Diese Bachelorarbeit beschreibt die Verknüpfung des westlichen Bankensystems mit dem islamischen Bankensystem. Dabei geht es hauptsächlich um das Risikomanagement.
„Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland. […]“
Mit dieser Aussage zeigte der damalige Bundespräsident Christian Wulf, welchen Stellenwert Muslime in Deutschland mittlerweile einnehmen. Bei einem so großen Bevölkerungsanteil war diese Aussage meiner Meinung nach folgerichtig für das Zusammenleben verschiedener Ethnien in der Bundesrepublik. Desweiteren kann diese Aussage auch zur Offenheit gegenüber anderen Kulturen und Religionen beitragen, in diesem Falle gegenüber den Islam und somit auch dem Islamic Banking.
In Zeiten der Finanzkrise, welche 2007 durch die sogenannte Subprime Krise in den USA ausgelöst worden ist und 2008 in der globalen Wirtschaft einsetzte, wurde das konventionelle Bankensystem stark kritisiert. Viele konventionelle große Finanzdienstleister wie American International Group, Commerzbank und UBS, wurden durch einzelne Staaten unterstützt um Bankinsolvenzen zu vermeiden. Das Islamic Banking, welches eines der drei Säulen des Islamic Finance darstellt, soll eine Alternative zum konventionellen Bankensystem darstellen.
Eines der wichtigsten Gründe dafür war, dass das Islamic Banking einem strengen Zinsverbot unterliegt. Dementsprechend haben sich diese, nach dem Islam orientierten Banken, nicht an dem spekulativen Immobilienmarkt in den USA beteiligt und sind somit weitestgehend verschont geblieben.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2. Grundlagen des Islams
2.1. Die Geschichte des Islams
2.2. Das islamische Recht
2.3. Primäre Rechtsquellen
2.3.1. Der Koran
2.3.2. Die Sunna
2.4. Sekundäre Rechtsquellen
2.4.1. Idschm
2.4.2. Qiy s
2.5. Untergeordnete Rechtsquellen
2.5.1. Urf
2.5.2. Idschtih d
3. Das Islamic Banking
3.1. Der Entstehungsprozess
3.2. Wichtige Institutionen
3.2.1. Accounting and Auditing Organization for Islamic Financial Institutions
3.2.2. Islamic Financial Services Boards
3.2.3. International Islamic Financial Market
3.2.4. Islamic International Rating Agency
3.2.5. Liquidity Management Centre
3.3. Prinzipien des Islamic Banking
3.3.1. Rib (Zinsverbot)
3.3.2. Gharar (Verbot von Spekulation)
3.3.3. Maysir (Verbot von Glücksspielen)
3.3.4. Das Verbot unethischer Geschäfte
3.4. Grundlegende Vertragsarten des Islamic Banking
3.4.1. Fremdkapitalbasierte Vertragsarten
3.4.1.1. Murabaha (Mark-up Sale)
3.4.1.2. Salam (Lieferungskauf)
3.4.1.3. Istisna (Werklieferungsvertrag)
3.4.1.4. Arbun (Verkauf mit Anzahlung)
3.4.1.5. Tawarruq
3.4.1.6. Qard Hassan (Zinsloses Darlehen)
3.4.2. Eigenkapitalbasierte Vertragsarten
3.4.2.1. Mudaraba (Stille Geselschaft)
3.4.2.2. Muscharaka (Beteiligungsfinanzierung)
3.4.3. Idschara und Sukuk
3.4.3.1. Idschara (Islamischer Leasing)
3.4.3.2. Sukuk (Islamische Anleihe)
4. Risikomanagement (konventionelles Bankensystem)
4.1. Risiken konventioneller Banken
4.1.1. Kreditrisiko
4.1.2. Marktrisiko
4.1.3. Operationelles Risiko
4.1.4. Liquiditätsrisiko
4.2. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht
4.2.1. Basel II
4.2.2. Basel II,
4.2.3. Basel III
5. Risikomanagement (Islamic Banking)
5.1. Risiken Islamic Banking (Verknüpfung konventioneller Banken)
5.1.1. Kreditrisiko
5.1.2. Marktrisiko
5.1.3. Operationelles Risiko
5.1.4. Liquiditätsrisiko
5.2. Islamic Banking (spezifische Risiken)
5.2.1. Rate-of-Return Risk
5.2.2. Displaced Commercial Risk
5.2.3. Scharia Risiko
5.2.4. Treuhänder Risiko
5.2.5. Reputational Risk
5.2.6. Equity Investment Risk
6. Schlussbetrachtung und Ausblick
Quellenverzeichnis
V. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser eseprobe nicht enthalten
VII. Darstellungsverzeichnis
Abbildung 1 Der Vorgang von Murabaha
Abbildung 2 Übersicht der Risiken von konventionellen Banken
Abbildung 3 Das „Drei-Säulen Konzept“ von Basel II
Abbildung 4 Spezifische Risiken von islamischen Banken
1. Einleitung
„ Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland. [ … ] “ 1
Christian Wulff
Der zehnte Bundespr ä sident (2010-2012)
Mit dieser Aussage zeigte der damalige Bundespräsident Christian Wulf, welchen Stellenwert Muslime in Deutschland mittlerweile einnehmen. Bei einem so großen Bevölkerungsanteil war diese Aussage meiner Meinung nach folgerichtig für das Zusammenleben verschiedener Ethnien in der Bundesrepublik. Desweiteren kann diese Aussage auch zur Offenheit gegenüber anderen Kulturen und Religionen beitragen, in diesem Falle gegenüber den Islam und somit auch dem Islamic Banking.
In Zeiten der Finanzkrise, welche 2007 durch die sogenannte Subprime
Krise in den USA ausgelöst worden ist und 2008 in der globalen Wirtschaft einsetzte, wurde das konventionelle Bankensystem stark kritisiert.2 Viele konventionelle große Finanzdienstleister wie American International Group, Commerzbank und UBS, wurden durch einzelne Staaten unterstützt um Bankinsolvenzen zu vermeiden. Das Islamic Banking, welches eines der drei Säulen des Islamic Finance darstellt, soll eine Alternative zum konventionellen Bankensystem darstellen.3
Eines der wichtigsten Gründe dafür war, dass das Islamic Banking einem strengen Zinsverbot unterliegt. Dementsprechend haben sich diese, nach dem Islam orientierten Banken, nicht an dem spekulativen Immobilienmarkt in den USA beteiligt und sind somit weitestgehend verschont geblieben.
Dadurch fokussierten sich viele Banken und deren Kunden auf das Islamic Banking. Vor allem die Kundengruppe der Muslime ist aufgrund der beachtlichen Wachstumsrate sehr Interessant. Das Pew Research Center, welches im Jahr 1990 von dem Zeitungsverlag „Times Mirror Newspaper“ gegründet wurde,4 nimmt an, dass die Bevölkerungszahl der Welt bis 2050 um 35 % steigt. Mit dem vorhergesehenen Wachstumsrate der Muslimischen Population würde die Anzahl der Muslime von 1,6 Milliarden auf 2,8 Milliarden (73%) steigen und 29,7 % der Weltbevölkerung darstellen, das heißt jeder dritte von zehn Menschen würde dem Islam zugehören.5 Der Islam ist mit ungefähr 1,6 Milliarden Anhängern die zweitgrößte Religion nach dem Christentum, dementsprechend ist die Nachfrage nach Scharia-konformen Finanzprodukten jetzt schon sehr groß. Mit einer jährlichen Wachstumsrate von ungefähr 15 Prozent6 zählt das Islamic Banking zu den größten Wachstumsmärkten der globalen Finanzwirtschaft.7
Dies wurde in Deutschland bis Anfang dieses Jahres nicht erkannt.
Obwohl in Deutschland rund vier Millionen Muslime leben,8 hat kein Finanzdienstleiter dieses Marktpotenzial ausgenutzt und Scharia- konforme Finanzprodukte im vollen Umfang angeboten. Die Commerzbank wagte sich zwar im Jahr 2000 mit dem „Al Sukoor“ ein Scharia-konformes Fond in Deutschland anzubieten, dieses wurde allerdings im Jahr 2005 wieder eingestellt, da es einen zu geringen Anlagevolumen aufwies, um einen Fond rentabel durchführen zu können. Branchenkenner sind der Meinung, dass dies dem mangelnden Marketing zurückzuführen ist.9
Das Islamic Banking wird schon längst nicht mehr nur in der Finanzwirtschaft der muslimischen Staaten angewendet, auch die europäische, asiatische und afrikanische Finanzwirtschaft setzt sich mit diesem Bankensystem auseinander.
In Großbritannien zum Beispiel wurde dieses Potenzial viel eher entdeckt und dementsprechend reagiert. Die „Islamic Bank of Britian“ ist ein sehr gutes Beispiel in Europa. Die Financial Services Authority (FSA) erteilte im August 2004 die Zulassung für die Islamic Bank of Britian. Die Bank erzielt seit 2004 große Erfolge und betreut zurzeit ungefähr 50.000 Kunden.10
Ein anderes Beispiel aus Deutschland ist die Kuveyt Türk Bank AG. Die KT Bank eröffnete im Jahr 2004 eine Zweigstelle der Muttergesellschaft Kuveyt Türk Beteiligungsgesellschaft A.S., Istanbul. Zunächst diente sie nur der Repräsentanz um die Öffentlichkeit auf das Islamic Banking aufmerksam zu machen. Mit der Lizenz für die Drittstaateinlagenvermittlung nach sechs Jahren erfolgte dann der Markteintritt der KT Bank in Deutschland. Im März 2015 erteilte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Bankenlizenz an die KT Bank. Somit kann die KT Bank Einlagen- und Kreditgeschäfte betreiben.
1.1. Problemstellung
Die Prinzipien des Islamic Banking stellen für islamische Banken gewisse Herausforderungen dar. Auch wenn das Islamic Banking ein durchaus großes Markpotenzial darstellt, ist es nicht einfach dieses auszuschöpfen. Die Voraussetzung einzelner Staaten stellen unterschiedliche Herausforderungen dar. Dabei gilt es banktechnische, religiöse, ethische und rechtliche Aspekte zu beachten.
Eine beachtliche Herausforderung stellt vor allem das Risikomanagement dar. Im Vergleich zu westlichen Banken ist das Islamic Banking, durch einzigartige Scharia-konforme Prinzipien (siehe Kapitel 2), verschiedenen Risiken ausgesetzt. Dadurch gestaltet sich das Risikomanagement komplizierter und anspruchsvoller als bei konventionellen Banken. Die wichtigsten Risiken konventioneller Banken gelten jedoch auch für islamische Banken. Nach einer Umfrage, die durch Wael Eid, Leiter des Risk Managements im SEDCO Holding Group in Saudi Arabien und Mehmet Asutay, der leitende Redakteur von Review of Islamic Economies, durchgeführt wurde, lässt sich feststellen, dass viele Risiken der Banken identisch sind.11 Dieser wird im letzten Kapitel (Kapitel 5) ausführlich erklärt.
Das islamische Recht, worauf sich das Islamic Banking bezieht, legt sehr viel Wert auf eine faire Abwicklung des Geschäftes. Dabei wird nach dem PLS-Prinzip gehandelt, welches im Verlaufe der Arbeit erklärt wird. Islamische Banken müssen deshalb, im Vergleich zu konventionellen Banken, enger mit den Kunden arbeiten.
1.2. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Ziel der Arbeit ist es zu analysieren, inwieweit die Methoden des Risikomanagements konventioneller Banken, auf das Islamic Banking übertragbar sind. Inwieweit der Verzicht einiger Geschäfte, aufgrund besonderer Vorschriften des Islams, die Wirtschaftlichkeit der islamischen Banken beeinträchtigen und welche Risiken dadurch entstehen.
Die vorliegende Arbeit ist in sechs Kapiteln untergliedert.
An die Einleitung schließt sich mit der Erläuterung des Islams und den daraus resultierendem Rechtssystem im Kapitel 2, die Hinführung zum Islamic Banking an. Im dritten Kapitel geht es dann mit der Darstellung der Konzeptionen und der Prinzipien des Islamic Banking weiter. Dabei werden verschiedene islamische Finanzinstrumente dargestellt und erklärt. Zum besseren Verständnis wird im vierten Kapital zunächst einmal das Risikomanagement einer konventionellen Bank im Ganzen dargestellt. Zur Beantwortung der zentralen Frage dieser Arbeit wird im fünften Kapitel, das Risikomanagement einer konventionellen Bank mit den Anforderungen an das Risikomanagement islamischer Banken verknüpft. Die Zusammenfassung im sechsten und somit dem letzten Kapitel zieht ein abschließendes Resümee und stellt fest, inwieweit die Risiken des konventionellen Bankensystems mit den Risiken islamischer Banken übereinstimmen beziehungsweise in wie weit sie sich voreinander differenzieren.
2. Grundlagen des Islams
Um eine Übersicht zu verschaffen, worauf das Islamic Banking aufbaut, beginnt diese Arbeit zunächst mit der Beschreibung des Islam. Um die Risiken des Islamic Bankings zu erkennen und damit die Anforderungen an das Risikomanagement festlegen zu können, muss man zunächst islamische Grundsätze verstehen. Um den vorgegebenen Umfang einhalten zu können und um auf wirtschaftlicher Ebene zu bleiben, wird die Geschichte des Islam nur in kurzer Form erklärt. Dabei werden die Hintergründe des Islam und seine Prinzipien so erklärt, dass der Leser die Grundstruktur dieser Religion verstehen kann.
2.1. Die Geschichte des Islam
Der arabische Begriff „Islam“ bedeutet „Hingabe (an Allah), Übergabe (an Allah), Unterwerfung (unter Allah). Der Islam ist durch den heiligen Propheten Mohammed (S. a. w.),12 der zwischen 570 und 632 nach Christus auf der arabischen Halbinsel gelebt hat, entstanden.13 Auf der arabischen Halbinsel liegen heute die Staaten Saudi-Arabien, Jemen, Oman, Kuwait, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate. Nachdem der Prophet im Jahr 610 nach Christus in der Höhle von Hira die Offenbarung Gottes vom Erzengel Gabriel empfing14 fing er an, den Islam, zunächst einmal bei den engsten Vertrauten, zu verbreiten. Im Jahr 613 nach Christus wandte er sich dann an die Öffentlichkeit und stieß in der Region auf enormen Wiederstand, da die Offenbarung den Polytheismus der Araber stark kritisierte. Letzten Endes musste er Mekka, seine Heimat, verlassen.15 Er und seine Anhänger wanderten im Jahr 622 nach Christus nach Medina aus. Mit der Auswanderung entstand die bis heute andauernde islamische Zeitrechnung. In Medina diente er nicht mehr nur als Gottes Prophet, er fungierte auch als Staatsmann und formte die unterschiedlichen Stämme zu einer Gemeinde, der Umma.16 Nach zahlreichen Konflikten mit Stämmen aus Mekka unterlag er im Jahr 632 nach Christus seiner Krankheit.17 Der Prophet Mohammed gilt als der letzte Prophet der vom Gott entsandt wurde. Nach seinem Tod brach unter seinen Anhängern der Konflikt um seine Nachfolge aus. Durch diesen Konflikt spaltete sich die Umma in zwei Gruppierungen und dadurch entstand, die bis heute andauernde Trennung zwischen Muslimen, das Schiitentum und das Sunnitentum.
Die Grundannahmen des Islams beruhen auf dem Glauben an die Einheit Gottes, Wiederauferstehung und das es nur einen einzigen Schöpfer gibt der alle Lebewesen erschaffen hat. Durch die Grundannahme der Wiederauferstehung, sollte jeder Muslim bei jedem seiner Taten die Wiederauferstehung bedenken, da jeder Mensch nach dem Tod für seine Taten in Rechenschaft gezogen wird.18 Der Islam ist eine monotheistische Religion,19 somit bezieht der Islam die ganze Menschheit mit ein. Muslime haben folgende fünf Hauptpflichten zu befolgen (fünf Säulen des Islams):
-Schahada (Glaubensbekenntnis)20
-Salat (Pflichtgebet)21
-Zakat (Almosengabe)22
-Saum (Fasten)23
-Haddsch (Pilgerfahrt nach Mekka).24
2.2. Das islamische Recht
Die Gesamtheit aller Gesetze im Islam werden in der Scharia wiedergegeben,25 welche die wichtigsten islamischen Quellen zusammenfasst. Desweiteren beinhaltet sie weitere Vorschriften, die sich auf alle Lebensbereiche beziehen, wie sich ein Muslim zu verhalten hat. Diese sind weltweit unter allen Muslimen gültig und anzuwenden. Die Rechtsquellen der Scharia lassen sich in primäre, dem Koran, die Sunna und sekundäre, Ijma (der Konsens) und Qiy s (Analogieschluss), Rechtsquellen unterteilen.26 Dazu folgen noch weitere Rechtsquellen, Idschtih d, Ikhtiyar und Urf, die dem primären und sekundären Rechtquellen unterzuordnen sind. Dabei ist zu beachten, dass sich die vorliegende Arbeit ausschließlich den sunnitischen Islam erklärt, da der schiitische Islam einige Abweichungen beinhaltet, so wird zum Beispiel der Qiy s im schiitischen Islam nicht als Rechtsquelle anerkannt.
2.3. Primäre Rechtsquellen
2.3.1. Der Koran
Die wichtigste Rechtsquelle des Islam ist der Koran. Der Koran besteht aus 114 Suren (Kapitel).27 In diesen 114 Kapiteln wird die Geschichte des Islam erklärt und die Gebote und Verbote beschrieben. Die Vorschriften des Korans gelten für alle Muslime als Person und für das Leben in der Gemeinschaft. Aufgrund fehlender Konkretisierung einiger Vorschriften sind unterschiedliche Interpretationen nicht auszuschließen, so kommt es immer wieder zu Unstimmigkeiten zwischen Rechtsgelehrten. Dieses gilt auch für Gebote und Verbote des Islamic Banking. Um Unstimmigkeiten zu vermeiden, hat das von der „Organisation of Islamic Coopertaion“ (OIC) gegründete International Islamic Fiqh Academy (IIFA), einige Regulierungen im Islamic Banking weitestgehend so angepasst, dass alle OIC Staaten diese akzeptieren. Die International Islamic Fiqh Academy ist eine Institution die sich mit der Weiterentwicklung des islamischen Rechts befasst.
2.3.2. Die Sunna
An der Wichtigkeit bemessen ist die Sunna, nach dem Koran, die zweit bedeutsamste Rechtsquelle des Islam.28 Die Sunna kann die Vorschriften, die im Koran aufgelistet sind, bekräftigen und erklären oder aber auch eigene Rechtsnormen kreieren. Die Überlieferung erfolgte zunächst, anders als bei dem Koran, mündlich und wurde später als einzelne Hadith in der Hadith-Sammlung festgeschrieben. Die Sunna beschreibt die Taten und Weisheiten des heiligen Propheten Muhammad. Im Koran ist die Aufforderung nach dem Propheten zu leben und seine Taten zu befolgen in verschiedenen Suren wiedergegeben. Die Sure 64 (At-Taghabun) Vers 12 ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass der somit eine wichtige und vor allem zu befolgende Rechtsquelle darstellt. Übersetzt ins Deutsche bedeutet dieser Vers wie folgt: „Und Gehorcht Allah und gehorcht dem Gesandten […]“29. In der Sunna werden Gebote und Verbote des alltäglichen Lebens eines Muslims erklärt und unterstützend zum Koran enger definiert. Somit wird die Interpretation des Korans erleichtert.30 Allerdings lassen sich auch hierbei Meinungsunterschiede verschiedener Rechtsgelehrten nicht ausschließen. Desweiteren bietet die Sunna eine Reihe weiterer Gebote und Verbote dar, die eigenständige Bedeutungen darstellen. Dennoch ist es nicht völlig unabhängig vom Koran.
2.4. Sekundäre Rechtsquellen
2.4.1. Idschm (Konsens)
Die übereinstimmende Meinung der Rechtsgelehrten, in der Zeitepoche nach dem Tod des Propheten, wird als Konsens bezeichnet. Nach dem Hadith (Ibn Majah, 2:1303: Nr. 3950)31 des Propheten Mohammed kann sich seine Umma nicht irren, wenn sie gemeinsam entscheidet.32 Der Konsens tritt dann ein, wenn für eine Regelung keine genaue Beschreibung im Koran oder in der Sunna wiederzufinden ist. Allerdings werden Anhaltspunkte dieser Rechtsquellen berücksichtigt. Damit ein Konsens Gültigkeit hat, muss es einige Bedingungen erfüllen. Dafür werden Konferenzen gehalten, dieser besteht aus mindestens drei Rechtsgelehrten, die Mudschahedin, die sich mit der Idschtihad für solche Konferenzen qualifizieren. Ein festgelegter Konsens zu einer Regelung kann nicht mehr aufgehoben werden.
2.4.2. Qiy s (Analogieschluss)
Im Vergleich zum Koran, der Sunna und der Idschm ist die Aussagekraft der Qiy s weniger kraftvoll.33 Ein Analogieschluss erfolgt durch die Erstreckung einer Norm, dem bereits ein entschiedener Fall zuzuordnen ist, auf einen neuen Fall, für den es noch keine Norm vorliegt. In der Grundbedeutung des arabischen Wortes „Qiy s“ liegt das Anwendungsverfahren, denn übersetzt heißt es so viel wie: „vergleichen und beurteilen“. Genau so wird diese Rechtsquelle auch angewendet. Dabei wird nach ähnlichen Sachverhalten im Koran und in der Sunna gesucht um diese dann mit dem vorliegenden Sachverhalt zu vergleichen und zu einem Entschluss zu kommen. Der Qiy s findet Anwendung wenn es zu einem Sachverhalt keine Aussagen im Koran oder in der Sunna vorliegen und auch keine übereinstimmende Meinung der Rechtsgelehrten (Konsens) herrscht.
2.5. Untergeordnete Rechtsquellen
Neben den primären und sekundären Rechtsquellen gibt es noch einige Rechtsquellen, die eine untergeordnete Rolle spielen. Diese dienen meist zu Verstärkung der primären und sekundären Rechtsquellen. In dieser Arbeit werden unteranderem die Rechtquellen „Urf“ und „Idschtih d“34 kurz zusammengefasst.
2.5.1. Urf (Gewohnheitsrecht)
Wie der Name schon besagt basiert das Gewohnheitsrecht auf die Gewohnheit verschiedener islamischer Gemeinden und Regionen. Dabei muss der islamische Rechtsgelehrte, bei der Klärung eines Sachverhaltes, Rücksicht auf das vorherrschende Gewohnheitsrecht der jeweiligen Gruppe oder der Region, nehmen.35
2.5.2. Idschtih d (Eigene Bemühung)
Der Begriff „Idschtih d“ bedeutet so viel wie, sich bemühen. Bei dieser Methode der Rechtsfindung trifft der sogenannte Mudschtahid ein islamisches Urteil für eine unklare Angelegenheit auf Basis einer der islamischen Quellen. Dieses Urteil wird auf Grund der eigenen Bemühung des Mudschtahid getroffen.36 Vor allem für das Islamic Banking ist „Idschtih d“ eine wichtige Rechtquelle, da es bei einem Finanzsektor mit derartigen Wachstumsraten nicht möglich ist, neue Sachverhalte auszuschließen.
3.Das Islamic Banking
Der Grundgedanke ist es Risiken und Gewinne unter allen Teilnehmer einer finanziellen Transaktion zu unterteilen und niemanden zu benachteiligen. Das Islamic Banking stellt, nach den Richtlinien der Scharia, geregelte finanzielle Transaktionen dar. Anders als bei dem konventionellen Bankensystem ist das Islamic Banking konform mit der Religion. Dabei gibt es keine Unterscheidung zwischen dem Staat und der Religion. In diesem Kapitel wird der Entstehungsprozess, wichtige Institutionen, Prinzipien und Grundbausteine für Finanzprodukte des Islamic Bankings dargestellt und erklärt.
3.1. Der Entstehungsprozess
Das Islamic Banking hat schon in den ersten Jahren des Islam Anwendung gefunden. Arabische Händler sollen schon damals die Erfolgsbeteiligung als Instrument des Islamic Banking verwendet haben.37 Durch verschiedene ehemalige Kolonialisierungen in den islamischen Ländern hat sich allerdings das konventionelle Bankensystem durchgesetzt, da diese die religiösen Vorschriften des Islam nicht akzeptierten.
Die erste islamkonforme Bank wurde im Jahr 1948 in Pakistan gegründet und wurde wenig später wieder geschlossen.38 In der ägyptischen Stadt Ghamr wagte man sich am 25. Juli 1963 eine zinslose Sparkasse zu eröffnen, dieser wurde allerdings im Mai 1967, aufgrund politischen Wiederstandes ebenfalls geschlossen. Im Jahr 1971 gründete die ägyptische Regierung erneut eine zinsfreie Bank, die „Nasser Social Bank“. Diese Bank arbeitet vollkommen zinsfrei und steht unter staatlicher Aufsicht. Diese kann allerdings nicht als islamisches Finanzinstitut angesehen werden, da es Dienstleitung nach dem konventionellen Bankensystem bietet.
Die islamische Welt hielt das islamische Bankensystem, nach diesen Erfahrungen, für praxistauglich und am 18. Dezember 1973 gründete der islamische Konferenz (OIC) die „Islamic Development Bank“ (IDB). Der größte Anteilseigner ist Saudi Arabien mit 23,52 %39 Die Vision der IDB ist es, eine führende Rolle bei der Förderung sozioökonomischer Entwicklungen der Mitgliedsländer einzunehmen. Die Mission der IDB beinhaltet unter anderem Armutsbekämpfung, die Förderung menschlicher Entwicklung, die Entwicklung der Wissenschaft und Technik, die Stärkung der islamischen Wirtschaft (Bank- und Finanzwesen) und die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsländern.40
3.2. Wichtige Institutionen
Bei der Ausführung von Finanztransaktionen islamischer Banken kann es zu Variationen kommen, da keine staatlichen Regelungen festgelegt sind. Die Vorschriften der Scharia können von jedem Rechtsgelehrten anders aufgefasst werden und in der Auslegung variieren. Um eine Standardisierung und somit Verbindlichkeit für die Vertragspartner bezüglich der Scharia-Konformität ihrer Geschäfte gewährleisten zu können, wurden verschiedene nationale und internationale Organisationen gegründet. Jedes islamische Finanzinstitut in islamischen Ländern, verfügt über ein eigenes Scharia-Board, welches im Wesentlichen die Transaktionen nach Einhaltung der Vorschriften in der Scharia überwacht. Der Aufgabenbereich der Scharia-Boards ist allerdings nicht nur auf die Überwachung der Transaktionen eingegrenzt, sondern umfasst auch die Entwicklung, Vermarktung, und Zertifizierung von islamkonformen Produkten und Dienstleistungen, bevor diese als Scharia-konform am Markt angeboten werden können.
Die Standardisierung und Überwachung bei Transaktionen auf globaler Ebene übernehmen internationale Organisationen wie die Accounting and Auditing Organization for Islamic Financial Institutions (AAOIFI), der Islamic Financial Services Boards (IFSB), der International Islamic Financial Market (IIFM), die Islamic International Rating Agency (IIRA) und das Liqudity Management Center (LMC), die im folgenden kurz zusammengefasst dargestellt werden.
3.2.1. Accounting and Auditing Organization for Islamic Financial Institutions (AAOIFI)
Die im Jahr 1990 gegründete, unabhängige und internationale, Non-Profit- Organisation AAOIFI entwickelt und überwacht Scharia-konforme Standards für islamische Finanzinstitute auf der ganzen Welt.41 Derzeit arbeitet die AAOIFI mit mehr als 200 Institutionen aus 40 verschiedenen Ländern einschließlich Zentralbanken.42 Dieses Netzwerk und die von der AAOIFI festgelegten Standrads, ermöglichen eine länderübergreifende Transparenz und Vergleichbarkeit islamischer Finanzpraktiken.43
3.2.2. Islamic Financial Services Boards (IFSB)
Die IFSB verfolgt vergleichbare Ziele mit der AAOIFI. In dieser Organisation geht es auch in erster Linie um Standardisierungen innerhalb des Islamic Banking.44 Desweiteren beschäftigt sich die IFSB mit dem Risikomanagement des Scharia-konformen Bankensystems.45 Aus diesem Grund wird diese Organisation im Verlauf der vorliegenden Arbeit öfter erwähnt. Die IFSB ergänzt die Standards des Basler Komitees für Bankenaufsicht im Hinblick auf das Risikomanagement indem sie eigene Standards für Scharia-konforme Finanzinstitute erstellen.46
3.2.3. International Islamic Financial Market (IIFM)
Der IIFM wurde im Jahr 2002 in Zusammenarbeit der IDB, der Autoriti
Monetari Brunei Darussalam, der Bank of Indonesia, der Central Bank of Bahrain, der Central Bank of Sudan und der Bank Negara Malaysia gegründet und dient der Standardisierung und Weiterentwicklung islamischer Finanzinstrumente und Finanzverträge.47 Das Institut möchte durch eine Handelsinfrastruktur auf internationaler Ebene, Produktinnovationen und einem starken Informationsfluss ein aktives und gut reguliertes Transaktionsnetz islamischer Banken erschaffen.48
3.2.4. Islamic International Rating Agency (IIRA)
Die im Jahr 2005 gegründete IIRA ist eine internationale Rating Agentur, die externen Ratings von Instituten oder Staaten durschführen.49 Im Prinzip funktioniert diese Ratingagentur wie die namhaften Ratingagenturen Moody´s, Standard & Poor´s und Fitch.50 Die Besonderheit der IIRA ist, dass sie sich im islamischen Bankensystem besser auskennt und somit ein genaueres Rating der islamischen Banken durchführen kann.51
3.2.5. Liquidity Management Centre (LMC)
Das LMC ist ein, von der Central Bank of Bahrain geregeltes, islamische Investment Bank, welche im Jahre 2002 gegründet wurde. Die Mission des LMC ist eine sehr ähnliche wie die von der IIFM.
[...]
1 Wulf (2010)
2 Vgl. Bundesbank: https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Dossier/Service/schule_und_bildung_kapitel_4.html ?notFirst=true&docId=147560 [24.05.2015]
3 Vgl. Ahmed, Asutay, Wilson (2014): S. 2 3
4 Vgl. Pew Research Center. http://www.pewresearch.org/about/our history/ [25.05.2015]
5 Vgl. PEW Research Center, Hackett, Cooperman und Ritchey (2015): S. 7 13 [25.05.2015]
6 Vgl. Karbani (2015): S.5
7 Vgl. Asutay und Turkistsani (2015): S. 143
8 Vgl. BAMF, REMID (2015): http://de.statista.com/statistik/daten/studie/76744/umfrage/anzahl der muslime in deutschland nach glaubensrichtung/ [25.05.2015]
9 Vgl. Knapmann (2006): http://www.manager magazin.de/finanzen/geldanlage/a 401069 2.html [25.05.2015]
10 Vgl. Al Rayan Bank: http://www.alrayanbank.co.uk/useful info tools/about us/ [26.05.2015]
11 Vgl. Asutay und Turkistani (2015), S. 153 154
12 Bei der Nennung des Propheten Mohammed verwenden Muslime, aus Respekt, die Abkürzung „S.a.w“ des arabischen Satzes „Sallalahu alayhi wasallam“. Dieser bedeutet übersetzt: „Möge Allahs Segen und Frieden auf ihm sein“.
13 Vgl. Elias (2000): S. 45f.
14 Vgl. Imran (2008): S.9
15 Vgl. Nagel (2010): S.93 104
16 Vgl. Nagel (2010): S. 133 146
17 Vgl. Nagel (2010): S.184 190
18 Vgl. Iqbal und Mirakhor (2011): S. 2f.
19 Vgl. Karbani (2015): S19
20 Vgl. Kellerhals (1978): S. 105
21 Vgl. Hartmann (1944): S. 67 69
22 Vgl. Hartmann (1944): S. 69 70
23 Vgl. Kellerhals (1978): S. 107 108
24 Vgl. Kellerhals (1978): S. 109 111
25 Vgl. Hartmann (1944): S. 60 64
26 Vgl. Valeva (2012): S. 202
27 Vgl. Khoury (1990): S. 79
28 Vgl. Kellerhals (1978): S. 95 96
29 Vgl. Koran: http://islam.de/13827.php?sura=64 [29.05.2015]
30 Vgl. Bergmann (2008): S. 27
31 Vgl. Mosher und Marshall (2015): S. 84
32 Vgl. Kellerhals (1978): S.97
33 Vgl. Kamali (2008): S. 72
34 Vgl. Kamali (2008): S. 323 ff.
35 Vgl. Kamali (2008): S. 323 ff.
36 Vgl. ebenda
37 Vgl. Bellalah (2014): S. 12 14
38 Vgl. Bellalah (2014): S. 12
39 Vgl. IDB (2014):
http://www.isdb.org/irj/portal/anonymous?NavigationTarget=navurl://9c2f799fdba05fd8b547aa 0e2027b7c9 [29.05.2015]
40 Vgl. IDB: http://www.isdb.org/irj/portal/anonymous?NavigationTarget=navurl://ce439edcffd3e1f4524ecd f06c454a1e [29.05.2015]
41 Vgl. Ernst und Akbiyik und Srour (2013): S.23
42 Vgl. AAOIFI (2015): http://www.aaoifi.com/en/about aaoifi/about aaoifi.html [30.05.2015]
43 Vgl. AAOIFI (2015): http://www.aaoifi.com/en/about aaoifi/about aaoifi.html [30.05.2015]
44 Vgl. Ernst und Akbiyik und Srour (2013): S.23
45 Vgl. IFSB: http://www.ifsb.org/objectif.php [30.05.2015]
46 Vgl. IFSB: http://www.ifsb.org/background.php [30.05.2015]
47 Vgl. Mahlknecht (2009), S.61
48 Vgl. IIRA: http://www.iifm.net/about_iifm/vision mission [31.05.2015]
49 Vgl. IIRA: http://www.iirating.com/Default.aspx [31.05.2015]
50 Vgl. Ernst und Akbiyik und Srour (2013): S. 23 24
51 Vgl. Mahlknecht (2009), S.202
- Quote paper
- Anonymous,, 2015, Risikomanagement im Islamic Banking, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/364595
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.