Der Begriff des Bühnenbilds ist sowohl relativ jung –er entstand erst Anfang des 20. Jahrhunderts-, als auch relativ verwirrend, da er sich mit seiner Entstehung sofort selbst widerlegte: diese Zeit war geprägt von Reformbestrebungen, die schließlich eine Abkehr von der illusionistischen Kulissenmalerei hin zur beleuchteten Raumbühne bewirkten. Somit hörte der Bühnenmaler in dem Moment, als er zum Bühnenbildner wurde, auf ein Bild zu malen, sondern begann räumlich zu gestalten. Verglichen mit anderen deutschsprachigen Ländern ist die Problematisierung des Urheberrechts am Bühnenbild ein bislang rein nationales Phänomen: in der Schweiz und in Österreich hat dies weder die Literatur noch die Gerichte bewegt. Im Folgenden soll zunächst die Frage diskutiert werden, ob das Bühnenbild bzw. der Entwurf hierzu ein „Werk“ i.S.d. Urheberrechts sein kann. Anschließend werden die Rechte des Bühnenbildners dargestellt und schließlich das Problem des Miturheberrechts an der Inszenierung kurz umrissen.
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
A. Einführung
B. Einordnung des Bühnenbilds als Werk
I. Werk der bildenden Künste i.e.S.
1. Geistiger Inhalt
a) Geistiger Inhalt eines Werks im Allgemeinen
aa) Rechtsprechung
bb) Literatur
cc) Stellungnahme
b) Geistiger Inhalt des Bühnenbilds
2. Bestimmte Form
a) Bestimmte Form eines Werks im Allgemeinen
b) Bestimmte Form des Bühnenbilds/ der szenischen Anordnung
3. Individualität
a) Individualität eines Werks im Allgemeinen
aa) Abgrenzung Gemeingut/ schöpferische Leistung
bb) Neuheit
b) Individualität des Bühnenbilds
aa) Literatur
bb) Rechtsprechung
cc) Stellungnahme
4. Zwischenergebnis
II. Werk der angewandten Kunst
III. Werk der Baukunst
C. Spezielle Fragestellungen zur Urheberrechtefähigkeit des Bühnenbilds
I. Schutz des Entwurfs des Bühnenbilds
1. Schutz gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG
2. Schutz gem. § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG
II. Schutz von Teilen des Bühnenbilds
D. Der Bühnenbildner als Inhaber des Urheberrechts
I. Der Bühnenbildner als selbständiger Mitarbeiter
1. Urheberpersönlichkeitsrechte
a) Veröffentlichungsrecht
b) Namensnennung
c) Entstellungs-/ Änderungsverbot
aa) Einwilligung des Urheberrechtsberechtigten
bb) Änderungen nach Treu und Glauben
cc) Konkurrenzen zwischen § 23 UrhG und § 39 UrhG
dd) Vernichtung
ee) Rückrufsrecht
2. Verwertungsrechte
a) Vervielfältigungsrecht
b) Verbreitungsrecht
aa) Das Bühnenbild und § 17 Abs. 2 UrhG
bb) Versteigerung von Bühnenbildern
c) Ausstellungsrecht
d) Vorführungsrecht
3. Sonstige Rechte
a) Zugangsrecht
b) Ertragsbeteiligung
II. Der Bühnenbildner als unselbständiger/ angestellter Mitarbeiter
1. Pflichtwerke
2. Anbietungspflicht
3. Zeitpunkt der Übertragung der Nutzungsrechte
4. Urheberpersönlichkeitsrecht
a) Veröffentlichungsrecht
b) Namensnennung
c) Entstellungs-/ Änderungsverbot
d) Rückrufsrecht
5. Sonstige Rechte
a) Zugangsrecht
b) Vergütungsansprüche
6. Nutzungsrecht nach Beendigung des Dienst- oder Arbeitsverhältnis- ses
E. Miturheberrecht des Bühnenbildners an der Inszenierung
F. Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
I. Lehrbücher
Heker Harald G.
Der urheberrechtliche Schutz von Bühnenbild und Filmkulisse
UFITA-Schriftenreihe, Band 90 (Hrsg.: Rehbinder Manfred), 1990
Zit.: Heker, Bühnenbild und Filmkulisse, S.
Kohler Josef
Urheberrecht an Schriftwerken und Verlagsrecht
Stuttgart 1907
Zit.: Kohler. Urheberrecht, S.
ders.
Kunstwerkrecht
Stuttgart 1908
Zit.: Kohler, Kunstwekrecht, S.
Kummer Max
Das urheberrechtlich schützbare Werk
Bern 1968
Zit.: Kummer, Das urheberrechtlich schützbare Werk, S.
Kurz Hanns
Praxishandbuch Theaterrecht
München 1999
Zit.: Kurz, Theaterrecht, Kap., Rn.
Larenz Karl/ Canaris Claus-Wilhelm
Methodenlehre der Rechtswissenschaft
5. Aufl., Berlin [u.a.] 2003
zit.: Larenz/Canaris, Methodenlehre, S.
Loewenheim Ulrich (Hrsg.)
Handbuch des Urheberrechts
München 2003
Zit.: Loewenheim/Verf., Hdb UrhR, §, Rn.
Osterrieth Albert/ Marwitz Bruno
Das Urheberrecht an Werken der bildenden Kuenste und der Photographie
2. Aufl., Berlin 1929
zit.: Osterrieth/Marwitz, KUG, §, Ziff.
Rehbinder Manfred
Urheberrecht
13. Aufl., München 2004
zit.: Rehbinder, UrhR, Rn.
Schuberth Ottmar
Das Bühnenbild
München 1955
Zit.: Schuberth, Bühnenbild, S.
Ulmer Eugen
Urheber- und Verlagsrecht
3. Aufl., Berlin, Heidelberg, New York 1980
zit.: Ulmer, UrhR, §, Ziff.
II. Aufsätze
Beier Friedrich-Karl
Der Schutz von Modeschöpfungen in Deutschland und Frankreich
In: Auslands- und Internationaler Teil von Gewerblicher Rechtschutz und Urheberrecht 1955, S. 337ff.
Zit.: Beier, GRUR Int. 1955, S.
Elster Alexander
Formgebung und Ausdrucksmittel in ihrer Bedeutung für das Recht des Urhebers
In: Archiv für Urheber-, Theater- und Filmrecht, Bd. 2, 1929, S. 595ff.
Zit.: Elster, UFITA Bd. 2, 1929, S.
Gaul Dieter
Wechselwirkungen zwischen Urheberrecht und Arbeitsrecht, insbesondere Grenzfragen des Arbeitnehmererfindungsrechts
In: Neue Juristische Wochenschrift 1961, S. 1509ff.
Zit.: Gaul, NJW 1961, S.
Hodik Kurt H.
Die Urheberrechte des Bühnenbildners
In: Film und Recht 1983, S. 298ff.
Zit.: Hodik, FuR 1983, S.
Marwitz Bruno
Erweiterung oder Beschränkung des Kreises der urheberrechtlichen Geschützten
In: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 1926, S. 373ff.
Zit.: Marwitz, GRUR 1926, S.
Sack Rolf
Anmerkung zu BGH JZ 1986, S. 1014f. „Oberammergauer Passionsspiele I“
In: Juristenzeitung 1986, S. 1015ff.
Zit.: Sack, JZ 1986, S.
Rehbinder Manfred
Bühnenbild und Urheberrecht
In: Festschrift zum 60. Geburtstag von Ulrich Uchtenhagen, UFITA-Schriftenreihe Bd. 75, S. 189ff.
Zit.: Rehbinder, UFITA-Schriftenreihe Bd. 75, S.
ders.
Recht am Arbeitsergebnis und Urheberrecht
In: Archiv für Urheber-, Film-, Funk-, und Theaterrecht, Band 66 (1973), S. 125ff.
Zit.: Rehbinder, UFITA Bd. 66 (1973), S.
Sack Rolf
Computerprogramme und Arbeitnehmer-Urheberrecht
In: Betriebsberater 1991, S. 2165ff.
Zit.: Sack, BB 1991, S.
Sahmer Heinz
Der Arbeitnehmer im Spiegel des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte
In: Archiv für Urheber-, Film-, Funk-, und Theaterrecht, Band 21 (1956), S. 34ff.
Zit.: Sahmer, UFITA 21 (1956), S.
Schricker Gerhard
Abschied von der Gestaltungshöhe im Urheberrecht?
In: Festschrift für Reinhold Kreile zum 65. Geburtstag „Wanderer zwischen Musik, Politik und Recht“, Baden- Baden 1994, S. 715ff.
Zit.: Schricker, FS Kreile, S.
Westen Klaus
Zur urheberechtlichen Stellung des Wissenschaftlers im Arbeits- oder Dienstverhältnis nach deutschem Recht
In: Juristische Rundschau 1967, S. 401ff.
Zit.: Westen, JR 1967, S.
III. Kommentare
Dreyer Gunda/ Kotthoff Jost/ Meckel Astrid
Heidelberger Kommentar zum Urheberrecht
Heidelberg 2004
Zit.: Dreyer/Kotthoff/Meckel, Bearb., HK UrhR, §, Rn.
Fromm Friedrich Karl (Begr.), Nordemann Wilhelm, Vinck Kai, Hertin Paul W.
Urheberrecht
9. Aufl., Stuttgart 1998
zit.: Fromm/Nordemann, Bearb., UrhR, §, Rn.
Gamm Otto-Friedrich Frhr. v.
Urheberrechtsgesetz
München 1968
Zit.: v. Gamm, UrhG, §, Rn.
Nicolini Käte/ Ahlberg Hartwig (Hrsg.)
Urheberrechtsgesetz
2. Aufl., München 2000
zit.: Möhring/Nicolini, Bearb., UrhG, §, Rn.
Richardi Reinhard/ Wlotzke Otfried (Hrsg.)
Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 1
2. Aufl., München 2000
zit.: MünchHdb ArbR/ Bearb., §, Rn.
Schricker Gerhard (Hrsg.), Dietz Adolf
Urheberrecht
2. Aufl., München 1999
zit.: Schricker/ Verf., UrhR, §, Rn.
A. Einführung
Der Begriff des Bühnenbilds ist sowohl relativ jung –er entstand erst Anfang des 20. Jahrhunderts-, als auch relativ verwirrend, da er sich mit seiner Entstehung sofort selbst widerlegte: diese Zeit war geprägt von Reformbestrebungen, die schließlich eine Abkehr von der illusionistischen Kulissenmalerei hin zur beleuchteten Raumbühne bewirkten. Somit hörte der Bühnenmaler in dem Moment, als er zum Bühnenbildner wurde, auf ein Bild zu malen, sondern begann räumlich zu gestalten[1].
Verglichen mit anderen deutschsprachigen Ländern ist die Problematisierung des Urheberrechts am Bühnenbild ein bislang rein nationales Phänomen: in der Schweiz und in Österreich hat dies weder die Literatur noch die Gerichte bewegt[2].
Im Folgenden soll zunächst die Frage diskutiert werden, ob das Bühnenbild bzw. der Entwurf hierzu ein „Werk“ i.S.d. Urheberrechts sein kann. Anschließend werden die Rechte des Bühnenbildners dargestellt und schließlich das Problem des Miturheberrechts an der Inszenierung kurz umrissen.
B. Einordnung des Bühnenbilds als Werk
Vor Inkrafttreten des Urhebergesetzes 1965 gab es für das Urheberrecht in Deutschland zwei verschiedene Gesetzesquellen: das „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst“ (LUG) und das „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie“ (KUG). Beide Gesetze zählten die geschützten Werke enumerativ auf, wobei eine Legaldefinition des Begriffs „Werk“ nicht vorhanden war. Es blieb Rechtsprechung und Literatur überlassen, diesen Begriff auszufüllen[3].
Nach h.M.[4] sollte dementsprechend ein Werk vorliegen, wenn es drei Grundvoraussetzungen erfüllt: es muss über einen geistigen Inhalt verfügen, in einer bestimmten Form vorliegen und über einen gewissen Grad an Individualität verfügen. Daran hat sich auch nach Inkrafttreten des Urhebergesetzes, welches in § 2 ebenfalls von „Werken“ spricht, nichts geändert[5].
Zunächst soll aber geklärt werden, um welche Form eines geschützten Werkes i.S.v. § 2 UrhG es sich beim Bühnenbild handelt.
Es könnte zunächst ein Werk der bildenden Künste gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG sein. Voraussetzung hierfür ist, dass der Künstler seinen Ausdruckswillen in Formen (im weitesten Sinn) oder in Formen und Farben Gestalt verliehen hat[6]. Da ein Bühnenbild im Regelfall aus mehreren irgendwie geformten körperlichen Gegenständen besteht, kann diese Voraussetzung bejaht und das Bühnenbild als Werk der bildenden Künste angesehen werden.
Das Urhebergesetz unterscheidet in § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG allerdings bei dem Begriff „Werke der bildenden Künste“ zwischen diesen als Oberbegriff mit den Unterteilungen „Werke der Baukunst und der angewandten Kunst“ und der Werke der bildenden Künste im engeren Sinn, die sich durch Zweckfreiheit auszeichnen. Fraglich ist, zu welchem Begriff das Bühnenbild gezählt werden kann.
I. Werk der bildenden Künste i.e.S.
Das Bühnenbild ist nach h.M.[7] als Werk der bildenden Künste i.e.S. geschützt. Allerdings sind die Voraussetzungen hierzu teilweise umstritten.
1. Geistiger Inhalt
a) Geistiger Inhalt eines Werks im Allgemeinen
Rechtsprechung und Literatur sind sich noch nicht einig, worin sich der geistige Inhalt eines Werks ausdrücken soll.
aa) Rechtsprechung
Nach der Rspr.[8] ist ein Werk eine eigenpersönliche geistige Schöpfung, die mit den Darstellungsmitteln der Kunst durch formgebende Tätigkeit hervorgebracht und vorzugsweise für die Anregung des ästhetischen Gefühls durch Wahrnehmung bestimmt sei. Der ästhetische Gehalt, dessen Bestimmung wichtig für die Abgrenzung zum Geschmacksmuster wäre, müsse insofern so hoch sein, dass nach den im Leben herrschenden Anschauungen noch von Kunst gesprochen werden kann; für diese Feststellung sei die Meinung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauung einigermaßen vertrauten Kreise maßgeblich, ohne damit aber den Schutz der sog. kleinen Münze, also der Werke mit einer minimalen Gestaltungshöhe, auszuschließen[9].
[...]
[1] Schuberth, Bühnenbild, S. 134.
[2] Hodik, Film und Recht, S. 298ff.
[3] Fromm/Nordemann, Nordemann/Vinck, UrhR, § 2, Rn. 3.
[4] Schricker/Loewenheim, UrhR, § 2, Rn. 10ff.; Fromm/Nordemann, Nordemann/Vinck, UrhR, § 2, Anm. 9ff, der allerdings als zusätzliche Voraussetzung eine „persönliche Schöpfung“ verlangt.
[5] Heker, Bühnenbild und Filmkulisse, S. 21.
[6] Schricker/ Loewenheim, UrhR, § 2, Rn. 134.
[7] Sack, JZ 1986, S. 1016; Fromm/Nordemann, Nordemann/Vinck, UrhR, § 2, Rn. 58; BGH JZ 1986, S. 1014 „Oberammergauer Passionsspiele I“
[8] BGH GRUR 1957, S. 392 (391) „Ledigenheim“; BGH GRUR 1983, S. 378 (377) „Brombeer-Muster“; a.A.: Bühnenoberschiedsgericht UFITA Bd. 16, 1943, S. 150 (148).
[9] BGH GRUR 1979, S. 336 (332) „Brombeerleuchte“.
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