Paul Felix Lazarsfeld, US - amerikanischer Soziologe und Mathematiker österreichischer Herkunft, hat zusammen mit Bernard Berelson und Hazel Gaudet 1940 die „People`s Choice“ - Studie entworfen. Diese Studie beschäftigt sich mit der Frage, auf welche Weise eine Kommunikation eine Wirkung hinterlässt. Im Vordergrund steht hierbei die personale Kommunikation im Vergleich zur Kommunikation durch Massenmedien. Zentraler Aspekt der Studie ist die Untersuchung zum Wahlverhalten und zur Wirkung der Wahlpropaganda. Lazarsfelds Studie zählt zu den sogenannten Columbia Studien zum persönlichen Einfluss.
Lazarsfeld (et al.1969; 35) definiert das Ziel seiner Untersuchung wie folgt: „Wir interessieren uns hier für alle jene Bedingungen, die das politische Verhalten bestimmen; wir wollen herausbekommen, wie und warum die betreffenden Personen sich für diese oder jene Partei entschieden. Von welchen Einflüssen wurde ihre Entscheidung während des Wahlkampfes von 1940 vor allem bestimmt?“.
Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, zunächst den Ansatz der Studie darzustellen und dabei auf die Theorie vom „Zwei - Stufen - Fluss“ der Kommunikation näher einzugehen. Wesentliche Randbedingungen, die für oben genannte Theorie von Bedeutung sind, sollen dabei erörtert werden. Darüber hinaus soll ein Überblick über einige ausgewählte Gegenpositionen zu Lazarsfelds Theorieansatz gegeben und die Bedeutung des „Zwei - Stufen - Flusses“ für die Kommunikationswissenschaft gewürdigt werden. In diesem Zusammenhang soll auch die Weiterentwicklung des Modells Erwähnung finden.
INHALT
0. EINLEITUNG
1. DIE KLASSISCHE PEOPLE`S CHOICE - STUDIE
1.1. Hintergrund und zentrale Fragen
1.2. Ergebnis der Studie
2. TWO - STEP - FLOW OF COMMUNICATION - ANSATZ
2.1. Das Modell
2.2. Bedeutung der opinion leader
3. KRITIK AM MODELL
3.1. Kritik an der Two - Step - Flow - Hypothese
3.2. Kritik am Meinungsführerkonzept
4. WEITERENTWICKLUNG DES TWO - STEP - FLOW - MODELLS
4.1. Rovere - Studie/ Decatur - Studie
4.2. Deutschman/ Danielson und Hill/ Bonjean
4.3. Troldahl/ Van Dam
4.4. Netzwerk - Theorie
5. ZUSAMMENFASSUNG
6. LITERATURVERZEICHNIS
0. Einleitung
Paul Felix Lazarsfeld, US - amerikanischer Soziologe und Mathematiker österreichischer Herkunft, hat zusammen mit Bernard Berelson und Hazel Gaudet 1940 die „People`s Choice“ - Studie entworfen. Diese Studie beschäftigt sich mit der Frage, auf welche Weise eine Kommunikation eine Wirkung hinterlässt. Im Vordergrund steht hierbei die personale Kommunikation im Vergleich zur Kommunikation durch Massenmedien. Zentraler Aspekt der Studie ist die Untersuchung zum Wahlverhalten und zur Wirkung der Wahlpropaganda. Lazarsfelds Studie zählt zu den sogenannten Columbia Studien zum persönlichen Einfluss.
Lazarsfeld (et al.1969; 35) definiert das Ziel seiner Untersuchung wie folgt: „Wir interessieren uns hier für alle jene Bedingungen, die das politische Verhalten bestimmen; wir wollen herausbekommen, wie und warum die betreffenden Personen sich für diese oder jene Partei entschieden. Von welchen Einflüssen wurde ihre Entscheidung während des Wahlkampfes von 1940 vor allem bestimmt?“.
Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, zunächst den Ansatz der Studie darzustellen und dabei auf die Theorie vom „Zwei - Stufen - Fluss“ der Kommunikation näher einzugehen. Wesentliche Randbedingungen, die für oben genannte Theorie von Bedeutung sind, sollen dabei erörtert werden. Darüber hinaus soll ein Überblick über einige ausgewählte Gegenpositionen zu Lazarsfelds Theorieansatz gegeben und die Bedeutung des „Zwei - Stufen - Flusses“ für die Kommunikationswissenschaft gewürdigt werden. In diesem Zusammenhang soll auch die Weiterentwicklung des Modells Erwähnung finden.
1. Die klassische People`s Choice - Studie
1.1. Hintergrund und zentrale Fragen
Die zentralen Fragen der „People`s Choice“ - Studie ergeben sich aus der Anordnung und dem Ablauf der Studie wie sie Lazarsfeld, Berelson und Gaudet angelegt haben. Deshalb ist es von Bedeutung auf den Hintergrund der Studie einzugehen, um das nötige Verständnis für das Ziel der Forschung herzustellen.
Die „People`s Choice“ - Studie wird auch als sogenannte „Erie County“ - Studie bezeichnet. Diese Benennung basiert auf dem Ort Erie County in Ohio, USA. „Dieser Kreis [...] wurde ausgewählt, weil er klein genug war, eine genaue Übersicht über die Interviewer zu gestatten, weil er relativ frei von lokalen Eigentümlichkeiten war, nicht von einem städtischen Ballungsraum beherrscht wurde und weil er dennoch Gelegenheit dazu bot, die ländliche politische Meinung mit der einer kleinen Stadt zu vergleichen und weil er vierzig Jahre lang [...] von den nationalen Wahltrends nur geringfügig abgewichen war“ (Lazarsfeld et al.1969; 37).
Primäres Ziel der Studie ist das Wahlverhalten und die Wirkung der Wahlpropaganda auf den Wähler zu erforschen. Gelegenheit dazu bietet die Präsidentschaftswahl von Mai bis November 1940. Auf der Seite der Republikaner steht Willkie, auf Seiten der Demokraten Roosevelt, der schließlich zum Präsidenten gewählt wird.
Die „People`s Choice“ - Studie zeichnet sich durch eine besondere Befragungsmethode aus. „Wir gebrauchten die sogenannte Panelmethode: mehrfache Interviews mit ein und denselben Personen“ (Lazarsfeld et al. 1969; 36). Diese Methode, mit Hilfe derer eine Person über einen längeren Zeitraum befragt wird und somit die Beobachtung von Veränderungen in der Wahlabsicht möglich ist, wird an 600 Wählern im Rahmen der „People`s Choice“ - Studie durchgeführt. Die Wähler werden einmal im Monat nach ihren persönlichen Meinungen und Wahlabsichten befragt, wobei die letzte Befragung kurz nach der Wahl stattfindet.
Die zentralen Fragen, die sich die Forscher hierbei stellen, sind demnach auch Grund für die besondere Durchführung der Befragung. Denn zum einen ist die Frage nach der Wirksamkeit von Massenmedien, also von Rundfunk und Presse, auf die politische Meinungsbildung der Wähler ein zentraler Aspekt der Studie. Auch stellt sich den Forschern die Frage, wie und warum sich die Leute genau so entscheiden zu wählen, wie sie es schließlich tun und was demnach zufolge die größten Einflüsse auf ihr Wahlverhalten während der Präsidentschaftswahl von 1940 sind. Als Ziele der Studie lassen sich somit folgende Punkte charakterisieren: die Forscher streben eine Analyse des Wahlverhaltens an, sie wollen den Prozess der Meinungsbildung nachvollziehen und die Einflüsse zur Einstellungsänderung kennzeichnen.
1.2. Ergebnis der Studie
Dem Ergebnis der Studie von Lazarsfeld et al. muss die Kenntnis vorausgesetzt werden, dass Massenkommunikationsforschung zu dieser Zeit fest der Überzeugung ist, dass „(d)en allmächtigen Medien [...] das atomisierte Massenpublikum, das zwar mit den Massenmedien, nicht aber untereinander verbunden sei, schutz- und hilflos ausgeliefert [sei]“ (Renckstorf 1985; 31). Massenmedien sind zu dieser Zeit aufgrund der technischen Entwicklung nur Rundfunk und Presse, noch nicht aber das Fernsehen. Somit ist das Ergebnis der „People`s Choice“ - Studie um so überraschender für die damalige Kommunikationsforschung. Zunächst einmal kommt es „nur bei 11% aller Wähler“ (Jarren 2001; 349) zu einer Einstellungsänderung. Darüber hinaus stellen die Forscher als zentrales Ergebnis fest, dass die interpersonale Kommunikation, das heißt der persönliche Einfluss auf die Wähler innerhalb ihrer Primärgruppe(n), eine weitaus größere Bedeutung hat als die Wirkung der Massenmedien. Die eigentlich angenommene direkte, kurzfristige und starke Beeinflussung der Wähler im Sinne des Stimulus - Response - Ansatzes durch die Massenmedien ist somit widerlegt und der bis dahin gering beachtete Einfluss von „Face - to – Face“ - Kontakt gelangt zu einer ganz neuen Bedeutung. Als weitere Ergebnisse der Studie sind die Hypothese des „Two - Step - Flow of Communication“, das Meinungsführerkonzept („opinion leader“) und die Verstärker - Hypothese zu nennen. Unter der Verstärker - Hypothese ist die Tatsache zu verstehen, dass die Wähler sich trotz dem Einflusspotential ihrer Primärgruppe in einem gewissen Maß den Massenmedien aussetzen. Ungeachtet dessen, ob sie Rundfunk oder Presse bevorzugen, wählen sie dennoch selektiv aus. Das heißt, dass sie sich in erster Linie nur der Kommunikation zuwenden, die ihre persönlichen Einstellungen und Überzeugungen manifestiert beziehungsweise unterstützt. „Dieser Verstärkereffekt der Massenmedien wurde auf die politische Homogenität der Primärgruppen zurückgeführt [...] in denen die Einstellungen und Überzeugungen der Wähler verankert waren. Insgesamt gesehen, schienen die Wähler also in Gruppen abzustimmen“ (Schenk 2002²; 320).
Zusammenfassend ist somit von Bedeutung, dass die „People`s Choice“ - Studie den ersten Wirkungsansatz darstellt, der interpersonale Kommunikation und Massenkommunikation im Meinungsbildungsprozess miteinander verbindet. Außerdem symbolisiert sie den Beginn der Phase der wirkungsschwachen Medien, wodurch das Modell eine paradigmatische Bedeutung erhält.
2. Two - Step - Flow Of Communication - Ansatz
2.1. Das Modell
Das Modell des „Two - Step - Flow of Communication“- Ansatzes basiert in erster Linie auf der Erkenntnis von Lazarsfeld et al., dass das Individuum nicht nur einer „atomisierten Masse“ angehört. Denn an dieser „Traditionellen Sicht“ üben die Forscher Kritik, indem sie den Medien ein eigenes Machtpotential absprechen. Vielmehr ist für sie das Individuum in eine beziehungsweise mehrere Primärgruppen wie Familie, Freundeskreis oder Arbeitsumfeld eingebunden und wird durch diese beeinflusst. Ausgehend von dieser Annahme kommen die Forscher zu folgendem Schluss: „Dies deutet darauf hin, daß Ideen oft von Rundfunk und Presse zu den Meinungsführern hin und erst von diesen zu den weniger aktiven Teilen der Bevölkerung fließen“ (Lazarsfeld et al. 1969; 191). Denn im Rahmen der interpersonalen Kommunikation fungieren laut Lazarsfeld et al. „Meinungsführer“ oder auch „opinion leader“ als sogenannte „Schaltstellen“ (vgl. Burkart 2002, 4.Auflage; 209). Diese Tatsache ermöglicht wiederum den Schluss auf eine zweistufige Wirkung der Massenmedien. Demnach erreichen und beeinflussen die Medien nur die „opinion leader“. Diese geben dann Informationen (mündlich) an die sogenannten „opinion follower“ weiter, wodurch diese beeinflusst werden. Auch werden die „opinion leader“ als Ratgeber konsultiert, da ihnen eine besondere Kompetenz in dem fraglichen Bereich zugeschrieben wird. Zusammenfassend lässt sich das „Two - Step - Flow“ - Konzept also wie folgt beschreiben: „[...] die Massenmedien [erreichen] einen Großteil der Bevölkerung nicht direkt, sondern gelangen zunächst (auf einer ersten Stufe) zur Gruppe der Meinungsführer und über diese dann zu den weniger aktiven Rezipienten (zweite Stufe)“ (Burkart 2002, 4.Auflage; 209).
[...]
- Quote paper
- Gina Saiko (Author), 2003, The People's Choice: Zwei-Stufen-Fluss der Kommunikation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36183
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