Die vorliegende Ausarbeitung behandelt das Thema des Konstruktivismus. Dieser postuliert grundsätzlich, dass Wissen das Ergebnis eines Erfindens der Wirklichkeit ist, wobei die Individuen zu Künstlern der eigenen Wirklichkeitskonstruktion werden. Die Konstruktivisten als Befürworter dieser Theorie bezweifeln somit die Existenz einer objektiven Wahrheit und sind gleichzeitig von einer Kreativität der Individuen überzeugt, eine eigene Welt zu erschaffen. Des Weiteren werden im Zuge dieser Ausarbeitung die Themen Mitarbeitermotivation und -stärkung sowie das Teambuilding behandelt. Herausgestellt werden dabei ebenfalls mögliche Adaptionen von Methoden aus dem Spitzensport.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungen
1 Einleitung und Zusammenfassung
2 Auswirkungen eines konstruktivistisch-orientierten Paradigmas auf Mitarbeiter/innen und die Rolle der Führungskraft
3 Darstellung der Möglichkeiten als Führungskraft das Mitarbeiterteam zu stärken
3.1 Outdoor-Training als spezielle Teambuilding-Maßnahme
4 Mögliche Adaptionen von Methoden aus dem Spitzensport
5 Fazit
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Führen und führen lassen
Abkürzungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung und Zusammenfassung
Die vorliegende Ausarbeitung behandelt das Thema des Konstruktivismus. Dieser postuliert grundsätzlich, dass Wissen das Ergebnis eines Erfindens der Wirklichkeit ist, wobei die Individuen zu Künstlern der eigenen Wirklichkeitskonstruktion werden. Die Konstruktivsten als Befürworter dieser Theorie bezweifeln somit die Existenz einer objektiven Wahrheit und sind gleichzeitig von einer Kreativität der Individuen überzeugt, eine eigene Welt zu erschaffen.[1]
Im Zuge dieser Arbeit erfolgt zunächst eine Zusammenfassung des Sachtextes „Konstruktivismus - Eine Anregung für die Pädagogik?“ von Rolf Werning aus dem Jahr 1998, welcher die zentralen Annahmen des Konstruktivismus und die damit verbundenen Perturbationen für pädagogisches Denken und Handeln exemplarisch aufzeigt. Werning beginnt mit der Prämisse, dass aus konstruktivistischer Sicht nicht der Autor, sondern der Leser bestimmt, wie er mit den vermittelten Anregungen umgeht. Dies beruht auf der Annahme, dass die beim Lesen entwickelten Gedanken von der Individualität, dem biographischen Werdegang als auch von der situativen Einbettung des Lesers abhängig sind. Dabei wird die Möglichkeit hinterfragt, Informationen bzw. Bilder der umgebenden Außenwelt, exakt in die Gedankenwelt eines Individuums zu transferieren. Diese Kernaussage von Werning zeigt infolgedessen auf, dass, basierend auf einer konstruktivistischen Perspektive, gültige Kriterien für bestehende pädagogische Prozesse - wie Z.B. die schulische Theoriebildung - gesetzt werden können. Diese Perspektive bezieht sich zum einen auf die Beziehung zwischen einem Organismus und der ihn umgebenden Umwelt als auch auf das Verständnis von einem lernenden Organismus.
Ersteres ist aus konstruktivistischer Sicht zunächst zu unterteilen in die Umwelt, welche unabhängig vom Organismus und jeglicher Wahrnehmung existiert - sogenanntes „umgebendes Milieu“, das für ein Subjekt unmöglich direkt abzubilden oder zu erkennen ist. Vielmehr bestimmt jedes Individuum wie es sich mit dessen Anregungen auseinandersetzen kann, wodurch eine funktionale Beziehung entsteht.
Der zweite Teil stellt die Umwelt dar, die ein Organismus durch kognitive und emotionale Prozesse als Erfahrungs- bzw. Lebenswelt im sozialen Kontext konstruiert und gleichzeitig als einzige ihm zugängliche Wirklichkeit existiert. Diese basiert dabei auf den Möglichkeiten und Grenzen der jeweiligen subjektiven Erfahrungsfähigkeit. Auf der biologischen Ebene werden die diversen funktionalen Beziehungen zwischen Organismen und dem umgebenden Milieu durch die unterschiedlichen Lebensformen wie bspw. der Tiere oder des Menschen repräsentiert. Dies führt zu der Annahme, dass alles, was existiert, eine mögliche Beziehung zwischen der eigenen Struktur sowie der eigenen Konstruktion von Wirklichkeit und dem umgebenden Milieu entwickelt.
Die herausgestellten Aspekte sind aus Sicht des Autors ebenfalls gültig im Kontext sozialer bzw. gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse. Als weitere Kernaussage führt dieser an, dass jede Konstruktion von Wirklichkeit ein Produkt des Subjektes bleibt, das sie erzeugt. Demzufolge wird von Konstruktivsten der Begriff des „Beobachters“ verwendet. Dahingehend ist jede Äußerung eine Beobachterbeschreibung, denn alles, was gesagt oder gedacht wird, vom psychischen System des Beobachters abhängig ist. Die Wirklichkeit und die Beobachter werden somit sich gegenseitig bedingende Faktoren, wodurch eine reine Objektivität nicht existieren kann. Werning führt mit Schmidt (1986) und Keeney (1987) zwei weitere Autoren auf, welche die These bestätigen, dass eine Beobachtung mehr über den Beobachter aussagt als über den oder das Beobachtete/n. Infolgedessen muss jede Person für die eigenen Konstruktionen die Verantwortung übernehmen und die Entscheidung der Präferenz für Konstruktionen begründen. Zu entscheiden gilt es dabei welches Konstrukt passender als auch nutzvoller ist und mit den ausgewählten ethisch-moralischen Grundentscheidungen zu vereinbaren ist.[2]
Des Weiteren stellt Werning die Prämisse voran, dass jedes Individuum strukturdeterminiert, selbstreferentiell und nicht-trivial sei. Die Strukturdeterminiertheit wird dabei definiert durch die Auffassung, dass stets die innere Struktur einer Person bestimmt, wie sich diese mit Anregungen aus dem umgebenden Milieu auseinandersetzt. Demzufolge kann keine Form der bspw. therapeutischen, pädagogischen oder wirtschaftlichen Beeinflussung eine direkte und instruktive Interaktionsbeziehung erwirken.
Die Selbstreferentialität bedeutet dabei, dass jede Handlung auf die eigene Struktur der Person zurückwirkt und diese bestätigen oder gar verändern kann. Dabei kann eine aktive Beziehungsgestaltung zwischen Subjekt und der Umwelt stattfinden, indem aufgrund der Funktionalität der Beziehungsstruktur kontinuierlich Wirklichkeitskonstruktionen als Routinen angewendet, überprüft, teilweise neu entwickelt, bestätigt oder verworfen werden.
Die Nicht-Trivialität von Organismen äußert sich in der Geschichtlichkeit und der strukturellen Dynamik. Werning verwendet dazu das Beispiel eines Schülers, welcher durch eine externe Intervention - z.в. ein Lob der Lehrerin - konfrontiert wird. Die jeweilige Beeinflussung hängt anschließend von der situativen strukturdeterminierung des Betroffenen ab. Demnach kann das Lob positiv verwertet und in einer höheren Anstrengungsbereitschaft resultieren oder als Sarkasmus interpretiert werden und den Widerstand gegenüber schulischen Arbeitsanforderungen steigern. Die interne Wahrnehmung der Situation ist dabei das Ergebnis der Biographie als auch der momentanen Gestimmtheit des Schülers. Diese interne Struktur kann durch jede Erfahrung und jede Handlung verändert werden, wodurch eine andere Handlungsoption in der nächsten Situation gewählt werden kann.
Anhand der Entwicklung der Pädagogik kann aufgezeigt werden, dass es diverse Herangehensweisen hinsichtlich der Fähigkeit des Menschen gegeben hat, kreativ und unvorhersehbar zu handeln. Versucht wurde hierbei entweder diese Fähigkeit durch „Zucht und Ordnung“ einzudämmen und die Schüler/innen dadurch in ihrem Handeln zu trivialisieren oder man fördert und unterstützt die vorhandene Individualität.
Das pädagogische Handeln muss allerdings aus konstruktivistischer Perspektive beachten, dass das Lehren gleichzusetzen ist mit dem Anregen vom Selbstlernen eines autonomen Subjektes. Ziel ist dabei die Anregung eines Subjektes, die eigenen Konstruktionen von Wirklichkeit zu hinterfragen, zu überprüfen, weiterzuentwickeln, zu bestätigen oder zu verwerfen.
Darauf aufbauend legt Werning dar, dass, wenn kein objektiver Zugang zur Wirklichkeit besteht, zahlreiche schulische Normierungsprozesse, die auf eine Homogenisierung des Lernens abgerichtet sind, hinterfragt werden müssen. Dazu muss die vorhandene Heterogenität hinsichtlich kultureller Unterschiede, Leistung, Geschlechts und Alters innerhalb der Lerngruppen als Bereicherung wahrgenommen werden. Um dies zu verstärken, sollte eine Vielfalt von Lernwegen ermöglicht werden - bspw. in Form eines offenen bzw. projektorientierten Unterrichts oder forschenden Lernens. Dabei können die unterschiedlichen Erfahrungs- und Lebenswelten der Schüler/innen aufgegriffen, zugelassen und ihnen Raum gewährleistet werden. Durch angewendete Instrumente wie freie Texte bzw. freien Ausdruck wird die Möglichkeit dargelegt, die eigenen Erfahrungen, Ängste, Träume sowie Wünsche und Hoffnungen in der Schule zu be- und verarbeiten. Ebenfalls dazu gehört die gemeinsame Planung und Gestaltung von Lernräumen und Lernanlässen, wobei Entscheidungen für die Konstruktion des Unterrichts seitens der Schüler/innen mitgetroffen und mitverantwortet werden müssen.
Das Resultat ist damit eine Organisation, die sich selbst kritisch in Frage stellt und Experimente herausfordert. Gleichzeitig werden Konstruktionen von Wirklichkeit, die einen objektiv wahren und zeitlosen Charakter besaßen, auf Gültigkeit überprüft.
Nach Werning stellen die in seinem Text „Konstruktivismus - Eine Anregung für die Pädagogik?“ herausgestellten Aspekte keineswegs eine völlig neue Re-Konstruktion der Schule dar. Aus der Sicht des Autors kann das konstruktivistische Denken allerdings dennoch viele der aufgezeigten pädagogischen Konzepte miteinander verbinden und interessante und innovative Orientierungen der Weiterentwicklung darlegen.[3] Aus dem betrachteten Sachtext von Rolf Werning gehen aus konstruktivistischer Perspektive folglich vier Kernaussagen hervor:
> Jede einzelne Konstruktion von Wirklichkeit ist und bleibt ein Produkt des Subjektes, das sie erzeugt.
> Es ist unmöglich, Informationen oder Bilder der umgebenden Außenwelt exakt in die Gedankenwelt eines Individuums zu transferieren.
> Individuen sind durch grundlegende Merkmale gekennzeichnet: Strukturdeterminiertheit, Selbstreferenzialität, und NichtTrivialität.
> Vielfalt sollte in jeglicher Hinsicht als Chance und Bereicherung wahrgenommen, zugelassen, entwickelt und unterstützt werden. Die daraus resultierenden Entscheidungen müssen verantwortet werden.
2 Auswirkungen eines konstruktivistisch-orientierten Paradigmas auf Mitarbeiter/innen und die Rolle der Führungskraft
Die Führungswelten und die damit einhergehenden Vorstellungen über Führung in einem konstruktivistisch-orientierten Paradigma - wie sie stattfinden bzw. funktionieren oder gar was sie allgemein darstellen soll - sind komplex, da sie im gemeinsamen Handeln der betroffenen Individuen entstehen. Darauf aufbauend fließt eine Vielfalt an diversen individueller Sichtweisen in das Kollektiv ein, woraus eine Kultur resultiert. Diese dient zur gemeinsamen sowie individuellen Bewältigung der Wirklichkeit und ist gleichzeitig einer kontinuierlichen Anpassung unterworfen. Für den Zustand dieser im Kollektiv konstruierten Welt trägt jeder Beteiligte - bspw. Mitarbeiter oder Führungskraft - die Verantwortung.
[...]
[1] Vgl. Jensen (2013), S. 88.
[2] Vgl. Werning (1998), S. 2.
[3] Vgl. Werning (1998), S. 4.
- Citation du texte
- Jan Döring (Auteur), 2017, Der Konstruktivismus. Die Auswirkungen eines konstruktivistisch orientierten Paradigmas, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/366775
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