Gefühle. Wir haben sie alle. Manch einer würde an dieser Stelle vielleicht zynisch sagen: “Ja, mehr oder weniger.”, aber wir wissen, dass der Unterschied oftmals weniger im Haben als vielmehr im Zeigen liegt. Wie auch immer, Gefühle begleiten uns unser Leben lang, sie sind Teil unseres Seins, wir haben sie, zeigen sie, reden darüber, alles scheinbar ganz problemlos. Doch wenn wir uns auch der Bedeutung des Wortes Gefühl bzw. spezieller Gefühlsworte wie Liebe, Hass, Angst etc. sicher fühlen (!), so fällt es uns jedoch sehr schwer, eine Definition zu finden. Also was ist das nun: Gefühl oder Liebe oder Hass oder ...? Wie kommt es, dass wir ein Gefühl als solches erkennen und ihm eine Bezeichnung geben? Können wir das immer? Gibt es Konzepte, die von diesen Wörtern bezeichnet, symbolisiert werden? Wenn ja, wie könnten diese Konzepte aussehen? Gibt es so etwas wie ein prototypisches Gefühl?
Eine Menge Fragen, deren Beantwortung uns vielleicht helfen kann, herauszufinden, was es denn nun bedeutet, wenn wir von Gefühlen sprechen.
Inhaltsverzeichnis
Nun stell’ dir mal die Liebe vor
0. Einleitung
1. Eine Frage des Gefühls
1. 1. Das psychologische Gefühl und seine biologischen Aspekte
1. 2. Das philosophische Gefühl
1. 3. Das psycholinguistische Gefühl
2. Das multikomponentielle Konzept der Gefühle
3. Das Ende der Gefühle
Literaturverzeichnis
Nun stell’ dir mal die Liebe vor
0. Einleitung
Gefühle. Wir haben sie alle. Manch einer würde an dieser Stelle vielleicht zynisch sagen: “Ja, mehr oder weniger.”, aber wir wissen, dass der Unterschied oftmals weniger im Haben als vielmehr im Zeigen liegt. Wie auch immer, Gefühle begleiten uns unser Leben lang, sie sind Teil unseres Seins, wir haben sie, zeigen sie, reden darüber, alles scheinbar ganz problemlos. Doch wenn wir uns auch der Bedeutung des Wortes Gefühl bzw. spezieller Gefühlsworte wie Liebe, Hass, Angst etc. sicher fühlen (!), so fällt es uns jedoch sehr schwer, eine Definition zu finden (Vgl. Heringer 1999: 151; Tischer 1993: 4). Also was ist das nun: Gefühl oder Liebe oder Hass oder ...? Wie kommt es, dass wir ein Gefühl als solches erkennen und ihm eine Bezeichnung geben? Können wir das immer? Gibt es Konzepte, die von diesen Wörtern bezeichnet, symbolisiert werden? Wenn ja, wie könnten diese Konzepte aussehen? Gibt es so etwas wie ein prototypisches Gefühl ?
Eine Menge Fragen, deren Beantwortung uns vielleicht helfen kann, herauszufinden, was es denn nun bedeutet, wenn wir von Gefühlen sprechen.
1. Eine Frage des Gefühls
Wenn man die Bedeutung eines Wortes erfahren will, liegt es nahe, zuerst einen Blick in ein Bedeutungswörterbuch zu werfen. Im Duden finden wir da folgende Erklärungen:
Gefühl: 1. <o.Pl.> Wahrnehmung durch den [Tast]sinn: vor Kälte kein
Gefühl mehr in den Fingern haben.
- sinnverwandt: Empfindung, Sinne, Tastsinn, Wahrnehmung
2. seelische Regung, Empfindung: ein Gefühl der Freunde; ein herrliches Gefühl, im Meer zu schwimmen; er zeigt nie seine Gefühle.
- sinnverwandt: Emotion, Empfinden, Empfindung, Feeling, Regung, Seele, Stimmung
3. <o.Pl.> Ahnung, undeutlicher Eindruck: er hatte das Gefühl, als sei er nicht allein im Zimmer.
- sinnverwandt: Flair, Gespür, Instinkt, Organ, Riecher, Sensorium, Sinn, Spürsinn, Witterung
Diese Wörterbucheintragung sagt uns letztendlich nichts, was wir in unserer Erklärungsunsicherheit nicht doch hätten noch an unterschiedlichen Bedeutungen zusammenkratzen können, allerdings bleibt ehr vage und verschwommen, worin deren Unterschiede und Gemeinsamkeiten bestehen (Heringer 1999: 154) und es herrscht noch immer akute Erklärungsnot.
Die Schwierigkeit, Gefühl zu definieren, sieht Tischer im „schillernden Charakter“ des Wortes sowie in der „erschwerten Zugänglichkeit von definierenden Merkmalen.“ (Tischer, 1993: 4) In fast allen Texten, die sich mit Gefühlen auseinandersetzen, werden sie als Phänomene bezeichnet, so erklärt sie Glen A. Mazis als „being marked palpably as being a phenomenon“ (Mazis 1993: 123) und Bernd Tischer spricht von sozialen und mittelbaren Phänomenen (Tischer 1993: 3) bzw. von Phänomenen des Bewusstseins (Tischer 1993: 25). Diese genannten Aspekte deuten allein drei mögliche Zugänge zum Wort Gefühl an.
1. 1. Das psychologische Gefühl und seine biologischen Aspekte
Trotz aller Definitionschwierigkeiten, die sicher vor allem auf der abstrakten Natur von Gefühl(en) beruhen (Vgl. Lakoff 1987: 175), sind diese für uns doch etwas sehr Reales, eben gerade durch ihre Fühlbarkeit. Sie haben eine körperliche Komponente, sie sind für uns körperlich wahrnehmbar (Vgl. Lakoff 1987: 377). Vielleicht hilft es uns für das Verständnis von Gefühl, wenn wir wissen, wie es entsteht und warum wir uns des Gefühls bewusst werden.
Joseph LeDoux betrachtet Gefühle als biologische Funktionen des Nervensystems. Sie sind für ihn keine von Hirnmechanismen unabhängigen psychischen Zustände (LeDoux, 1996: 14 f.) Gefühle sind im Unbewussten angesiedelt (17). Auch wenn wir als emotionale Wesen sie als bewusste Erlebnisse wahrnehmen, ist dies nur ein Teil und nicht die zentrale Funktion der einzelnen beteiligten Systeme (23). Vielmehr sieht er Gefühle als „Nebenprodukt der Evolution zweier neuraler Systeme“, im Fall der Furcht z.B. eines das Abwehrverhalten und eines das Bewusstsein produziert (139), d.h. wir brauchen sowohl ein Emotionssystem wie das Abwehrsystem als auch die Fähigkeit, dessen Aktivität bewusst wahrzunehmen (289). Fehlt eines können wir keine subjektive Furcht erleben. Dieses sind also zwei wichtige Voraussetzungen für ein emotionales Erleben. Was aber geht da genau in uns vor?
Zuerst einmal bedarf es eines Reizes, der im Arbeitsgedächtnis[1] durch die Verknüpfung von kurzen visuellen Repräsentationen mit Informationen aus dem Langzeitgedächnis bewusste Repräsentationen hervorruft.
Wird bei dieser kognitiven Bewertung z.B. eine mögliche Gefahrensituation entdeckt, wird das von der Evolution geschaffene System für den Umgang mit Gefahren aktiviert, an dem die Amygdala[2] erheblich beteiligt ist. Diese wiederrum sorgt für die Aktivierung der Output-Bahnen. Outputs sind dabei jene Grundbestandteile, die im Arbeitsgedächtnis gemischt mit den kurzweiligen sensorischen Repräsentationen und den durch diese aktivierten Langzeiterinnerungen emotionale Erlebnisse hervorrufen (306).
Die Amygdala hat direkte Einflüsse auf den Kortex und die verschiedensten Systeme, eine Redundanz, die dafür sorgt, dass das Bewusstsein auf vielen Wegen von der Aktivität in Kenntnis gesetzt werden kann und wird (307). Eine notwendige Verbindung ist dabei natürlich die zu den verschiedenen Erregungssystemen, die alle ihr eigene „chemische Identität“ besitzen, da ihre Zellen verschiedene Neurotransmitter enthalten, die bei Aktivierung der Zellen ausgeschüttet werden und somit die kortikalen Zellen erregen, die wichtig für die mentalen Funktionen sind. Ausserdem wird bei anhaltendem Reiz auch die Amygdala von ihnen erregt. Ein notwendiger Kreislauf, der dafür sorgt, dass z.B. bei Gefahr die Aufmerksamkeit auf die entsprechende Situation gerichtet bleibt.
Das Erregungssystem allein kann noch kein bewusstes Wahrnehmen der Situation verursachen, da es lediglich darüber informiert, dass da etwas vorgeht, erst durch die Verbindung mit der direkten Projektion der Amygdala zum Kortex kann das Arbeitsgedächtnis feststellen, dass da etwas Wichtiges vorgeht und welches Emotionssystem davon betroffen ist (308-313).
Zuguterletzt bedarf es noch der Aktivierung der Kontrollsysteme für die Äußerung von Verhaltens-, ANS- und hormonalen Reaktionen, die, werden sie ausgedrückt, Signale im Körper verursachen, die an das Gehirn zurückgemeldet werden. So ist z.B. die selektive Reaktion des ANS (z.B. durch die Wahl der auszuschüttenden Hormone) an der Unterscheidung der einzelnen Gefühle beteiligt (313). Inwieweit die körperliche Rückmeldung selbst Einfluss auf die Emotionen hat, ist umstritten, doch zeigt sich schon in der Tatsache, dass sich das eigene Wohlbefinden steigern kann, wenn man lächelt, dass ihr Einfluss nicht unterschätzt werden sollte (313-318).
Gefühle haben durchaus einen bewussten Inhalt, aber zu den Prozessen, die den Inhalt produzieren, haben wir nicht unbedingt bewussten Zugang. Und auch wenn wir introspektiven Zugang haben, ist der bewusste Inhalt wahrscheinlich nicht das, was zuerst die emotionalen Reaktionen ausgelöst hat. Sowohl die emotionalen Reaktionen als auch der bewusste Inhalt sind Produkte spezialisierter Emotionssysteme, die unbewusst arbeiten. (LeDoux 1996: 321)
Gerade diesem Element des Unbewussten haben wir sicher zu einem großen Teil das Unbestimmbare und Diffuse des Gefühls, also seinen unbeschreiblichen Charakter zu verdanken (Wierzbicka, 1992: 292; Heringer, 1999: 161). Gefühle sind instinktiv, sie haben nichts mit Verstand zu tun (Heringer, 1999: 173-176). Zwar kommen sie auf ähnliche Weise zustande, doch werden sie von unterschiedlichen subsymbolischen Systemen erzeugt, wobei Gefühle auch wesentlich mehr Hirnsysteme beanspruchen (LeDoux, 1996: 321f.). Gefühle können unsere Gedanken beherrschen, aber unsere Gedanken haben umgekehrt erheblich weniger Einfluss auf unsere Gefühle, denn die Verbindungswege von den emotionalen Systemen zu den kognitiven sind wesentlich besser ausgebaut, als jene von den kognitiven zu den emotionalen (325). „Das ganze Selbst wird von der Emotion absorbiert.“ (322)
Das alles mag eine Menge über die Entstehung des Gefühls aussagen, dennoch bleiben viele Fragen offen. Zwar wissen wir nun, dass ohne all die beschriebenen Vorgänge kein Gefühl in uns entstehen würde, dennoch erklärt es nicht tatsächlich, warum z.B. dieser Prozess zwischen ‚Feststellen einer Gefahr’ und ‚Reagieren auf eine Gefahr’ von einem Gefühl wie Angst begleitet wird und wie sich das anfühlt. Und wie sieht es erst mit der Liebe aus?
Joseph LeDoux bezeichnet Gefühle als „Nebenprodukte“. Das klingt beinahe abwertend und beiläufig, dennoch sind es Nebenprodukte, die „unser ganzes Selbst absorbieren“!? Eine sehr interessante Feststellung, die sich biologisch aber nicht zufriedenstellend erklären lässt. Spätestens hier zeigt sich wieder der Charakter des Unbestimmbaren. Gefühl bleibt ein Phänomen. Aber wie lässt sich die Phänomenalogie des Gefühls erklären?
1. 2. Das philosophische Gefühl
Mit der Entstehung und Verdichtung des Gefühls kommt es zu einer ‚Verstofflichung’, die sich darin zeigt, dass die gesamte Aufmerksamkeit auf diesen Prozess gerichtet wird. (Reese 1998: 39)
[...] an emotion wracks us, shakes us, overwelms us, its power to compel consists of the fact that we seem unable to do anything else but feel this feeling. (Mazis 1993: 116)
[...]
[1] Früher Kurzzeitgedächtnis, allerdings nicht nur mit temporärem Speicher-, sondern auch aktivem Verarbeitungsmechanismus ausgestattet (LeDoux, 1996: 191).
[2] Näheres dazu: http://www.charite.de/ch/physio/neuro/html/amygdala.htm
- Arbeit zitieren
- Monique Weinert (Autor:in), 2003, Das unzulängliche Gefühl. Emotionskonzepte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36849
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