In dieser Arbeit wird zuerst auf die linguistischen Rahmenbedingungen eingegangen, d.h. die Begriffe "Fremdwort" sowie "Anglizismus" werden beschrieben und eine Kontextualisierung wird vorgenommen. Die Definition erweist sich unter Forschern als äußerst schwierig, weil sich diese nicht genau darüber einigen können, wann das Fremdwort nicht mehr fremd, sondern eingedeutscht wurde: Ist beispielsweise der Begriff "Keks" bereits ein deutscher Ausdruck oder noch immer ein englisches Fremdwort, abgeleitet von "Cookie’"?
Des Weiteren befasst sich die Arbeit mit der Frage danach, warum englische Begriffe im Allgemeinen für das Deutsche benutzt werden? Was sind die Grunde dafür, dass plötzlich das Französische nicht mehr als lingua franca angesehen wird, sondern das Englische zunehmend in den Vordergrund rückt?
Darüber hinaus soll die Sprachsituation Luxemburgs geklärt werden und die Frage danach, welche Sprachen im Großherzogtum vorherrschen. Dabei wird die Verwendung von Fremdwörtern generell in Luxemburg dargestellt, was mit den Motiven für den Gebrauch von Anglizismen im Allgemeinen einhergeht. Daneben soll analysiert werden, ob durch die Einengung Luxemburgs, von den Nachbarländern Deutschland, Frankreich und Belgien, die Nation dazu forciert ist, fremde Spracheinflüsse auf die eigene Sprache zuzulassen.
Ist es für die Weitergestaltung der luxemburgischen Sprache notwendig, Fremdes aufzunehmen? Dazu soll der Einblick in die Rechtslage Luxemburgs gewagt werden, um festzustellen, ob es einen rechtlich fixierten Grundsatz für den Gebrauch von fremden Sprachen in Luxemburg gibt, und ob dies eine Reperkussion auf die Sprache in der Presse- bzw. der Medienlandschaft hat.
Inhalt
1. Einleitung/Themenbeschreibung
2. Linguistische Rahmenbedingungen
2.1. Definition für ‚Fremdwort’ und ‚Anglizismus’
2.1.1. Das Fremdwort
2.1.2. Der Anglizismus
2.2. Welche Gründe für englische Spracheinflüsse gibt es?
3. Verwendung von Fremdwörtern
3.1. Triglossie: Sprachsituation in Luxemburg
3.2. Pressesprache(n) in Luxemburg
4. Anglizismen im Luxemburger Wort
4.1. Luxemburger Wort als Publikationsorgan
4.2. Häufigkeit und Art des Gebrauchs von Anglizismen
4.3. Unterschiedlicher Gebrauch bei verschiedenen Themen
4.4. Resultate
5. Anglizismen im Spiegel
5.1. Spiegel als Publikationsorgan
5.2. Häufigkeit und Art des Gebrauchs von Anglizismen
5.3. Unterschiedlicher Gebrauch bei verschiedenen Themen
5.4. Resultate
6. Schlussfolgerung
7. Literatur
7.1. Literaturverzeichnis
7.2. Internet
8. Anhang
8.1. Luxemburger Wort: 1. März 2016, Ausgabe 51
8.2. Luxemburger Wort: 3. März 2016, Ausgabe 53
8.3. Der Spiegel: 27. Februar 2016, Ausgabe
1. Einleitung/Themenbeschreibung
„Fällt von ungefähr ein fremdes wort in den brunnen einer sprache, so wird es solange darin umgetrieben, bis es ihre farbe annimmt und seiner fremden art zum trotze wie ein heimisches aussieht.“1
Die Frage, die sich zu dieser Aussage Jakob Grimms stellt, ist, ob es überhaupt adäquat ist eine andere Sprache als die seine mit dem Schlagwort ‚fremd’ zu behaften. Wäre nicht eher davon auszugehen, dass sich die Sprachen gegenseitig ergänzen und miteinander harmonieren? Wie weit muss eine Recherche nach der Herkunft eines Begriffs zurückgreifen, um herauszufinden, wo die Wurzeln einer Redewendung, eines Ausdrucks oder eines Fachbegriffs liegen? Diese Bachelor-Abschlussarbeit wird sich damit befassen, wie und an welcher Stelle englische Einflüsse in der deutschen Sprache ihren Platz finden und ob es eventuell zu Unterschieden im deutschen öffentlichen Diskurs kommt. Konkret beläuft sich die Arbeit auf die kontrastive Analyse des unterschiedlichen Gebrauchs von Anglizismen in zwei, in ihren Ländern, großen Zeitungen. Zum einen handelt meine Analyse vom Gebrauch der Anglizismen im deutschen Wochenmagazin Spiegel und zum anderen wird erforscht, wie sich englische Einflüsse in der luxemburgischen Tageszeitung Luxemburger Wort manifestieren. Bestehen Unterschiede beim Gebrauch von Anglizismen im Standarddeutschen und dem Deutsch, welches in Luxemburg gesprochen bzw. geschrieben wird? Inwiefern ist der englische Einfluss auf die deutsche Pressesprache landesabhängig?
In der vorgelegten Arbeit wird zuerst auf die linguistischen Rahmenbedingungen eingegangen, d.h. die Begriffe ‚Fremdwort’ sowie. ‚Anglizismus’ werden beschrieben und eine Kontextualisierung wird vorgenommen. Die Definition erweist sich unter Forschern als äußerst schwierig, weil sich diese nicht genau darüber einigen können, wann das Fremdwort nicht mehr fremd, sondern eingedeutscht wurde: Ist bspw. der Begriff ‚Keks’ bereits ein deutscher Ausdruck oder noch immer ein englisches Fremdwort, abgeleitet von ‚Cookie’? Des Weiteren befasst sich die Arbeit mit der Frage danach, warum englische Begriffe im Allgemeinen für das Deutsche benutzt werden? Was sind die Gründe dafür, dass plötzlich das Französische nicht mehr als lingua franca angesehen wird, sondern das Englische zunehmend in den Vordergrund rückt? Darüber hinaus soll die Sprachsituation Luxemburgs geklärt werden und die Frage danach, welche Sprachen im Großherzogtum vorherrschen. Dabei wird die Verwendung von Fremdwörtern generell in Luxemburg dargestellt, was mit den Motiven für den Gebrauch von Anglizismen im Allgemeinen einhergeht. Daneben soll analysiert werden, ob durch die Einengung Luxemburgs, von den Nachbarländern Deutschland, Frankreich und Belgien, die Nation dazu forciert ist, fremde Spracheinflüsse auf die eigene Sprache zuzulassen. Ist es für die Weitergestaltung der luxemburgischen Sprache notwendig, Fremdes aufzunehmen? Dazu soll der Einblick in die Rechtslage Luxemburgs gewagt werden, um festzustellen, ob es einen rechtlich fixierten Grundsatz für den Gebrauch von fremden Sprachen in Luxemburg gibt, und ob dies eine Reperkussion auf die Sprache in der Presse- bzw. der Medienlandschaft hat.
Die zweite Hälfte der Arbeit sieht vor, die empirisch generierten Anglizismen im Spiegel sowie im Luxemburger Wort auszuwerten und gegebenenfalls miteinander zu vergleichen. Zudem werden beide Blätter als Publikationsorgan vorgestellt und es wird beobachtet, wie die Zeitschriften nach dem Zweiten Weltkrieg im öffentlichen Raum wahrgenommen wurden. Zur Analyse der englischen Einflüsse wird zwischen den verschiedenen Themen differenziert, d.h. es wird versucht die verschiedenen Themen auf ihren Anglizismen-Gehalt zu prüfen. Dabei steht die Klassifikation der Wortarten, das Aufkommen von Hybridbildungen, die unterschiedliche Weise Begriffe zu flektieren und die Frequenz des Gebrauchs im Mittelpunkt der Analyse. Zudem soll erforscht werden, ob Unterschiede im Gebrauch von Anglizismen zwischen den verschiedenen Themenstellungen in den jeweiligen Zeitungen zu erkennen sind. Wird nämlich angenommen, dass im Innenpolitischen eher auf fremde Einflüsse verzichtet wird und in Bereichen wie den neuen Medien oder der Wirtschaft Anglizismen häufiger vorkommen, dann gilt es dies in dieser Arbeit herauszufinden. Nicht umsonst ist der Gedanke, dass durch die Digitalisierung und das Auftreten von social network (sozialen Netzwerken) die deutsche Sprache vom Englischen eingenommen wird, fast allgegenwärtig. Eine Vielzahl von Anglizismus-Kritikern sind der Meinung, dass das Deutsche für den Pressewortschatz genügt und komplett auf fremde bzw. englische Begriffe verzichtet werden kann. Bestes Beispiel ist der Begriff Computer, welcher vom deutschen Sprachpuristen als Rechner tituliert wird.
Um die Arbeit abzuschließen, gelangen die Resultate aus dem Spiegel und Luxemburger
Wort zur Vorstellung, damit die Leitfrage beantwortet werden kann. Zudem werde ich mein persönliches Fazit ziehen.
2. Linguistische Rahmenbedingungen
2.1. Definition für ‚Fremdwort’ und ‚Anglizismus’
2.1.1. Das Fremdwort
„Es gibt zahlreiche Vorschläge, wie der Begriff Fremdwort zu definieren sei, aber eine irgendwie ‚richtige’ Definition gibt es nicht.“2
Aus diesem Grund erfolgt nun der Versuch, den Begriff ‚Fremdwort’ aus mehreren Perspektiven zu betrachten, um eine passende Definition für den Begriff Fremdwort zu finden. Außerdem soll die Frage beantwortet werden, ob und wie sich ein Fremdwort und ein Lehnwort voneinander unterscheiden: Existieren gemeinsame Merkmale oder handelt es sich dabei um verschiedene Klassen oder Kategorien? Beginnend mit der Begriffsbeschreibung von ‚Fremdwort’, die im gängigen Wörterbuch zu lesen ist:
„Aus einer anderen Sprache mehr od. weniger unverändert übernommenes Wort.“3
„Wie in allen Kultursprachen, so gibt es auch im Deutschen eine große Zahl von Wörtern aus anderen Sprachen. Sie werden üblicherweise Fremdwörter genannt, obgleich sie zu einem großen Teil durchaus keinen fremden, sondern seit Langem bekannte und gebräuchliche Wörter für die deutsche Sprachegemeinschaft sind, die in der Sprache ihren festen Platz haben.“4
Des Weiteren sind vier Merkmale zu nennen, die ein Wort als ein nicht- muttersprachliches kennzeichnen können. Zum einen sind die Bestandteile eines Wortes wichtig, d.h. insbesondere werden Wörter mit bestimmten Vorsilben bzw. Endungen werden als fremd angesehen (z. B. re formieren, Mobbing). Außerdem gilt die Lautung eines Wortes als entscheidend - gemeint ist damit einerseits die vom Deutschen abweichende Aussprache (z. B. Team [ti:m]), andererseits die Betonung, d.h. der nicht auf der ersten Stammsilbe liegende Akzent (z. B. desolat). Zum anderen ist die Schreibung eines Wortes wichtig; dies erkennt man daran, dass bestimmte Buchstabenverbindungen signifikant für eine fremdsprachliche Wortherkunft sind - das Schriftbild zeigt in dem Fall für das Deutsche unübliche grafische Strukturen auf (etwa Bodybuilder, Highway). Auch die Position bestimmter Buchstabenfolgen kann ein Hinweis dafür sein. So kommen im
Deutschen bspw. Verbindungen wie gn -, pt - oder ts - im Anlaut nicht vor. Letztlich kann der seltene Gebrauch eines Wortes in der Alltagssprache ein weiteres Merkmal für ein nichtmuttersprachliches Wort darstellen. So werden Begriffe wie intrinsisch, Quisquilien, paginieren oder Revue wegen ihres nicht so häufigen Vorkommens als fremd empfunden.5
In den meisten Fällen zeigen Fremdwörter sogar mehr als eines dieser Merkmale auf - und doch handelt es sich keinesfalls um einen sicheren Maßstab. Denn nicht alle Vorsilben und Endungen, die Fremdwörter anzeigen können, sind tatsächlich fremdsprachlich (z. B. ab- in absolut oder abreisen; -ieren in massakrieren oder erfrieren). Bei vielen Fremdwörtern hat sich die Aussprache deutschen Gewohnheiten angeglichen (z. B. St il, St ress). Was die Betonung angeht, so liegt sie keineswegs bei allen deutschen Wörtern auf der ersten oder der Stammsilbe (z. B. Forelle, lebendig), während es auch Fremdwörter gibt, die, wie deutsche Wörter anfangsbetont sind (Ra dio, Meeting, Airline). Außerdem sind manche Fremdwörter aufgrund ihrer Schreibung nicht bzw. nicht mehr als solche zu erkennen (z. B. Keks, Sprinkler, schocken). Schließlich zeigt die Unsicherheit aller angeführten Kriterien, dass der Begriff des Fremdwortes keineswegs leicht zu bestimmen ist. Die Grenzen zwischen fremdem und eingebürgertem Wort sind niemals fließend.6
Einen weiteren anzuführenden Blickwinkel für die Definition des Fremdwortes bietet Peter Eisenberg. In seiner Analyse geht er davon aus, dass „ein Wort im gegenwärtigen Deutschen fremd ist, wenn es Eigenschaften hat, die es von den Wörtern des Kernwortschatzes unterscheidet“.7 Überdies hat Eisenberg festgestellt, dass von einem Fremdwort gesprochen wird, „wenn ein Wort fremde Eigenschaften hat, die der Normalsprecher einer fremden Sprache zuschreibt. So verbinden wir zahlreiche Präfixe [...] mit dem Lateinischen und zahlreiche Suffixe [...] mit dem Französischen“8. Ein Begriff, der lediglich auf den ersten Blick zu der Gruppe der Fremdwörter gehört, wird bei Eisenberg als Pseudofremdwort, Scheinentlehnung, falscher Freund, Fauxami (Klein 1975 für die Gallizismen), Falsefriend, oder eben Pseudoanglizismus bezeichnet.9
„Mit solchen Ausdrücken wird Unterschiedliches bezeichnet, bei den Anglizismen sind meist Wörter wie Dressman gemeint, die nach Entlehnungen aus dem Englischen aussehen, es aber nicht sind.“10
Die bisherige Analyse beweist, dass es bei der Festlegung und Kategorisierung eines Fremdwortes zu einer Vielzahl von Problemen kommen kann. Oftmals gestaltet es sich für die Sprechakteure schwierig, zu erkennen, ob es sich bei einem Wort um ein Fremdwort, ein Pseudofremdwort, ein Lehnwort, einen Exotismus oder einen Internationalismus handelt. Außerdem wird die Interpretation eines Fremdwortes erschwert durch Fremdwortbildungen, Lehnübersetzungen oder Lehnübertragungen, die dann miteingebunden werden, um festzustellen, ob ein fremder Begriff eingedeutscht wurde oder sich noch im Prozess befindet.
„Unter Verdeutschung versteht man Wörter, die Bedeutungen fremder Wörter [...] formal als Kernwort des Deutschen fassen möchten, z.B. F ü rwort statt Pronomen, Anschrift statt Adresse. [...] Unter Eindeutschung wird dagegen meist eine Anpassung orthographischen Form eines Fremdwortes an die Orthographie der Kernwörter verstanden, z.B. Shawl zu Schal oder Bureau zu B ü ro. Gemeint ist die orthographische Integration.“11
Die Entlehnungsproblematik ist auch in Klaus Hellers Analyse des Fremdwortes wiederzufinden. Um eine Definition dessen, was wir heute unter Fremdwort verstehen, festzulegen, wirft Heller in seinem wissenschaftlichen Aufsatz einen Blick auf die Entlehnungs-, Integrations- und Assimilationsvorgänge in ihrer Gesamtheit.12 Die Entlehnungsvorgänge ähneln sich bereits seit über zweitausend Jahren - mit dem Resultat, dass die deutsche Sprache „in starkem Maße eine Mischsprache ist und schätzungsweise 80 Prozent der Wörter unseres aktuellen Wortschatzes ihren Ursprung in anderen Sprachen haben“.13 In anderen Worten: Seit jeher gibt es Sprachmischungen - welche Sprache mit einer anderen vermischt wird, spielt dabei keine wesentliche Rolle. Jakob Grimm hat das so beschrieben:
„Fällt von ungefähr ein fremdes wort in den brunnen einer sprache, so wird es solange darin umgetrieben, bis es ihre farbe annimmt und seiner fremden art zum trotze wie ein heimisches aussieht.“14
Damit ein Wort nicht mehr den Status des Fremdwortes innehat, muss es also zu einer Annahme der neuen ‚Farbe’ kommen. Doch dieser Prozess bringt einige Schwierigkeiten mit sich: Fragen nach der Reflexion des Begriffs oder der Genus-Zuschreibung müssen geklärt werden. Um den Wortschatz der Nehmersprache zu bereichern, wird eine große Menge von Begriffen, durch diesen sprachwissenschaftlichen Prozess, zu Entlehnungswörtern. So schreibt Heller:
„Eine jede Entlehnung muss in das bereits vorhandene, komplizierte semantische System möglichst so ‚eingepasst’ werden, dass die neue Bezeichnungseinheit eine semantischstilistische Funktion erhält, die sich nicht mit der Funktion schon vorhandener Bezeichnungseinheiten deckt. Gelingt das, so wird das lexikalische System der Empfängersprache bereichert und erweitert.“15
Dies ist nur ein Grund dafür, dass sich ein entlehntes Wort im deutschen Wortschatz behaupten kann. Komponenten wie Sprachökonomie, die Idee die Wörter abzukürzen, eine Abwechslung in die heimische Sprache zu bekommen oder der Reiz von Kreativität und sprachliche Freiheit, gehören sicher ebenso dazu.16
Nun zurück zu der Ausgangsfrage: Was ist ein Fremdwort? Dazu die richtige Feststellung, dass „ein jedes entlehnte Wort, sobald es in deutschem Satzzusammenhang gebraucht wird, bereits Bestandteil des deutschen Wortschatzes und daher - im weitesten Sinne - ein deutsches Wort ist“.17 Deshalb „kam man nun [...] zu der Schlussfolgerung, dass der Terminus Fremdwort überhaupt unbrauchbar geworden sei“.18 Dieser These hat eine Vielzahl von Sprachwissenschaftlern immer wieder Aufmerksamkeit geschenkt, um herauszufinden, inwiefern man eine Merkmalanalyse für nichtdeutsche Begriffe vornehmen kann.
„Da ein Fremdwort eo ipso ein Wort fremder Herkunft ist, kann der diachronische Aspekt nicht völlig ausgeschlossen werden. Tut man das dennoch, so lässt sich nur noch bestimmen, was diesem oder jenem oder eben dem durchschnittlichen Sprachbenutzer zu einem bestimmten Zeitpunkt fremd erscheint, d. h. nicht vertraut, nicht verständlich ist.“19
Allerdings verteidigt Heller seine These, den Terminus des Fremdwortes beizubehalten, um zwischen nativen und fremden Wörter differenzieren zu müssen. Dem Sprecher können Elemente wie Mundarten, Jargonismen, Abkürzungen, spezifische Fachwörter und Ähnliches nicht vertraut sein. Deshalb betrachtet Heller „das Fremdwort im Schnittpunkt diachronischer und synchronischer Bewertung“.20 Schließlich definiert Heller das Fremdwort „als ein Wort fremder Herkunft, das - unter synchronischem Aspekt betrachtet - fremde Merkmale in seiner formalen Struktur aufweist“.21 Die Frage Was ist ein Fremdwort? bleibt daher schwierig zu beantworten, da die Forscher selbst Probleme haben, einen Konsens, respektive eine adäquate und einheitliche Antwort zu finden.
2.1.2. Der Anglizismus
Setzte sich die lingua franca seit jeher aus dem Lateinischen, Griechischen oder Französischen zusammen, so gehen viele Sprachwissenschaftler heute davon aus, dass das Englische als die globale lingua franca im 19. und 20., aber vor allem aber im 21. Jahrhundert fungiert. In der globalisierten Welt treffen immer mehr Sprachen mit dem Englischen aufeinander, was offenbar nicht nur eine Konsequenz für Empfängersprachen hat, sondern auch die weltweit größte Gebersprache selbst - das Englische - beeinflusst. Die ‚Success-Story’ des englischen Einflusses auf andere Sprachen beginnt ungefähr mit der Wende zum 19. Jahrhundert. Eine Stagnation oder gar eine Reduktion des Prozesses ist bis heute nicht zu erkennen - im Gegenteil: Für das Deutsche fallen Entlehnungen aus dem Englischen, um 1800, mit 8 % noch relativ gering aus - hält man sich kontrastiv die Entlehnungsrate von 26 % des Lateinischen und 58 % des Französischen vor Augen. Gegen Ende desselben Jahrhunderts befinden sich das Englische und das Französische bereits auf gleichem Niveau. Anfang des 20. Jahrhunderts überholen Anglizismen die französischen Einflüsse auf das Deutsche und klettern auf den Wert von 55 % - wohingegen das Französische mit 35 % fast um die Hälfte verliert. Als einer der Hauptgründe für die Verdrängung der Gallizismen (Entlehnungen französischer Herkunft) ist die nachlassende Bedeutung bzw. die anhaltende Bekämpfung des Französischen zu erwähnen. Aber auch die führende Kraft anglophoner Länder in Bereichen wie Politik, Industrie, Wirtschaft und Lebensweise sind wesentlich für den Anglizismen-Boom. England verschaffte sich durch die Entwicklung der Industrialisierung einen gewissen Vorsprung, in Bezug auf Technik und Infrastruktur (Bootswesen, Eisenbahn, Post usw.), gegenüber den meisten anderen Ländern. Auch dies stellt wohl einen Grund für die Verbreitung englischer Wörter im öffentlichen Diskurs dar. Als ähnlich erweist sich die Entwicklung im Bildungssystem: Während Deutschland stagnierte, baute England eine modernere Lebensweise auf, die für Frankreich und Deutschland schwierig nachzuahmen war. Daraufhin entwickelte sich Englisch zur modernen, erstrebenswerten Fremdsprache in Deutschland.22
Ebenso wie die Definition von Fremdwort, ist der Begriff Anglizismus nicht mit Leichtigkeit zu bestimmen. Dazu zwei verschiedene Definitionen:
Anglizismus ist „in eine andere Sprache übernommene englische Spracheigentümlichkeit, z. B. „einmal mehr“ aus ‚one more’ (= noch einmal).“23 Anglizismus ist „eine Übertragung einer für das britische Englisch charakteristische Erscheinung auf eine nicht englische Sprache.“24 Wie die Beschreibung des Duden Fremdwörterbuches zeigt, beschränken sich manche Definitionen ausschließlich auf das britische Englisch. Dies wirft die Frage auf, ob zwischen Britizismen25 und Amerikanismen26 differenziert werden muss. Deshalb schlägt Barbara Engels in ihrem Werk27 einfachheitshalber vor, eine geschichtliche Unterteilung aufgrund der politischen Entwicklung vorzunehmen. So geht sie davon aus, dass vor dem Ersten Weltkrieg die Britizismen als Entlehnungswörter dominiert haben; später dann, vor und nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem Amerikanismen in das deutsche Wortgut eingeflossen sind.28 „Daher werden weder Amerikanismen oder Britizismen zum Gegenstand der linguistischen Arbeiten“29, sodass ebenfalls für diese Arbeit das Gesamtenglische in Betracht gezogen und demzufolge Anglizismus als neutraler Begriff für die Bezeichnung für das englischsprachige Lehngut gewählt wird. Um die Vielschichtigkeit der Anglizismen im Bereich der Lexik zu veranschaulichen, wird im Folgenden auf die lexikalischen Einheiten des Begriffs eingegangen. Somit werden die Bedeutungsentwicklungen und je nachdem sogar Bedeutungsabwandlungen entlehnter Wörter aus englischsprachiger Herkunft sichtbar.
1. Anglizismus als Fremdwort am Beispiel des Begriffs ‚Job’ (Beruf).
Zu Beginn der Entlehnung eine Bedeutungsverengung zu ‚vorübergehende Erwerbstätigkeit’, dann in jüngerer Zeit Bedeutungserweiterung durch Übernahme der Ausgangsbedeutung ‚regelmäßige Erwerbstätigkeit’.
2. Anglizismus als Lehnbedeutung am Beispiel des Begriffs ‚feuern’ (kurzfristig entlassen).
Die engl. Bedeutung ist in den 1960er-Jahren entlehnt worden (Bedeutungsverschiebung). Das Wort feuern ‚Feuer machen, heizen’ geht auf das Germanische zurück, deshalb eine Bedeutungserweiterung.
3. Anglizismus als Lehnübersetzung am Beispiel des Begriffs ‚Freidenker’ (Person, die frei/rational denkt (unabhängig von Religion)).
Im 18. Jh. ins Deutsche entlehnt und erfährt dann durch Nietzsche eine Bedeutungserweiterung ‚Person auf der Suche nach der tieferen Wahrheit’ (Bedeutungsspezialisierung: Fachsprache) und aktuell zur Bedeutungsverallgemeinerung ‚Neuem gegenüber aufgeschlossene Person’.
4. Anglizismus als Lehnübertragung am Beispiel des Begriffs ‚Hinterwäldler’ (backwoodsman ‚Siedler in der Wildnis’).
Im 19. Jh. in übertragener Bedeutung ‚weltfremder, rückständiger Mensch’ entlehnt. Bedeutungsverengung, da die wörtliche Bedeutung nicht entlehnt wurde.
5. Anglizismus als assimiliertes Lehnwort am Beispiel von ‚streiken’ (Arbeit niederlegen).
Die eigentliche Bedeutung im 19. Jh. entlehnt. Im Deutschen entwickelt sich die Bedeutungsübertragung ‚nicht mehr funktionieren von z.B. Geräten’ (Bedeutungserweiterung).30
Hinsichtlich dieser Auflistung wird die Komplexität der Bedeutungsbeziehungen von Anglizismen deutlich. Es ist zudem feststellbar, dass die englischen Einflüsse als Gewinn für die deutsche Sprache dargestellt werden, denn durch den Gebrauch von Anglizismen entsteht etwas Neues: Der Wortschatz wird vergrößert, was zur Folge hat, dass der Sprecher über eine größere Bandbreite an Begriffen verfügt, was wiederum zu einer differenzierteren und eventuell präziseren Ausdrucksmöglichkeit führen kann.31
Ein weiteres Phänomen in der deutschen Sprache sind Begriffe, die aus dem englischen Sprachmaterial gebildet werden, im Heimatland selbst jedoch keineswegs zum Wortgut gehören. Sprachforscher sprechen von ‚Pseudo-Anglizismen’ oder von ‚Scheinentlehnungen’. Dazu zählen Termini wie z. B. Handy, Pulli, oder Dressman, die sich letztlich auch in verschiedene Kategorien unterteilen lassen. Es gibt morphologische Lehnveränderungen (engl. pullover - dt. Pullover - dt. Pulli), lexikalische Scheinentlehnungen (Dressman als männliches Pendant zu Mannequin, im Englischen einfach model) und semantische Scheinentlehnungen (Old-timer ist im Englischen ein Altgedienter; im Deutschen hat es die Bedeutung von einem alten Modell eines Fahrzeugs mit Liebhaberwert).32
2.2. Welche Gründe für englische Spracheinflüsse gibt es?
Wie oben bereits erwähnt, beginnen die markanten Einwirkungen des Englischen auf das Deutsche im Laufe des 19. Jahrhunderts. Sieht man aber von hanseatisch- spätmittelalterlichen Entlehnungen der Schifffahrt wie Boot, Lotse oder Dock ab, sind bereits im 17. und 18. Jahrhundert, bedingt durch die bürgerliche englische Revolution von 1640 bis 1649, Einflüsse auf literarischer Ebene zu erkennen. Im 18. Jahrhundert existierten überdies Sprachzentren englischer Einflüsse in den Städten Hamburg, Zürich, Leipzig und Göttingen. Zu dieser Zeit waren Entlehnungen insbesondere auf drei Sachgebieten präsent: 1) im Schöngeistig-Literarischen (z. B. Robinsonade, Originalit ä t, Heim, Humor, Blankvers, Steckenpferd), 2) im Politisch-Philosophischen (z. B. Freidenker, Materialist, Nationalcharakter, Opposition, Koalition) und 3) im naturwissenschaftlichen und technischen Bereich (z. B. Spektrum, Zelle, Barometer, Koks, Patent).33
Um zu illustrieren, wie das Englische auf das deutsche Sprachgut Einfluss genommen hat, wird das Ansteigen von Anglizismen im 19. Jahrhundert und anschließend der englische Lehneinfluss des 20. Jahrhundert analysiert.
Einerseits war der Zufluss von Anglizismen im 19. Jahrhundert eine sprachsoziologische Angelegenheit im Innerdeutschen, wo „viele der in der philosophischen, politischen oder ökonomischen Fachliteratur längst bekannten engl. Termini nun durch die industrielle Revolution und die ersten Ansätze der Demokratisierung in weiteren Kreisen Deutschlands bekannt, also zu Lehnwörtern wurden“.34 Andererseits war der starke Anstieg von englischen Begriffen eine neue Art von Lehnbeziehung auf zwischensprachlicher Ebene, da die Theorie nun mit der Praxis einherging und deshalb die Wörter mit den Sachen entlehnt wurden. Des Weiteren galt England im 19. Jahrhundert als die große Referenz in der Industrie, im Handel, im Verkehrswesen sowie im Pressewesen und Mitte des 19. Jahrhunderts auch in der Politik - vor allem beim Sichtwechsel, weg von der ständischen Demokratie, hin zu repräsentativen Kämpfen wie Demonstrationen, Mobs und Streiks. Doch nicht nur im Politischen und im Wirtschaftlichen kam es zu Einflüssen englischer Natur, ebenso in Berlin gegen 1900 tauchte das Englische vermehrt auf. Englische Begriffe verdrängten die französischen Einflüsse in der modischen und modernen Konversations- bzw. Renommiersprache der oberen Zehntausend.35
„Man war Gentleman, Snob, Dandy oder Selfmademan, gehörte einem Club an, benahm sich fair, fand die Dinge alright oder tiptop, trug Cutaway, Frack, Smoking oder die Breeches, aß Beefsteak, Toast, Keks und Pudding, trank in der Bar einen Whisky, Sherry
oder Cocktail, trieb Sport, spielte Tennis oder Hockey, machte Picknick und erlaubte sich einen Flirt oder gar einen Spleen. “36
Auch im 20. Jahrhundert brach der anhaltende englische Spracheinfluss nicht ab, sondern nahm kontinuierlich zu. Zwar gab es während dem Ersten Weltkrieg teils rückläufige Tendenzen, doch um der Nazizeit sowie den puristischen bzw. konservativen Sprachhaltungen diktatorischer Regime zu trotzen, entstanden jedes Mal oppositionelle Wellen, welche durch den wirtschaftlichen und militärischen Einfluss Amerikas während den Weltkriegen gefördert wurden. Zudem wurde das Deutsche in der Nachkriegszeit von einem Phänomen getroffen, welches nicht als Einfluss oder Strömung verstehen werden konnte - vielmehr waren Begriffe wie Teenager, Make-Up, Musicbox, Sex, Striptease, Callgir l mit dem Stichwort ‚Amerikanisierung’ verbunden. Zugleich fanden weitere englische Begriffe ihren Platz in der deutschen Sprache, bedingt durch Rundfunk- und Fernsehsendungen, Filme, Illustrierte, Magazine usw. Diese Tendenzen, aber auch die vielen Lehnwörter des wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts, führten dazu, dass plötzlich Begriffe wie Laser, Radar, Paper, Test, In- respektive Output, Manager, Texter oder Trend im Deutschen auftauchten. Interessanterweise entspringen linguistische Begriffe der Sprachwissenschaft auch häufig dem Englischen - so haben Termini wie Morphem, Allomorph oder Grammatizit ä t ihren Ursprung in der anglisierten Wissenschaft. Darüber hinaus sei gesagt, dass viele dieser Begriffe bis heute in der deutschen Sprache weitverbreitet sind und vom deutschen Sprachbenutzer teils vereinnahmt wurden.37
3. Verwendung von Fremdwörtern
3.1. Triglossie: Sprachsituation in Luxemburg
Um die Sprachsituation und den Umgang bzw. die Verwendung von Fremdwörtern in Luxemburg zu illustrieren, werden nun die vier Hauptgesetzestexte aus dem Sprachgesetz des Großherzogtums vom 27. Februar 198438 zitiert und beschrieben.
Art. 1: Langue national
La langue nationale des Luxembourgeois est le luxembourgeois.
Der Artikel 1 des luxemburgischen Sprachgesetzes besagt, dass die Nationalsprache der Luxemburger das Luxemburgische ist. Was bedeutet das? Zum einen schließt dies alle Nicht-Luxemburger aus der luxemburgischen Sprachgemeinschaft aus, d.h. eine Abgrenzung findet statt. Für viele luxemburgische Staatsbürger ist die einheimische Sprache am Wichtigsten und gilt somit als die erstrebenswerte Sprache für den Gebrauch im Alltag. Konträr dazu, figuriert der Bevölkerungsteil ohne luxemburgische Staatsbürgerschaft nicht im Sprachgesetz - ergo ist kein Nicht-Luxemburger rechtlich dazu verpflichtet, die luxemburgische Sprache zu erlernen und somit zu praktizieren. Dies kann wiederum dazu führen, dass Fremdwörter vermehrt im öffentlichen Diskurs Luxemburgs auftreten.
Art. 2: Langue de la l é gislation
Les actes législatifs et leurs règlements d’exécution sont rédigés en français. Lorsque les actes législatifs et règlementaires sont accompagnés d’une traduction, seul le texte français fait foi [...].
Der Artikel 2 des luxemburgischen Sprachgesetzes besagt, dass alle gesetzesgebenden Texte in französischer Sprache zu verfassen sind. Da die luxemburgische Gesetzgebung eng an die französische gebunden ist, versteht es sich von alleine, dass einfachheitshalber Gesetzestexte in Französisch gestaltet werden. Texte in einer anderen Sprache, wie z. B. luxemburgisch oder deutsch, haben keine Bedeutung.
Art. 3: Langues administrative et judiciaires
En matière administrative, contentieuse ou non contentieuse, et en matière judiciaire il peut être fait usage des langues françaises, allemandes ou luxembourgeoise [...].
Im Bereich der administrativen bzw. richterlichen und polizeilichen Kommunikation
besteht die Möglichkeit, drei verschiedene Sprachen zu benutzen: Das Französische, das Deutsche und das Luxemburgische. Diesbezüglich kommt stets die Frage auf, ob die Reihenfolge der Auflistung eine Rolle spielt und ob diese an die Wichtigkeit gekoppelt ist. Häufig klingt eine kritische Note auf, wenn es heißt, dass das Luxemburgische zu Unrecht an letzter Stelle rangiert. Im Falle des Artikels 3 erhält deshalb die Sprachwahl eine essenzielle Rolle. Welche Sprache wird gebraucht und hat die Sprachwahl eine Konsequenz für den Fremdwortgebrauch?
Art. 4: Requ ê tes administratives
Lorsqu’une requête est rédigée en luxembourgeois, en français ou en allemand, l’administration doit se servir, dans la mesure du possible, sur sa réponse de la langue choisie par le requérant.
Betrachtet man nun die Aussage aus Artikel 4 des Sprachgesetzes, so stellt man fest, dass hier das Luxemburgische an erster Stelle der Auflistung angeführt wird. Zudem besagt das Gesetz, dass der Verfasser eines administrativen Schreibens die Wahl zwischen den Sprachen Luxemburgisch, Französisch und Deutsch hat. Die Person, welche das administrative Schreiben zugeschickt bekommt, ist dazu verpflichtet, im Rahmen ihrer Möglichkeit, in jener Sprache zu antworten, die der Verfasser gewählt hat.
Die Sprachwahl im öffentlichen Diskurs Luxemburgs hängt demnach von vielen Faktoren ab: Wer kommuniziert mit wem? Welcher Kommunikationskanal (Brief, E- Mail, Telefon, Face-to-face) wird gewählt? In welchem Bereich (im Beruf, mit dem Staat, privat)? Alle diese Komponenten bringen einen unterschiedlichen Gebrauch von Fremdwörtern mit sich. So tritt in der Regel im digitalen Bereich häufiger eine anglisierte Sprache auf, als im privaten. Somit wird deutlich, dass sich die Sprachsituation Luxemburgs grundlegend von der in Deutschland unterscheidet. Ob dies einen Einfluss auf den Gebrauch von Anglizismen in der Pressesprache ausübt, bleibt unklar. Neben der Trilingualität gibt es in Luxemburg die Triglossie, „deren komplexe Mechanismen die Verteilung der Sprachen in den verschiedenen Kommunikationskonstellationen beschreibt. Solange Luxemburg noch nicht durch hohe Immigration gekennzeichnet war, ließen sich die zugrunde liegenden Strukturen der Triglossie relativ einfach mit Hilfe des Domänenmodells beschreiben“39. In seinem wissenschaftlichen Text vergleicht Sprachforscher Peter Gilles die luxemburgische Sprachenkonstellation sowie die damit einhergehende Triglossie mit der Schweiz, wo neben dem Französischen, Italienischen und Deutschen auch noch das Rätoromanische im öffentlichen Diskurs auftritt.
„Luxemburgisch dient als zentrales Medium der mündlichen Kommunikation, Deutsch und Französisch teilen sich nach einem komplexen System die schriftsprachlichen Domänen.“40
Anders als in Deutschland, wo in der Regel das Englische als erste Fremdsprache in der Grundschule gelehrt wird, begegnet luxemburgischen Schülern die englische Sprache erst im Lyzeum. Zu diesem Zeitpunkt ist ihnen in der Regel bereits das Deutsche, das Französische und das Luxemburgische vertraut. Demnach könnte davon ausgegangen werden, dass Anglizismen nicht in dem Maße in die Pressesprache einfließen, wie bspw. in Deutschland - dies wird im empirischen Teil der Arbeit geprüft. Interessanterweise ist das schriftsprachige Deutsch, was das Deutsche in der luxemburgischen Presse miteinbezieht, relativ frei von sog. ‚Luxemburgismen’ geblieben. Luxemburgische Journalisten oder Redakteure konzentrieren sich dementsprechend bewusst darauf, luxemburgisch-deutsche Einflüsse (z.B. basieren sich auf anstelle von basieren auf) zu vermeiden.41 Auffällig bei der Analyse der luxemburgischen Sprachsituation ist zudem, dass die Forschung sich beachtlich wenig mit dem Einfluss des Englischen befasst. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Deutschen, Französischen, Italienischen und Portugiesischen. Zum einen ist dies der geografischen Lage Luxemburgs, zwischen den Ländern Frankreich und Deutschland, geschuldet, zum anderen geht dies wohl auf die demographische Situation zurück. Im 20. Jahrhundert kam es zu mehreren Migrationsbewegungen, größtenteils von Menschen aus Italien und Portugal. Eben durch diese Strömungen und die Integration dieser Menschen, ist Luxemburg wirtschaftlich nach vorne gebracht worden und erst aus dieser speziellen Situation heraus konnte die Multikulturalitätskonstellation des 21. Jahrhunderts entstehen.42
3.2. Pressesprache(n) in Luxemburg
Im Folgenden wird beschrieben, welche Sprachen in der luxemburgischen Presselandschaft Vorrang haben und wie sich der Medienkonsum insgesamt in Luxemburg im Laufe des 20. und 21. Jahrhunderts geändert hat.
Wie bereits oben erwähnt, stellt das Luxemburgische jene Sprache dar, der den höchsten Stellenwert in der Gesellschaft zukommt, und allgemein gilt das Luxemburgische als Integrationssprache. Doch für die schriftsprachliche Domäne gilt dies nicht unbedingt, denn aktuell ist Deutsch die wichtigste Sprache für die Medienlandschaft. Laut einer rezenten Studie lesen 77 % der Luxemburger, jedoch auch 37 % der nichtluxemburgischen Bevölkerung, die geschriebene Presse auf Deutsch. Die Tageszeitung Luxemburger Wort rangiert dabei in der Tabelle an oberster Stelle; deutlich abgeschlagen dahinter liegt die Tageszeitung Tageblatt und die Wochenzeitschriften Revue und T é l é cran. Der Grund, weshalb das Deutsche in der luxemburgischen Presse überwiegt, geht wohl auf das 19. Jahrhundert zurück. Zwar war damals wie heute das Französische die Verwaltungssprache im öffentlichen Raum, doch auf der Ebene der katholischen Kirche dominierte klar die deutsche Sprache. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Luxemburger Wort gegründet, die Zeitung, die auch über einen kirchlichen Hintergrund verfügt - hierauf wird aber erst zu einem späteren Zeitpunkt der Arbeit eingegangen.
Erwähnenswert ist darüber hinaus, dass Pressepublikationen auch in anderen Sprachen verfasst wurden. Je nach Anlass, sei es wegen politischen oder wirtschaftlichen, sind vermehrt Veröffentlichungen auf Französisch oder sogar auf Luxemburgisch zu lesen. Auffällig ist, dass die jüngere Generation, sprich die 18- bis 24-Jährigen, vermehrt auf französischsprachige Presse zurückgreift (24 %), wohingegen knapp 1 % der 65- bis 70- Jährigen zum Deutschen tendieren. Im Bereich der anspruchsvollen, aber auch der Trivialliteratur, ist weiterhin eine Präferenz für das Deutsche zu erkennen - dennoch ist ein soziolinguistischer Effekt zu beobachten. Bei Lesern mit einem höheren Bildungsniveau sind das Französische und das Englische an erster Position; Leser mit geringerem Bildungsgrad, wie Personen mit Grundschulabschluss oder hauptschulähnlichem Abschluss, rezipieren beinahe ausschließlich deutsche Bücher. Dieselbe Studie aus dem Jahre 2009 des luxemburgischen Soziologen Fernand Fehlen besagt, dass das Konsumverhalten auf der Ebene des Fernsehens und des Radiohörens ebenso zweigeteilt ist: Ist die Radiolandschaft auf der einen Seite mit zahlreichen luxemburgischen Sendern wie RTL L ë tzebuerg, Eldoradio oder Radio 100komma7 überhäuft, so konsumieren die Luxemburger nahezu ausnahmslos deutschsprachiges Fernsehen. Zirka 62 % der Luxemburger und 39 % der ausländischen Wohnbevölkerung bevorzugen deutschsprachige Sender wie die öffentlich-rechtlichen ARD und ZDF, aber auch private Anbieter wie RTL werden oftmals konsumiert.43 Diesbezüglich ist erwähnenswert, dass Luxemburg nur über einen TV-Sender verfügt. RTL L ë tzebuerg hat über den Verlauf der Jahre das absolute Monopol in Luxemburg und ist daneben der einzige Fernsehanbieter, welcher das Publikum jeden Tag mit der Aktualität und journalistisch recherchierten Informationen versorgt.
Verschiedene Elemente führen heute dazu, dass es für die Soziolinguistik schwierig ist, die luxemburgische Sprachgemeinschaft richtig zu fassen. Aufgrund vieler nichtluxemburgischer Einflüsse und der hohen Multikulturalität sind sich die Sprachforscher darüber uneinig, ob überhaupt eine Sprachgemeinschaft existiert. Die Rolle der deutschen Sprache scheint allerdings geklärt: Sie gilt als Medien- und Alphabetisierungssprache. Das Luxemburgische wird immer wieder als Integrationssprache betrachtet, wohingegen das Französische oft mit Prestige in Verbindung gebracht wird. Italienisch und Portugiesisch sind die Sprachen, welche die Einwanderer mit in das Großherzogtum gebracht haben. Die englische Sprache scheint ihren Platz in der mehrsprachigen Medienlandschaft Luxemburgs hingegen noch nicht gefunden zu haben. Im weiteren Teil der Arbeit wird diese Annahme anhand der Tageszeitung Luxemburger Wort geprüft. Dazu wird analysiert, wie hoch der Anteil von Anglizismen in der größten Zeitung Luxemburgs ist und ob, gerade wie im Deutschen, Begriffe vereinnahmt oder sogar ‚eingeluxemburgischt’ werden können.
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1 Heller, Klaus: Was ist ein Fremdwort? Sprachwissenschaftliche Aspekt seiner Definition. In: Hoberg, Rudolf (Hg.): Deutsch-Englisch-Europäisch. Impulse für eine neue Sprachpolitik. Wiesbaden 2002, S. 185.
2 Eisenberg, Peter: Das Fremdwort im Deutschen. 2. Auflage, Berlin/New York 2012, S. 15.
3 Wahrig: Deutsches Wörterbuch. Gütersloh/München 2005, S. 500.
4 Duden: Das Fremdwörterbuch. 11. Auflage, Berlin 2015, S. 18.
5 Eisenberg (Anm. 2), S. 15.
6 Vgl. ebd., S. 18.19.
7 Ebd., S. 29.
8 Ebd.
9 Vgl. ebd.
10 Eisenberg (Anm. 2), S. 29.
11 Ebd., S. 35.
12 Vgl., Heller, Klaus: Was ist ein Fremdwort? Sprachwissenschaftliche Aspekt seiner Definition. In: Hoberg, Rudolf (Hg.): Deutsch-Englisch-Europäisch. Impulse für eine neue Sprachpolitik. Wiesbaden 2002, S. 185.
13 Ebd.
14 Heller, Klaus: Was ist ein Fremdwort? Sprachwissenschaftliche Aspekt seiner Definition. In: Hoberg, Rudolf (Hg.): Deutsch-Englisch-Europäisch. Impulse für eine neue Sprachpolitik. Wiesbaden 2002, S. 185.
15 Ebd., S. 186.
16 Ebd., S. 188.
17 Heller (Anm. 1), S. 194-195.
18 Ebd.
19 Ebd., S. 196.
20 Ebd.
21 Ebd.
22 Vgl. Eisenberg (Anm. 2), S. 48.
23 Wahrig (Anm. 3), S. 172.
24 Duden: Das Fremdwörterbuch (Anm. 4), S. 89.
25 Entlehnung aus dem britischen Englisch ins Deutsche. (Duden: Das Fremdwörterbuch, S. 177.)
26 Entlehnung aus dem Amerikanischen ins Deutsche. (Duden: Das Fremdwörterbuch, S. 79.)
27 Engels, Barbara: Gebrauchsanstieg der lexikalischen und semantischen Amerikanismen in zwei Jahrgängen der WELT (1954 und 1964). Eine vergleichende computerlinguistische Studie zur quantitativen Entwicklung amerikanischen Einflusses auf die deutsche Zeitungssprache. In: Mainzer Studien zur Amerikanistik. Band VI. Bern, Frankfurt a. Main 1977.
28 Vgl. Burmasova, Svetlana: Empirische Untersuchung der Anglizismen im Deutschen am Material der Zeitung Die WELT. In: Thomas Becker/Martin Haase/Sebastian Kempgen/Manfred Krug/Patrizia Noel Aziz Hanna (Hg.): Bamberger Beiträge zur Linguistik, Band 2. Bamberg 2010, S. 32.
29 Ebd.
30 Wanzeck, Christiane: Lexikologie. Beschreibung von Word und Wortschatz im Deutschen. Göttingen 2010, S. 131-133.
31 Ebd., S. 133.
32 Vgl. Bohman, Stefanie: Englische Elemente im Gegenwartsdeutsch der Werbebranche. Marburg 1996, S. 25-29.
33 Vgl. Polenz von, Peter: Geschichte der deutschen Sprache. Aufl. 9. Berlin/New York 1978, S. 139-140.
34 Ebd., S. 140.
35 Vgl. ebd.
36 Polenz (Anm. 33), S. 141.
37 Vgl. ebd., S. 141-142.
38 Online verfügbar unter http://eli.legilux.public.lu/eli/etat/leg/loi/1984/02/24/n1 (zuletzt eingesehen: 28/03/2016).
39 Gilles, Peter: Luxemburgische Mehrsprachigkeit - Soziolinguistik und Sprachkontakt. In: Elmentaler, Michael: Deutsch und seine Nachbarn. Band I. Frankfurt a. Main 2009, S. 187.
40 Ebd.
41 Vgl. ebd., S. 196.
42 Vgl. Gilles (Anm. 37), S. 191.
43 Vgl. Gilles (Anm. 39), S. 192.
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