„Es lassen sich nur schwer Szenarien ausmalen, in denen diese Komplementarität [der deutsch-amerikanischen Beziehungen] verblassen würde.“1 So beschreibt Josef Joffe noch im Jahre 1996 das deutschamerikanische Verhältnis. In seinem Leitartikel der Zeit vom Januar 2003 prophezeit er die „deutschamerikanische special relationship” als ein mögliches der „Opfer” der Irak- Krise2. Diese Kommentare spiegeln deutlich die Veränderungen im bilateralen Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika wieder. Steht die langjährige Partnerschaft dieser beiden Staaten vor dem Aus? Kann ein Weg aus dieser, nicht nur diplomatisch, schwierigen Situation gefunden werden? In dieser Arbeit soll untersucht werden, inwieweit sich diese Partnerschaft verändert hat, und welche Faktoren dabei berücksichtigt werden müssen. Vorab erfolgt eine knappe Zusammenfassung der Analysemuster des außenpolitischen Wandels. Im Anschluss daran soll die Geschichte der Partnerschaft seit dem Zweiten Weltkrieg und die aktuellen Veränderungen in der Außenpolitik Deutschland gegenüber den USA aufgezeigt werden. 1 In: Kaiser, S. 119. 2 In: Die Zeit, Nr. 8, 2003, S. 1.
Inhaltsverzeichnis:
I. Aktuelle Entwicklung der deutsch-amerikanischen Beziehungen
II. Deutschland - USA: Eine schwierige Partnerschaft?
1. Außenpolitikanalyse und aktuelle Veränderungen der internationalen Politik
1.1 Analysemuster des außenpolitischen Wandels
1.2 Veränderungen bilateraler Beziehungen unter dem Aspekt der Globalisierung
1.3 Veränderungen in der internationalen Politik
2. Historischer Überblick der deutsch-amerikanischen Beziehungen seit 1945
2.1 Adenauers Politik der Westintegration (1945-54)
2.2 Allianz des Misstrauens (1955-61)
2.3 Krisen der bilateralen Beziehungen (1962-69)
2.4 Neue bilaterale Agenda (1963)
2.5 “Abstimmung mit dem Westen, Verständigung mit dem Osten” (1969-81)
2.6 Der Nato-Doppelbeschluss
2.7 Die bilateralen Beziehungen vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung
3. Veränderungen der bilateralen Beziehungen in den 90er Jahren
3.1 Die Ära Kohl - Die Bonner Republik
3.2 Rot-Grüne Außenpolitik gegenüber den USA - Die Berliner Republik
3.3 Veränderungen und Spannungen vor dem Hintergrund der Irak-Krise
III. Zusammenfassung und Ausblick
Vi. Literaturverzeichnis
I. Aktuelle Entwicklung der deutsch-amerikanischen Beziehungen
„Es lassen sich nur schwer Szenarien ausmalen, in denen diese Komplementarität [der deutsch-amerikanischen Beziehungen] verblassen würde.“[1] So beschreibt Josef Joffe noch im Jahre 1996 das deutsch-amerikanische Verhältnis.
In seinem Leitartikel der Zeit vom Januar 2003 prophezeit er die „deutsch-amerikanische special relationship” als ein mögliches der „Opfer” der Irak-Krise[2]. Diese Kommentare spiegeln deutlich die Veränderungen im bilateralen Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika wieder. Steht die langjährige Partnerschaft dieser beiden Staaten vor dem Aus? Kann ein Weg aus dieser, nicht nur diplomatisch, schwierigen Situation gefunden werden?
In dieser Arbeit soll untersucht werden, inwieweit sich diese Partnerschaft verändert hat, und welche Faktoren dabei berücksichtigt werden müssen. Vorab erfolgt eine knappe Zusammenfassung der Analysemuster des außenpolitischen Wandels. Im Anschluss daran soll die Geschichte der Partnerschaft seit dem Zweiten Weltkrieg und die aktuellen Veränderungen in der Außenpolitik Deutschland gegenüber den USA aufgezeigt werden.
II. Deutschland - USA: Eine schwierige Partnerschaft?
1. Außenpolitikanalyse und aktuelle Veränderungen der internationalen Politik
Vorab soll ein kurzer Überblick über verschiedene Methoden der Außenpolitikanalyse gegeben werden. Hierbei soll untersucht werden, welches Modell für die Veränderungen der deutschen Außenpolitik, insbesondere im Verhältnis gegenüber Amerika, am Besten geeignet ist.
Auch die Entwicklungen in der internationalen Politik dürfen dabei nicht außer Acht gelassen werden.
1.1 Analysemuster des außenpolitischen Wandels
Monika Medick-Krakau stellt in ihrem Beitrag „Außenpolitischer Wandel: Diskussionsstand - Erklärungsansätze - Zwischenergebnis” verschiedene Methoden der Wandelanalyse gegenüber. Sie sieht außenpolitischen Wandel gekennzeichnet durch die Abhängigkeit des Begriffes vom jeweiligen Betrachter. Dieser trifft durch seine indivuiduelle Fragestellung, seine verwendeten Modellannahmen und analytischen Konzepte eine Entscheidung über die Auslegung des Begriffes[3]. Wandel muss zudem als „relationelles Konzept”[4] gesehen werden. Er stellt einen temporären Vergleich mit engem Bezug zu den Komponenten Stabilität und Kontinuität der Außenpolitik dar. Desweiteren muss eine Differenzierung nach den einzelnen Nuancen des Wandels erfolgen.
Drei Konzepte der Außenpolitikanalyse bilden die theoretischen Ansätze:
a) Der entscheidungs- und prozeßorientierte Ansatz,
b) der institutionalistische Ansatz und
c) der kognitive, ideen- oder lernorientierte Ansatz[5].
Deborah Gerner hat den entscheidungs- und prozessorientierten Ansatz folgendermaßen erläutert: Außenpolitikanalyse ist das Zusammenspiel von „intentions, statements and actions of an actor - often, but not always a state -directed toward the external world and the response of other actors to these intentions, statements and actions.”[6] Damit stellt sie die Berücksichtigung der politischen und gesellschaftlichen Konstitutionen dieses Ansatzes dar.
Der institutionalistische Ansatz orientiert sich an Rollenkonzepten oder Typologien einzelner Gesellschaften mit staatlicher Organisation. Vertreter dieses Ansatzes sind, mit unterschiedlichen Auslegungen, Ernst Otto Czempiel, Rosecrance mit seinem macht- und handelsstaatlichen Rollenkonzept, sowie Maull, der die Zivilmacht als Rollenmuster eingeführt hat. Außenpolitik wird hierbei als „interessenorientiertes Ergebnis rationaler Mittelwahl”[7] gesehen.
Der dritte Ansatz stellt Handlungsnormen und kollektive Identitäten in den Vordergrund. Diese prägen nach Thomas Risse die Beweggründe, die Auswahl der Mittel und die Selbstsicht der staatlichen Gesellschaft gegenüber ihrer international geprägten Umwelt[8].
Die deutsche Außenpolitik kann unter Einbeziehung der Kombination aus prozeßorientiertem und institutionalisiertem Ansatz untersucht werden.
Nach der Wiedervereinigung haben sich in Deutschland sowohl die politischen als auch die gesellschaftlichen Strukturen verändert. Die parlamentarischen Organe, die auch hinsichtlich der Außenpolitikgestaltung eine Rolle spielen, haben sich vergrößert. Sie sehen sich außerdem mit neuen Aufgaben und Herausforderungen nach dem Zusammenbruch des Ost-West-Konfliktes konfrontiert.
Deutschland muss sich nach 1989 eine neue Rolle innerhalb des internationalen Systems suchen. Es ist größer und besonders aus Sicht der europäischen Nachbarländer gestärkter als zu Zeiten des Kalten Krieges.
Eine Einfügung in die veränderte internationale Umwelt stellt die Bundesrepublik auch in Bezug auf ihr Verhältnis zu den USA vor neue Herausforderungen.
1.2 Veränderungen bilateraler Beziehungen unter dem Aspekt der Globalisierung
Neben der Wandelanalyse nach Medick-Krakau soll im Folgenden kurz der Zusammenhang zwischen Veränderungen in bilateralen Beziehungen unter dem Aspekt der Globalisierung eingegangen werden. Dieses Konzept vertritt insbesondere Wilfried von Bredow.
Er vertritt die Ansicht, dass in Zeiten wachsender Globalisierung zwischenstaatlische Beziehungen immer wichtiger werden, und nicht etwa an Bedeutung aufgrund der wachsenden Zahl von inter- und transnationalen Organisationen und Bündnissen abnimmt[9].
Bredow stellt die Besdeutung der persönlichen Beziehungen zwischen Poltikern zueinander, hierbei meist Außenminister und Bundeskanzler, beziehungsweise Präsident, in den Vordergrund. Diese einzelnen Verhältnisse in der Geschichte der deutsch-amerikanischen Beziehungen werden später noch genauer beleuchtet.
In diesem Zusammenhang steht ebenso die Vergangenheit eines Volkes oder Staates. Historische Ereignisse in den bilateralen Beziehungen können oftmals auch Jahre später noch prägend für den Umgang zweier Länder miteinander sein.
Diese Aspekte aber auch zeigen den Einfluss bilateraler Beziehungen auf die internationale Politik. Somit können nicht nur Beeinflussungen von Seiten der internationalen politischen Veränderungen auf zwischenstaatliche Beziehungen, sondern auch die umgekehrte Suggestion beobachtet werden[10].
1.3 Veränderungen in der internationalen Politik
Die Entwicklung der deutsch-amerikanischen Beziehungen kann nicht isoliert von den Veränderungen in der internatinalen Politik betrachtet werden.
Die Anfänge nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges stehen eindeutig im Schatten der Übermacht der USA. Deutschland hat auch nach dem Eintrtitt in die NATO nur begrenzte außenpolitische Souveränität. Es herrscht eine Abhängigkeit Bonns, besonders im sicherheitspolitischen Bereich, gegenüber Washingtons vor.
Erst im Laufe der 60er und 70er Jahre erfolgt eine schrittweise „Emanzipation”[11] Deutschlands. Je nach internationaler Situation während des Kalten Krieges ist die Bundesrepublik außenpolitisch gegenüber den USA handlungsfähig oder in ihrem Spielraum begrenzt.
Erst in den Folgejahren nach der Wiedervereinigung tritt die Außenpolitik Deutschlands aus dem Schatten der Großmächte.
Die deutsch-amerikanischen Beziehungen können in verschieden Phasen der Beeinflussung durch die Weltpolitik gesehen werden. Der historische Überblick im Anschluss an diesen Punkt versucht, diese Einteilung zu vollziehen.
Im Großen und Ganzen können aber zwei übergreifende Abschnitte festgehalten werden:
Die Veränderungen während des Kalten Krieges und die Entwicklungen nach der Wiedervereinigung[12], insbesondere seit der Diskussion und Beschlussfassung zu „out-of-area”-Einsätzen der Bundeswehr.
2. Historischer Überblick der deutsch-amerikanischen Beziehungen seit 1945
Um die Veränderungen der special relationship der bilateralen Beziehungen besser zu erläutern, soll im Folgenden ein kurzer Überblick über die Entwicklungen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 gegeben werden.
2.1 Adenauers Politik der Westintegration (1945 - 54)
Konrad Adenauer versucht nach dem Ende des zweiten Weltkrieges Deutschland wieder in das westliche Bündnissystem zu integrieren. Er verfolgt diese Politik nicht nur als 1. Bundeskanzler, sondern, ab 1951 auch als erster Außenminister der Bundesrepublik Deutschland. Nach Wiedereinrichtung des Auswärtigen Amtes 1951 umschreibt er seine Bestrebungen folgendermaßen: „Auf aussenpolitischem Gebiet liegt unsere Linie fest. Sie richtet sich in 1. Linie darauf, ein enges Verhältnis zu den Nachbarstaaten der westlichen Welt, insbesondere zu den Vereinigten Staaten herzustellen.”[13]. Die Ziele Deutschlands beinhalten somit drei Punkte: Integration, äußere Sicherheit und Gleichberechtigung der Bundesrepublik Deutschland[14]. Aber auch die USA verfolgen zu dieser Zeit klar definierte Absichten in Europa, speziell in Deutschland: Eine Verbesserung der ökonomischen Lage Deutschlands führt zu einer finanziellen Entlastung des US-Haushaltes und zur Entstehung eines Absatzmarktes für US-Produkte. Ein entnazifiziertes, demokratisiertes und auf lange Sicht wiedervereintes Deutschland stellt zu diesem Zeitpunkt für die USA einen wichtigen Bestandteil in der Absicherung Europas gegenüber der Sowjetunion dar[15]. Adenauer versteht es die Interessen Deutschlands geschickt mit den amerikanischen zu verknüpfen. Prägend für diese Zeit ist seine
[...]
[1] In: Kaiser, S. 119.
[2] In: Die Zeit, Nr. 8, 2003, S. 1.
[3] Vgl.: Medick-Krakau, S. 9ff.
[4] In: Medick-Krakau, S. 10.
[5] In: Medick-Krakau, S. 27.
[6] In: Medick-Krakau, S. 10.
[7] In: Medick-Krakau, S. 11.
[8] Vgl.: Medick-Krakau, S. 12.
[9] Vgl.: Bredow, S. 109
[10] Vgl.: Bredow, S. 114ff.
[11] In: Bierling, S. 308.
[12] Vgl.: Bierling, S. 307 ff.
[13] In: Larres, S. 103.
[14] Vgl.: Westphal, S. 76ff.
[15] Vgl.: Larres, S. 95ff.
- Citation du texte
- Dr. Maria Dorn (Auteur), 2001, Die Außenpolitik der BRD gegenüber den USA - Eine schwierige Partnerschaft?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37073
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