Der Ritter, als reitender Kämpfer des Mittelalters, steht auch heute noch sinnbildlich für die höfische Kultur der mittelalterlichen Epoche. Denken wir an Ritter, kommen wir nicht umhin, sie auf einem großen, prächtigen Pferd in strahlender Rüstung zu sehen. Der Fokus der Ritterforschung lag lange Zeit vorwiegend auf dem Reiter mit Schwert und Rüstung, nicht aber auf der wichtigen Grundlage dieser bekannten mittelalterlichen Ikone, dem Pferd.
Das Pferd kann zweifelsohne als Katalysator des menschlichen Fortschritts betrachtet werden. Über Jahrhunderte hinweg revolutionierte es, global, unzählige Bereiche gesellschaftlichen Lebens. Transportwesen, Agrarwirtschaft, Mobilität, Militärwesen, Informationswesen sind hier zu nennen. Vereinfacht gesagt brachte das Pferd Geschwindigkeit und Kraft in die Welt. Die Periodisierung der Geschichte wurde durch Reinhart Koselleck treffend einfach, hippologisch strukturiert: Vor- Pferdezeitalter, Pferdezeitalter und Nach- Pferdezeitalter. Man könnte auf Wirtschafts-, Militär-, Alltagsgeschichte, Technik-, Transport- und Symbolgeschichte eingehen, kein Bereich wurde nicht von diesem Tier verändert und kultiviert. Die vorliegende Arbeit wird sich dem Pferd im 12.Jahrhundert widmen, im speziellen wird die ritterlich-höfische Kultur Englands jener Zeit ins Blickfeld gerückt, da zwischen 1144-1166 das Angevinische Reich in großem Stil territorial expandierte.
Inhalt
1. Einleitung
2. Zur Bedeutung von Tieren in der humanen Gesellschaft
2.1. Pferde in der mittelalterlichen Gesellschaften -– Der kentaurische Pakt
3. Miles- Der berittene Krieger
3.1. Das Turnier oder- das Pferd Tummeln
3.2. Der Buhurt
4. Die Pferd- Mensch Beziehung
4.1. Funktionalitätsunterschiede der Pferde
4.2. Symbolcharakter des Pferdes
5. Das Angevinische Reich
6. Fazit
Quellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der Ritter, als reitender Kämpfer des Mittelalters, steht auch heute noch sinnbildlich für die höfische Kultur der mittelalterlichen Epoche. Denken wir an Ritter, kommen wir nicht umhin sie auf einem großen, prächtigen Pferd in strahlender Rüstung zu sehen. Der Fokus der Ritterforschung lag lange Zeit vorwiegend auf dem Reiter mit Schwert und Rüstung, nicht aber auf der wichtigen Grundlage dieser bekannten mittelalterlichen Ikone, dem Pferd.
Das Pferd kann zweifelsohne als Katalysator des menschlichen Fortschritts betrachtet werden. Über Jahrhunderte hinweg revolutionierte es, global, unzählige Bereiche gesellschaftlichen Lebens. Transportwesen, Agrarwirtschaft, Mobilität, Militärwesen, Informationswesen sind hier zu nennen. Vereinfacht gesagt brachte das Pferd Geschwindigkeit und Kraft in die Welt. Die Periodisierung der Geschichte wurde durch Reinhart Koselleck treffend einfach, hippologisch strukturiert: Vor- Pferdezeitalter, Pferdezeitalter und Nach- Pferdezeitalter[1]. Man könnte auf Wirtschafts-, Militär-, Alltagsgeschichte, Technik-, Transport- und Symbolgeschichte eingehen, kein Bereich wurde nicht von diesem Tier verändert und kultiviert. Die vorliegende Arbeit wird sich dem Pferd im 12.Jahrhundert widmen, im speziellen wird die ritterlich- höfische Kultur Englands jener Zeit ins Blickfeld gerückt, da zwischen 1144-1166 das Angevinische Reich in großem Stil territorial expandierte. Dabei soll untersucht werden, welchen Stellenwert das Pferd im gesellschaftlichen Bereich zugesprochen werden kann, sowie welchen Einfluss es auf Machterweiterung und Machterhalt hatte. Hauptaugenmerk wird deshalb auf das Schlachtross gelegt. Auch soll die soziale Mobilität des Ritters besprochen werden. Die Quellenlage ist im historiographischen Bereich der zu untersuchenden Zeit leider nicht sehr ergiebig, jedoch werde ich aufbauend auf der Hauptquelle, der "Histoire de Guillaume le Maréchal", Sekundärliteratur aus den Bereichen der Ethnologie, Anthropologie und Soziologie einbeziehen, sowie Kartenmaterial. Der Forschungsstand bezieht sich zumeist auf die militärische Funktion dieses Tieres, und dessen verschwinden im 20. Jahrhundert, deshalb werde ich auf viele Aufsätze in Sammelbänden zurückgreifen, da Monographien rar sind.
2. Zur Bedeutung von Tieren in der humanen Gesellschaft
Arnold Gehlen verstand den Menschen als „Mängelwesen“, der Mensch hat laut ihm in vielen Bereichen des Lebens Defizite. Tiere dienen zum Ausgleich dieser Defizite.[2]
Dem Ansatz, dass Tiere „Träger“ der menschlichen Kultur sind, wird von Ethnologen seit geraumer Zeit Beachtung geschenkt. Da domestizierte Tiere Besitz darstellen und somit Abbild des gesellschaftlichen Status sein können. In der mittelalterlichen Kultur, vor allem im Bereich der Landwirtschaft und des Ritteradels kommt dieser Ansatz zum Tragen. So sind Tiere fest integrierte Faktoren des damaligen Alltagsgeschehens und des wirtschaftlichen Kreislaufs und, folgerichtig, Teil eines sozialen Komplex. Auf diese Weise wird ein interdependenter kultureller Integrationszyklus geschaffen.[3] Besonders Pferde nehmen in diesem Zyklus einen historisch unvergleichbaren Platz ein. Demnach kann behauptet werden, dass das Pferd Aushängeschild für die soziale Position eines Menschen, in der damaligen Gesellschaft war.
2.1. Pferde in der mittelalterlichen Gesellschaften –
Der kentaurische Pakt
In der Mensch-Pferd- Biozönose werden humaner Intellekt und animalische Kraft vereint, welche zu Fortschritt führen.
Die Bedeutung des Pferdes ist wie in der Einleitung erwähnt nicht zu unterschätzen. So muss grundlegend, wenn auch nicht en Detail darauf eingegangen werden, welche Lebensbereiche von Pferdestärken „abhängig“ waren, um die Effektivität jener zu vergrößern. Primär sollte hier die Nahrungsversorgung genannt werden, so wurden Pferde in der Landwirtschaft als Nutztiere verstanden, hinzu kommt die Rolle des Lasten- bzw., Transporttieres in ökonomischer, infrastruktureller und informationstechnischer Hinsicht (dazu mehr in Kapitel 5).
Darüber hinaus waren Pferde kriegswichtig, und somit entscheidendes Machtinstrument. Warum? Weil sie schnell sind!
„Die wichtigste Leistung, die mit dem Pferd in die Geschichte kommt, ist die Geschwindigkeit [...]. Das Pferd [...] ermöglichte es Herrschaft in einem territorialen Umfang, wie sie ohnedem undenkbar gewesen wäre. Dank dem Pferd ließen sich weite Territorien erobern und ausgedehnte Herrschaften errichten; mehr noch sie ließen sich sichern und aufrechterhalten.“[4]
Somit ist das Pferd nicht nur gesellschaftlich, sondern, vor allem auch politisch von enormer Bedeutung, es gewährleistete Optionen der Machtpolitik und Eroberungspolitik für die damalige Zeit, in neuen, großen Dimensionen zu planen und zu vollziehen.[5]
Voraussetzung dafür war die Domestizierung und Zähmung, dieses sensiblen Fluchttieres. Im England des 12. Jahrhunderts wurden Pferde zumeist im Turnier auf kriegerische Situationen trainiert. Der Reiter, in diesem Fall ein Ritter, wird im folgenden Erwähnung finden.
3. Miles - Der berittene Krieger
Der Ritter, wäre wohl nichts ohne sein Pferd und vice Versa, jedoch würde es nicht einmal seinen Titel ohne seinen animalischen Begleiter geben, da:
„[…] die seit dem späten 11. Jahrhundert belegten volkssprachlichen Bezeichnungen offenbaren, welche Rolle dabei das Streitross für den miles loricatus, den Panzerreiter spielte: Das altfranzösische Wort für chevaliers ist abgeleitet vom lateinischen caballarius (ursprünglich Pferdeknecht), und das mittelhochdeutsche Wort »rit(t)er« bedeutet Reiter. Mit dem englischen knight dagegen überdauerte die Bedeutung von miles, Krieger.“[6]
Das Ziel eines angehenden Ritters war die Schwertleite, oder das was hinlänglich unter dem Begriff Ritterschlag bekannt ist. Jedem Ziel geht ein Weg voran, hier musste sich der, der sich eines Tages mit dem Titel des Ritters kleiden wollte diverse Fähigkeiten aneignen, die ihm diese Würde zu teil werden ließen. Vor allem der Umgang mit Pferden und Waffen, sowie das erlernen feiner Sitten oder der curiales disciplinae (höfische Zucht) gehörte dazu.[7]
Ritter waren, fernab von den Dogmen der ritterlich-höfischen Kultur, vereinfacht gesagt Soldaten, denn es war der Kriegsdienst der den Ritteradel schuf.[8]
Ein Krieger, der unter diversen Tugenden agierte, diese waren reht, milte, staete und maze [9] und prägend für das Bild des Ritters in der Zeit der vollen Entfaltung des Rittertums (12. zum 13. Jahrhundert).[10]
Jedoch zeichnet sich zwischen der Realgeschichte und dem Ideal ein diametrales Bild ab. Als höchste Tugend sei das Geben (curialitas) genannt, allerdings wurde realgeschichtlich geraubt und getötet.[11]
Vorbereitung auf kriegerische Auseinandersetzung fanden zumeist während eines Turniers oder auch simulacrum belli, dem simulierten Krieg statt.[12]
Hier bestand nicht nur die Möglichkeit sich und seine Reitkunst zu kultivieren, sondern auch sozialer Prestigegewinn, Knüpfung von Kontakten, sowie die Erbeutung von anderen Rittern und Pferden, durch die man einen finanziellen Zugewinn mittels Lösegelderpressung erhalten konnte. Sozialer Aufstieg waren demnach abhängig von der Reitkunst der Ritter, ergo galt das Pferd als Fundament des sozialen Aufstiegs. Der erfolgreichste Turnierkämpfer war seinerzeit Guillaume le Maréchal, der erste Earl von Pembroke, welcher den Ruf hatte, der beste Ritter aller Zeiten zu sein.
3.1. Das Turnier oder das Pferd Tummeln
„Sir Philip de Valognes was armed so elegantly and so very finely, and the handsomest knight of all oft hem; he was also swifter than any bird. For this many a knight observed him. The Marshal observed him closely, then immediately he left the ranks, spurred on his horse Blancart; he launched himself at great speed into their midst and seized Philips´s bridle. Philip made every effort to defend himself, but no effort was on any avail: the Marshal by force dragged him towards himself and took him away from the tournament.“
HGM 1324-1339
Diese Beschreibung eines Turnierkampfes macht deutlich, dass es nicht nur, um sportliches Kräftemessen ging. Die Bezeichnung des Turniers unterlag, wie viele Begriffe in der Geschichte, einer Transformation, aber auch damals war die Perzeption eines Turniers mehrdeutig, so konnte man es als simulierten Krieg oder auch als Festlichkeit ansehen, ausschlaggebend war vermutlich der Veranstalter und der Verhöflichungsgrad des Turniers.[13]
All dies fand auf dem Rücken der Pferde statt. Interessant an diesem Quellenauszug ist, dass das Pferd Guillaume le Maréchals namentlich Erwähnung findet. Dies lässt auf eine besondere Stellung des Pferdes deuten, wahlweise durch seine Kraft, Ausdauer und Wendigkeit oder auch durch die emotionale Bedeutung/ Bindung für den Reiter selbst. So widersprüchlich die ritterlichen Tugenden in Bezug auf die Realität, so widersprüchlich auch die Perzeption des Turniers in der Literatur. Es ist gesichert das die Kreuzzüge kirchlich motivierte Konflikt darstellten, allerdings verbot die Kirche das Turnier da dieses den Tugenden der Ritterlichkeit widersprach. So machten sich die Ritter der neben eventuellem Prestigegewinn der sieben Totsünden schuldig:
„[…] des Hochmuts, da nur eitler Ruhm erstrebt wird; des Neids, da jeder dem anderen den Erfolg neidet; des Hasses, weil einer den anderen schlägt, verwundet und tötet; der Habsucht, weil einer den anderen gefangen nimmt und seiner Waffen sowie seines Pferdes beraubt; der Vergnügungssucht, weil die Ritter für waffentüchtig gehalten werden wollen, um schamlos Frauen zu gefallen, deren Insignien sie gleichsam als Fahnenzeichen tragen.“[14]
Deutlich daran wird, dass das Pferd in einem Satz mit den Waffen genannt wird und somit eine Distinktion betont wird, nämlich im Bereich der Wertigkeit die dem Pferd zugeschrieben wird. Es wird nicht als bloßer Gegenstand gewertet.
Da die militärische Auseinandersetzung, zumeist eine Choreographie sich aufeinander zubewegender Reiterverbände war, kann vermutet werden das sich das bei einem Turnier ähnlich verhielt. Es ist schwer vorstellbar das dieser Angriff, ohne Regeln auskam.
„Die angreifenden Reiter müssen ihre Pferde aufeinander abstimmen, so dass das langsamste Pferd der Formation das Tempo vorgibt. Wenn jeder anreitet, so schnell ihn sein Pferd trägt, führt dies zur Katastrophe; [...] ein derart diszipliniertes Verhalten [ließ] sich nur schwerlich mit dem individuellen Streben nach kriegerischem Ruhm vereinbaren. Im Pferd und seiner Qualität schlug sich auch das Rangbewusstsein seines Reiters nieder, was diesen dazu verleiten konnte, jenseits aller taktischer Überlegungen ganz allein auf sein Pferd und damit seinen Ruhm zu setzen. “[15]
Vermutlich gab es um diesem individuellen Ruhmstreben vorzubeugen eine spezielle Form des Einzelkampfes. Sünde und Kirche sind Begriffe die sich schwer vereinbaren lassen, demzufolge sprach die Kirche ein Turnierverbot aus und verwehrte Rittern das christliche Begräbnis, dieses Verbot wurde erst 1316 von Papst Johannes XXII aufgehoben. Ständige Ausnahme zu diesem Verbot machte der Einzelkampf, der Buhurt, der im Folgenden Erwähnung findet.[16]
3.2. Der Buhurt
Der Buhurt ist eine Begegnung zwischen zwei Rittern, die sich im Lanzenkampf messen. Diese Übung empfand die Kirche nicht nur als zulässig, sondern notwendige Übung für zukünftige Kämpfe/Kriege in dessen Namen. Symbolträchtig erscheint dieses Kräftemessen, da der einzelne Ritter im Fokus stand.[17] Dieses zur Schau stellen der Fähigkeiten konnte über soziale Chancen bestimmen und, wie im Falle Guillaume le Marѐchals, über den restlichen Lebensverlauf entscheiden. Gewann man den Buhurt, gewann man Verfügungsgewalt über seinen Gegner und dessen Besitz. Der Sieger machte auf sich Aufmerksam und konnte, wie im Falle Guillaumes, von großen Königen in verantwortungsvolle Stellungen erbeten werden.
4. Die Pferd-Mensch-Beziehung
„A man already armed in such a predicament as this, but whose horse is too far away from him when his enemies attack, is more quickly taken and held by them, and suffers more harm and hurt at their hands then if he were already in the saddle. Any man who is far from his horse will soon come unstuck in his hour of need. I have seen man on occasions, come unstuck in this way, thereafter to die or suffer the ignominy of capture.“
HGM 2177-2187
Das Pferd tritt in dieser Szene der Histoire als Lebensretter auf, denn Pferd und Ritter bilden eine Kampfeinheit, so scheint der Ritter förmlich beschnitten ohne es und tritt, wie bereits erwähnt, als militärisches Mängelwesen auf. Man gewinnt nicht den Eindruck, dass diese Textstelle der sonst üblichen mediävistischen, sehr heroisierenden Intentionen der damaligen Schriftsteller unterliegt. Diese Darstellungsweise ist sehr treffend, denn ein lebensrettendes Abhängigkeitsverhältnis zum Pferd wird hier deutlich. Allerdings steht nicht das Pferd im Fokus, sondern nur seine Funktion für den Reiter. Das Pferd gehört zur Ausrüstung des Reiters, wie seine Lanze oder sein Schild. Es ist seine „Waffe und elementarer Bestandteil des Gewaltpotenzials das von ihm ausgeht“[18]. Dieses Gewaltpotentials beschnitten strahlt der Ritter keine Bedrohung für den Gegner aus, somit ist auch sein Selbstverständnis beschnitten.
Dies wird deutlicher, wenn man sich noch einmal den Quellenauszug im Abschnitt 3.1., Das Turnier, ansieht. Das Pferd besitzt zudem einen Insignien Charakter und hat symbolische Kraft, somit lässt sich vermuten, dass eine emotionale Bindung zwischen Reiter und Pferd bestand, in der Quelle bewahrt das Pferd seinen Reiter vor Leid und Schande. Im Folgenden soll auf die Funktionalität des Pferds im Gefecht, sowie auf den Symbolcharakter des Pferdes eingegangen.
4.1. Funktionalitätsunterschiede der Pferde
Bereits in der Antike verfasste der Philosoph Xenophon eine Abhandlung über die Reitkunst. Seine wichtigste Aufforderung war, dass das Pferd gut zu behandeln sei, da man sich in Kriegs- und Notsituationen auf es verlassen können müsse. Hier spilt er auf die Vertrauensbeziehung zwischen Reiter und Reittier an. Mittelalterliche Kriege/ Konflikte zeichnen sich durch berittene Heere aus. Das Pferd diente nicht nur als Waffe in, es reiht sich wie bereits erwähnt eher in ein erhebliches Repertoire ein, das einem Ritter zur Verfügung stand. Schlachtrosse wurden eigens für diesen Einsatz trainiert und mussten gewissen Anforderungen gerecht werden, hierzu zählen Ausdauer, Kraft und Verhalten. Zwischen 1250 und 1350 kostete ein Reitpferd 24mal so viel wie ein Arbeitspferd und ein Schlachtross etwa 800mal so viel, die Verhältnisse der Kosten werden sich 100 Jahre zurück datiert vermutlich gehalten haben, jedoch dient dieser Vergleich dazu, sich ein besseres Bild der finanziellen Wertigkeit eines Schlachtrosses bewusst zu machen. Es ist zu vermuten das auch hier Kriegs und Friedenszeiten eine Rolle spielten, denn auch damals wurde der Markt von Angebot und Nachfrage reguliert. Daraus wird ersichtlich, dass es nicht nur Statussymbol war, sondern gleichzeitig auch der teuerste Ausrüstungsgegenstand eines Ritters. Hinzu kommen die Haltungskosten. Pferde wurden im Mittelalter nicht nach Rassen, sondern nach Einsatzgebieten unterschieden, hier ist erneut ein deutliches Stratifizierungsmuster zu erkennen, welches nicht nur Menschen in Stände unterteilte, sondern auch Pferde als Merkmal dazu nutzte. So sind hier der palefridi, die curriles equi und die rustici zu nennen, also das Reittier, der Läufer und das Arbeitspferd. Ein Ritter zog nie mit nur einem Pferd in die Schlacht, er besaß mindestens drei. Dabei darf die Stellung des Packpferdes nicht unterschätzt werden, denn die Versorgung der anderen Pferde, sowie der Ritter wurde auf seinem Rücken transportiert und es schonte somit die Schlachtrösser vor zu großer Belastung während des Marschs. Dazu eine kleine Kalkulation: 30 bis 45 km konnte man mit der Unterstützung von Pferden, täglich an Distanz zurücklegen. Ein Mensch läuft durchschnittlich je nach Witterung, Last die er zu tragen hat und der Geländebeschaffenheit (bergauf) ca. 5-6 km pro Stunde. Um eine Distanz von 45 km pro Tag zu schaffen, hätte man neun Stunden benötigt. Gehen wir davon aus, dass diese Menschen sich auf eine kriegerische Auseinandersetzung hinbewegten, so lässt sich sagen, dass die menschlichen Kraftressourcen sehr schnell aufgebraucht gewesen wären. Hinzu kommt die Lebensmittelversorgung die nur durch Plünderungen, über lange Strecken, gewährleistet hätte werden können, diese machen eine schnelle Flucht oder totales Auslöschen eines z.B. Dorfes nötig und die Krieger setzten sich zudem Gefahren aus (Verletzung oder Tod). All jene Überlegungen lassen sich durch Pferde simpler, effektiver und kräfteschonender planen.
Kam es dann zu kriegerischen Auseinandersetzungen, wurde das Pferd als erstes ins Visier der Angreifer genommen. Dies ist nicht verwunderlich, in einer Reiterformation ohne Pferd zu sein, bedeutete entwaffnet, unfassbar bewegungseingeschränkt und ohne Fluchtmöglichkeit zu sein. Die schwere Rüstung und das eingeschränkte Sichtfeld machten den Ritter zu leichter Beute.[19] Bezieht man die eben genannten Aspekte auf die Quelle, kann nochmal zusammengefasst gesagt werden, dass je nach Situation, in der sich der Reiter befand, ob auf dem Schlachtfeld oder dem Turnier, das Pferd, sein Pferd, sowohl auf instrumenteller, als auch auf symbolischer Ebene einen privilegierten Stellenwert einnahm. Machthabern war nicht nur an exzellenten Kriegern gelegen, sondern auch an ausgezeichneten Pferden, da diese den Hauptanteil am Erfolg trugen.
[...]
[1] Koselleck R., Der Aufbruch in die Moderne oder das Ende des Pferdezeitalters, in: Historikerpreis der Stadt Münster 2003. Dokumentation der Feierstunde am 18. Juli 2003, Münster 2003, S. 23-37
[2] Hartmut Böhme (Hrsg.), Tiere. Eine andere Anthropologie. (Schriften des Deutschen Hygiene-Museums Dresden, 3). Köln 2004
[3] Nik Taylor, Humans, animals, and society. An introduction to human-animal studies. New York 2013, 82 zitiert nach Hamilton and Taylor 2012, p. 44
[4] Ulrich Raulff, Das letzte Jahrhundert der Pferde. Geschichte einer Trennung. 5. Aufl. München 2016, Pos. 180-188
[5] Raulff (wie Anm. 4), Pos. 188
[6] Josef Fleckenstein/Thomas Zotz, Rittertum und ritterliche Welt. 1. Aufl. Berlin 2002, 173–175
[7] Fleckenstein/Zotz (wie Anm. 6), 190
[8] Alexander Frhr von Reitzenstein, rittertum und ritterschaft. ((Bilder aus deutscher Vergangenheit, Bd. 32)). München 1972, 11
[9] Recht, Freigiebigkeit, Beständigkeit, maßvolles Leben
[10] Fleckenstein/Zotz (wie Anm. 6), 188
[11] Fleckenstein/Zotz (wie Anm. 6), 188
[12] Fleckenstein/Zotz (wie Anm. 6), 209–210
[13] Fleckenstein/Zotz (wie Anm. 6), 209–210
[14] Fleckenstein/Zotz (wie Anm. 6), 208f.
[15] Rainer Pöppinghege (Hrsg.), Tiere im Krieg. Von der Antike bis zur Gegenwart. Paderborn 2009
[16] Fleckenstein/Zotz (wie Anm. 6), 209
[17] Fleckenstein/Zotz (wie Anm. 6), 210
[18] Pöppinghege (Hrsg.) (wie Anm. 15), 49
[19] Pöppinghege (Hrsg.) (wie Anm. 15), 53ff.
- Quote paper
- Anonymous,, 2017, Pferde im Mittelalter. Instrument oder Statussymbol?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/370152
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