Prof. Manfred Görtemaker gilt spätestens seit seiner "Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" als einer der renommiertesten Historiker der Deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. In seinem Forschungsseminar zur politischen Wirkung und Überzeugung Thomas Manns bearbeitete Alexander Schetter sein Verhältnis zu Deutschland seit der Kapitulation 1945. Nach dem Studium der Tagebücher und unzähligen Briefen fand der Autor zu einem überraschenden Ergebnis. Es kam ein deutlich ambivalentes Verhältnis Manns zu Deutschland zum Vorschein, welches ihn bis zu seinem Tode hin und her riss. Es wird wohl wenige Künstler geben, die an Deutschland so gelitten haben wie Thomas Mann, der trotz aller politischen Äußerungen vor allem eines blieb, der große Humanist seiner Literatur.
Inhalt
1. Einleitung
2. Quellen und Literatur
3. Das besetzte Deutschland –Beginn des kalten Krieges
4. Die Teilung
5. SBZ und DDR
6. Die Adenauer-Republik
6.1. Wiederbewaffnung
6.2. Essener Vorschlag
7. Nachkriegsliteratur
8. Schlussbetrachtung
Bibliographie
1. Einleitung
„Der isolierte Weltbürger, 1949-1951“ nennt Donald A. Prater das achte Kapitel seiner Biographie über Thomas Mann1. Er beschreibt damit sehr treffend die Situation des „politischen Menschen“ Thomas Mann nach dem zweiten Weltkrieg. Mann war unter dem Einfluss seiner Familie einer von jenen gewesen, die schon kurz nach der Machtübernahme Adolf Hitlers die Katastrophe vorausgesehen hatten. Er emigrierte mit dem engsten Familienkreis und musste mit ansehen, wie das Volk, das er noch in der Weimarer Republik als das führende Kulturvolk der Welt bezeichnet hatte, zur scheußlichsten Barbarei der Menschheitsgeschichte fähig wurde. Seine herausragende Stellung als weltbekannter Literat und Humanist nutzte er von Beginn an, um in Radiosendungen, Artikeln und Essays an sein Volk zu appellieren und der Welt zu zeigen, dass es auch ein anderes Deutschland gab. Er arbeitete im amerikanischen Exil am „Doktor Faustus“, das Buch, das er später als sein Hauptwerk bezeichnen sollte und 1947 beendete. Darin versuchte Thomas Mann den Weg der Deutschen in den Abgrund, den Pakt mit dem Teufel, als den Weg Deutschlands aus dessen Einsamkeit (der deutschen Innerlichkeit) durch Unterwerfung der Völker, deren Liebe man nicht gewinnen konnte, zu beschreiben2. Als sich nach dem Krieg die Spaltung der Welt in zwei Blöcke abzeichnete und sich in der Teilung Deutschlands manifestierte, weigerte sich Thomas Mann ein Fürsprecher des einen oder des anderen Systems zu werden. Es widersprach seiner humanistischen Gesinnung, vor allem da er auch in den westlichen Demokratien Tendenzen wahrnahm, die er nicht gutheißen konnte. In seiner Wahlheimat Kalifornien wurde es ihm denn auch bald deutlich ungemütlich, obwohl er an seinem Haus und dem milden Klima sehr hing. Das, was wir heute als McCarthy-Ära bezeichnen, deutete sich an. Intellektuelle und Künstler, die sich nicht zum Anti-Kommunismus bekannten, mussten mit Repressalien und Verfolgung rechnen. Thomas Mann ertrug das politische Klima Amerikas nicht mehr, in dem er Züge wiedererkennen wollte, die ihn veranlasst hatten Deutschland zu verlassen. Er, der kurz nach dem Krieg in einem offenen Brief die Rückkehr in seine Heimat ausgeschlossen hatte, musste als alter Mann noch einmal einen Neubeginn wagen. Nach Ende des Krieges konnte er mit Deutschland nichts mehr anfangen, der Gedanke an sein zerstörtes Heimatland bereitete ihm Unbehagen. Es war ihm schon immer „ein eigentümliches, halb peinvolles, halb ehrenvolles Missgeschick, ein Deutscher zu sein.“3 Die unaufhaltsame und ideologisch aufgeladene Teilung widersprach dann vollends seiner Idee der Kulturnation Deutschland. Trotz allem wollte Thomas Mann Deutschland dienen, dem einen Deutschland, das er verraten musste, wenn er sich für einen der beiden Teile entschied.
Vor allem in der Forschung zur Weimarer Republik nimmt man Thomas Mann als exemplarisches Beispiel dafür, wie ein Literat der Kaiserzeit und bekennender Nationalist zum vorsichtigen Republikaner wurde. In der Zuerkennungsschrift des Nobelpreiskomitees würdigte man dies neben seinen Leistungen als Schriftsteller. Unter dem Einfluss seiner politisch engagierten Kinder Klaus und Erika wurde Thomas Mann nach Ende der Kaiserzeit ein unbequemer und in Deutschland vielfach ungelittener Weltbürger, und blieb es bis zu seinem Tod. Mann hatte wie viele Künstler seiner Zeit in der Republik der Außenseiter seinen Platz gefunden, wieso konnte er sich nach 1945 mit dem neuen Deutschland nicht anfreunden? Natürlich lehnte er die Teilung ab, im Westen konstituierte sich jedoch eine neue demokratische Republik, deren Verfassung die katastrophalen Erfahrungen der jüngsten Geschichte berücksichtigte. Doch gerade diese erste wirkliche Demokratie auf deutschem Boden lehnte er entschieden ab. Zur offiziell demokratischen und sozialistischen Republik im Osten fand er nie ein ausgewogenes Verhältnis. Auf der einen Seite erkannte er klar das Unrecht, das in der SBZ und dann in der DDR geschah. Andererseits konnte er sich nie zu einer harten Kritik durchringen. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung stehen die Motive und Umstände, welche die Ansichten Thomas Manns zu den beiden Deutschlands prägten.
2. Quellen und Literatur
Einen guten Überblick zum Thema bietet Stephan Stachorskis Quellensammlung Fragile Republik.4 Das ambivalente Verhältnis Thomas Manns zu Nachkriegsdeutschland wird mit einer Fülle von Tagebuch- und Briefauszügen herausgearbeitet. Als Kontrapunkt setzt Stachorski Manns Essays, die eine andere, mildere und überlegte Sprache sprechen. Doch das chronologische Konvolut verzichtet auf Kommentare die zu mehr als dem reinen Textverständnis dienen. Das ist die Stärke, aber auch die Schwäche des Bandes. Nach eingehendem Studium der Tagebücher vermisst man bei Stachorski politische Passagen zu den letzten Jahren, vor allem die ersten deutlichen Anzeichen von altersbedingten Ausfällen, wie die Kommentare zum Volksaufstand in der DDR.
Thomas Mann leitete schon vor seinem Tod den Erhalt seiner Aufzeichnungen ein. Umfangreiches Material verkaufte er noch kurz vor seiner Emigration nach Europa an die Yale University, vor allem Arbeitsaufzeichnungen, literarische Skizzen und Briefe die sein Werk begleiteten. In seinem Testament hinterließ er der ETH Zürich eine noch größere Sammlung5, darunter auch Tonbandaufnahmen und Druckfahnen.
Vor allem die Tagebücher sind eine unschätzbare Quelle, da Thomas Mann, obwohl er zweifellos mit einer Veröffentlichung post mortem gerechnet, ja sie von seiner Größe überzeugt, geradezu erwartet hat, keineswegs eine Kunstfigur hinterließ. Im Übrigen sind Manns Tagebücher nicht nur Zeugnis über das Leben des literarischen Genies, sondern darüber hinaus interessante Dokumente der Zeitgeschichte. Kurz vor der endgültigen Abreise nach Europa 1952 beauftragte er Hilde Kahn, die Tagebücher 1933-1951 zu versiegeln und verfügte, dass diese erst 20 Jahre nach seinem Tod der Öffentlichkeit präsentiert werden sollten. Alle anderen Aufzeichnungen aus den Jahren davor hatte er vernichtet. Allerdings muss das Bild des bis zuletzt produktiven Dichters revidiert, oder im Rahmen dieser Arbeit berücksichtigt werden ( nach der Fertigstellung des Faustus hatte Thomas Mann so manche „Schwere Stunde“, das Arbeiten und Erledigen der täglichen Korrespondenz fiel ihm immer schwerer, und ohne die Hilfe seiner Tochter Erika wären viele der erhaltenen Dokumente wohl nicht zustande gekommen)6. Eine großzügig editierte Briefauswahl ist von Erika Mann erschienen7, ihre Verwicklung mag man bewerten wie man will, ein geschöntes Bild bekommt man nicht geboten. Die Tagebuchausgabe von Inge Jens besticht durch einen lückenlosen Anmerkungsteil und eine erweiterte Briefauswahl, wohl auch dank der Zusammenarbeit mit Golo Mann.8
Die Literatur zu Thomas Manns Leben und Wirken ist bei seiner Bedeutung natürlich umfangreich. Eine Einführung zu Thomas Mann bietet Klaus Schröter9, der seit den 1960ern zu Mann forscht, er bietet ähnlich wie die Fragile Republik eine Biographie in Selbstzeugnissen und Dokumenten. Hermann Kurzke sei hier noch erwähnt, der 2000 eine aktuelle Biographie vorgelegt hat, die aber etwas an einer Psychologisierung krankt.10 Zu empfehlen ist seine in Zusammenarbeit mit Stachorski editierte Essaysammlung11. Nicht ohne Grund aber, wird die Arbeit mit Donald A. Praters Biographie12 eingeleitet. Prater schildert ausführlich auf über 700 Seiten das Leben Thomas Manns und schafft es trotzdem, einen kurzweiligen Lesegenuß zu bereiten. Da spricht kein Richter, sondern ein Berichter aus der langen, noblen Biographentradition der Angelsachsen. Walter A. Berendsohn wagt ein spannendes Experiment, er beschreibt das Leben Manns anhand seiner Werke und deren Spannungsbogen.13Zu guter Letzt sei auf Katia Manns Erinnerungen hingewiesen, die immer mit Vorsicht zu genießen sind, aber fraglos einen spannenden Einblick und Perspektivwechsel bieten.14
3. Das besetzte Deutschland –Beginn des kalten Krieges
„Rät man zur Milde, so wird man von den Deutschen womöglich grässlich desavouiert. Rät man zu Unerbittlichkeit, so gerät man in eine schiefe und unzuträgliche Stellung zu dem Land, dessen Sprache man schreibt“15.
Der baldige Bruch der ungleichen Verbündeten folgte einem Naturgesetz, dazwischen geriet das besetzte Deutschland. Doch was nahm Thomas Mann aus dem fernen Amerika wahr, welchen Weg sah er Deutschland beschreiten? Anfang 1944 wurde in Emigrantenkreisen das Council for a Democratic Germany gegründet. Thomas Mann hielt sich bewusst fern von jeder politischen Aktivität, vor allem da er davon überzeugt war, dass eine demokratische deutsche Staatsführung nur aus dem Kreise jener Antifaschisten erwachsen könne, die das Grauen vor Ort überlebt hatten16. Selbst eine Diskussion mit Kollegen wie Lionel Feininger und Berthold Viertel hielt er für überflüssig, da er selbst unter den Emigranten eine Neigung verspürte, sich und Deutschland als den Mittelpunkt der Welt zu betrachten17. In seiner ersten Radiobotschaft (10. Mai 1945) nach dem Waffenstillstand, betonte er den Graben zwischen Deutschland und der übrigen Welt, die einen gerechten Frieden feierte und mit Recht mit Abscheu und Grauen auf die Verbrechen des deutschen Volkes sah. Es sei wichtig, die Leistung der Alliierten zu würdigen, auch da man sich nicht aus eigener Kraft vom Joch befreit hatte. Man hatte die Macht verloren, aber Macht sei nicht alles und schon gar nicht die ganze Würde des deutschen Volkes18. Diese erste Meldung nach Deutschland war ein Plädoyer an die Vernunft, an das Gute. Politische Vision war nicht Manns Sache, zu undeutlich schienen auch die Verhältnisse im besiegten Deutschland, als das man sich eine Vorstellung von dem machen konnte, was werden sollte. „Ich habe keine Ahnung, keine Vorstellung“19, für Mann war die Aufarbeitung der Vergangenheit und die Reinigung von den Verbrechen (von den Verbrechern) die dringlichste Sache, ohne die für ihn kein Neuanfang sein konnte. Er hatte schon immer gewisse Vorbehalte gegen Eisenhower gehabt, nach der Kapitulation wurde sein unbestimmtes Misstrauen gegenüber den Westalliierten offenbar: „Himmler will nicht gefunden werden, weil man mit ihm das Kapitulationsgeschäft gemacht hat20“, während „Die Russen sollen sich in Berlin sehr beliebt machen, Lebensmittel beschaffen, mit den Mädchen ausgehen. Werden noch die Beliebtesten sein“21.
Schon bald erreichte ihn die erste Aufforderung des von Sowjets kontrollierten Senders Radio Berlin, nach Deutschland zurückzukehren. Er erfuhr davon aus der Times, lehnte dies aber genauso ab wie die Aufforderung Walter Molos, der ihn in einem offenen Brief zur Rückkehr bewegen wollte. Walter Molo stellte für Thomas Mann den Prototyp des Inneren Emigranten dar. Er gab zu, dass jene unter dem Regime schwer gelitten hatten, er konnte und wollte es aber nicht verzeihen, dass deutsche Künstler und Intellektuelle unter der Goebbels- Kultur gewirkt, oder sie zumindest geduldet hatten22. So äußerte er sich auch in privatem Kreis und fügte hinzu, dass man nicht einfach so tun könne, als hätte es diese zwölf Jahre nicht gegeben. Er musste zugeben, dass ihm vor dieser Trümmerlandschaft graue und er die bequemen Vorzüge seiner neuen Heimat nicht aufgeben wolle23. Nach einem Vortrag in der Library of Congress bekundete Mann in diesem Zusammenhang zum ersten mal seine Vorstellung einer deutschen Zukunft, die er in einer Welt des sozialen Humanismus sah, im Erwachen der Menschheit zu ihrer grundlegenden Einheit in einem Weltstaat24. Die Reaktionen auf den offenen Brief (die Absage) an Molo, der in der Presse Verbreitung fand, deutete die Art, in der in Zukunft miteinander umgegangen wurde, an. Zweifellos hatte der Zauberer mit der Angst vor den Trümmerlandschaften wenig einfühlsam gegenüber seinem Volk, das in Trümmern hauste, formuliert. Doch die oft beleidigten Reaktionen aus Deutschland waren vor allem die Antwort jener, die nicht an ihre Schuld erinnert werden wollten. Vor allem der rege Briefwechsel nach Deutschland bezeugte ihm die Tatsache, dass sich in der deutschen Mentalität seit 1930 nichts geändert hatte.25 Auch wenn er sehr wohl wusste, dass es die Falschen waren, die sich hier zu Wort meldeten:
„Wir haben hier immer ziemlich genau gewusst, wer sich in Deutschland anständig benahm: Es waren nicht diejenigen, die jetzt in melodramatischen und offenkundig verlogenen Artikeln ihre Leiden als Mitglieder der Inneren Emigration feiern wie Ebermaier Erich, der dem Goebbels jedes Jahr einen Film geliefert hat und reich dabei geworden ist“.26
Ein absurder Artikel (Bücher- frei von Blut und Schande) Wilhelm Hausensteins in der Süddeutschen Zeitung, in der eine Vielzahl von kunst- und kulturwissenschaftlichen Spitzenleistungen aufgezählt wurden, gibt der Rechtfertigungseifrigkeit, vor allem der Inneren Emigranten, Ausdruck. Es ist auch Ausdruck des nicht vorhandenen guten Willens, denn Thomas Mann hatte in seinem Essay (dem besagten offenen Brief) „Warum ich nicht nach Deutschland zurückgehe“ zwar davon gesprochen, dass der im Dritten Reich veröffentlichten Literatur ein Geruch von Blut und Schande anhaften würde, und man diese einstampfen müsse27. Doch zielte er damit natürlich nicht auf den künstlerischen Wert jener Werke, sondern auf die Unmöglichkeit, in der Barbarei überhaupt etwas zu veröffentlichen. Die Stimmen derer, die sich hörbar machen konnten, sind wohl ein Spiegel der Seele des deutschen Volkes, das sich ertappt fühlte. Und so ist der Zwist des Dichters und seines Volkes kein politischer und kein weltanschaulicher, sondern einer der Seelen, die beide zutiefst verwundet auf die Handreichung des anderen warteten. Denn dass Thomas Mann die Anfeindungen aus Deutschland, später gesellten sich sogar Persönlichkeiten wie Alfred Döblin zu seinen harschesten Kritikern, zutiefst schmerzten, konnte er nicht verleugnen:
„Ich bin schwach genug, mich nie eines Schauders erwehren zu können, wenn der Hauch der Feindschaft mich anweht“28. „Die Angriffe, Falschheiten und Dummheiten arbeiten tagüber in mir und ermüden mich wie schwere Arbeit“29.
Da es vor allem Rufe aus dem von den Westalliierten besetzten Gebieten waren, die Thomas Mann derart angingen, mag hier der Grundstein für ein latentes Misstrauen der Westzone gegenüber gelegt worden sein. Gerade dort glaubte Mann auch einen neuen Nationalismus, ja Faschismus zu entdecken. In einem Brief an Oscar Schmitt- Halin spricht er deutlich gezügelt von einem „strammen Neu-Nationalismus“, den er als Kompensation der totalen Niederlage sieht, die mit einer Selbstgeißelung und Selbstverleugnung deutscher Größe einhergeht.30 Selbst der kommenden Elite und Jugend Deutschlands stellte er kein besseres Zeugnis aus, denn er befand: „Man hat Grund zu befürchten, dass von drei deutschen Studenten bürgerlicher Herkunft zwei heute schon wieder Faschisten sind“.31 In seinem Tagebuch und in Briefen an Freunde und Verwandte wurde er deutlicher und gab sich kaum die Mühe, Erklärungen zu finden. Hatte er eine Rückkehr nach Deutschland rundweg abgelehnt, empfand er schon die Vorstellung eines Besuches als unangenehm. Dazu trug auch bei, dass Thomas Manns Bild von den Zuständen in Deutschland etwas überzeichnet war. Am 25. Januar 1947 schreibt er in sein Tagebuch:
„Dass man ohne die alliierten Bayonette in Deutschland seines Lebens nicht sicher wäre, geht aus vielen Nachrichten hervor“… „Erika ist Feuer und Flamme dagegen (gegen einen Besuch Deutschlands), ebenso unsere ganze Freundschaft hier und im Osten, auch die amerikanische. Widererstarken und Neu- Organisation des Nazitums, Untergrund- Verschwörung, Feme- Stimmung, der alte Dünkel, der alte Hass- man hört und sieht zuviel davon“32.
Als Thomas Mann im Frühling 1947 Europa einen Besuch abstattete, ließ er bei seinen ersten Interviews einen Abstecher nach Deutschland noch offen. Doch in Wirklichkeit hatte Mann innerlich schon längst eine Visite in Deutschland ausgeschlossen. Die Gründe hierfür waren vielfältig, Mann hatte aber wohl Recht, als er in einem Interview die Vermutung anstellte, nicht sehr willkommen zu sein. Eine von der amerikanischen Besatzungsbehörde in Auftrag gegebene Umfrage unter Intellektuellen in Bayern bestätigte die kritisch-feindliche Haltung in der Presse ihm gegenüber, große Teile der Befragten sprachen sich sogar gegen eine Rückkehr Thomas Manns aus.33
Manns Gedanken zur politischen Zukunft Deutschlands waren dabei aber eher vage, die Bestrafung der Deutschen und seine Überzeugung, dass der Nationalismus endgültig ausgerottet werden müsse, hatten Priorität:
„Es ist nicht möglich, eine Millionen Menschen hinzurichten, ohne die Methoden der Nazis nachzuahmen. Es sind aber rund eine Millionen, die ausgemerzt werden müssten“34.
Um dieses Volk endgültig zu zähmen, schwebte Mann ein loser Länderbund vor, schon am 29. 4. 1945 schrieb er an Karl Retzlaw:
„… aber ich habe allerdings das Gefühl, dass eine Reichsreform im Sinne der Auflockerung und Dezentralisierung für Deutschland und die Welt das Beste wäre“.35
[...]
1 Prater.
2 Vgl. Stachorski, S.9.
3 Vgl. Prater , S.491.
4 Stachorski.
5 TMA.
6 Tb 1953-1955, XII.
7 Br. II & Br. III
8 Tb.
9 Schröter II.
10 Hermann Kurzke, Thomas Mann: Das Leben als Kunstwerk, München, 2000.
11 Walter A. Berendsohn, Thomas Mann, Künstler und Kämpfer in bewegter Zeit, Lübeck, 1965.
12 E IV-E VI.
13 Prater.
14 Katia Mann, Meine ungeschriebenen Memoiren, Frankfurt a. M., 1974.
15 Bl 10, 27.
16 Schröter I, S.131.
17 Vgl. Prater, S. 491.
18 GW XI.
19 Tb 7.12.1947.
20 Tb 20.5.1945.
21 Tb 26.5.1945.
22 E VI, GW XII, Vgl. Stachorski, S.33.
23 E VI, GW XII, Vgl. Stachorski, S.33.
24 Vgl. Prater, S. 521.
25 Vgl. Prater, S. 524.
26 Br. II, S.225.
27 E VI, GW XII, Vgl. Stachorski, S.28.
28 Br. III, S. 78 f.
29 Tb 19.9.1945.
30 Br. III, S.13.
31 Br. III, S. 57 f.
32 Tb 21.5.1949.
33 Vgl. Stachorski, S. 67.
34 Tb 5.5.1945.
35 TMA.
- Quote paper
- Alexander Schetter (Author), 2005, Thomas Mann und das geteilte Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36936
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