Das Bewusstsein der handwerklich tätigen Arbeiter hat sich in der geschichtlichen Entwicklung fortwährend verändert. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden verschiedene Etappen des Berufsethos vorgestellt, von Werner Sombarts „Herrn Mikrokosmos“ über die unterschiedlichen industriellen Entwicklungsstufen bis hin zur modernen Industriearbeit. Diese Arbeit setzt sich mit dem Bild des Industriearbeiters aus Sicht von Michael Schumann auseinander, der diese Thematik in seinem Buch „Metamorphosen von Industriearbeit und Arbeiterbewusstsein“ unter anderem bearbeitet. Wir beschäftigen uns zum einen mit der sozialstrukturellen Veränderung, die von Schumann für das Ende der 1990er, Anfang des neuen Jahrtausends dargestellt wird. Vergleichend dazu haben wir einen aktuellen Presseartikel hinzugezogen. Des Weiteren gehen wir danach auf den strukturellen Wandel und die Entwicklung der neuen Qualifikationsanforderungen ein.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Kurzbiographie Michael Schumann
III. Sozialstrukturelle Ausdifferenzierung und Pluralisierung der Solidarität
1. Politisch-programmatische Begriffe versus gesellschaftliche Realentwicklung
2. Sozialstrukturelle Veränderungen: im und vorm Wolkenkratzer
1. Die Globale Klasse
2. Die Modernisierungsmacher
3. Die Modernisierungsmitgestalter
4. Die Modernisierungsausgesparten
5. Die Modernisierungsbedrohten
6. Die Modernisierungsverlierer
3. Einbinden pluralistischer Perspektiven in eine Vision gesamtgesellschaftlicher Solidarität
IV. Struktureller Wandel und Entwicklung der Qualifikationsanforderungen
1. Strukturwandel der Arbeit
2. Arbeitspolitik
V. Fazit / Diskussion
I. Einleitung
Das Bewusstsein der handwerklich tätigen Arbeiter hat sich in der geschichtlichen Entwicklung fortwährend verändert. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden verschiedene Etappen des Berufsethos vorgestellt, von Werner Sombarts „Herrn Mikrokosmos“ über die unterschiedlichen industriellen Entwicklungsstufen bis hin zur modernen Industriearbeit.
Diese Arbeit setzt sich mit dem Bild des Industriearbeiters aus Sicht von Michael Schumann auseinander, der diese Thematik in seinem Buch „Metamorphosen von Industriearbeit und Arbeiterbewusstsein“ unter anderem bearbeitet. Wir beschäftigen uns zum einen mit der sozialstrukturellen Veränderung, die von Schumann für das Ende der 1990er, Anfang des neuen Jahrtausends dargestellt wird. Vergleichend dazu haben wir einen aktuellen Presseartikel hinzugezogen. Des Weiteren gehen wir danach auf den strukturellen Wandel und die Entwicklung der neuen Qualifikationsanforderungen ein.
II. Kurzbiographie Michael Schumann
Michael Schumann wurde am 24.Februar 1937 geboren und absolvierte ein Studium der Soziologie an den Universitäten Frankfurt, Marburg und Göttingen. Von 1962 bis 1964 war Schumann als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sozialforschung in Frankfurt tätig, bevor er dann in den Jahren 1964 bis 1969 als Forschungsassistent an das Soziologische Seminar der Georg-August-Universität Göttingen wechselte. Seit 1969 hat er auch die Führung des Soziologischen Forschungsinstitutes (SOFI) in Göttingen inne, bis 1997 als geschäftsführender Direktor und seit 1997 als Präsident.
Seine erste Professur für Soziologie hatte Schumann von 1975 bis 1985 an der Universität Bremen, bevor er 1985 ebenfalls nach Göttingen kam und dort Professor für Soziologie wurde (Quelle: http://www.sofi-goettingen.de/people/schumann-lebenslauf.htm, 07.01.2005).
III. Sozialstrukturelle Ausdifferenzierung und Pluralisierung der Solidarität
1. Politisch-programmatische Begriffe versus gesellschaftliche Realentwicklung
Zwei wesentliche Begriffe sind die Hauptkriterien nach denen Schuhmann die Arbeiterklassen unterscheidet und definiert.
Zuerst den „Individualismus“. Ihn sieht Schuhmann als „Befreiung“ von herkömmlichen Klassen- und Schichtgemeinsamkeiten und als politisches Aufklärungsprogramm von Autonomie, Humanität und Emanzipation. Aber trotz dass die traditionellen Arbeitermilieus aufgelöst und die Lebensformen vielfältiger geworden sind, gibt es einen großen Unterschied zwischen dem politischen Begriff „Individualismus“ und der mit der Individualisierungsthese gekennzeichneten reellen Entwicklung.
Diese beinhalten beispielsweise auch folgende negative Seiten:
- neue Unsicherheiten
- wachsende Probleme, seinen Weg zu finden und diesen zu planen
- Individualisierung als Vereinsamung, Isolation und Alleingelassensein
- durch die Zerstörung von sozialen Bindungen verliert man auch an Unterstützung
Zweitens die „Solidarität“, welche er definiert als „Zusammengehörigkeit, Übereinstimmung, enge Verbundenheit, Gemeinschaftsbewusstsein, gemeinsames Handeln [aber auch als] Orientierungs- und Verhaltensprinzip“(Schuhmann, 2003, S.108). Im Verständnis der Arbeiterbewegung wird sie begriffen als ein „kollektives Zusammengehörigkeitsbewusstsein und Verhaltensmuster“ (ebd. S.108), welches die Arbeiter in die Lage versetzt, sich einander zu unterstützen und ihre Gemeinsamen Interessen zu vertreten und durchzusetzen. Aber auch hier gibt es wieder eine politische und reale Vision des Begriffs. Erstere soll alle Mitglieder in einer Gesellschaft vereinen und in der realen Entwicklung konnten dadurch wichtige soziale Verbesserungen (Wahlrecht, Streikrecht, Ausbildungssysteme, Reduzierung der Arbeitszeit) durchgesetzt werden. Die dadurch erreichten Fortschritte haben die alte Verbundenheit der Arbeiter verändert. Selbst die Begriffe „Arbeiter“ und „Angestellte“ sind nicht mehr eindeutig zu trennen und innerhalb der jeweiligen Gruppe gibt es oft sehr viele Gegensätze zwischen den Mitgliedern, so dass die Solidarität auf sehr verschiedene Vorstellungen und Wünsche trifft und oft mit anderen Verpflichtungen kollidiert.
Daraus zieht Schuhmann das Fazit: der monopolistische Gemeinschaftsbegriff muss in einen pluralistischen weiterentwickelt werden der trotzdem eine übergeordnete Einheit wahrt. (vgl., 2003, 109)
2. Sozialstrukturelle Veränderungen: im und vorm Wolkenkratzer
Um der Frage nach den durch die eben genannten Veränderungen neu entstehenden gesellschaftlichen Strukturen nachzugehen, erscheint ihm die Einteilung der Gesellschaft in „Arm“ und “Reich“, Modernisierungsgewinner und -verlierer zu einfach in Bezug auf die Solidaritätsfrage
Er greift dafür das Modell eines Wolkekratzers von Ralf Dahrendorf auf, in dem es der Mehrheit nicht gelingt, jemals an die Spitze zu kommen und manche Fahrstühle schon im 10. Stock enden während andere erst im 50. beginnen und andere nicht einmal innerhalb des Wolkenkratzers sitzen. Er teilt die Mitglieder in 6 Gruppierungen auf:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Sozialstruktur im Wolkenkratzerbild
(Quelle: vgl. Schuhmann, 2003, S.110)
1. Die Globale Klasse
Sie wohnt im obersten Stockwerk und wird auch als „Weltklasse“ bezeichnet.
Diese Klasse wird gekennzeichnet durch ökonomische Herrschaftspotentiale, mediale gesellschaftliche Präsenzen und politische Machtpositionen und wird hauptsächlich an ihren „Konzepten“, „Kontakten“ und „Kompetenzen“ festgemacht.
Dazu gehören Schuhmanns Meinung nach Neureiche, Spitzenpositionsinhaber und Stars. Diese Gesellschaftsschicht, hat die Macht, ihre eigenen Interessen durchzusetzen und die nötigen Mittel und Einflussmöglichkeiten ihre Positionen zu erhalten und auszubauen. Man unterstützt sich untereinander höchstens um die eigene Machtstellung, wenn bedroht wird und man dies nur gemeinsam abwähren kann. Dabei dient Solidarität nur der Sicherung und Erhaltung der eigenen Position.
2. Die Modernisierungsmacher
Sie gelten die, die bei der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung am meisten profitieren und wohnen in den obersten Etagen. Vor allem Beschäftige in den Bereichen der Dienstleistungs- und Informationsökonomie sowie von Forschung und Entwicklung – teils Abhängig Beschäftigte/ Angestellte, teils Selbstständige bzw. Scheinselbstständige sind hier zu finden. Es handelt sich um hochqualifizierte Arbeitsplätze, mit besonders großen Leistungsanforderungen und daraus resultierendem erforderlichen hohen Freiheitsgrad der Arbeitsausführung bzw. komplettes selbstständiges Handeln. Diese Klasse hat einige Belastungen zu tragen, wie extremer Leistungsdruck, unerbittliche Konzentration auf flexible und innovative Aufträge, Überforderung, Selbstausbeutung, Zugriff auf die komplette Persönlichkeit der Beschäftigten und der Tendenz zur Arbeit als Lebensinhalt.
Durch diese Lasten ist der „flexible Mensch“, der in neue Unsicherheiten geführt wird; nur vereinzelt auf Solidarität ansprechbar, weil normalerweise sich der Einzelne die Ansicht vertritt, für seine Zukunft und Leben eigens die Verantwortung zu tragen, außerdem wird eine Hilsannahme als ein Zeichen von Schwäche angesehen und dadurch abgelehnt. (vgl. Schuhmann, 2003, S.111-112)
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- Quote paper
- Benjamin Behrens (Author), Claudia Scholz (Author), 2005, Metamorphosen von Industriearbeit und Arbeiterbewusstsein, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36618
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