz und Brauchbarkeit zu finden, so dass die erhaltenen Resultate aus einer bestimmten, verwendeten Armutsdefinition aussagekräftig sind. Denn schliesslich werden, basierend auf diesen Forschungsresultaten und Statistiken, geeignete Massnahmen zur Lösung des Problems diskutiert und angewendet.
2.2 Working Poor in der Schweiz
Die folgenden statistischen Ausführungen stützen sich auf das Bundesamt für Statistik (BFS). Das BFS (2004) definiert die Kategorie der Working Poor als Personen zwischen 20 und 59 Jahre alt, und „in einem Haushalt leben, dessen kumulierter Erwerbsumfang der Haushaltsmitglieder 36 Stunden pro Woche oder mehr beträgt, das heisst im Minimum einer Vollzeitbeschäftigung (90% oder mehr) entspricht“ (S. 4). Die Armutsgrenze wurde von den Richtlinien der in Unterkapitel 2.1 erwähnten SKOS abgeleitet und beträgt für einen Einpersonenhaushalt 2’450 Franken und für eine Familie mit zwei Kindern 4'550 Franken. Wenn das gesamte Haushaltseinkommen nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen und der Steuer unter dieser Armutsgrenze liegt, so gilt dieser Haushalt als arm (BFS, 2004).
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- Arbeit zitieren
- Mirco Eberhard (Autor:in), 2005, Bekämpfung des "Working poor"-Phänomens in der Schweiz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37122
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