Die geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede sind seit 1970 ein öffentliches und wissenschaftliches Thema in allen westlichen Industrieländern. Der soziologische und volkswirtschaftliche Begriff „Gender Pay Gap“ oder auch „Geschlechter-Lohnlücke“ genannt, beschreibt den durchschnittlichen Unterschied der Stundenlöhne zwischen Frauen und Männern innerhalb einer Volkswirtschaft.
Dieser Einkommensunterschied wird in politischen Debatten teilweise als Anzeichen dafür gewertet, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert werden. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass Lohnunterschiede zwischen verschiedenen Personengruppen aufgrund unterschiedlicher Qualifikationen vorherrschen können, die keine Diskriminierung darstellt. Erst wenn nach Bereinigung der Einflussnehmender Faktoren wie Bildung, Qualifikationen, Beruf und Erfahrung ein Einkommensunterschied bestehen bleibt, kann von Diskriminierung gesprochen werden.
Seit Inkrafttreten des Anti-Diskriminierungsgesetzes (ADG) 2006 sollen Benachteiligungen aufgrund bestimmter Merkmale wie Geschlecht verhindert werden. Durch dieses Gesetz ist ebenfalls das Arbeitsrecht betroffen, da benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch auf Ersatz des ihnen entstanden materiellen und immateriellen Schadens erheben können. Aus diesem Grund ist es wichtig festzustellen, inwieweit unterschiedliche Löhne zwischen den Geschlechtern auf Diskriminierungsprozesse zurückzuführen sind (vgl. Hundertmark 2013: 2).
Aufgrund des ungleichen Zugangs zu materiellen Ressourcen und Chancen kann bei diesem Phänomen von geschlechtsspezifischer sozialer Ungleichheit gesprochen werden. Obwohl Einkommensunterschiede zulasten der Frauen in vielen empirischen Studien belegt worden sind, können eindeutige Ursachen für dieses Phänomen nicht genannt werden. Vielmehr führen viele unterschiedliche Faktoren zu den geschlechtsspezifischen Verdienstunterschieden, die in dieser Arbeit erläutert werden sollen.
Ökonomen begründen Lohndifferenzen durch Unterschiede in den Fähigkeiten, Arbeitsverhältnisse sowie Angebots- und Nachfragefaktoren, während Soziologien dies an der weit verbreiteten kulturellen Abwertung weiblicher Arbeit festmachen. Aus diesem Grund behandelt diese Arbeit verschiedene Erklärungsansätze der geschlechtsspezifischen Lohnlücke, um ein möglichst vollständiges Bild dieses Phänomens darstellen zu können.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Grundlagen
- Die Humankapitaltheorie
- Ökonomische Diskriminierungstheorien
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede, auch Gender Pay Gap genannt. Ziel ist es, verschiedene Erklärungsansätze – sowohl ökonomische als auch soziologische – zu beleuchten und ein umfassendes Bild dieses Phänomens zu zeichnen. Die Arbeit befasst sich mit der empirischen Evidenz und einer Bewertung der verschiedenen Theorien.
- Geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede (Gender Pay Gap)
- Die Rolle der Humankapitaltheorie
- Ökonomische Diskriminierungstheorien
- Berufliche Segregation
- Empirische Befunde und Bewertung der Erklärungsansätze
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beleuchtet den Gender Pay Gap anhand internationaler und nationaler Studien, die einen kontinuierlichen Lohnunterschied von mindestens 20 Prozent seit 1995 aufzeigen. Sie verdeutlicht die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Lohnunterschieden aufgrund von Qualifikationen und Lohnunterschieden aufgrund von Diskriminierung. Das Antidiskriminierungsgesetz von 2006 wird erwähnt, um den Kontext des Problems zu verdeutlichen. Die Einleitung hebt hervor, dass viele Faktoren zu geschlechtsspezifischen Verdienstunterschieden beitragen und die Arbeit verschiedene Erklärungsansätze untersuchen wird, beginnend mit der Humankapitaltheorie und ökonomischen Ansätzen, bevor soziologische Konzepte betrachtet werden, die sich mit diskriminierenden Prozessen beschäftigen. Abschließend wird eine empirische Betrachtung und Bewertung der Erklärungsansätze angekündigt.
Theoretische Grundlagen: Dieses Kapitel dient als Grundlage für die folgenden Erklärungsansätze und stellt die Humankapitaltheorie von Gary S. Becker vor. Diese besagt, dass ökonomischer und gesellschaftlicher Erfolg maßgeblich durch Humankapital bestimmt wird – die Summe der Fähigkeiten und Wissensbestände einer Person, die sich positiv auf deren Produktivität auswirken. Die Aneignung von Fähigkeiten wird als Investition in die Zukunft beschrieben, deren Entlohnung von der Produktivität abhängt (Schulbildung, Berufsbildung, Berufserfahrung etc.). Auf einem perfekten Arbeitsmarkt entspricht die Entlohnung der Grenzproduktivität. Das humantheoretische Kernmodell geht von einem vollständig rationalen Akteur aus, der seinen Nutzen mit den investierten Kosten des Humankapitals angleicht. Unterschiedliche Investitionen in Qualifikationen führen zu Einkommensunterschieden, die bei Chancengleichheit legitim sind. Das 3-Phasenmodell von Mincer und Polachek wird vorgestellt, um geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede mithilfe der Humankapitaltheorie zu erklären. Dieses Modell berücksichtigt die Auswirkungen von Erwerbsunterbrechungen bei Frauen auf deren Humankapitalausstattung und -entlohnung. Geschlechtsspezifische Verdienstunterschiede aufgrund unterschiedlicher Humankapitalausstattungen gelten als legitim; unerklärte Varianz wird auf Diskriminierungsprozesse zurückgeführt.
Die Humankapitaltheorie: Dieses Kapitel vertieft die Humankapitaltheorie. Es erklärt detailliert den Begriff des Humankapitals und wie Investitionen in Bildung und Berufserfahrung die Produktivität und damit das Einkommen beeinflussen. Es wird darauf eingegangen, wie das Modell versucht, die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen zu erklären, indem es Unterschiede in der Investition in Humankapital, insbesondere aufgrund von familiären Verpflichtungen der Frauen, berücksichtigt. Die Grenzen des Modells und die damit verbundenen Kritikpunkte werden hier ebenfalls diskutiert.
Ökonomische Diskriminierungstheorien: Dieses Kapitel präsentiert Beckers ökonomische Theorie der Diskriminierung aus seinem Werk „The Economics of Discrimination“. Hierbei wird von der Annahme ausgegangen, dass keine Produktivitätsunterschiede zwischen verschiedenen Personengruppen vorliegen und die ungleiche Behandlung gleich produktiver Individuen als Diskriminierung gilt. Beckers „taste for discrimination“ wird erläutert, wobei die Präferenz der Diskriminierung in monetären Größen gemessen werden kann und zu Lohndiskriminierung und Beschäftigungsdiskriminierung führen kann. Die neoklassische Arbeitsmarkttheorie, bei der männliche und weibliche Arbeit vollständig substituierbar sind, wird gegenübergestellt. Die Kompensation des Nutzenverlustes durch Diskriminierung führt zu einer ungleichen Entlohnung der Frauen. Die geschlechtsspezifische berufliche Segregation wird als ein weit verbreitetes Phänomen erläutert, mit Frauen vorwiegend in den Bereichen Pflege, Erziehung, Reinigung und einfachen Bürotätigkeiten im Vergleich zu Männern in technischen und verarbeitenden Berufen.
Schlüsselwörter
Gender Pay Gap, geschlechtsspezifische soziale Ungleichheit, Humankapitaltheorie, ökonomische Diskriminierung, Diskriminierungspräferenz, berufliche Segregation, Lohnunterschiede, Arbeitsmarkt, Einkommensunterschiede, Bildung, Qualifikation.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Analyse geschlechtsspezifischer Einkommensunterschiede
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede, auch Gender Pay Gap genannt. Sie untersucht verschiedene Erklärungsansätze – sowohl ökonomische (wie die Humankapitaltheorie und Diskriminierungstheorien) als auch soziologische – um ein umfassendes Bild dieses Phänomens zu zeichnen und die empirische Evidenz zu bewerten.
Welche Theorien werden behandelt?
Die Arbeit befasst sich schwerpunktmäßig mit der Humankapitaltheorie von Gary S. Becker und ökonomischen Diskriminierungstheorien. Die Humankapitaltheorie erklärt Einkommensunterschiede durch unterschiedliche Investitionen in Bildung und Berufserfahrung. Ökonomische Diskriminierungstheorien hingegen betrachten ungleiche Behandlung gleich produktiver Individuen als Ursache für Lohnunterschiede. Der Begriff der „Diskriminierungspräferenz“ nach Becker wird ebenfalls erläutert.
Wie wird die Humankapitaltheorie erklärt?
Die Humankapitaltheorie besagt, dass ökonomischer Erfolg durch die Summe der Fähigkeiten und Wissensbestände (Humankapital) einer Person bestimmt wird. Unterschiedliche Investitionen in Humankapital führen zu Einkommensunterschieden, die bei Chancengleichheit legitim sind. Das 3-Phasenmodell von Mincer und Polachek wird zur Erklärung geschlechtsspezifischer Einkommensunterschiede im Kontext der Humankapitaltheorie verwendet. Es berücksichtigt insbesondere die Auswirkungen von Erwerbsunterbrechungen bei Frauen.
Wie werden ökonomische Diskriminierungstheorien dargestellt?
Ökonomische Diskriminierungstheorien gehen davon aus, dass bei fehlenden Produktivitätsunterschieden ungleiche Behandlung gleich produktiver Individuen als Diskriminierung gilt. Beckers „taste for discrimination“ beschreibt die Präferenz für Diskriminierung, die zu Lohndiskriminierung und Beschäftigungsdiskriminierung führen kann. Die geschlechtsspezifische berufliche Segregation, mit Frauen in traditionell eher niedrig bezahlten Bereichen, wird als ein wichtiges Phänomen in diesem Kontext diskutiert.
Welche Rolle spielt die berufliche Segregation?
Die geschlechtsspezifische berufliche Segregation wird als weit verbreitetes Phänomen beschrieben, das zu Einkommensunterschieden beiträgt. Frauen sind überproportional in Branchen mit niedrigeren Löhnen vertreten, während Männer in besser bezahlten Sektoren arbeiten.
Welche empirischen Befunde werden berücksichtigt?
Die Arbeit bezieht sich auf internationale und nationale Studien, die einen kontinuierlichen Lohnunterschied von mindestens 20 Prozent seit 1995 aufzeigen. Die empirischen Befunde dienen der Bewertung der verschiedenen Erklärungsansätze.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Gender Pay Gap, geschlechtsspezifische soziale Ungleichheit, Humankapitaltheorie, ökonomische Diskriminierung, Diskriminierungspräferenz, berufliche Segregation, Lohnunterschiede, Arbeitsmarkt, Einkommensunterschiede, Bildung, Qualifikation.
Welche Kapitel enthält die Arbeit?
Die Arbeit beinhaltet eine Einleitung, ein Kapitel zu den theoretischen Grundlagen, ein Kapitel zur Humankapitaltheorie, ein Kapitel zu ökonomischen Diskriminierungstheorien und eine Zusammenfassung der Kapitel sowie eine Auflistung der Schlüsselwörter.
Was ist die Zielsetzung der Arbeit?
Ziel der Arbeit ist es, verschiedene Erklärungsansätze für den Gender Pay Gap zu beleuchten und ein umfassendes Bild dieses Phänomens zu zeichnen. Die Arbeit bewertet die empirische Evidenz und die verschiedenen Theorien.
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- Veronika Waldenmaier (Author), 2014, Geschlecht und ökonomische Ungleichheit. Erklärungsansätze und Beschreibung des Ist-Zustandes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/369262