Einleitung
Durch die Entwicklungen der europäischen Integration kam es dazu, daß die BRD immer mehr Hoheitsrechte auf eine zusehends erstarkende supranationale Ebene übertragen hat, was gravierende Rückwirkungen für die innerstaatliche Balance des Verfassungsgefüges hat.1 Insbesondere die für die föderalistische Struktur der Bundesrepublik brachte dies politische und rechtliche Probleme mit sich, da zusehends auch Bereiche tangiert waren, die verfassungsrechtlich den Ländern zufallen und so die vertikale Gewaltenteilung2 gestört wird. Zwar funktioniert die europäische Integration über völkerrechtliche Verträge, die der Außenpolitik zuzuordnen sind und damit zu den ureigensten Bundeszuständigkeiten gehört. Jedoch wurden und werden in diesen Verträgen immer mehr Bereiche geregelt, die innenrechtlich in die Zuständigkeit der Länder fallen, so daß eine verfassungspolitische und verfassungsrechtliche Lösung gefunden werden mußte. Heute ist sogar schon fast jeder zweite Rechtsakt europäischen Ursprungs.3
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1 Ossenbühl, DVBl 1993, 635
2 Breuer, 425
3 Böhm in BayVBl 1993, S. 545 ff (545)
Gliederung
I. Einleitung
II. Entstehungsgeschichte
III. Innerstaatliche Mitwirkungsbefugnisse des Bundesrates
1. Bundeskompetenzen
2. Länderkompetenzen
schwerpunktmäßig
maßgeblich
Einschränkungen
Konfliktlösungsmechanismus
3. weitergehende Integration/ Art. 308 EG
Problem der Enthaltung der Bundesregierung
IV. Mitwirkung auf EU-Ebene
V. Praxis
Europakammer
Selbstkoordination der Länder
VI. Kritik und Probleme im Innern nach außen
VII. Fazit
II. Einleitung
Durch die Entwicklungen der europäischen Integration kam es dazu, daß die BRD immer mehr Hoheitsrechte auf eine zusehends erstarkende supranationale Ebene übertragen hat, was gravierende Rückwirkungen für die innerstaatliche Balance des Verfassungsgefüges hat.[1] Insbesondere die für die föderalistische Struktur der Bundesrepublik brachte dies politische und rechtliche Probleme mit sich, da zusehends auch Bereiche tangiert waren, die verfassungsrechtlich den Ländern zufallen und so die vertikale Gewaltenteilung[2] gestört wird. Zwar funktioniert die europäische Integration über völkerrechtliche Verträge, die der Außenpolitik zuzuordnen sind und damit zu den ureigensten Bundeszuständigkeiten gehört. Jedoch wurden und werden in diesen Verträgen immer mehr Bereiche geregelt, die innenrechtlich in die Zuständigkeit der Länder fallen, so daß eine verfassungspolitische und verfassungsrechtliche Lösung gefunden werden mußte. Heute ist sogar schon fast jeder zweite Rechtsakt europäischen Ursprungs.[3]
III. Entstehungsgeschichte
Schon seit den Römischen Verträgen gibt es hier Versuche, dieses Problem innenpolitisch zu lösen. So wurden verschiedene Stufen der Ländermitwirkung geschaffen, die von dem ursprünglichen Zuleitungsverfahren (1957)[4] über ein Länderbeteiligungsverfahren (1979) schließlich zum Bundesratsverfahren (ab der EEA 1986) ausgebaut wurden.[5] Das Problem der ersten beiden Regelungsversuche war, daß man die Länder nur mit einer Stimme sprechen ließ, ohne ein Verfahren zur Entscheidungsfindung zu geben, oder eine Stimmgewichtung vorzunehmen. Dies wurde erst durch Einbeziehung des Bundesrates gelöst, der auch bereits über eingespielte Koordinations- und Beschlußfassungsmechanismen verfügte. Wegen der neuen Bedeutung, die der Bundesrat dadurch erfahren hat, wurden Stimmen laut, die eine Verfassungsänderung forderten. Die jetzige grundgesetzliche Regelung wurde jedoch erst nach der Bildung der EU durch den Vertrag von Maastricht (1991), der einen gewaltigen Qualitätssprung[6] im Integrationsprozeß darstellte, geschaffen, weil man nun die bisherige Regelung nicht mehr für ausreichend hielt.[7] Für die Ratifizierungsgesetze war die Zustimmung der Länder nötig. Ein Umstand, den diese ausnutzten, um ihrer Forderung, daß ihre Interessen rechtlich abgesichert würden, mehr Nachdruck zu verleihen.[8] Als Folge dessen wurden das Grundgesetz geändert, ein neuer Art. 23 GG aufgenommen und zur Umsetzung und Ausführung das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in EU-Angelegenheiten (EUZBLG) erlassen. Diese Verfassungsänderungen waren - nach inzwischen allgemeiner Auffassung - zumindest was die neuen Regelungen des Art. 23 GG angeht, Voraussetzung für die Ratifikation des Maastricht-Vertrages und mußten daher vorab in Kraft gesetzt werden.[9] Zeitlich fiel das Ganze zusammen mit der Wiedervereinigung Deutschlands, im Zuge derer eine Gemeinsame Kommission von Bundestag und Bundesrat (GVK) geschaffen worden war, die die nötigen Verfassungsänderungen vorbereiten sollte. Sie hatte 64 Mitglieder, die zur Hälfte aus dem Bundestag und zur Hälfte aus den 16 Ländern kamen.[10] Diese Kommission befaßte man dann damit, auch die Änderungen zum Thema "GG und Europa" vorzubereiten.
Es wurde zwar auch darüber diskutiert, ob nicht der bestehende Art. 24 GG als Integrationshebel ausreichen würden, der dem Bund die Kompetenz gibt, Hoheitsrechte partiell zu übertragen.[11] Doch Art. 24 I GG würde sich auch in einer geänderten Form lediglich auf das primäre, nicht aber auf das sekundäre Gemeinschaftsrecht beziehen, auf dessen Schaffung die eigentlichen Kompetenzverluste der Länder beruhen.[12] So einigte man sich schließlich - auch um der besonderen Bedeutung und dem besonderen Charakter der europäischen Integration gerecht zu werden - darauf, einen neuen "Europaartikel" im GG festzuschreiben. Der Platz des Art. 23 GG, der ursprünglich Gebietsforderungen der BRD regelte, war gerade frei geworden und systematisch paßte ein Europaartikel auch an diese Stelle, so daß man einen neuen Art. 23 verfaßte. Das hatte zudem den Vorteil, daß der alte Art. 24 GG bestehen blieb und man ihn noch "benutzen" konnte für andere völkerrechtliche Vereinbarungen, insbesondere die NATO.
IV. Innerstaatliche Mitwirkungsbefugnisse des Bundesrates
Die neue Regelung stellt sich als kooperatives Kompetenzgeflecht zwischen Bund und Ländern dar:[13] Das EUZBLG sieht drei verschieden intensive Formen der Mitwirkung der Länder vor, je nachdem, welche Qualität die betroffenen Kompetenzen haben. Erfaßt sind von der Regelung alle Entscheidungen der EU. Es geht also nicht nur (wie bei der Regelung der Beteiligung des Bundestages) um Rechtsetzungsakte.[14] Lediglich der Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) ist ausgenommen (§ 11 EUZBLG), weil hier keine Länderkompetenzen liegen. Da die erste Voraussetzung jeder effektiven Mitwirkung ist, Informationen zu erhalten, gibt Art. 23 II 2 GG dem Bundesrat ein Recht, frühestmöglich und umfassend durch die Bundesregierung unterrichtet zu werden.
Der Bundesrat gibt eine Stellungnahme ab, die je nach der innerstaatlichen Kompetenzverteilung verschieden zu berücksichtigen ist. Dieses Recht zur rechtzeitigen Stellungnahme (§ 3 EUZBLG) vor Festlegung der nationalen Verhandlungsposition hat seine Bedeutung in ihrer zeitlichen Komponente - ein Recht zur Äußerung zu Vorgängen im Rahmen der EU steht dem Bundesrat ohnehin aus Art. 50 GG zu.[15]
Inhaltlich kommt dieser Stellungnahme des Bundesrates folgende Bedeutung zu (Art. 23 V GG, § 5 EUZBLG), je nachdem, welcher verfassungsrechtliche Gesetzgebungskompetenzbereich betroffen ist:
1. Bundeskompetenzen
Wenn der Bund ausschließlich zuständig ist, und Interessen der Länder berührt sind, schreibt Art. 23 V 1 GG vor, daß die Bundesregierung die Stellungnahme des Bundesrates berücksichtigt. Und zwar "schlicht" berücksichtigt, d.h. die Bundesregierung ist nicht an die Stellungnahme des Bundesrates gebunden. Das gleiche gilt, wenn es sich um eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz oder Rahmengesetzgebungskompetenz handelt, und der Bund bereits Gesetze erlassen hat. Unklar ist die grundgesetzliche Regelung jedoch im Fall einer noch nicht ausgeübten konkurrierenden oder Rahmenkompetenz, das Bedürfnis für eine bundeseinheitliche Regelung jedoch begründet werden könnte. Die Länder haben dann immer noch die Befugnis zur Gesetzgebung, obwohl das Recht zur Gesetzgebung beim Bund liegt (Art. 72 I GG). § 5 II 1 EUZBLG löst diese Unklarheit zugunsten des Bundes.[16] Steht also nach einer hypothetischen Überprüfung des Bedürfnisses für eine bundeseinheitliche Regelung fest, daß der Bund innerstaatlich tätig werden könnte, so ist die Stellungnahme des Bundesrates nur "schlicht" zu berücksichtigen.
2. Länderkompetenzen
Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betroffen sind, ist die Stellungnahme des Bundesrates maßgeblich zu berücksichtigen. (Art. 23 V 2 GG, § 5 II 1 EUZBLG). Das gleiche gilt, wenn eine konkurrierende oder Rahmenkompetenz vorliegt, aber kein Bedürfnis für eine bundeseinheitliche Regelung besteht. Für Fälle, in denen die Verwaltungszuständigkeiten der Länder betroffen ist, gilt dies dann, wenn im Schwerpunkt die Einrichtung der Behörden der Länder oder deren Verwaltungsaufgaben betroffen ist.
In dieser Regelung stecken zwei unbestimmte Rechtsbegriffe: "maßgeblich" berücksichtigen und "im Schwerpunkt" betroffen.
[...]
[1] Ossenbühl, DVBl 1993, 635
[2] Breuer, 425
[3] Böhm in BayVBl 1993, S. 545 ff (545)
[4] Schweitzer in ZG 1992, S. 128 ff (131)
[5] Klatt, S. 51,52
[6] StS Wartenberg, RN 2
[7] Böhm in BayVBl 1993, S. 545 ff (546)
[8] was ihnen teilweise sogar als erpresserisches Vorgehen vorgeworfen wurde - m.E. jedoch völlig legitim war [Nachweise bei Pröpper, S. 26]
[9] Scholz, S. 819
[10] Rohn/ Sannwald in ZRP 1994, S. 67
[11] So der Gemeinsame Beschluß der Ministerpräsidenten vom 5.7.1990
[12] Schweitzer in ZG 1992, S. 128 ff (139)
[13] Scholz in NVwZ 1993, S. 817
[14] Classen in v.Mangoldt, Art. 23 RN 101
[15] Oschatz/Risse in DÖV 1995, S. 437 ff (442)
[16] Oschatz/Risse in DÖV 1995, S. 437 ff (442)
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