In dieser Hausarbeit wird untersucht, wie die Kategorie Aktionsart im Deutschen und Englischen ausgedrückt wird. Hierzu werden deutsche Sätze ins Englische übersetzt und hinsichtlich ihrer Verwendung miteinander verglichen. Es wird untersucht, wie verschiedene Aktionsarten in beiden Sprachen ausgedrückt und verwendet werden. Dafür werden zunächst die grammatischen Kategorien Tempus, Aspekt und Aktionsart zwecks Unterscheidung beschrieben.
Es zeigt sich, daß es in beiden Sprachen die Kategorie Aktionsart gibt, sie aber sehr unterschiedlich zum Ausdruck gebracht wird. Im Deutschen wird sie hauptsächlich morphologisch durch Präfigierung eines Stammverbes zum Ausdruck gebracht, im zeitgenössischen Englisch werden Aktionsarten durch unterschiedliche lexikalische Elemente ausgedrückt.
Inhalt
1. Einleitung
1.1 Begriffsdefinitionen
1.1.1 Probleme bei der Abgrenzung von Tempus, Aspekt und Aktionsart
1.1.2 Tempus
1.1.3 Aspekt
1.1.4 Aktionsarten und Situationstyp
1.1.4.1 Aktionsarten:
2. Aktionsarten im Deutschen und im Englischen
2.1 Durativität und Punktualität
2.2 Phasen
2.3 Aktionale Präfigierung im Englischen
3. Fazit
3.1 Zusammenfassung
4. Bibliographie
1. Einleitung
Ziel dieser Hausarbeit ist die Kontrastierung der Aktionsarten im Deutschen und Englischen. Zunächst müssen grundlegende Begrifflichkeiten wie die Unterscheidung von Tempus, Aspekt und Aktionsart beschrieben werden. Dies ist ganz besonders wichtig, weil die letzten beiden Kategorien in der bearbeiteten Literatur sehr unklar abgegrenzt bis überlappend verwendet werden (u.a. KLEIN: 17, BACHE: 229). BINNICK (139ff) hat die terminologische Genese eingehend untersucht. Als Hauptproblem kann hier genannt werden, daß die Kategorien aus unterschiedlichen linguistischen Traditionen und Sprachen stammen.
Die im empirischen Teil untersuchten Beispielsätze werden vom Deutschen ins Englische übersetzt. Hierbei beschränke ich mich auf präfigierte deutsche Verben und ihrer englischen Übersetzung. Zu den Aktionsarten werden im Deutschen auch Verben wie lachen → lächeln, husten → hüsteln und ähnliche gezählt; diese Beispiele verdeutlichen, daß es sich eher um eine semantische Kategorie als um eine rein grammatische handelt (siehe hierzu FLÄMIG: 377f und EISENBERG: 117). Präfigierte Verben reichen m.E. aber völlig aus, um grundlegende systematische Besonderheiten beider Sprachen zu verdeutlichen.
Die theoretische Grundlage und Abgrenzung basiert hauptsächlich auf Literatur aus der Anglistik (besonders BACHE, KLEIN und BINNICK), in der systematische Unterschiede zwischen Aspekt und Aktionsart (häufig auch als Aktionalität bezeichnet) herausgearbeitet werden. Da die Ausgangssprache Deutsch ist, wird die Einteilung aber nach Kriterien aus der Germanistik erfolgen. Die Präfigierung im Deutschen zeigt zwar ein gewisses Maß an Systematik, es wird aber bestritten, daß man von einer grammatischen Kategorie der Aktionsarten sprechen kann (FLÄMIG: 378). So wird hier auch nicht der Versuch unternommen, eine solche zu erstellen.
1.1 Begriffsdefinitionen
1.1.1 Probleme bei der Abgrenzung von Tempus, Aspekt und Aktionsart
Zur Beschreibung der temporalen Qualitäten eines Verbs gehören nach KLEIN (15ff) und BACHE (199ff) Tempus, Aspekt und Aktionsart. Diese drei Kategorien werden unten beschrieben. Wie in der Einleitung angedeutet, ist eine klare Abgrenzung der drei Kategorien nicht gegeben. Zunächst einmal wird die Entstehungsgeschichte skizziert.
BINNICK (135ff) führt die Beschreibung temporaler Eigenschaften eines Verbs zurück zu den antiken Griechen. Dort wurde zwischen perfektiven und imperfektiven (Aorist) Aspekten und Tempus unterschieden. Er macht darauf aufmerksam, daß sich Tempus leichter konzeptualisieren läßt als die Idee der Aspektualität, weil Konzepte wie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dem Sprecher intuitiv verständlich sind. In diesem Sinne ist Aspekt kein traditionelles Konzept, und außerdem hält er es für fraglich, daß die Griechen in ähnlichen linguistischen Kategorien wie heute dachten. Das Konzept Aspekt ist ein relativ neues, es wurde im frühen neunzehnten Jahrhundert aus der slawischen Grammatik in die westliche eingeführt.
In slawischen Sprachen ist Aspekt (‚vid’) eine klar erkennbare grammatische Kategorie. Mit wenigen Ausnahmen besteht jedes Verb aus einem perfektiven und einem imperfektiven Aspekt, man spricht hier von einem Aspektpaar; ob es sich hierbei um zwei verschiedene Verben handelt, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Der perfektive Aspekt beschreibt eine als abgeschlossen wahrgenommene Handlung, der imperfektive eine als nicht abgeschlossene Handlung. Je nach Kontext kann der eine oder andere Aspekt bevorzugt werden.
Terminologische Verwirrung rührt aus frühen Versuchen, Verbklassen semantisch zu unterscheiden: so wurden schon früh Begriffe wie inchoativ, durativ, frequentativ, semelfaktiv etc. verwendet, um den Verlauf einer Handlung unter Aspekt zu beschreiben. Es gibt eine enge Verwebung von Aspekt und Aktionsart, und der Verlauf einer Handlung wurde zunächst als Spielart der Aspekte angesehen wurde, was heutzutage auch noch häufig geschieht. Viele zeitgenössische Autoren halten Aktionsart offensichtlich für keine eigenständige grammatische Kategorie und behandeln aktionale Charakteristika unter Aspekt, so beispielsweise die weiter unten zitierten COMRIE, GIVÓN und QUIRK/GREENBAUM. Die unklare Abgrenzung und unterschiedliche Terminologie hat sehr viele Schwierigkeiten beim Erstellen dieser Hausarbeit bereitet.
Das Konzept der Aspekte wurde von Jacob Grimm für das Deutsche übernommen, weil er Parallelen zum Russischen sah. So sind präfigierte Verben (z.B. ver-, be-, hin-, durch- etc.) eines imperfektiven Verbstammes sehr häufig perfektiven Charakters. Wie aus Kapitel 2.2 ersichtlich wird, kann man diese Präfixe aber auch zur Markierung von Aktionsarten verwenden.
1.1.2 Tempus
KLEIN (1f) beobachtet, daß Zeit und Raum Basiskategorien menschlicher Erfahrung und Kognition sind. Es ist zwar möglich, in natürlichen Sprachen auf Aussagen über Räumlichkeit zu verzichten, aber es ist unmöglich, keine Aussage über Zeit zu machen. Jedes Verb enthält daher Information über Zeit und Aspekt. Der grammatische Ausdruck von Zeit ist die Kategorie Tempus.
Die Zeit eines Zustandes, einer Handlung, eines Prozesses etc. wird mit einer anderen Bezugszeit korreliert. Dies ist am häufigsten die Zeit der Äußerung (time of speech: S). So kann beispielsweise eine Handlung zeitlich vor der Äußerungszeit liegen, also in der Vergangenheit. Sie kann zeitlich in die Zukunft projiziert werden, oder sie überlappt mit der Äußerungszeit (Gegenwart). Nach KLEIN (15) läßt sich Zeitreferenz grundsätzlich auf zwei Arten ausdrücken:
1. Durch Tempus, eine systematische grammatische Markierung des Verbs, die z.B. durch Affigierung, Vokalalternation, Hilfsverben, manchmal auch durch Partikel zum Ausdruck gebracht wird. Tempus ist typischerweise eine deiktische Kategorie, d.h. sprachliche Ausdrücke beziehen sich auf die Äußerungssituation. Bedeutung wird nur in Verbindung mit der zeitlichen und räumlichen Lokation des Sprechers zur Zeit der Äußerung hergestellt; das ‚Hier und Jetzt’ ist der deiktische Nullpunkt (siehe BACHE: 250ff, BUSSMANN: 163, COMRIE: 5, QUIRK/GREENBAUM: 374f).
2. Häufig werden Adverbien verwendet: yesterday, next week, three days ago als Beispiele anaphorischer Adverbien und three days before als Beispiel eines deiktischen Adverbs.
Eine Sprache hat gewöhnlich nicht nur genau drei Tempusformen, um die semantischen Konzepte (siehe QUIRK/GREENBAUM: 175f) Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auszudrücken. KLEIN (18) führt als Beispiel das Griechische an, das sechs Tempora hat. Dies hat zu der Ansicht geführt, daß es auch mehr als nur drei Zeiten gibt. Dieser Konflikt zwischen Tempus form und Tempus bedeutung ist zentraler Bestandteil traditioneller Tempusforschung. Tempus kann sich auf eine bestimmte Form beziehen (z.B. die sechs griechischen Tempora), auf die Bedeutung (was drückt beispielsweise das past tense aus), und auf die Verbkategorie selbst (so sind Tempus, Aspekt und Modus beispielsweise grammatische Kategorien indoeuropäischer Verben). Es gibt keine eins-zu-eins Beziehung zwischen Form und Bedeutung. Eine Gegenwarts form wie das present tense kann sich auf eine gegenwärtige, eine zukünftige, eine vergangene Situation beziehen, kann ebenso Habitualität ausdrücken wie beispielsweise ewige Wahrheiten. Desgleichen kann die Bedeutung einer zukünftigen Situation durch verschiedene Formen wie simple present, present progressive, will + infinitive, be + going to + infinitve ausgedrückt werden.
BACHE (244) stellt fest, daß verschiedene Grammatiker eine unterschiedliche Anzahl von Tempora zugrundelegen. Er spricht von 2, 8, 16 und 32 Tempora. HALLIDAY (180f) unterscheidet sogar 36 Tempora. QUIRK/GREENBAUM (176) hingegen legen nur zwei Tempora zugrunde: past und non-past. Diese Unterscheidung erfolgt, weil das Futur im Englischen keine eigene Form hat. QUIRK/GREENBAUM betrachten nur Kategorien mit eigener morphologischer Flektion als Tempora. Sie lassen aber nicht außer acht, daß das Futur durch andere grammatische Konstruktionen der semantischen Kategorie Zukunft Ausdruck verleihen kann (wie beispielsweise will+Infinitv, going to-future, etc.). QUIRK/GREENBAUM sehen das Präsens als unmarkierten Tempus an, weil es morphologisch die unflektierte Form des Verbs ist (simple present: „ need a rest “ vs. simple past: „ need ed a rest “); außerdem kann das Präsens semantisch auch Futur ausdrücken („Tomorrow is Tuesday“). Daher bevorzugen sie die neutralere Bezeichnung non-past statt Präsens.
Dieser Frage, der an dieser Stelle nicht weiter nachgegangen werden kann, ungeachtet spricht sich BACHE (245) für ein System mit drei Zeiten aus. QUIRK/GREENBAUM (175) stellen den Verlauf der Zeit als Diagramm dar, das auf einer Raum-Zeit-Metapher basiert:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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- Quote paper
- M.A. Thorsten Witting (Author), 2001, Aktionsarten im Deutschen und Englischen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3631