In der folgenden Arbeit wird eine Betrachtung des Schülers A. vollzogen, die auf Beobachtungen eines einwöchigen Praktikums an der Theodor-Fontane Gesamtschule in Potsdam- Waldstadt basiert. Er befindet sich in der 6. Klasse und ist körperlich und optisch seinem Alter entsprechend entwickelt. Durch seine Aufgeschlossenheit mir und meinem Kommilitonen gegenüber ist auch davon auszugehen, dass sein Selbstbewusstsein altersgemäß ausgeprägt ist. A. ist ein Flüchtlingskind aus Afghanistan und lebt seit 2001 in Deutschland. Seit dem Schulhalbjahr 2002 (2.Halbjahr 4.Klasse) ist Schüler A. in der Klasse. Die Beobachtung, der sich in dieser Schule, aufgrund eines Kontrakts mit der Universität Potsdam schon viele Schüler unterzogen haben, hat im Laufe der Jahre der Zusammenarbeit mit Sicherheit zu einem gegenseitigen Umgang beigetragen, der für beide Seiten ansprechend und gleichermaßen produktiv ist. Die Schüler respektieren die Studenten und sehen sie (zumindest war dies so in unserem Falle) als vollwertige Ansprechpartner und Respektspersonen an. Aus meiner Sicht kann dieses auch im umgekehrten Verhältnis so betrachtet werden. A. und auch andere Schüler begegneten mir in den meisten Fällen mit Neugierde und Interesse, belästigten mich aber nicht. Die Lehrer der Gesamtschule waren durchweg freundlich, nahmen uns Studenten in alle Stunden auf und standen uns hilfsbereit für Fragen offen.
Inhalt
1. Einleitung
1.1. Aufgaben im Praktikum
2. Berichte und Analysen des Schülerverhaltens
2.1. Begriffsbestimmung
2.1.1. Sozialverhalten
2.2. Zielstellung
2.3. Die Unterrichtsbeobachtungen
2.4. Methodenkritische Betrachtungen zur Beobachtungsmethode
2.5. Gespräche und Befragungen
2.5.1. Informationsgespräche mit Lehrer
2.5.2. Methodenkritische Betrachtung der Gespräche
2.6. Exploration
2.6.1. Vorüberlegungen
2.6.2. Das Gespräch - Phasen der Exploration
2.6.3. Die Auswertung
2.6.4. Methodenkritische Betrachtung der Befragungsmethode
3. Schlussbetrachtung des Schülers
4. Anhang: Hospitationsprotokolle
5. Literatur
1. Einleitung
In der folgenden Arbeit wird eine Betrachtung des Schülers A. vollzogen, die auf Beobachtungen eines einwöchigen Praktikums an der Theodor-Fontane Gesamtschule in Potsdam- Waldstadt basiert. Er befindet sich in der 6. Klasse und ist körperlich und optisch seinem Alter entsprechend entwickelt. Durch seine Aufgeschlossenheit mir und meinem Kommilitonen gegenüber ist auch davon auszugehen, dass sein Selbstbewusstsein altersgemäß ausgeprägt ist. A. ist ein Flüchtlingskind aus Afghanistan und lebt seit 2001 in Deutschland. Seit dem Schulhalbjahr 2002 (2.Halbjahr 4.Klasse) ist Schüler A. in der Klasse.
Die Beobachtung, der sich in dieser Schule, aufgrund eines Kontrakts mit der Universität Potsdam schon viele Schüler unterzogen haben, hat im Laufe der Jahre der Zusammenarbeit mit Sicherheit zu einem gegenseitigen Umgang beigetragen, der für beide Seiten ansprechend und gleichermaßen produktiv ist. Die Schüler respektieren die Studenten und sehen sie (zumindest war dies so in unserem Falle) als vollwertige Ansprechpartner und Respektspersonen an. Aus meiner Sicht kann dieses auch im umgekehrten Verhältnis so betrachtet werden. A. und auch andere Schüler begegneten mir in den meisten Fällen mit Neugierde und Interesse, belästigten mich aber nicht.
Die Lehrer der Gesamtschule waren durchweg freundlich, nahmen uns Studenten in alle Stunden auf und standen uns hilfsbereit für Fragen offen.
1.1. Aufgaben im Praktikum
Das Diagnostikpraktikum wurde vom 15.03.2004 bis zum 19.03.2004 an der Theodor-Fontane Gesamtschule absolviert. Zu Beginn des Praktikums wurde jedem Studenten ein Schüler zugeordnet, der für die Dauer des Praktikums als Beobachtungsaufgabe galt. In verschiedenen Stunden sollte der Schüler beobachtet und sein Verhalten diagnostiziert und analysiert werden. Das Sozialverhalten war für mich dabei von besonderem Interesse. Um eine möglichst genaue und sachkompetente Diagnose des Schülers machen zu können, hatte jeder Student die Aufgabe, zielgerichtet psychodiagnostische Methoden einzusetzen. In jedem Falle mussten vier systematische Situationsbeschreibungen, fakultativ zwei Gelegenheitsbeobachtungen in der Pause, drei Informationsgespräche mit Lehrern und eine psychodiagnostische Exploration mit dem Schüler gemacht werden. Analysen sowie Gespräche wurden mittels eines Gedächtnisprotokolls durchgeführt (Lehrergespräche, Exploration).
2. Berichte und Analysen des Schülerverhaltens
Die anschließenden Situationsbeobachtungen und Unterrichtsprotokolle wurden über die gesamte Praktikumswoche erstellt.
Problembetrachtungen und Auswertungen der Beobachtungen und Gespräche befinden sich jeweils hinter den Berichten.
2.1. Begriffsbestimmung
2.1.1. Sozialverhalten:
Als Sozialverhalten bezeichnet man das Verhalten von Individuen, soweit es auf die anderen Gruppenmitglieder bezogen ist und auf dessen Impulse oder Reaktionen zielt. Sozialverhalten umfasst dabei Formen der Zusammenarbeit und des Zusammenlebens ebenso wie konflikthaftes Verhalten. Teilweise wird Sozialverhalten in seiner Form erlernt, in der Sozialisation, und teilweise unterliegt es instinkthaften gesteuerten Mustern.
Unter Sozialverhalten versteht man also jegliche zwischenmenschlichen Verhaltensweisen und Beziehungen. Es setzt sich zusammen aus Signalen, Handlungsbereitschaften, Verhaltensweisen des sozialen Kontaktes und soziale Distanz (Aggression).
Das Sozialverhalten eines Menschen ist abhängig von seiner emotionalen Verfassung, seiner Persönlichkeit und seinen zwischenmenschlichen Erlebnissen.
Die Entwicklung des Sozialverhaltens kann man in zwei verschiedene Aspekte unterteilen:
Einmal in die Entwicklung des Sozialverhaltens im Sinne der Interaktion und Kommunikation, wie zum Beispiel das Verhalten des Einzelnen in einer Gruppe, bzw. beim Spiel oder verschiedene Formen des Verhaltens gegenüber Mitmenschen (Mitgefühl, Angst oder Aggressionen). Zum anderen handelt es sich um die Entwicklung des Sozialverhaltens im Sinne der Schaffung des sozialen Wesens, d.h. Entwicklung als Sozialisation, wie beispielsweise die Übernahme von Wertvorstellungen und Normen, Rollen, Einstellungen und die Gewissensbildung.
In Hinblick auf Schulkasse als soziales System stellt beispielsweise PETILLON fest, dass den sozialen Interaktionen zwischen Lehrer, Einzelschüler und Schulklasse eine zentrale Bedeutung zukommt. In diesem Dreieck erfolgen die Vermittlungsprozesse zwischen institutionellen Ansprüchen und personalen Bedürfnissen. (vgl. Ingenkamp, 1988, S.209) Zur Erklärung der sozialen Beziehungen in Schülergruppen unterscheidet PETILLON drei Merkmalsbereiche: 1. Gruppennormen, 2. Gruppenstrukturen und 3. Gruppenklimate. (Ingenkamp,1988, S.210)
Sozialität
Der Begriff Sozialität steht für soziales Verhalten bzw. ist mit dem Begriff Soziale Kompetenz gleichzusetzen.
Soziale Kompetenzen bzw. Soziale Fertigkeiten („social skills“) sind Reaktionen oder Reaktionsmuster, die es einer Person erlauben, sich bei der Annäherung oder in der Interaktion mit anderen erfolgreich zu verhalten. Das sind zum Beispiel Verhaltensweise wie zum Beispiel: was in den gegebenen Situationen zu sagen oder zu tun ist (Inhalt), wie (Stil) und wann es zu sagen ist oder zu tun ist und wie sichergestellt werden kann, dass es bei anderen Personen die gewünschte Reaktion auslöst (Konsequenzen). Eines der häufigsten Probleme bei sozialen Fertigkeiten ist mangelnde Selbstsicherheit (Assertivität), d.h. die Unfähigkeit, die eigenen Gedanken oder Wünsche auf klare, direkte und nicht aggressive Weise zu formulieren. (vgl. Zimbardo,1999, S.660)
Soziale Kompetenz ist die Fähigkeit, angemessene soziale Fertigkeiten einzusetzen. Im Einzelnen zeigt sich soziale Kompetenz durch die Kenntnis und Anwendung sozialer Fertigkeiten, wie z.B.: Kompromissbereitschaft, Kooperationsfähigkeit, Kritikfähigkeit, Konfliktlösung, Selbständigkeit, Selbstbewusstsein oder Toleranz gegenüber anderen.
Als soziale Kompetenz bezeichnet man somit die Fähigkeit, Gedanken, Gefühle und Handlungen selbst zu beurteilen und die Verantwortung dafür zu übernehmen, eigene Bedürfnisse und Ansprüche zu erkennen und zu stellen (kognitive Ebene), ohne Angst und Hemmungen zu äußern (emotionale Ebene), und sie durchzusetzen oder einen Kompromiss zu schließen, der weder die eigenen noch die fremden Persönlichkeitsrechte verletzt (Handlungsebene).
Emotionalität
Emotionalität bezeichnet die Gesamtheit der Gefühle und Gemütsbewegungen (z.B. Freude, Trauer, Ärger, Zorn, Wut, Mitleid, Scham, Schuld, Abscheu) eines Menschen. Emotion ist ein komplexes Muster von Veränderungen, das physiologische Erregung, Gefühle, kognitive Prozesse und Verhaltensweisen umfasst. Diese treten als Reaktion auf eine Situation auf, die ein Individuum als persönlich bedeutsam wahrgenommen hat. (vgl. Zimbardo, 1999, S.359)
Die emotionalen Prozesse sind neben kognitiven und motivationalen Prozessen ein besonderer Aspekt des Erlebens und Verhaltens bzw. der psychischen Verarbeitung von Wahrnehmungen und Empfindungen. Emotionen lassen sich formal nach ihrer Intensität unterscheiden in:
1. eigentliche, intentionale Gefühle, die auf Objekte oder Personen gerichtet sind;
2. Stimmungen, z.B. Depressionen, die wenig intentional über das ganze Erleben ausgebreitet sind und
3. Affekte, die rasch entstehen, heftig verlaufen, gewöhnlich schnell abklingen und meist durch Eindrücke und Anlässe ausgelöst werden, die in gefährdender oder fördernder Weise die persönlichen Interessen und Bedürfnisse berühren (etwa Wut, Schreck, Entsetzen, Entzücken).
Nach Paul Ekman verfügt der Mensch über ein Repertoire von 7 universellen Emotionen: Fröhlichkeit, Überraschung, Wut, Ekel, Furcht, Traurigkeit und Verachtung. (vgl. Zimbardo, 1999, S.361)
2.2. Zielstellung
Ziel meiner Beobachtungen war es herauszufinden, wie sich Schüler A., als ausländischer Schüler, in die Klasse integriert hat und wie sein Sozialverhalten zu charakterisiert ist.
Um das Sozialverhalten des Schülers beschreiben zu können versuchte ich die beiden psychischen Bereiche Sozialität und Emotionalität zu beobachten.
Bei dem ersten Beobachtungsziel Sozialität möchte ich die sozialen Bindungen des Schülers in der Klasse herausfinden, d.h. es soll beobachtet werden mit wem er in der Klasse Kontakt hat, wie viel Freunde er hat und ob er ein beliebter Schüler in der Klasse ist. Dies kann man beispielsweise beobachten durch: Aufgeschlossenheit gegenüber anderen, hat er Blickkontakte oder Gespräche in der Pause oder im Unterricht, also mit wem verbringt er die Pause oder seine Freizeit. Dabei sollte man auch die Gruppeneinbindung feststellen können. Ist er ein Einzelgänger, d.h. ist schüchtern (spricht nicht viel, ist ruhig, wird rot wenn man ihn anspricht), zieht sich zurück und verbringt seine Pausen alleine. Wie ist er in die Gruppe oder in die Klasse insgesamt eingebunden? Übernimmt er Führungsrollen? Dies könnte man z.B. gut im Sportunterricht beobachten, d.h. unter dem Aspekt der Bevorzugung oder Ablehnung in Wahlsituationen. Also von wem beispielsweise wird er in eine Mannschaft bevorzugt gewählt oder abgelehnt.
Ein weiterer Beobachtungspunkt sind die Sozialen Kompetenzen, d.h. es soll beobachtet werden in wieweit der Schüler kompromissbereit ist, ist er kritikfähig, löst er seine Konflikt im Gespräch oder durch aggressives Verhalten oder kann er sich in andere Schüler hineinversetzten.
Das zweite Beobachtungsziel Emotionalität steht für die Gesamtheit der Gefühle und Gemütsbewegungen des Schülers. Es soll beobachtet werden wie der Schüler auf bestimmte Situationen reagiert. Dies kann geschehen durch Freude, Trauer, Ärger, Zorn, Wut, Mitleid, Scham, Schuld oder Abscheu. Sind plötzlich Affekte zu beobachten wie Wut, Schreck, Entsetzen oder Entzücken? Diese Affekte können nach ihrer Ansprechbarkeit / Reizbarkeit, nach ihrer Dauer und nach der ihrer Heftigkeit bzw. Stärke untersucht werden.
Die Stimmung ist ein ausgedehnter emotionaler Zustand einer Person, die ihr Auftreten für eine gewisse Zeit bestimmen kann. Stimmung kann sich im Erfolg zeigen und zu Euphorie führen oder hingegen Misserfolg kann zu einer depressiven oder gereizten Stimmung führen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3. Die Unterrichtsbeobachtungen
Hierbei handelte es sich um zwei verschiedene Unterrichtsbeobachtungen. In der Aufgabenstellung wurden 4 systematische Beobachtungen gefordert, davon 3 ausführliche. Die Ausführlichen sollten in erster Linie vorbereitet werden; sprich vorher durchdacht worden sein. Alle Beobachtungen sollten „wissenschaftlich“ durchgeführt werden und nach Möglichkeit den Gütekriterien: Objektivität, Validität, Relabilität und Wiederholbarkeit entsprechen. Das Hauptaugenmerk bei meinen Beobachtungen lag jedoch darauf, diese Kriterien bestmöglich zu erfüllen. Verfälschungen und Fehler waren mir von Anfang an bewusst, was nicht heißen soll, dass sie von mir erwünscht oder gar provoziert worden sind. Die Zeitabstände sind in unserem Praktikum natürlich anders zu betrachten als in der Realität des Lehrerberufs. Als Lehrer kann man natürlich keinen Schüler über 45 Minuten betrachten. Ich beobachtete A. zwei- bis dreimal täglich genauer und systematisch. In den anderen Stunden wurde meine Konzentration zu oft abgelenkt, um ein deutliches Urteil abzugeben. Bei der Protokollierung handelt es sich jeweils um ein Mitschriftenprotokoll, was mir aufgrund der Detailgewichtigkeit als einzig praktikable Protokollierungsart erschien.
Für die systematischen Untersuchungen nutzte ich eine Mathematik – Doppelstunde am 16.03.04 (3. und 4. Stunde), eine Sportstunde am 17.03.04 in der 3. Stunde, eine Mathematikstunde (4. Stunde am 17.03.04) und LER am 17.03.04 in der 5. Stunde. Diese Stunden waren für mich meinungsprägend und lassen sich besonders gut für die Auswertung der folgenden Themenschwerpunkte verwenden. Ganz besonders gut konnte ich das Sozialverhalten des Schülers in den Sportstunden beobachten. Sport ist neben Mathematik sein Lieblingsfach. Er ist ein sehr sportlicher Junge und ist seinen Mitschülern überlegen. In der Schule nimmt man an, dass er älter als seine Mitschüler ist. Durch seine Größe ist er seinen Mitschülern körperlich überlegen und wirkt in seinem Verhalten wesentlich reifer als die anderen Jungen in der 6.Klasse. Er nutzt seine Überlegenheit aus, beispielsweise fackelt er nicht lange wenn es Probleme gibt. Er zeigt maximale Eigendurchsetzung. Die Sportlehrerinnen mussten schon öfter mal dazwischen gehen und ihn ermahnen. Seine Leistungsmotivation war ist in der Sportstunde recht hoch. In den anderen Stunden wirkt A. recht ruhig und schüchtern, macht gelegentlich einen Witz – aber ansonsten folgt er dem Unterricht. Sein großes Problem sind die sprachlichen Schwierigkeiten. Er hatte zum Anfang große Probleme die Aufgabenstellungen zu verstehen und Fragen zu stellen, aber dies hat sich in den 1 ½ Jahren, die er jetzt in der Klasse ist, sehr verbessert.
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- Citation du texte
- Robert Nemitz (Auteur), 2004, Charakterisierung des Sozialverhaltens eines Schülers, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36963
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