Der fotografische Nachweis der Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen auf Kuba löste im Oktober 1962 die sogenannte Kuba-Krise aus. Bernd Greiner ist Leiter des Arbeitsbereichs „Theorie und Geschichte der Gewalt“ am Hamburger Institut für Sozialforschung und Professor am Fachbereich Philosophie und Geschichtswissenschaften der Universität Hamburg. Sein Buch „Die Kuba-Krise: Die Welt an der Schwelle zum Atomkrieg“ dokumentiert die Ereignisse dieser Krise nachvollziehbar und äußerst detailliert.
Der fotografische Nachweis der Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen auf Kuba löste im Oktober 196 2 die sogenannte Kuba-Krise aus. Bernd Greiner ist Leiter des Arbeitsbereichs „Theorie und Geschichte der Gewalt“ am Hamburger Institut für Sozialforschung und Professor am Fachbereich Philosophie und Geschichtswissenschaften der Universität Hamburg. Sein Buch „Die Kuba-Krise: Die Welt an der Schwelle zum Atomkrieg“ dokumentiert die Ereignisse dieser Krise nachvollziehbar und äußerst detailliert.
Unzählige Publikationen wurden zur Kuba-Krise und den daraus risultierenden Auswirkungen bereits vorgelegt. Bernd Greiner machte es sich zur Aufgabe sich nicht ausschließlich auf die dreizehn Tage im Oktober und den berüchtigten „schwarzen Samstag“ zu fixieren. (vgl. S. 12) Sein Quellenmaterial unterschied sich bedeutend von dem der vorangegangen Publikationen. Die genutzte Sekundärliteratur, zum Aufzeigen der Krise aus drei Perspektiven, wurde zum Großteil nach 2002 veröffentlicht. (vgl. S. 125) Dadurch gelang es Greiner nicht nur, wie in vielen anderen Werken, die amerikanische Sicht zu verdeutlichen, sondern auch die sowjetische und die kubanische Sicht. Der Titel des Buches verrät bereits einiges über seine Struktur. Bernd Greiner zeigt hier die Bedeutung für die Welt auf, während er ebenso eine Dramatik schafft, die damals tatsächlich vorherrschte. Greiner geht in seinem Werk auch auf die Folgen ein, die aus der Kuba-Krise resultierten und denen ein wichtiges Augenmerk gilt. (vgl. S.14) Hierbei bemüht er sich stets um eine sachliche Dokumentation.
Die Geschichte, die Bernd Greiner erzählt, ist die Geschichte einer bewegenden Zeit für die Welt, insbesondere aber einer bewegenden Zeit für die drei Hauptakteure. Diese Akteure sind die Vereinigten Staaten mit ihrem Präsidenten John F. Kennedy, die Sowjetunion mit Nikita Chruschtschow und Kuba mit Fidel Castro. Die ersten vierzig Seiten nutzt Greiner um dem Leser die Vorgeschichte der Krise detailliert wiederzugeben. Dabei geht er auf den Regimewechsel und die damit von Kennedy vermuteten Auswirkungen auf Lateinamerika ein. Die gescheiterte Invasion an der Schweinebucht und das daraus resultierende Image von Kennedy, besonders in den Augen von Chruschtschow, werden verdeutlicht. Ausführlich werden die drei Hauptakteure der Kuba-Krise anschließend daran vorgestellt. Kennedy, der sich nur als gestandener Staatsmann akzeptierte, wenn er weder Schwäche zeigte, noch als schwach wahrgenommen wurde. (vgl. S. 24) Der von den Vereinigten Staaten gewünschte Regimewechsel auf Kuba, der hinter den Kulissen zwischen der Regierung und den Geheimdiensten das größte zu diskutierende Thema war. Chruschtschow, der als unsicherer Mann galt und sich seine Anerkennung verschaffte, indem er es verstand Angst zu schüren. Sein Interessenskonflikt bestand aus dem Wunsch einer friedlichen Beziehung zu den Vereinigten Staaten, aber auch seinem Streben Regierungschef der führenden Weltmacht zu sein. (vgl. S. 29f.) Castro, der ausschließlich nach Macht strebte und sich bereits als Unterstützer von Chruschtschow und damit der zukünftigen vorherrschenden Weltmacht sah. (vgl. S. 40) Während Bernd Greiner die nachweisbaren Verhaltensweisen der drei Akteure detailliert beschreibt bleibt er auf einer sachlichen Ebene. Dem Leser wird die Möglichkeit gegeben, sich die Persönlichkeiten aufgrund dieser Fakten näher vorzustellen. Er wird dabei nicht von der Meinung Greiners beeinflusst. Andererseits wäre es jedoch auch interessant gewesen eine Deutung von Greiner bezüglich der Verhaltensweisen der drei Männer zu erfahren. Immerhin ist er der Wissenschaftler, der sich intensiv mit der Thematik und den dazu vorliegenden Quellen auseinandergesetzt hat. Deutlich wird schon in der Erzählung der Vorgeschichte, dass es sich um drei ausgesprochen starke Charaktere handelt. Diese Herausstellung gelingt Greiner durch ausgewählte Beispiele von Reaktionsmustern der drei oben benannten Hauptakteure.
Glaubwürdigkeit ist ein Stichwort, welches Greiner bereits in der Vorstellung der Akteure nennt. Inwieweit sowohl Kennedys als auch Chruschtschows Auftreten im Nachhinein in der Öffentlichkeit als glaubwürdig betrachtet werden kann, macht Greiner im Kapitel der gewollten Krise deutlich. (vgl. S. 42 f.) Auf die Vorgeschichte folgt die Unterteilung vom 16. Oktober 1962 bis zum 28. Oktober 1962 in kleineren Abschnitten und Kapiteln. Dabei steigern die Kapitelüberschriften bereits die Neugier auf das zu lesende Kapitel. Hier bewies Greiner ein gutes Gefühl gegenüber dem Leseranspruch.
Inszenierung der Macht und das unter Beweis stellen von Stärke und Durchsetzungsfähigkeit, erschließen sich als wichtige Ziele der Kuba-Krise. Die Absicht der Vereinigten Staaten war nach dem Erfahren der Raketenstationierung zunächst kein schnelles Einlenken der Sowjetunion. Anstehende Wahlen verlangten ein würdiges Handeln Kennedys gegenüber der Öffentlichkeit. Daraus resultierte die Absicht der Regierung sich bestmöglich zu präsentieren und sich für die Wahlen einen Vorteil sichern zu können. Die Versammlung der „Besten und Klügsten“, auch das „ExComm“ genannt, gab dem Präsidenten nicht ausschließlich verwertbare und für ihn als sinnvoll erscheinende Ratschläge. Es war jedoch klar, dass auf das Handeln der Sowjetunion reagiert werden musste. Während die einen den Krieg forderten um die Macht der Vereinigten Staaten zu symbolisieren, drängten die anderen Kennedy dazu überhaupt eine Entscheidung zu fällen, da sich dieser damit einige Zeit ließ. Die Entscheidung fällt für die Blockade Kubas, die das Ende von Kennedys Karriere hätte bedeuten können. Neben Kennedy wird am 22. Oktober 1962 auch Chruschtschow bewusst, dass keine leicht zu treffenden Entscheidungen auf ihn zukommen werden. Ihm wird die Unüberlegtheit der Stationierung von Raketen auf Kuba bewusst. Es lag keine genaue Befehlslage über die Handhabung der nuklearen Waffen im Einsatz vor, obwohl ein Krieg mit den Vereinigten Staaten für Chruschtschow nie zur Debatte gestanden haben soll. Trotz keinerlei Signale bezüglich eines gewollten Atomkriegs auf Seiten der Sowjetunion, war die Anspannung unermesslich hoch. Hieran war nicht zuletzt auch das von Greiner beschriebene Kommunikationsdesaster während der Blockade Schuld. Eine große Problematik bestand in der Übermittlung von Nachrichten, die zu großen Teilen nicht annähernd in Echtzeit überbracht wurden. Dieser Umstand machte den Nachrichtenwechsel zwischen den beiden Mächten besonders heikel und sorgte für Situationen des Bangens und Hoffens. Chruschtschows Einlenken in seinem zwölfseitigen entgegenkommenden Brief bewegte das „ExComm“ nur wenig. Kennedy befand sich in einer Situation höchster Anspannung und erhielt nur noch wenig Rückhalt von seinen Beratern. Es wird deutlich, dass die Vereinigten Staaten von der Sowjetunion das fordern, was sie selbst auf keinen Fall akzeptieren wollen. Es ging nicht zuletzt im Hinterkopf nach wie vor um die bevorstehenden Wahlen und die potentielle Stärkung der Republikaner bei einer Fehlentscheidung auf Seiten Kennedys. Letztendlich deeskalierte Chruschtschow die Lage und nicht Kennedy. Chruschtschow ließ Kuba räumen und überging dabei den machtgierigen Castro.
Auf diese detaillierte Darbietung der entscheidenden Tage der Kuba-Krise folgen Informationen über die Geschehnisse nach der Krise. Dem Leser wird deutlich signalisiert, dass die Krise mit der Deeskalation nicht endgültig vorbei war. Castros Erwachen aus dem politischen Größenwahn wird näher beleuchtet. Die Lage der Sowjetunion, der spätere Sturz Chruschtschow und die Bedeutung für das Image der Sowjetunion werden in einem kurzen Kapitel aufgegriffen. Ebenso wird ein kurzer Ausblick auf den Vietnam Krieg und die Stellung Amerikas in Verbindung mit der Kuba-Krise gegeben. Greiner bezeichnet die Kuba-Krise als Höhepunkt in der Geschichte der Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion, jedoch nicht als Wendepunkt. Es ist das letzte, kurze Kapitel des Buches. Trotz des nicht vorhandenen Wendepunkts verdeutlicht Greiner kurz, dass beide Nationen in bestimmten Belangen aus der Krise gelernt haben. „Stets hielten die amerikanischen und sowjetischen Streitkräfte Abstand zueinander [...]“ (vgl. S. 123)
Abgeschlossen wird das Werk mit einem Literatur- und Quellenverzeichnis, einem Register sowie Kartenmaterial.
Greiners Herangehensweise an das Verfassen dieses Werkes kommt dem Leser in jedem Fall zugute. Die nähere Betrachtung aller drei Hauptakteure lässt es zu, sich ein ausgesprochen großes Bild der damaligen Krise zu machen. Dabei hatte Greiner den Vorteil auf bereits bestehende neuere Sekundärliteratur der letzten fünfzehn Jahre zurückgreifen zu können. Trotzdem ist auch in Greiners Werk die Rolle der Vereinigten Staaten besonders ausgeschmückt dargestellt. Dieser Umstand ist der hierzu ausgesprochen guten Quellenlage zuzuschreiben.
Insgesamt ist das Werk gut strukturiert. Neben dem Zuwachs an historischem Wissen ermöglicht das Buch dem Leser auch Einsichten in das Verhalten von Menschen in außerordentlichen Stresssituationen. Die Souveränität Kennedys bei seinen Handlungen beeindruckt den Leser in diesem Werk erneut, wie bereits in anderen Werken zur Kuba- Krise. Besonders macht dieses Buch die umfassende Vorgeschichte und die weniger umfassende, jedoch auf den Punkt gebrachte Geschichte, der aus der Kuba-Krise resultierenden Folgen. Dadurch gelingt es Greiner den Inhalt der Krise gut zu verpacken, so wie er es zu Beginn des Buches selbst als Absicht äußert. Das Buch ist sehr sachlich formuliert und verzichtet auf das Beziehen einer Partei oder das dramatische Ausschmücken der Geschehnisse. Das bedeutet nicht, dass die Ereignisse nicht detailliert wiedergegeben werden.
In der aktuellen Forschung kann das Buch sich gut behaupten. Es bezieht sich, wie oben bereits geschrieben, auf eine Vielzahl neuerer Sekundärliteratur zur Kuba-Krise. Der Informationsgehalt des Buches ist hoch, besonders wenn die Kürze des Buches mit 128 Seiten beachtet wird. Aufgrund der genaueren Betrachtung der drei Hauptakteure kann das Buch auch einem Leser neue Informationen vermitteln, der sich bereits mit der Thematik auseinandergesetzt hat.
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- Arbeit zitieren
- Eefke Peters (Autor:in), 2016, Rezension zu "Die Kuba-Krise. Die Welt an der Schwelle zum Atomkrieg" von Bernd Greiner, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/364442
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