Ziel dieser Arbeit ist es, das grundlegende Konzept eines ACs als Personalgewinnung und Personalentwicklungsinstrument in seiner speziellen Qualität zu schildern.
Im ersten Kapitel werden die Definition des ACs, der historische Hintergrund sowie die Anwendungsgebiete transparent dargestellt. Unternehmen, die das AC zum Zweck der Personalgewinnung einsetzen, nehmen mit diesem Einsatz hohe Kosten in Kauf, deshalb wird die Bedeutung und Nutzen für Unternehmer und Teilnehmer kurz erwähnt. Das zweite Kapitel zeigt die beteiligten Personengruppen eines ACs: Bewerber, Moderator und Beobachter. Sie werden umschrieben und voneinander abgegrenzt. Ebenfalls werden die Aufgaben, ihr Training und ihre Bewertung bzw. Beurteilung der Beobachter beschrieben. Im dritten Kapitel beschäftigt sich die Arbeit ausführlich mit der Anforderungsanalyse im AC. Dabei werden verschiedene Methoden untersucht, anschließend werden Anforderungsdimensionen und deren Umsetzung beschrieben. Kernstück der Arbeit folgt in dem vierten Kapitel. Hier werden die im AC eingesetzte Übungen vorgestellt, analysiert und deren Zweck und Bedeutung hervorgehoben. Zum Abschluss erfolgt eine wissenschaftliche Auseinandersetzung des ACs bezüglich der Validität im Kapitel 5. Das letzte Kapitel handelt von einem Praxisbeispiel eines ACs in einem Call Center. Der Personalauswahlprozess sowie der Ablauf des ACs werden anhand von Beispielübungen kurz vorgestellt und veranschaulicht.
Inhaltsverzeichnis
ASSESSMENT CENTER
Abstract
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einführung
1.1 Definition und Idee des Assessment Centers
1.2 Historie des Assessment Centers
1.3 Anwendungsgebiete des Assessment Centers
1.4 Weitere Nutzen des Assessment Centers
1.4.1 Nutzen für die Teilnehmenden
1.4.2 Nutzen für Unternehmer
2 Beteiligte Personen eines Assessment Centers
2.1 Bewerber/ Teilnehmer
2.2 Moderator
2.3 Beobachter
2.3.1 Die Aufgaben
2.3.2 Beobachtertraining
2.3.3 Bewertung und Beurteilung der Beobachter
3 Anforderungen im Assessment Center
3.1 Anforderungsanalyse
3.1.1 Methoden der Anforderungsanalyse
3.1.1.1 Die Expertenbefragung
3.1.1.2 Fragebogenverfahren von Kienbaum
3.1.1.3 Unternehmensspezifischer Fragebogen
3.1.1.4 Situative Übungen und kognitive Arbeitsproben
3.1.1.5 Kritische Ereignisse der Critical-Incident-Technique (CIT)
3.1.1.6 Der Key-Task-Ansatz von Kienbaum (KTA)
3.1.2 Anforderungsdimensionen
3.1.3 Umsetzung typischer Anforderungsdimensionen
3.2 Die Selbstanalyse
3.3 Ablauf eines Assessment Centers
3.3.1 Präsentation
3.3.2 Rollenspiel
3.3.3 Interview
3.3.4 Standard Fragetypen
3.3.5 Alternativfragen
3.3.6 Fallstudie
3.3.7 Gruppendiskussion
3.3.8 Postkorbübung
3.4 Rückmeldung an den Teilnehmer
3.4.1 Beobachterkonferenz
3.4.2 Feedbackgeber
3.4.3 Feedbackempfänger
3.4.4 Feedback
4 Assessment Center in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung
4.1 Reliabilität
4.2 Validität
4.3 Konstruktvalidität
5 Einsatz und Durchführung von AC in der Praxis - Avedo GmbH
5.1 Ordervorgang
5.2 Personalauswahl
5.3 Ablauf
5.3.1 Präsentation
5.3.2 Postkorbübung
5.3.3 Gruppendiskussion
5.3.4 Rollenspiel
5.3.5 Interview
5.3.6 Fallstudie
5.4 Feedbackgespräch an die Teilnehmer
6 Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Abstract
Die Bachelor-Thesis befasst sich mit dem Thema „Assessment Center“. Im Verlauf der Arbeit wird der historische Ursprung sowie der Inhalt, Ablauf und wissenschaftliche Thesen beschrieben, analysiert und bewertet. Es wird der Frage nachgegangen, wie das Verfahren aufgebaut ist, wer ist beteiligt, was und wie geprüft wird. Das Praxisbeispiel wird durch die Erfahrung der Autorin gestützt, die als Angestellte in einer Agentur für Dialogmarketing angestellt war
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die wichtigsten Einsatzzwecke von Assessment-Centern
Abbildung 2: Ablaufplan für ein Beobachtertraining
Abbildung 3: Protokollbogen (freie Beobachtung)
Abbildung 4: Verbale und numerische Urteil stimmen überein
Abbildung 5: Verbale und numerische Urteil stimmen nicht überein
Abbildung 6: Elemente des Erhebungsbogens
Abbildung 7: Vorgehen bei der CTI
Abbildung 8: Umsetzungsschritte des KTAs
Abbildung 9: Bevorzugte Beobachtungsdimensionen der Unternehmen
Abbildung 10: Von den Beobachtern geprüfte Kompetenzen in einem AC
Abbildung 11: Bewertung der Übungen im AC
Abbildung 12: Mögliche Fragen bei einem Selbsteinschätzungsbogen
Abbildung 13: Ablauf eines klassischen Assessment Centers
Abbildung 14: Beispiel für eine Postkorbübung
Abbildung 15: MTMM der Beobachterurteile von AC-Verfahren
Abbildung 16: Ablauf eines Bewerbungsverfahrens bei Avedo GmbH
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einführung
In Deutschland bedienen sich immer mehr Unternehmen dem Verfahren des Assessment Centers (AC). In der Praxis gilt das AC nach wie vor als ein Verfahren das zu interner wie externer Auswahl und zu Personalentwicklungszwecken eingesetzt. Heutzutage hat es an hoher Bedeutung hinzugewonnen, insbesondere bei denjenigen, die sich auf dem Arbeitsmarkt bewerben und auch in Unternehmen, die langfristige volkswirtschaftliche Erfolge in Bezug auf den Faktor „menschliche Arbeitsleistung“ abhängig sind. Die meisten Unternehmen investieren daher in die Personalauswahl um Mitarbeiter[1] einzustellen die fachliche und soziale Kompetenz mitbringen.
Ziel dieser Arbeit ist es, das grundlegende Konzept eines ACs als Personalgewinnung und Personalentwicklungsinstrument in seiner speziellen Qualität zu schildern.
Im 1. Kapitel wird die Definition des ACs, der historischere Hintergrund sowie die Anwendungsgebiete transparent dargestellt. Unternehmen, die das AC zum Zweck der Personalgewinnung einsetzen, nehmen mit diesem Einsatz hohe Kosten in Kauf, deshalb wird die Bedeutung und Nutzen für Unternehmer und Teilnehmer kurz erwähnt. Das 2. Kapitel zeigt die beteiligten Personengruppen eines ACs. Bewerber, Moderator und Beobachter. Sie werden umschrieben und voneinander abgegrenzt. Ebenfalls werden die Aufgaben, ihr Training und ihre Bewertung bzw. Beurteilung der Beobachter beschrieben. Im 3. Kapitel beschäftigt sich die Arbeit ausführlich mit der Anforderungsanalyse im AC. Dabei werden verschiedene Methoden untersucht und anschließend werden Anforderungsdimensionen und deren Umsetzung beschrieben. Kernstück der Arbeit folgt in dem 4. Kapitel. Hier werden die im AC eingesetzte Übungen vorgestellt, analysiert und deren Zweck und Bedeutung hervorgehoben. Zum Abschluss erfolgt eine wissenschaftliche Auseinandersetzung des ACs bezüglich der Validität im Kapitel 5. Das letzte Kapitel handelt von einem Praxisbeispiel eines ACs in einem Call Center. Der Personalauswahlprozess sowie der Ablauf des ACs anhand Beispielübungen wird kurz vorgestellt und veranschaulicht.
1.1 Definition und Idee des Assessment Centers
Der Begriff Assessment Center (AC) entstammt ursprünglich aus dem englischen und bedeutet wörtlich übersetzt „Beurteilungs- oder Einschätzungs-Zentrum“. Der Personalpsychologe Heinz Schuler definiert das Assessment Center als „der Name einer multiplen Verfahrenstechnik, zu dem mehrere einungsdiagnostische oder leistungsrelevante Aufgaben zusammengestellt werden“.[2] In der Praxis wird solch ein Verfahren als ein ein-bis dreitägiges Auswahlverfahren, mit bis zu zwölf Bewerbern, in Rollenübungen zur Ermittlung von Eignungen im Hinblick auf mehrere definierte Anforderungsmerkmale von speziell geschulten Führungskräften und Personalfachleuten in verschiedenartigen Situationen beobachtet und beurteilt werden, beschrieben.
Die Idee dabei ist, das mit dem Einsatz eines AC-Verfahren Stärken und Schwächen, bezogen auf bestimmte Anforderungsprofile und Aufgabenprofile, für künftige berufliche Aufgaben eingeschätzt und prognostiziert werden können. Eingesetzt wird das AC sowohl als Instrument der Personalauswahl als auch zur gezielten Personalentwicklung.[3] Das Verfahren ist darauf ausgerichtet, statt der fachlichen Qualifikationen, die durch Zeugnisse und den beruflichen Werdegang belegt sind, Faktoren der Verhaltenskompetenz zu erfassen.[4]
1.2 Historie des Assessment Centers
Die historischen Wurzeln der AC-Methode sind in den Ursprüngen der Eignungsdiagnostik der sog. Psychotechnik zu finden. Das erste Verfahren, welches mit dem AC vergleichbar war, stammt aus der Zeit der Weimarer Republik. Es diente der Rekrutierung und Auswahl der Offiziere für die deutsche Reichswehr nach dem ersten Weltkrieg.[5] Der zur seiner Zeit in Berlin ansässige britische Militärattaché war von dem Verfahren so beeindruckt, dass er dieses im eignen Land eingeführt hat. Das Verfahren verbreitete sich von England insbesondere in den englischsprachigen Ländern aus. Der Psychologe Murray prägte 1938 den Begriff AC, der das von den Briten übernommene Verfahren weiterentwickelte.
Bei der weiteren Verbreitung nach Ende des 2. Weltkrieges war die Anwendung und erfolgreiche Integrierung bei der American Telephone und Telegraph Company (AT&T) entscheidend.[6] Das erste Unternehmen, das die ersten Anwendungen des ACs im Jahr 1969 nach Deutschland reimportierte war International Business Machines Corporation (IBM).[7]
Seit Anfang der Siebzigerjahre bedienten sich auch in der Schweiz namhafte Unternehmen der AC-Methode zur gezielten Personalauswahl und Personalentwicklung. Die Bezeichnung „Arbeitskreis AC Schweiz“ entstand 2006 aus dieser Unteressengemeinschaft ein Verein. Seine Mitglieder verfolgten das Ziel, dass sich die als AC bezeichneten Selektions- und Personalentwicklungsverfahren an wissenschaftlich anerkannten Standards richteten, womit die qualitative Weiterentwicklung der AC-Methode und des individuellen Wissens der AC-Anwender einhergehen sollen.[8]
Die organisatorische und methodische Grundkonzeption der Veranstaltung setzte sich nach der Einführung durch multinationale Unternehmen und Beratungsfirmen in Deutschland rapide durch. Dieses Konzept spielt auch in den führerlosen Gruppendiskussionen und bei der Betonung der ganzheitlichen Betrachtung eines Kandidaten stets eine große Rolle. Hierbei wurden nur die besten qualifizierten Psychologen herangezogen. Allerdings wurde nie wieder der hohe Ausbildungsstand der damaligen Beobachter erreicht. Heute gehört das AC weltweit zu den standardauswahlverfahren vieler Groß- und Kleinunternehmen.
1.3 Anwendungsgebiete des Assessment Centers
Grundsätzlich werden AC bei Personalauswahl und Personalentwicklung eingesetzt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Auswahlverfahren von Mitarbeitern, wie Führungskräfte oder auch Trainees, wirtschaftliche Investitionen beinhaltet. Eine Auflistung der wichtigsten Einsatzzwecke nach Schuler gibt die folgende Abbildung:
» Interne und externe Personalauswahl
» Laufbahnplanung
» Ausbildungsberatung
» Beurteilung und Potenzialberatung
» Trainingsbedarfsanalyse
» Teamentwicklung
» Berufsberatung
Abbildung 1: Die wichtigsten Einsatzzwecke von Assessment-Centern[9]
Bei Fehler in der Besetzung von Führungspositionen können hohe Kosten entstehen. Doch Fehlentscheidungen sind nicht nur finanziell schmerzhaft. Stellt sich heraus, dass beispielsweise ein neu gewonnener Entscheidungsträger nicht zum Unternehmen passt, führt dies mehr noch zur Unruhe und Verunsicherung unter den Mitarbeitern. Zudem sind bei Fehlentscheidungen in der Trainee-Auswahl zusätzlich die hohen Ausbildungskosten zu berücksichtigen. Trotzt des Risikos steht mit dem AC ein Instrument zur Verfügung, mit dessen Einsatz die Investition in das Human-Kapital die heute bestmögliche Absicherung erfährt. Die Durchführung von AC gegenüber allen alternativen Instrumenten ermöglicht eine höhere Treffsicherheit. Das AC eignet sich sowohl zur Unterstützung bei der Auswahl externer Bewerber als auch bei internen Beförderungen.[10]
Bei den externen Bewerbern ist das AC dann sinnvoll, wenn überfachliche Qualifikationen in Bezug auf die Ausgeschriebene Stelle vorausgesetzt werden. Sie soll den geeignetsten Bewerber hervorheben, d.h. der Bewerber muss genau zum Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle passen. Bei der Anwendung des ACs mit internen Mitarbeitern geht es insbesondere darum, Führungspotenziale festzustellen. Unternehmen möchten anhand dessen feststellen, welche Mitarbeiter gefördert werden sollen bzw. für weiterführende Aufgaben geeignet sind. Im Vordergrund geht es dabei um die Feststellung der Mitarbeiter, die für höhere Aufgaben in Frage kommen. Bevorzugt wird diese Methode meist von Unternehmen, die die risikoreiche und teure Suche nach Bewerbern vermeiden wollen.
1.4 Weitere Nutzen des Assessment Centers
Anhand der zielgruppenspezifischen Entwicklung von ACs erstreckt sich deren Einsatz mittlerweile auf die gesamte Hierarchie in Unternehmen.[11] Neben den aufgezeigten Zielen wie Personalgewinnung, Personalentwicklung und wirtschaftlichen betrieblichen Nutzen, die dieser Maßnahme zu bedanken sind, gibt es eine Reihe weiterer Ziele, die teilweise direkt und indirekt mit den Hauptzielen verknüpft sind. Sie ermöglichen einen erwünschten und eine nicht gerade unbedeutenden Zusatznutzen des AC-Verfahrens welches die Einbehaltung der Rahmbedingungen voraussetzt.[12]
1.4.1 Nutzen für die Teilnehmenden
Für die Teilnehmer ist ein AC von wichtiger Bedeutung. Demnach erhält jeder Teilnehmer eine begründete Rückmeldung über seine Stärken und Schwächen. Durch die simulationsorientierten Inhalte der AC erhalten sie realistische Vorinformationen über die Position, sodass sich das Risiko eine falsche Position anzutreten verringert. Die Teilnehmer werden mit dem Fremdbild konfrontiert und gewinnen eine realistischere Einschätzung des eigenen Selbstbildes. Somit erhalten sie einen Überblick über die eigenen Potenziale und Möglichkeiten sowie Hilfestellung für die persönliche Weiterentwicklung. Da viele Beobachter für das Zustandekommen eines Bildes verantwortlich sind findet aus Sicht der Teilnehmer eine objektivere Beurteilung statt. Im Einsatz des ACs bei Personalentwicklungszwecken erleben die Teilnehmer die Beförderung oder Nicht-Beförderung gerechter.[13]
1.4.2 Nutzen für Unternehmer
Ein AC Verfahren bietet bessere Grundlagen für Personalentscheidungen. Durch ein qualitativ hochwertiges Verfahren werden Entscheidungen transparent, nachvollziehbar und rationaler. Bei regelmäßiger Durchführung erhält das Unternehmen einen guten Überblick über vorhandenes Potenzial. Bei Einbindung des ACs in übergreifende Personalmanagement-Systeme kann eine sinnvolle Abstimmung einer übergeordneten strategischen Konzeption erreicht werden. Außerdem kann in Weiterbildungsmaßnahmen ein direkter Vergleich mehrerer Mitarbeiter/innen in identischen Arbeitssituationen individuell und begründet erfolgen.[14] Auch für eingesetzte Führungskräfte (Beobachter) ist das Verfahren von großer Bedeutung. Sie lernen frühzeitig Nachwuchskräfte aus anderen Bereichen kennen, können ihr Wissen für ihre Alltagsaufgaben wie Mitarbeiterbeurteilungen und Förderung erweitern. Dies führt auch zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Personal und Linie. Darüber hinaus können für AC-Verfahren, Leistungsbeurteilungssysteme, Zielvereinbarungen etc. einheitliche Beurteilungsbereiche festgelegt, mit anderen neuen Instrumentenvarianten wie bspw. 360°-Grad Feedback oder Management-Audit kombiniert und die Effizienz von Bildungsmaßnahmen überprüft werden .[15]
2 Beteiligte Personen eines Assessment Centers
Bei einem AC nehmen i.d.R. Teilnehmer (auch Probanden genannt), Beobachter und die Moderatoren, die ein reibungslosen Ablauf eines ACs unterstützen, teil. Im Einzelnen haben diese Personen unterschiedliche Aufgaben und sind Bestandteile eines AC Verfahrens.
2.1 Bewerber/ Teilnehmer
Mit dem ACs werden nicht nur neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich um eine Position in einem Unternehmen bewerben getestet, sondern auch langjährige Beschäftigte müssen in so manchen Unternehmen durch das Verfahren, die sich im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit durch besondere Leistungen ausgezeichnet haben, wollen beruflich aufsteigen oder sind zum Beispiel organisatorische Veränderungen des Unternehmens geplant.
Bei der Zusammensetzung der Teilnehmer sind Effekte unterschiedlicher Hautfarbe auf die Bewertung nicht auszuschließen. Frauen und attraktive Personen werden geringfügig besser bewertet. Die unterschiedliche Angst der Teilnehmer hat glücklicherweise keinen hemmenden Einfluss für das Abschneiden. Bei der Vorauswahl ist insbesondere darauf zu achten, dass die Teilnehmer in etwa gleiches Potenzial besitzen und über ähnliche Vorerfahrungen mit ACs verfügen, um Kontrasteffekte zu minimieren.[16] Die Anzahl der Teilnehmer an einem Gruppen-AC liegt zwischen acht und zwölf. Aufgrund der niedrigen Anzahl der Teilnehmer wird verhindert, dass die Teilnehmer den Eindruck einer Massenabfertigung erhalten. Die Belastung ist allerdings größer als bei einem Vorstellungsgespräch.[17] Sowohl bei externen Bewerbern als auch bei internen Teilnehmern geht es darum, Stärken und Schwächen zu ermitteln. Diese Potenzial-Analyse dient dem Ziel festzustellen, ob sich für interne Mitarbeiter Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb eines Unternehmens bieten und ob sie für diese Position geeignet sind.[18]
Ein wichtiges Prinzip eines erfolgreichen ACs besteht in der Transparenz des Verfahrens für den Teilnehmer. Transparenz bedeutet in dem Fall, dass die Teilnehmer Sinn und Inhalt der Veranstaltungen kennen und interpretieren können. Außerdem werden die Anforderungskriterien erläutert, ein offenes Feedback gegeben und es wird deutlich erklärt, wie und in welchen Situationen genau der Beobachtungs- und Beurteilungsprozess stattfindet.[19]
2.2 Moderator
Das Ablaufschema eines AC nennt i.d.R. zwei Gruppen von Personen, die Beobachter und die Teilnehmer. Eine weitere Gruppe wird nicht ausdrücklich erwähnt, ist aber in ihrer Funktion mit aufgeführt, weil sie das AC entscheidend in der Vorbereitung, Durchführung und Abschluss prägt. Gemeint ist die Person des Moderators unter dessen Supervision sowohl Beobachter als auch Teilnehmer stehen. Bei der Konzeption des ACs legt der Moderator mit den Auftraggebern des ACs fest, welche Anforderungen von den Teilnehmern für die umworbene Position abverlangt werden. Er erstellt ein sogenanntes Anforderungsprofil. Außerdem wählt er in Abstimmung mit den Führungskräften, die angemessenen Übungen aus, in denen sich die Anforderungen abspiegeln. Er wählt die Beobachter aus, trainiert sie und weiht die AC Teilnehmer in Idee und Ablauf eines ACs ein. Die Auswahl des Ortes und Dauer des Verfahrens wird ebenfalls vom Moderator bestimmt. Unter der Leitung des ACs führt er die Beobachter in ihre konkreten Aufgaben ein, schult sie in den Aufgaben des Beobachtens und des Bewertens. Diese Phase der Einführung und Schulung findet vor Ankunft der Teilnehmer statt. Die Einweisung der Teilnehmer vor den einzelnen Übungen in ihre Aufgaben wird ebenfalls vom Moderator vorgegeben. Er achtet auf die Einhaltung der Zeitpläne und sorgt für Transparenz des Ablaufs, mit dem Ziel, den Teilnehmern ihre Ängste zu nehmen und sie davor zu bewahren und falls nötig regelt er die Abstimmung im Beobachterteam.[20]
2.3 Beobachter
In der Konzeption eines ACs gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, wie und in welchem Verhältnis das Beobachterteam zusammengesetzt werden kann. Auch heute werden ACs als Dienstleistung bezogen, so dass externe Personalberater die inhaltliche Alleinverantwortung tragen und nur vereinzelt mit Mitarbeitern der Personalabteilung zusammenarbeiten. In diesem Fall setzt sich das Beobachterteam am AC ausschließlich aus externen Spezialisten zusammen.
Durchgesetzt hat sich jedoch ein Modell, bei dem der Gesamtprozess wie auch das eigentliche AC in Zusammenarbeit zwischen Internen und Externen getrennt werden kann. Für ein Unternehmen sind interne Beobachter vorteilhafter. Sie fördern eine stärkere Verankerung des Verfahrens im Unternehmen und verschafft dem AC sowie dem Gesamtkonzept der Personalentwicklung oder Personalauswahl, in dem das AC eingebettet ist, erhöhte Akzeptanz.[21]
Das AC repräsentiert die Kultur des Unternehmens. Insbesondere bei Auswahlentscheidungen spielen neben dem individuellen Leistungsprofil Fragen der kulturellen Passung eine entscheidende Rolle. Schließlich werden solche Entscheidungen wohl auch zu einem großen Teil aufgrund des Erlebens von Unternehmenskultur getroffen. Dabei werden z.B. folgende Fragen gestellt:
- Wie passt das Unternehmen zu mir?
- Wie passt der Bewerber zu uns?
Letztere Frage kann ein externer Personalberater / Beobachter auch nach langer und intensiver Zusammenarbeit mit dem betreffenden Unternehmen alleine selten beurteilen.[22]
2.3.1 Die Aufgaben
Die Beobachter im AC haben insbesondere bei Verhaltenssimulationen, wie z.B. Gruppenübungen oder Rollenspielen komplexe Aufgaben. Sie wählen von den Verhaltensweisen aus dem Geschehen heraus, entscheiden und bewerten, ob das Verhalten überhaupt relevant und effektiv bzw. in Bezug auf die Dimension förderlich ist.[23] In die Praxis umgesetzt bedeutet das, dass die Beobachter die Aufgabe haben zu protokollieren, was sie bei den ihnen zugewiesenen Teilnehmern wahrnehmen. Im Konsens mit dem Beobachter-Kollegen integrieren sie die Beobachtungen in Urteile. Allerdings streben Unternehmen sehr danach, dass die Trennung zwischen Beobachten und Beurteilung sichergestellt wird, um möglichst treffsichere Prognosen aufstellen zu können.
2.3.2 Beobachtertraining
Die Funktion des Beobachters ist im AC bei allen Übungen unverzichtbar. Die Daten fallen nicht mechanisch an, sondern gewinnen erst im Rahmen menschlicher Erkenntnis aus der erkennbar zugänglichen Informationsmengen an Bedeutung. Die Rolle des Beobachters lebt aus der Sicht der AC-Konstrukteure in einem Spannungsfeld. Einerseits ist der Einsatz von Beobachtern nur dann sinnvoll, wenn man ihnen ihre Erfahrungen und die Individualität ihrer Wahrnehmung belässt, anderseits sind viele der Wahrnehmungsfehler nicht tolerierbar.[24] Die folgende Abbildung zeigt einen typischen Ablaufplan eines Beobachtertrainings:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Ablaufplan für ein Beobachtertraining[25]
Die Aufgabe des Beobachtertrainings liegt darin, den Beobachtern ein Gefühl dafür zu vermitteln, das Beurteilung immer eine Art der Sichtweite ist und mehr durch den Wahrnehmenden beeinflusst wird als durch die physischen Daten. Mögliche Ziele sind u.a. das anforderungsbezogene Beobachten zu erlernen, das Erkennen einzelner Überstrahlungseffekte auf die Gesamtheit des Urteils und das Anwenden der Bewertungsmaßstäbe für die Gesamtwertung der Dimensionen. Zeitlich liegt der Schwerpunkt des Beobachtertrainings auf das Kennenlernen der Übungen und dem Umgang mit dem Beobachtungsmaterial. Dadurch erhöht sich die Glaubwürdigkeit des ACs in den Augen der Beobachter, wenn sie die einzelnen Übungen als Teilnehmer selbst durchführen.[26]
2.3.3 Bewertung und Beurteilung der Beobachter
Urteile über die Teilnehmer fällen die Beobachter nach jeder Übung und schließlich am Ende des ACs. Im Abschluss einer Übung führt das Beobachterteam die Einzelurteile über die zugeordneten Teilnehmer zu einem Teilgutachten oder Teilvotum zusammen.[27]
Zu Beginn des ACs sammelt der Beobachter in den Verfahren gezielte Beobachtungen über die ihm zugewiesenen Teilnehmer. Für seine Hauptaufgabe werden ihm Protokollbögen vorgegeben. Folgende Abbildung zeigt ein Protokollbogen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Protokollbogen (freie Beobachtung)[28]
Während der Übung protokolliert jeder Beobachter seine Beobachtungen über die ihm zugewiesenen Teilnehmer und notiert das Verhalten der anderen Teilnehmer. Am Ende der Übungen trifft er ein Urteil über sie, vergibt Noten und formuliert in ein paar Sätzen ein verbales Urteil. Dieses verbale und numerische Urteil wird mit den Kollegen in der Beobachter-Gruppe abgestimmt und Text und Noten verglichen. Die Beobachter müssen darauf achten, dass diese Urteile übereinstimmen. Unangemessen wäre es, wenn der Text eine „gute“ Leistung beschreibt, die Leistung jedoch eine Beurteilung anzeigt, die als „unbefriedigend“ eingestuft ist. (siehe auch Anhang C) Folgende Abbildungen gibt Beispiele von übereinstimmende und nicht übereinstimmende Urteile:
Verbale und numerische Urteil stimmen überein
Übung: Gruppendiskussion
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Verbale und numerische Urteil stimmen überein[29]
Verbale und numerische Urteil stimmen nicht überein
Übung: Gruppendiskussion
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Verbale und numerische Urteil stimmen nicht überein[30]
Am Ende des ACs einigen sich dann die Beobachter über jeden Teilnehmer auf ein Gesamtgutachten. Jedenfalls sieht das Konzept des ACs vor, dass die Beobachter ihre Einzelurteile auf diese zweifache Weise zu Teil- und Gesamtgutachten zusammenführen. Dabei können sie zwischen zwei Wegen wählen, sie können sich auf eine Mehrheitsentscheidung festlegen oder eine Konsensentscheidung suchen.[31]
Bei der Mehrheitsentscheidung hört sich das Beobachterteam die Urteile der einzelnen Beobachter an und stimmt anschließend über diese Voten mit „Ja“ oder „Nein“ ab. Der Vorteil dieser Mehrheitsentscheidung ist der Zeitgewinn. Nachteile ergeben sich wenn Beobachter dem Votum nicht zustimmen, weil sie unterschiedlicher Meinungen über die Stärken und Schwächen der Teilnehmer sind und dies nicht zur Sprache kommt. Anders ist die Konsensentscheidung in dem das Beobachterteam so lange über die Urteile der einzelnen Beobachter diskutiert, bis alle Beobachter ihre Zustimmung erteilen. Der Vorteil besteht darin, dass jeder Teilnehmer aus vielen Perspektiven betrachtet wird und seine Potenziale differenziert zur Sprache kommen, allerdings die Schwächen klargesehen werden. Im Gegensatz zur Mehrheitsentscheidung erfordert diese Entscheidungsmethode viel Zeit, Geduld und Umstellungsbereitschaft der einzelnen Beobachter. Aus den Zusammenfassungen der Teilvoten, erstellen die Beobachter ein Gesamtvotum und kommen unter Leitung des Moderators in einer Konferenz zusammen, wo sie die Teilvoten über jeden Teilnehmer besprechen. Auch bei der Erstellung des Gesamtvotums, in dem das Beobachterteam lange Diskussionen führt bis alle ihre Zustimmung erteilt haben, wird das gleiche Verfahren angewendet.[32] Welche Vorgehensweise angewendet wird, entscheiden die Konstrukteure des ACs im Voraus.
3 Anforderungen im Assessment Center
3.1 Anforderungsanalyse
„Als Anforderungsanalyse werden Vorgehensweisen bezeichnet, mit denen alle Erfordernisse für die erfolgreiche Bewältigung aller mit einer Position verbundenen Aufgaben erhoben werden“.[33] Die AC-Teilnehmer werden mit verschiedene Aufgaben in unterschiedlicher Form getestet.
Eine Anforderungsanalyse macht dort Sinn, wo es gewichtige Unterschiede darin gibt, auf welcher Weise die Teilnehmer die Anforderungen erfüllen und zu einer höheren Leistungsausbringung kommen.[34] Die Art der Durchführung weitet sich dabei von individuellen Erfahrungen bis zu mit verschiedenen Methoden arbeitenden Vorgehensweisen, die verschiedene Anforderungsbereiche beinhalten, aus. Meistens wird zwischen einem Bottom-Up- und einem Top-Down-Vorgehen unterschieden. Das Bottom-Up-Verfahren leitet die Anforderungen aus den konkreten Bedingungen einer Tätigkeit ab. Bei einem Top-Down-Verfahren werden die Unternehmensziele und -strategien in Positionsziele angepasst. Zu dieser Methode der Durchführung entwickelte Kienbaum die Key-Task-Analyse, dass beide Vorgehensweisen vereint. Wenn Anforderungen einer Position bekannt sind, so wird ein Soll-Profil mit relevanten Dimensionen und deren Ausprägungen erstellt, sodass dann mit dem Ist-Profil bestehender oder möglicher Stelleninhaber abgeglichen wird.[35] Die Voraussetzung für die Qualität eines ACs besteht darin, wie präzise und vollständig die in der Anforderungsanalyse erhobenen kritischen Situationen und Anforderungen in den AC-Übungen umgesetzt werden. Aufgaben wie die Gruppendiskussion oder die Stegreifpräsentation gehören zum Standardrepertoire des AC-Verfahrens. Bei der Konstruktion eines neuen ACs mit einer solchen Aufgabe ist jedoch die entscheidende Frage, ob im Anforderungsprofil die einer bestimmten Übung bzw. beurteilbaren Eigenschaften gefordert werden.[36] Dabei kann ein Kandidat die Aufgabe nur dann im Sinne des Anforderungsprofils positiv bewältigen, wenn er die Anforderungen in einer bestimmten Art und Weise bewältigt.
Die Exaktheit der Prognosen über den Erfolg oder der Identifizierung der richtigen Nachwuchskraft wird durch die Sorgfalt der Anforderungsanalyse bestimmt. Allerdings sind die späteren Beurteilungen der einzelnen Übungen des ACs nicht genauer als die vorherigen. Sind die Anforderungen einer gegebenen Position nicht klar definiert, was die einzelnen Aufgaben ausmacht und wie genau der Teilnehmer vorgehen soll, so wird dies bei der späteren Umsetzung der Anforderungen innerhalb der einzelnen Bausteine des ACs nicht deutlicher. Daher wird bei einem detaillierten und mit Aufwand konstruierten AC die Güte der Aussagen nie höher sein können als die Genauigkeit, mit der eine Anforderungsanalyse durchgeführt wird.[37]
3.1.1 Methoden der Anforderungsanalyse
Zur Ermittlung der Anforderungen treffen die AC-Konstrukteure unter einer Vielzahl von Methoden eine Auswahl. Das Ziel ist es, die Anforderungen der zur besetzenden Stelle anforderungs-, verhaltens- und übungsnahe zu beschreiben. Die Anforderungen der Zielstelle werden in der Regel von Auftraggeber vorgegeben aber nicht aufgelistet. Er nennt eine Zielstelle, für die er bestimmte Anforderungen explizit angibt.
Die Aufgabe des Konstrukteurs ist es, die Zielstelle detaillierter zu charakterisieren und die Anforderungen zu identifizieren. Um diese Anforderungen zu ermitteln verwendet der AC-Konstrukteur relevante Methoden. Hierbei ist zu achten, dass sich die Analysemethoden nach dem Grad ihrer Standardisierung (gleiche Bedingungen für eine Untersuchung) unterscheiden lassen.[38] Im Folgenden werden unterschiedliche Verfahren der Anforderungsanalyse kurz dargestellt.
3.1.1.1 Die Expertenbefragung
Im Unternehmen werden i.d.R. bei der Anforderungsanalyse auf wissenschaftlich entwickelte Verfahren verzichtet. Zum Teil ist die Expertenbefragung in der Unternehmerpraxis eine häufig gewählte Methode. Mit dem Personalbereich formulieren sie die bedeutsamen Anforderungen an die Fähig- und Fertigkeiten der zukünftigen Mitarbeiter und tragen in einzelnen Berichten ihre Vorstellungen vom geeignetsten Kandidaten zusammen.[39] Diese werden strukturiert und unter Oberbegriffen wie praktische Intelligenz, emotionale Stabilität, soziale Kompetenz und Sicherheit zugeordnet. Diese Art der Befragung führt meist zu Subjektivität, die die unterschiedlichen Erfahrungen der Befragten widerspiegeln.
Da diese Beurteilung nicht zu objektiven Profilen führt werden solche Anforderungsanalysen mit Bescheidenheit angesehen. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass die Umweltfaktoren wie veränderte Märkte oder Prozesse, für den Erfolg implizit ausgeschlossen werden, so dass diese Vorgehensweise kontraproduktiv ist.[40]
3.1.1.2 Fragebogenverfahren von Kienbaum
Das von Kienbaum entwickelte Fragebogenverfahren ist ein teilstandardisiertes Instrument zur systematischen Ableitung der Anforderungen an die zu betrachtende Position. Hieraus kann ein Anforderungsprofil definiert und klassische Situationen für ein AC abgeleitet werden. Zunächst komprimiert sich die Erhebung auf die Einbindung der Position und ihren Abhängigkeiten bezgl. Der Unternehmens- zielen-, -strategien, -kultur- und Umfeld. Anschließend erfolgt die Analyse der Positionsziele sowie wesentlicher Positionselemente. So wird im weiteren Verlauf eine deutliche und transparente Ableitung der Anforderungen dargestellt. Im Weiteren erfolgt als verhaltensbezogenes Element eine Sammlung der kritischen Ereignisse, in dem das für die Positionsziele förderliche Verhalten in den wichtigsten Situationen identifiziert wird. Die nicht für die Position zielführende Verhaltensweise, die später in der simulierten Situation nicht auftritt, werden ebenfalls nicht erfasst.[41] Einen Überblick über die Elemente des Erhebungsbogens zur Positions- und Anforderungsanalyse gibt folgende Abbildung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Elemente des Erhebungsbogens[42]
Die Bearbeitung erfolgt in einem Meeting zwischen Unternehmensangehörigen und einem Berater. Auch durch eine schriftliche Bearbeitung werden alle Informationen in ein Anforderungsprofil integriert. Bei diesem Verfahren ist jedoch darauf zu achten, dass die Aussagen des bisherigen Stelleninhabers behutsam zu betrachten sind, da bei diesen der gegenwärtigere Zustand mehr im Blickpunkt steht als die Zukunftsorientierung.
3.1.1.3 Unternehmensspezifischer Fragebogen
Unter dieser Methode wird verstanden, dass die qualitativ erfragten Anforderungsmerkmale einer breiten Gruppe z.B. allen Führungskräften, vorzulegen sind. Die Befragten werden gebeten, die Merkmalslisten in ihrer Wichtigkeit für die Zielerfüllung oder ihrer Häufigkeit zu werten. Der Vorteil besteht in der größeren Legimitation der Ergebnisse. Die gesamte oder ein Teil der Führungskraft definiert die Gewichtung. Ein praktisches Beispiel für ein Vorgehen mit dieser Methode der Anforderungsanalyse findet sich bei Höft und Schuler (siehe Anhang A).
3.1.1.4 Situative Übungen und kognitive Arbeitsproben
Normalerweise werden in klassischen Arbeitsproben intelligentes Denken und Handeln als eine von mehreren Dimensionen erfasst. Bei der Bewertung einer Präsentation wird geprüft, inwieweit eine Gliederung und ein roter Faden erkennbar ist oder ob die Dinge auf den Punkt gebracht werden. Bei einer Postkorb-Übung stehen neben der Qualität der Informationsverarbeitung das Erkennen von Zusammenhängen, das Planungs- und Organisationstalent sowie die Schwerpunktsetzung im Zentrum am intelligenten Verhalten des Teilnehmers. Bei Gruppendiskussionen wird u.a. auf die Durchdringung des Themas, die Qualität des Beitrags und die Flexibilität der Reaktionen geachtet. Es gilt, dass die Beobachter nicht nur die intellektuelle Kompetenz der Teilnehmer beurteilen, sondern sie analysieren deren intelligentes Verhalten in der Gruppendiskussion, bei der Präsentation oder bei der Fallbearbeitung. Zu achten ist, dass die Verwendung der Bezeichnung „intellektuelle Kompetenz“ die Funktion hat, die Wahrnehmung zu leiten, die Beobachtungen zu bündeln und die Ergebnisse zu vermitteln.[43]
3.1.1.5 Kritische Ereignisse der Critical-Incident-Technique (CIT)
Das ursprünglich zur Leistungsbeurteilung konzipierte Verfahren[44] ist ein arbeitsplatzbezogenes Vorgehen, das sich vor allem mit den Anforderungen im Verhaltensbereich befasst. In der ursprünglichen Entwicklung wurde davon ausgegangen, dass die Häufigkeit von tatsächlichen Verhalten in einer beruflichen Situation den subjektiven Eindrücken und Meinungen vorzuziehen ist. Allerdings wird keine Aufstellung aller Situationen vorgenommen die zu bewältigen sind, sondern nur diejenigen Situationen werden identifiziert, in denen das Verhalten des Mitarbeiters für das Erlangen der Positionsziele besonders förderlich oder hinderlich ist. Diese Methode wird sehr häufig zur Ermittlung der relevanten AC-Dimensionen eingesetzt, da sie flexibel genutzt werden kann. Außerdem ist kein festgeschriebener Ablauf für die Analysephase zu beachten. In der Regel wird aus der Analyse diese Bedingungen abgeleitet, bei denen die kritischen Situationen auftreten, die dann als Grundlage für Übungen in einem AC eingesetzt werden. Sind diese Verhaltensweisen in kritischen Situationen erfolgreich, so werden sie in Verhaltensanforderungen umgesetzt.[45] Eine mögliche Vorgehensweise zeigt Abbildung 7:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Vorgehen bei der CTI[46]
Die Ergebnisse der Critical-Incident-Technique beruhen auf dem gegenwärtigen Verhalten von Mitarbeitern, was eine potenzielle Schwäche des Verfahrens in der nicht vorhandenen Zukunftsorientierung darstellt. Die Auswahl der Situationen sowie die Bewältigungsstrategien berücksichtigen nur aktuelle Umfeld Bedingungen. Ändern sich die Positionsziele oder die Anforderungen in dem folgenden Zeitraum, so kann über das dann erfolgreiche Verhalten der bereits ausgewählten Mitarbeiter nur spekuliert werden.[47]
3.1.1.6 Der Key-Task-Ansatz von Kienbaum (KTA)
Mit dem Key-Task-Ansatz von Kienbaum werden Schlüsselaufgaben einer Position ermittelt, die sich aus den Zielen und der Strategie des Unternehmens ableiten und von Benchmarks und zukunftsorientierter Marktischt geprägt sind.[48] Sie zeigen den wertschöpfungsmäßigen Beitrag der Position auf. Da diese Schlüsselaufgaben wesentlich allgemeiner gefasst sind, entsprechen sie nicht den konkreten Tätigkeitsbeschreibungen.
Die Schlüsselaufgaben werden gemäß dem Top-Down-Vorgehen (Erkennung oder Verarbeitung von Begriffen und Strukturen eines Verfahrens) aus den Zielen der Position abgeleitet, sodass unternehmensstrategische Überlegungen in den Vorgaben für eine Position einbezogen und zukunftsorientierte Anforderungen ermittelt werden können.[49]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Umsetzungsschritte des KTAs[50]
Die Durchführung einer KTA erfolgt auf unterschiedlicher Weise. Handelt es sich bei der zu besetzenden Stelle um eine wichtige Funktion, wird die Ableitung der Schlüsselaufgaben aus den Unternehmenszielen in sog. Führungskräfteworkshops durchgesetzt. Besonders bei neuen, herausfordernden Aufgaben, die eine ersichtliche Veränderung der Kompetenzen im Vergleich zum vorherigen Stelleninhaber bedürfen, ist diese Vorgehensweise von Vorteil.[51]
3.1.2 Anforderungsdimensionen
In einem AC werden die Teilnehmer anhand bestimmter, im Voraus festgelegter Kriterien, sogenannter Anforderungsdimensionen auf ihre Eignung für die in Frage kommende Stelle oder Position geprüft. (Siehe Anhang B)
Es werden im deutschsprachigem Raum 60 % der Unternehmen zwischen sechs und zehn Anforderungsdimensionen im AC beobachtet und bewertet. Die Zahl liegt meistens darüber oder darunter. In der Regel werden diese Dimensionen vor Beginn der Übungen den Teilnehmern nicht mitgeteilt. Beispielsweise prüfen fast alle Unternehmen die Kommunikationsfähigkeit, die Durchsetzungskraft und die Kooperationsfähigkeit, aber auch die Führungskompetenz und die Zielorientierung sind fast immer von Bedeutung. Die verschiedenen, unterschiedlich gestalteten Übungen dienen dazu, die Facetten der Teilnehmer beobachtbar zu machen. In keiner der Übungen werden alle Dimensionen zugleich erhoben. Bei jeder Übung wird auf drei oder vier Kriterien geachtet, die der Art der Übung entsprechen. Bei einer Gruppendiskussion wird die Teamfähigkeit bzw. die Teamfähigkeit oder die Führungskompetenz eines Teilnehmers beurteilt, während bei einer Postkorbübung das systematisches und analytisches Denkvermögen im Vordergrund steht. Die Prüfer beobachten jedes Kriterium auch in mehreren Übungen, so dass eine verfehlte Übung nicht gleich zum Ausscheiden des Teilnehmers führt.[52] Im konkreten AC können viele Bereiche unterschiedlich aufgefächert sein, je nach Zielstelle und Art des Unternehmens. Folgende Anforderungsdimensionen werden in deutschsprachigen Unternehmen bevorzugt beobachtet und bewertet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Bevorzugte Beobachtungsdimensionen der Unternehmen[53]
3.1.3 Umsetzung typischer Anforderungsdimensionen
Die Umsetzung konkreter Anforderungen einer zu besetzenden Position in einzelnen AC-Übungen besitzt eine zentrale Bedeutung für die Aussagekraft eines ACs. Um dimensionsorientierte Anforderungen umzusetzen, wird folgende Vorgehensweise angewendet: Ausgangsbasis sind die Positionsziele und die daraus abgeleiteten Kernaufgaben. Aus den Kernaufgaben werden die zur Bewältigung der kritischen Ereignisse notwendigen Verhaltensweise benannt, und in einem weiteren Schritt werden daraus konkrete Eigenschaftsbeschreibungen als Anforderung abgeleitet.[54]
Nur wenn diese Umsetzung gelingt, können die AC-Beobachter beurteilen, ob und wie ein Teilnehmer die durch eine Frage stehende Position an ihn gestellten Anforderungen bewältigen kann. In Abbildung 10 wird aufgelistet, worauf die Beobachter bei einzelnen Übungen achten.[55]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Von den Beobachtern geprüfte Kompetenzen in einem AC[56]
[...]
[1] Im Interesse der Lesbarkeit wird bei der Bezeichnung von Personengruppen in dieser Arbeit nur die männliche Form verwendet, gemeint sind aber Männer und Frauen.
[2] Hell, S. (2006), s. 1 zitiert nach Schuler, H. (1996), o. S.
[3] vgl. Obermann, Christof (2009), S. 9
[4] vgl. Baldegger, Rainer (2007), S. 7
[5] vgl. Schuler, H. (1990) IN: Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, S. 34, Kleinmann, M. & Strauß, B. (Hrsg.) (1998), S. 45-68
[6] vgl. Baldegger, R. (2007), S. 9
[7] vgl. Scholz, G. (1994), S. 1
[8] vgl. Annen, H. & Ebert J. (2010), S. 19
[9] Quelle: Schuler & Stehle (1992), S. 4
[10] vgl. Obermann, Christof (2009), S. 12-13
[11] vgl. Trauernicht, K. (2001), S. 43
[12] vgl. Kleinmann, M. (2003), S. 12
[13] vgl. Baldegger, R. (2007), S. 17
[14] vgl. Fisseni, H.-J. & Preusser, I. (2007), S. 28 ff.
[15] vgl. Kleinmann, M. (2003), S. 15
[16] vgl. Fisseni, H.J., Preusser, I., (2007), S. 53
[17] vgl. Paschel, M. et al. (2013), S. 66
[18] vgl. Kleinmann, M. (2003), S. 23
[19] Paschen, M. et al., (2003) S. 315
[20] vgl. Fisseni, H.-J. & Preusser, I. (2007), S. 49
[21] vgl. Schweighofer, Mike (2001) zitiert nach Jesserich, W. (1981) o. S. In: Durnwalder, Kurt (Hrsg.), S. 75
[22] Schweighofer, M. (2001), Durnwalder, K. (Hrsg.) 2001, S. 75
[23] vgl. Obermann, C. (2009), S. 169
[24] vgl. ebd. S. 203
[25] Quelle: Obermann, C. (2009), S. 204
[26] vgl. ebd. S. 206
[27] vgl. Fisseni, H.-J. & Preusser, I. (2007), S.182
[28] Quelle: Fisseni, H.-J. & Preusser, I. (2007), S.63
[29] Quelle: Fisseni, H.-J. & Preusser, I. (2007), S.171
[30] Quelle: Fisseni, H.-J. & Preusser, I. (2007), S.171
[31] vgl. Neubauer, R. (2005) IN: K. Sünderhauf, S. Stumpf und Höft (Hrsg.) Assessment-Center, S. 203-300
[32] vgl. Fisseni, H.-J. & Preusser, Ivonne (2007), S. 164 ff.
[33] Krumbach, P. (1999), Aktuelle Methoden und Einsatzgebiete der Anforderungsanalyse In: Jochmann, W. (Hrsg.) S. 87
[34] vgl. Obermann, C. (2009), S. 60
[35] Vgl. Krumbach, P. (1999), Aktuelle Methoden und Einsatzgebiete der Anforderungsanalyse. In: Jochmann, W. (Hrsg.), Innovationen im Assessment-Center, S. 89
[36] vgl. Christoph Nienaber (1997), S. 8-10
[37] vgl. Obermann, C. (2009), S. 60
[38] vgl. Fisseni, H.-J. & Preusser, Ivonne (2007), S. 70.
[39] Vgl. Krumbach, P. (1999), Aktuelle Methoden und Einsatzgebiete der Anforderungsanalyse. In: Jochmann, W. (Hrsg.), Innovationen im Assessment-Center S. 92
[40] vgl. Obermann, C. (2009), S.70
[41] vgl. Krumbach, P. (1999), Aktuelle Methoden und Einsatzgebiete der Anforderungsanalyse. In: Jochmann, W. (Hrsg.), S. 92
[42] Quelle: Krumbach, Peter (1999), Aktuelle Methoden und Einsatzgebiete der Anforderungsanalyse IN: Jochmann, W. (Hrsg.) Innovationen im Assessment-Center, S. 92
[43] vgl. Fay, E. (2002) S. 59 ff.
[44] vgl. Flanagan, C.J. (1954), S. 327-358
[45] vgl. Krumbach, P. (1999), Aktuelle Methoden und Einsatzgebiete der Anforderungsanalyse. In: Jochmann, W. (Hrsg.), S. 96
[46] Quelle: Krumbach, P. (1999), Aktuelle Methoden und Einsatzgebiete der Anforderungsanalyse. In: Jochmann, W. (Hrsg.), S. 96
[47] vgl. ebd. S. 96
[48] vgl. Krumbach, P. & Hübbe, T., (1997) Trends im Markt – Folgen für Personalentwicklungsinstrumente. In: Kienbaum, J. (Hrsg.): Benchmarking Personal, S. 191-206
[49] vgl. Krumbach, P. (1999), Aktuelle Methoden und Einsatzgebiete der Anforderungsanalyse. In: Jochmann, W. (Hrsg.), S. 96
[50] Quelle: Krumbach, P. (1999), S. 97
[51] vgl. Krumbach, P. (1999), Aktuelle Methoden und Einsatzgebiete der Anforderungsanalyse. In: Jochmann, W. (Hrsg.), S. 97
[52] vgl. Krause, D. E., zu Kniedorf, M., & C. & Gebert, D. (2001), 47–55.
[53] Quelle: Neubauer & Kooperationspartner, AC-Studie 2001
[54] vgl. Michael Paschen,M. et al. (2013), S. 66
[55] vgl. Nienaber, C. (1997) S. 8-10
[56] In Anlehnung an Rompeltien, B. 1999, s. 20
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- Hilal Koc (Autor), 2017, Das Assessment Center. Historische Ursprünge, Inhalt, Ablauf und wissenschaftliche Hintergründe, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/369665
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