In Deutschland wird sich das zahlenmäßige Verhältnis zwischen jüngeren und älteren Menschen in den nächsten Jahrzehnten erheblich verändern.1 Schon heute steht fest, dass der Anteil der älteren Menschen an der Gesamtbevölkerung zunehmen wird.2 Bereits im Jahr 2010 werden etwa 31 Millionen jüngere Menschen bis 35 Jahre, mehr als 33 Millionen ältere Menschen ab 50 Jahre gegenüber stehen. Dieser Alterungstrend wird sich in den nächsten Jahrzehnten noch weiter verstärken. Gleichzeitig geht mit der Alterung der Bevölkerung eine Reduzierung der Bevölkerungszahl von gegenwärtig 82,4 Millionen, auf rund 75,1 Millionen Einwohner im Jahr 2050 einher (siehe Anhang I).3 Diese demographischen Veränderungen, hin zu einem Rückgang und zu einer gleichzeitigen Alterung der Bevölkerung, lassen sich durch die steigende Lebenserwartung, den Geburtenrückgang und durch den vergleichsweise geringen Saldo von Zu- und Abwanderungen begründen.4
Der Anstieg der Lebenserwartung lässt sich beispielsweise für die zwischen 1970 und 1972 geborenen Mädchen und Jungen anschaulich verdeutlichen.5 Damals konnte von einer Lebenserwartung von 73,8 bzw. 67,4 Jahren ausgegangen werden, während Kinder die zwischen 1998 und 2000 geboren wurden, bereits von einer Lebenserwartung von 80,8 bzw. 74,9 Jahren ausgehen können. Für Kinder die im Jahr 2020 geboren werden, rechnet man sogar mit einer weiteren Steigerung auf 83,8 bzw. 78,1 Jahre.6 Neben der Lebenserwartung wird die Bevölkerungsentwicklung eines Landes durch die Anzahl der Geburten bestimmt. Bereits seit Jahren reicht in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Staaten, die Zahl der jeweiligen Geburten für die Bestandssicherung der Bevölkerung nicht mehr aus. So müssten 1.000 Frauen rund 2.100 Kinder gebären, um die Bevölkerungszahl konstant zu halten. Tatsächlich sind es aber nur 1.380 Kinder, die in Deutschland von je 1.000 Frauen geboren werden. Der EU-Durchschnitt lag im Jahr 2000 bei 1.480 Kindern je 1.000 Frauen. In den USA betrug die Relation zum gleichen Zeitpunkt 2.060 Geburten je 1.000 Frauen.7 Weiterhin ist die stark steigende Zahl von Sterbefällen im Vergleich zur Geburtenentwicklung für den Rückgang der Bevölkerung maßgeblich. Bereits seit 1972 liegt die Zahl der Sterbefälle über der Geburtenrate. [...]
INHALTSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS
1. Einleitung
2. Fokussierung von älteren Mitarbeitern im betrieblichen Personalmanagement
2.1 Identifikation und Definition älterer Mitarbeiter
2.2 Arbeitsergebnisse älterer Mitarbeiter
2.3 Begriff und Zielsetzung des Personalmanagements
3. Gestaltungsaspekte eines Personalmanagements für ältere Mitarbeiter
3.1 Desintegratives Personalmanagement
3.1.1 Philosophie des Managements
3.1.2 Unternehmensaktivitäten
3.1.3 Realisierung im Unternehmen
3.1.3.1 Personalfreisetzung
3.1.3.2 Personalbeschaffung
3.1.3.3 Personalführung
3.1.3.4 Personalkostenmanagement
3.1.3.5 Personalentwicklung
3.1.3.6 Personaleinsatzplanung
3.2 Integratives Personalmanagement
3.2.1 Philosophie des Managements
3.2.2 Unternehmensaktivitäten
3.2.3 Realisierung im Unternehmen
3.2.3.1 Personalführung
3.2.3.2 Personalkostenmanagement
3.2.3.3 Personalentwicklung
3.2.3.4 Personaleinsatzplanung
3.2.3.5 Personalfreisetzung und -beschaffung
3.3 Vergleich desintegrativer und integrativer Ausrichtung
4. Fallstudien
4.1 KSB Konzern
4.2 Fahrion Engineering
5. Ausblick und Tendenzen
LITERATURVERZEICHNIS
ANHANGVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS
Abbildungen: Seite
Abb. 1 Determinanten der menschlichen Arbeitsleistung
Tabellen:
Tabelle 1 Ausprägungen eines Personalmanagements für Ältere im Überblick
1. Einleitung
In Deutschland wird sich das zahlenmäßige Verhältnis zwischen jüngeren und älteren Menschen in den nächsten Jahrzehnten erheblich verändern.[1] Schon heute steht fest, dass der Anteil der älteren Menschen an der Gesamtbevölkerung zunehmen wird.[2] Bereits im Jahr 2010 werden etwa 31 Millionen jüngere Menschen bis 35 Jahre, mehr als 33 Millionen ältere Menschen ab 50 Jahre gegenüber stehen. Dieser Alterungstrend wird sich in den nächsten Jahrzehnten noch weiter verstärken. Gleichzeitig geht mit der Alterung der Bevölkerung eine Reduzierung der Bevölkerungszahl von gegenwärtig 82,4 Millionen, auf rund 75,1 Millionen Einwohner im Jahr 2050 einher (siehe Anhang I).[3] Diese demographischen Veränderungen, hin zu einem Rückgang und zu einer gleichzeitigen Alterung der Bevölkerung, lassen sich durch die steigende Lebenserwartung, den Geburtenrückgang und durch den vergleichsweise geringen Saldo von Zu- und Abwanderungen begründen.[4]
Der Anstieg der Lebenserwartung lässt sich beispielsweise für die zwischen 1970 und 1972 geborenen Mädchen und Jungen anschaulich verdeutlichen.[5] Damals konnte von einer Lebenserwartung von 73,8 bzw. 67,4 Jahren ausgegangen werden, während Kinder die zwischen 1998 und 2000 geboren wurden, bereits von einer Lebenserwartung von 80,8 bzw. 74,9 Jahren ausgehen können. Für Kinder die im Jahr 2020 geboren werden, rechnet man sogar mit einer weiteren Steigerung auf 83,8 bzw. 78,1 Jahre.[6] Neben der Lebenserwartung wird die Bevölkerungsentwicklung eines Landes durch die Anzahl der Geburten bestimmt. Bereits seit Jahren reicht in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Staaten, die Zahl der jeweiligen Geburten für die Bestandssicherung der Bevölkerung nicht mehr aus. So müssten 1.000 Frauen rund 2.100 Kinder gebären, um die Bevölkerungszahl konstant zu halten. Tatsächlich sind es aber nur 1.380 Kinder, die in Deutschland von je 1.000 Frauen geboren werden. Der EU-Durchschnitt lag im Jahr 2000 bei 1.480 Kindern je 1.000 Frauen. In den USA betrug die Relation zum gleichen Zeitpunkt 2.060 Geburten je 1.000 Frauen.[7] Weiterhin ist die stark steigende Zahl von Sterbefällen im Vergleich zur Geburtenentwicklung für den Rückgang der Bevölkerung maßgeblich. Bereits seit 1972 liegt die Zahl der Sterbefälle über der Geburtenrate.[8] Dieses Geburtendefizit kann auch kaum durch Zuwanderung kompensiert werden, da der Wanderungssaldo, d.h. die Differenz zwischen Zu- und Fortzügen, durchschnittlich nur etwa 200.000 Personen jährlich beträgt. Diese geringe Zuwanderung kann den Rückgang und die Alterung der Bevölkerung nicht verhindern, sondern lediglich verlangsamen.[9]
Die aufgezeigten demographischen Veränderungen bewirken nicht nur einen Anstieg des Anteils der Älteren bei einer insgesamt rückläufigen Bevölkerungszahl, sondern zugleich verändert sich die altersstrukturelle Zusammensetzung des Erwerbspersonenpotentials.[10] Die Zahl der 15 bis 65-jährigen Erwerbsfähigen wird sich bis zum Jahr 2050, trotz einer unterstellten jährlichen Zuwanderung von 200.000 Personen, von derzeit 40,6 Millionen auf 31 Millionen verringern.[11] Von diesem Rückgang sind vor allem die jüngeren Altersgruppen bis 29 Jahre betroffen. Deren Anteil am Erwerbspersonenpotential stagniert bei etwa 20%. Ansteigen wird dahingegen die Zahl der 50 bis 65-jährigen. Dieser Personenkreis wird sich um 5,6 Millionen auf 19,3 Millionen bis zum Jahr 2020 vergrößern und dann einen relativen Anteil von 34% des Erwerbspersonenpotentials ausmachen (siehe Anhang II).[12] Vor diesem Hintergrund gewinnt die Gruppe der älteren Arbeitnehmer für das betriebliche Personalmanagement zunehmend an Bedeutung. Personalverantwortliche werden sich daher Gedanken machen müssen, wie sie in Zukunft mit dem steigenden Anteil älterer Arbeitnehmer unter veränderten demographischen Rahmenbedingungen umgehen wollen.
Die vorliegende Arbeit will Handlungsalternativen aufzeigen, wie ein Personalmanagement für ältere Mitarbeiter unter veränderten demographischen Rahmenbedingungen aussehen kann. Dazu wird in Kapitel 2 zunächst die Gruppe der älteren Mitarbeiter definiert, um anschließend deren Arbeitsleistung und Einsatzchancen im Unternehmen zu erörtern. Danach werden generelle Aussagen zum betrieblichen Personalmanagement gemacht, um anhand dieser Grundlagen in Kapitel 3 die spezifischen Gestaltungsaspekte eines Personalmanagements für ältere Mitarbeiter aufzuzeigen. Dabei stehen dem Management grundsätzlich zwei Gestaltungsalternativen zur Verfügung. Zum einen handelt es sich um die Möglichkeit, ältere Arbeitnehmer bereits vor Erreichen der entsprechenden Altersgrenzen aus dem Unternehmen freizusetzen bzw. zu desintegrieren und durch eine gezielte Rekrutierung von jüngeren Arbeitnehmern die Belegschaft zu verjüngen. Solche personalwirtschaftlichen Aktivitäten beruhen im wesentlichen auf negativen Vorteilen, bzw. auf der Annahme der geringen Leitungsfähigkeit älterer Mitarbeiter und sind in der unternehmerischen Praxis weit verbreitet.[13] Die zweite Handlungsalternative besteht darin, älteren Mitarbeitern durch eine integrative Ausrichtung des Personalmanagements langfristig Beschäftigungs- und Eintrittschancen zu ermöglichen, bzw. die Verweildauer im Unternehmen zu verlängern. Diese Form des Personalmanagements ist derzeit eher unterrepräsentiert.[14] Die beiden genannten personalwirtschaftlichen Ausrichtungen werden in Anlehnung an das „Konzept Integriertes Management“ von Bleicher jeweils getrennt von einander dargestellt und analysiert, um die unterschiedlichen Aspekte eines desintegrativen bzw. integrativen Personalmanagements für ältere Mitarbeiter transparenter zu machen. Im darauffolgenden Abschnitt 3.3. werden die wichtigsten Ergebnisse der beiden Personalmanagementausrichtungen zusammengefasst und gegenübergestellt.
Im Anschluss werden in Kapitel 4 zwei Unternehmen vorgestellt, die jeweils eine integrative Personalpolitik betreiben. Durch die beiden Praxisbeispiele soll veranschaulicht werden, wie Unternehmen auf die Herausforderungen des demographischen Wandels reagieren können.
Abschließend erfolgt in Kapitel 5 ein Ausblick, in dem die Tendenzen eines Personalmanagements für ältere Mitarbeiter erörtert werden.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass innerhalb der vorliegenden Arbeit stets die maskuline Form verwendet wird. Natürlich sind aber immer beide Geschlechter gemeint, sofern im Einzelfall etwas anderes nicht ersichtlich ist.
2. Fokussierung von älteren Mitarbeitern im betrieblichen Personalmanagement
Im Folgenden wird die Gruppe der älteren Arbeitnehmer im Unternehmen näher definiert und beschrieben. Danach erfolgt eine genauere Bestimmung der Arbeitsergebnisse dieser Mitarbeitergruppe, um daraufhin die Bedeutung älterer Arbeitnehmer für das betriebliche Personalmanagement eingehender zu untersuchen.
2.1 Identifikation und Definition älterer Mitarbeiter
Die Definition und Bestimmung der Gruppe der älteren Mitarbeiter ist in der einschlägigen Literatur nicht eindeutig und variiert in Bezug auf eine Altersgrenze in erheblichem Umfang. In der Altersforschung wird hervorgehoben, dass das kalendarische Alter allein nicht geeignet ist, Arbeitnehmer eindeutig der Gruppe der „älteren Mitarbeiter“ zuzuordnen.[15] In zahlreichen Studien wurde belegt, dass zwischen biologischem und kalendarischem Alter häufig eine beachtliche Diskrepanz besteht und es keinen generellen und universellen Abbau von Fähigkeiten und Fertigkeiten mit zunehmendem kalendarischem Lebensalter gibt.[16] Die Zuordnung zur Gruppe der älteren Mitarbeiter ist daher weniger altersspezifisch als berufs-, betriebs-, tätigkeits-, geschlechts- und arbeitsmarktspezifisch.[17]
In der berufsspezifischen Betrachtungsweise kommt insbesondere dem Ausbildungs- und Weiterbildungsniveau des Arbeitnehmers eine zentrale Bedeutung zu. Beispielsweise wird ein ungelernter Fabrikarbeiter weit früher zu den älteren Arbeitnehmern zählen, als ein Manager in der höchsten Führungsebene. Aus betriebsspezifischer Sicht wird in lange bestehenden Betrieben, als auch in klein- und mittelständigen Unternehmen die Altersgrenze vergleichsweise höher angegeben, als in neugegründeten Unternehmen der sogenannten Zukunftsbrachen wie etwa der Computer- oder der Bio-Technologien. Bei Tätigkeiten die eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit und Schnelligkeit des Handelns erfordern, wird die Altersgrenze deutlich niedriger sein als bei Tätigkeiten die große Genauigkeit und Sorgfalt erfordern und bei denen der Zeitfaktor nur eine untergeordnete Rolle spielt. Aus geschlechtsspezifischer Perspektive kommt es bei Frauen eher zu einer Häufung von Risikofaktoren. Aufgrund von gesundheitlichen Belastungen und geringeren beruflichen Qualifikationen – zumeist Konsequenz von mangelnder Vereinbarkeit von Familie und Beruf – werden Frauen weitaus früher zur Gruppe der älteren Arbeitnehmer gerechnet. Dies führt bei Rationalisierungs- und Personalfreisetzungsmaßnahmen zu einer stärkeren Berücksichtigung von Frauen. Auch die Arbeitsmarktsituation wirkt sich auf die Zugehörigkeit zur Gruppe der älteren Arbeitnehmer aus. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit werden Arbeitnehmer zu einem früheren Zeitpunkt in die Kategorie der „Älteren“ eingestuft als in Zeiten des Arbeitskräftemangels.[18]
Obwohl die gerontologische Forschung aus den genannten Motiven auf Altersgrenzen verzichtet, ist es in der empirischen Forschung sowie aus statistischen Gründen erforderlich eine kalendarisch orientierte Definition älterer Arbeitnehmer vorzunehmen.[19] Die internationale Organisation der Industrienationen für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) definiert die Gruppe der älteren Arbeitnehmer als Personen, die in der zweiten Hälfte ihres Berufslebens stehen, gesund und arbeitsfähig sind und noch nicht pensioniert wurden.[20] Danach handelt es sich in der Regel um Personen ab dem fünfzigsten Lebensjahr.[21] Es gilt allerdings festzuhalten, dass in der Literatur auch andere Altersgrenzen genannt werden, die vom 36. Lebensjahr bis zum 55. Lebensjahr reichen.[22]
Im Weiteren wird untersucht, was die Gruppe der älteren Mitarbeiter von den übrigen Mitarbeitern im Unternehmen unterscheidet. Dazu wird die Arbeitsleistung speziell älterer Arbeitnehmer genauer untersucht und analysiert.
2.2 Arbeitsleistung älterer Mitarbeiter
Die Erstellung von Leistungen ist eines der wichtigsten Unternehmensziele.[23] Ebenso wie jüngere Arbeitnehmer leisten ältere Mitarbeiter durch ihre individuellen Arbeitsergebnisse wichtige Beiträge zum Erfolg des Unternehmens. Die Gruppe der älteren Mitarbeiter sollte daher für das Unternehmen nicht nur eine Problem-, sondern auch eine Leistungsgruppe darstellen. Die Qualität und Menge der Arbeitsleistungen älterer Mitarbeiter wird durch verschiedene Faktoren der menschlichen Arbeitsleistung bestimmt. Die Determinanten der Arbeitsleistung lassen sich in das Leistungsangebot der älteren Mitarbeiter selbst, die Leistungsanforderungen der Tätigkeit und in die Leistungsabgabe der übrigen Produktionsfaktoren differenzieren. Das Leistungsangebot der Arbeitnehmer gliedert sich in die Bestandteile Leistungsvermögen und Leistungswille. Das Leistungsvermögen wiederum in die Bereiche Leistungsfähigkeit und Leistungsdisposition (siehe Abbildung 1).[24]
Im Rahmen der Leistungsfähigkeit werden zum einen physische Aspekte wie Gesundheit, körperliche Belastbarkeit und Fitness, zum anderen psychische Gesichtspunkte wie Intelligenz und Denkvermögen des Mitarbeiters erfasst.[25] Arbeitsphysiologische Untersuchungen haben gezeigt, dass der menschliche Körper im Alter an Leistungsfähigkeit verliert. Der Rückgang der Leistungsfähigkeit im Alter lässt sich vor allem durch gesundheitliche Beeinträchtigungen und nachlassende körperliche Belastbarkeit begründen. Bei der Bestimmung der geistigen Leistungsfähigkeit der (älteren) Menschen nimmt die Intelligenz einen hohen Stellenwert ein. Diese lässt sich in eine fluide und kristallisierte Form unterscheiden. Unter fluider Intelligenz versteht man die Grundlagen des wahrnehmenden und erkennenden Denkens. Im Rahmen der fluiden Intelligenz wird z.B. die Speicherung und Verarbeitung von Informationen zur kreativen Aufgabenbewältigung im Unternehmen untersucht. Speziell das Lernen und Erinnern von vergangenen Ereignissen und deren Details können im Alter mehr Zeit in Anspruch nehmen als bei jüngeren Menschen. Tendenziell lässt sich daher im Alter eine Leistungseinschränkung für diese Form der Intelligenz feststellen. Die kristallisierte Intelligenz hingegen betrifft die inhaltliche Ausgestaltung des Wissens und Denkens. Sie ist damit Ausdruck der intelligenz- und kulturbezogenen Lebenserfahrung und kann daher im hohen Alter noch gesteigert werden. Defizite im körperlichen Bereich bzw. der fluiden Intelligenz können daher durch ein gewisses Maß an Erfahrungswerten ausgeglichen werden.[26] Ältere Mitarbeiter sind aufgrund dessen in der Lage, selbst im hohen Alter noch überdurchschnittliche Leistungen zu erzielen. Es kann somit kein allgemeingültiger, für alle Personen gleichermaßen geltender Abbau intellektueller Fähigkeiten
Abb. 1: Determinanten der menschlichen Arbeitsleistung im Betrieb
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an: Wagner (1966), S. 29
im Alter unterstellt werden. Vielmehr weisen zahlreiche ältere Arbeitnehmer eine Leistungsfähigkeit auf, die dem durchschnittlichen Niveau junger Erwachsener entspricht.[27]
Neben der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers wird das Leistungsvermögen durch die Leistungsdisposition beeinflusst. Mit der Leistungsdisposition ist der individuelle menschliche Biorhythmus gemeint. Danach erreicht der Mensch aufgrund verschiedener wissenschaftlicher Untersuchungen in der Regel vormittags und am späten Nachmittag seinen Leistungshöhepunkt. Dieser Leistungsverlauf ist allerdings idealtypisch und kann daher nur schwer verallgemeinert werden, da Leistungsschwankungen gerade bei älteren Menschen sehr unterschiedlich sein können. Aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Schlafstörungen, unregelmäßigen Arbeitszeiten und beruflichen Stresssituationen kann die persönliche Leistungsdisposition vom typisierten Leistungsverlauf abweichen.[28]
Das Leistungsvermögen kann das Leistungsangebot des Arbeitnehmers jedoch nicht vollständig erklären. Neben den notwendigen Fähigkeiten und Leistungsdispositionen muss der Arbeitnehmer über einen entsprechenden Leistungswillen verfügen. Dieser Wille hängt in entscheidendem Maß von den Wertvorstellungen des Arbeitnehmers ab.[29] In diesem Zusammenhang ist es wichtig, wie der Arbeitnehmer sein Leistungsvermögen auf Berufs- und Privatleben verteilt. Vor dem Hintergrund der individuellen Wertvorstellungen lassen sich Arbeitnehmer daher in zwei unterschiedliche Gruppen differenzieren. Die erste Gruppe sieht die Befriedigung ihrer Bedürfnisse eher außerhalb ihrer Arbeit. Die Arbeit dient lediglich der materiellen Existenzsicherung. Ein großer Teil des Leistungsvermögens wird daher im privaten Bereich in Anspruch genommen, dass schließlich bei der Erbringung der betrieblichen Arbeitsleistung fehlt. Der Arbeitswille des Mitarbeiters wird in diesem Fall eher durchschnittlich sein. Es ist daher zu vermuten, dass ältere Arbeitnehmer mit diesen personenbezogenen Eigenschaften eher dazu tendieren, früher aus dem Erwerbsleben auszuscheiden. Wohingegen Mitarbeiter, die durch ihre betriebliche Arbeitsleistung einen wesentlichen Teil der Bedürfnisbefriedigung sehen, einen großen Teil ihres Leistungsvermögens in ihre Arbeit investieren. Diese Gruppe von Arbeitnehmern kann daher als überdurchschnittlich motiviert erachtet werden. Aus unternehmerischer Perspektive ist eine möglichst langfristige Nutzung des Leistungsangebots dieser Arbeitnehmergruppe sinnvoll.[30]
Die Arbeitsergebnisse älterer Arbeitnehmer werden weiterhin von den Leistungsanforderungen der Tätigkeit und der Leistungsabgabe der übrigen Produktionsfaktoren beeinflusst. Der Vergleich von Leistungsanforderungen der Tätigkeit und des Leistungsangebots der älteren Mitarbeiter zeigt auf, ob der Arbeitnehmer für eine bestimmte Tätigkeit geeignet ist oder nicht.[31] Bei möglichen Diskrepanzen zwischen Leistungsanforderung und Leistungsabgabe, können die Anforderungen gesenkt, das Leistungsangebot durch Personalentwicklungsmaßnahmen verbessert sowie Versetzungen oder Personalfreisetzungen vorgenommen werden.[32]
Abschließend wird die menschliche Arbeitsleistung durch die Leistungsabgabe der übrigen Produktionsfaktoren bestimmt. Durch die Kombination von menschlicher Arbeitsleistung mit Betriebsmitteln und Rohstoffen lassen sich die Arbeitsergebnisse älterer Mitarbeiter beispielsweise durch die Anschaffung neuer Maschinen oder durch den Einsatz von ergonomischen Arbeitsmitteln positiv beeinflussen.[33]
In der Schlussbetrachtung lässt sich feststellen, dass die Einsatzchancen und Eigenschaften älterer Mitarbeiter von der stereotypen Sichtweise abweichen. Ältere Arbeitnehmer sind grundsätzlich nicht leistungsschwächer als jüngere Frauen und Männer. Vielmehr variiert die Eignung eines Mitarbeiters für bestimmte Arbeitsaufgaben im Zeitablauf.
Im nachfolgenden Abschnitt werden zunächst generelle Aussagen über die Gestaltung des betrieblichen Personalmanagement gemacht, um im anschließenden Kapitel die desintegrative und integrative Ausrichtung des Personalmanagements für ältere Mitarbeiter genauer zu untersuchen.
2.3 Begriff und Zielsetzung des Personalmanagements
Das betriebliche Personalmanagement leistet wie alle Teilfunktionen des Unternehmens einen spezifischen Beitrag zur Leistungserstellung des Unternehmens. Ziel des betrieblichen Personalmanagements ist die bedarfsgerechte Bereitstellung von Personal und dessen zielorientierter Einsatz im Unternehmen.[34]
Aufgrund der Komplexität der Aufgabenbewältigung, ist es zweckmäßig die Arbeiten des Personalmanagements in entsprechende Teilbereiche zu untergliedern. Die einzelnen Felder des Personalmanagements ergeben sich aus der Systematik der Personalarbeit und umfassen die nachfolgenden Bereiche.[35]
Der erste Teilbereich beschäftigt sich mit der Personalbedarfsbestimmung. Hierbei wird der erforderliche Personalbestand unter quantitativen, qualitativen, zeitlichen und räumlichen Aspekten genauer analysiert. Mögliche Disparitäten zwischen Personalbedarf und Personalbestand können durch die weiteren Teilbereiche des Personalmanagements, wie Personalfreisetzung, -beschaffung und -entwicklung, ausgeglichen werden. Personalfreisetzungsmaßnahmen sind dann notwendig, wenn der Personalbestand über dem -bedarf liegt. Der Ausgleich zwischen Soll- und Ist-Bestand kann durch Änderungen (Arbeitszeitverkürzung, Versetzung) oder durch Beendigung (Ausnutzen sogenannter persönlicher Personalabgänge, Förderung des freiwilligen Ausscheidens, Entlassungen) bestehender Arbeitsverhältnisse herbeigeführt werden.[36] Personalbeschaffung hat dahingegen das Ziel den Personalbestand durch Neueinstellungen oder interne Rekrutierung an den aktuellen Personalbedarf anzupassen.[37] Personalentwicklung hat die Funktion, allen Mitarbeitern unter Berücksichtigung ihrer individuellen Ziele, Qualifikationen zur Bewältigung der gegenwärtigen und zukünftigen Arbeitsaufgaben im Unternehmen anforderungsgerecht zu vermitteln.[38] Der vorhandene (entwickelte) und zusätzlich beschaffte Personalbestand wird anschließend in quantitativer, qualitativer, zeitlicher und räumlicher Hinsicht auf die einzelnen Arbeitsplätze verteilt. Diese Zuordnung wird im Rahmen der Personaleinsatzplanung vorgenommen.[39] Zur Erreichung der Unternehmensziele sind die Mitarbeiter im Rahmen der Personalführung zielgerichtet anzuleiten. Dies wird durch die zielorientierte Beeinflussung von Verhaltensweisen und Einstellungen der Mitarbeiter durch den Vorgesetzten erreicht.[40] Das Personalkostenmanagement befasst sich abschließend mit den Kosten die für die Bereitstellung und den Einsatz der menschlichen Arbeitsleistung im Unternehmen entstehen. Dabei untergliedern sich die Personalkosten zum einen in tätigkeitsbezogene Entgeltkomponenten (Lohn, Gehalt) und zum andern in Personalnebenkosten. Diese Nebenkosten ergeben sich aufgrund von tarifvertraglichen bzw. gesetzlichen Vorschriften wie beispielsweise Weihnachtsgeld oder Arbeitgeberanteile zur Krankenversicherung und aufgrund freiwilliger Leistungen des Arbeitgebers wie z.B. der betrieblichen Altersvorsorge.[41]
Der Überblick über die einzelnen Aufgaben des betrieblichen Personalmanagements und dessen Teilbereiche soll nun im Folgenden als Grundlage für die weitere Diskussion über ein desintegratives bzw. integratives Personalmanagement für ältere Mitarbeiter dienen.
3. Gestaltungsaspekte eines Personalmanagements für ältere Mitarbeiter
Nachdem die Gruppe der älteren Mitarbeiter sowie deren Arbeitsleistung und die personalwirtschaftlichen Rahmenbedingungen definiert wurden, liegt die Aufgabe der folgenden Ausführungen darin, ein geeignetes Untersuchungsinstrumentarium zu entwickeln, um die möglichen Lösungsalternativen eines betrieblichen Personalmanagements für ältere Mitarbeiter genauer darzustellen und zu analysieren.
Für die Generierung und Darstellung von Gestaltungs- und Handlungsalternativen eines Personalmanagements für ältere Mitarbeiter ist eine ganzheitliche und systematische Betrachtung des Unternehmens sinnvoll. Diese Form der Betrachtung ermöglicht die Berücksichtigung vielfältiger personalwirtschaftlicher Einflüsse und soll die verschiedenen Aspekte eines desintegrativen bzw. integrativen Personalmanagements transparenter machen. Daher soll im Weiteren in Anlehnung an das „Konzept Integriertes Management“ von Bleicher ein Bezugsrahmen zum betrieblichen Personalmanagement hergestellt werden, da dieses Konzept eine ganzheitliche Vorgehensweise ermöglicht. Ausgehend von der Managementphilosophie versucht Bleicher eine Einordnung des Managements anhand der Dimensionen normatives, strategisches und operatives Management vorzunehmen.[42] An dieser Stelle sei allerdings darauf hingewiesen, dass dieses umfangreiche Managementkonzept in den nachfolgenden Ausführungen nur in seinen wesentlichen Bestandteilen Berücksichtigung findet.
Das normative Management „beschäftigt sich mit den generellen Zielen der Unternehmung, mit Prinzipien, Normen und Spielregeln, die darauf ausgerichtet sind, die Lebens- und Entwicklungsfähigkeit des Unternehmens zu ermöglichen“.[43] Grundlage von Entscheidungen und Aktivitäten des normativen Managements sind die Einstellungen, Überzeugungen, Werthaltungen und Erfahrungen seiner Träger.[44] Dieser Aspekt wird unter der jeweiligen Ausrichtung des Personalmanagements für ältere Mitarbeiter in den Abschnitten 3.1.1 und 3.2.1 näher beleuchtet.
Die Lebens- und Erhaltungsfähigkeit eines Unternehmens hängt von seiner Fähigkeit ab, die für die Entwicklung und Pflege von Erfolgspotentialen notwendigen immateriellen und materiellen Ressourcen bereitzustellen und zielgerecht einzusetzen.[45] Die Planung, Steuerung, Organisation, Koordination und Kontrolle von gegenwärtigen und zukünftigen Erfolgspotentialen sowie die Bereitstellung der benötigten Ressourcen fallen daher in den Bereich des strategischen Managements. Dieses Teilsegment des Personalmanagements für ältere Mitarbeiter wird unter der Überschrift „Unternehmensaktivitäten“ in den Abschnitten 3.1.2 und 3.2.2 vorgestellt.
Im Rahmen des operativen Managements erfolgt die konkrete Lenkung und Umsetzung der aus den allgemeinen Vorgaben des normativen Managements auf strategischer Ebene abgeleiteten Pläne.[46] Da dieser Bereich direkte Vorschläge und Handlungsalternativen für ein betriebliches Personalmanagement für ältere Arbeitnehmer unterbreitet, soll dieses Segment den Schwerpunkt dieses Kapitels darstellen. In den Abschnitten 3.1.3 und 3.2.3 werden die einzelnen Felder des Personalmanagements für ältere Mitarbeiter detailliert vorgestellt und beschrieben.
Zum besseren Vergleich der beiden grundlegenden Handlungsmuster eines Personalmanagements für ältere Mitarbeiter erfolgt zunächst eine isolierte Betrachtung des desintegrativen und des integrativen Personalmanagements mit ihren verschiedenen Merkmalsausprägungen und Gestaltungsaspekten. Dazu wird jeweils das gleiche Untersuchungsinstrumentarium zugrunde gelegt. Im darauffolgenden Abschnitt 3.3 werden die Ergebnisse der beiden Personalmanagementausrichtungen zusammengefasst und gegenübergestellt.
3.1 Desintegratives Personalmanagement
Ein desintegratives Personalmanagement für ältere Mitarbeiter zeichnet sich vor allem durch eine problemorientierte Sichtweise der Einsatzchancen älterer Arbeitnehmer im Unternehmen aus. Diese Form des Personalmanagements betont vorwiegend die nachlassende Leistungsfähigkeit älterer Mitarbeiter. Die einseitige Fokussierung auf die Schwächen älterer Mitarbeiter führt in der Konsequenz zu einer Abwertung ihrer Arbeitsergebnisse und den Ersatz durch geeignete, jüngere Arbeitnehmer. Diese Auffassung wird in der Literatur auch als „Defizitmodell“ bezeichnet und ist in der unternehmerischen Praxis weit verbreitet.[47] Personalverantwortliche die dieses Modell favorisieren behaupten, dass Ältere im Vergleich zu Jüngeren über eine geringe Leistungs- und Lernfähigkeit verfügen. Weiterhin sind Jüngere weniger oft krank, haben bessere Kenntnisse über neue Technologien und sind grundsätzlich risikobereiter, flexibler und mobiler als Ältere.[48] Diese Auffassung und Philosophie des desintegrativen Personalmanagements wird in den weiteren Ausführungen näher betrachtet.
3.1.1 Philosophie des Managements
Wirtschaftssubjekte müssen im Rahmen der Befriedigung ihrer Bedürfnisse und Wünsche täglich eine Vielzahl von Entscheidungen treffen, um entsprechende Handlungen zu vollziehen. Anerzogene und/oder auf Erfahrung beruhende Werte sowie Einstellungen und Normen helfen den Menschen dabei, sich bezüglich ihrer Entscheidungen zu orientieren. Dies gilt grundsätzlich auch für das Wirtschaftssubjekt Unternehmen. Das Unternehmen kann allerdings nicht selbst entscheiden, da eine Vielzahl von Personen stellvertretend für das Unternehmen tätig sind. Agieren die Vertreter aufgrund individuell unterschiedlicher Werte und Normen, können hieraus widersprüchliche, für das Unternehmen schädliche Verhaltensweisen resultieren. Es ist daher sinnvoll ein gemeinsames Denkmuster und damit Grundlagen des Handels aller Unternehmensmitglieder genau zu erfassen (Werterhellung) und dann im Hinblick auf eine Verhaltenskoordination in ein möglichst einheitliches, konsistentes und damit widerspruchsfreies Wertemuster zu integrieren (Wertgestaltung).[49] Werterhellung und Wertgestaltung sind Aufgabenbereiche der Managementphilosophie. Diese spiegeln dabei im Wesentlichen das allgemeine Verständnis des Managements vom Menschen wider.[50] Das vom Management vertretene Menschenbild ist ein aus Erfahrungen erzeugtes vereinfachtes und verallgemeinertes Abbild menschlicher Eigenschaften und Verhaltensweisen.[51] Die Bandbreite der Auffassungen und Vorstellungen über den (arbeitenden) Menschen lassen sich neben einer Vielzahl ähnlicher Typologien nach Schein in vier charakteristische Menschenbilder klassifizieren. Dabei handelt es sich um den rational-ökonomischen, den sozialen, den sich-selbst-verwirklichenden und den komplexen Menschen.[52]
Der rational-ökonomische Mensch ist primär nur durch monetäre Anreize zu motivieren. Mitarbeiter verhalten sich eher passiv, d.h. sie regieren weitgehend nur auf Manipulationen, Motivationsanreize und Kontrollen des Managements und bringen sich und ihre Bedürfnisse nicht aktiv in den Betriebsablauf mit ein. Dem Grunde nach handelt es sich um eine tayloristische Einordnung des Menschen in die Unternehmensorganisation. Nach Taylor stellt der Mensch lediglich einen von mehreren Produktionsfaktoren dar, der nur unter Optimierungsgesichtspunkten betrachtet werden soll.[53] Diese These unterstützt das eher pessimistische Menschenbild eines desintegrativen Personalmanagements für ältere Mitarbeiter. Diese Sichtweise des Managements begründet sich vor allem durch die problemorientierte Denkweise des Defizitmodells. Pessimistische Menschenbilder unterstützen ein desintegratives Personalmanagement noch durch weitere Annahmen. Beispielsweise gelten ältere Mitarbeiter meist von sich aus als unmotiviert und wenig ehrgeizig.[54] Aus diesen Gründen erscheint eine Beseitigung der Minderleistungen und Schwächen älterer Mitarbeiter durch Personalentwicklungsmaßnahmen weitgehend unökonomisch, da der Amortisationszeitraum vergleichsweise geringer ist als bei jüngeren Arbeitnehmern.[55]
Das Bild des sozialen Menschen geht davon aus, dass die Mitarbeiter weniger materiell als durch soziale Bedürfnisse motiviert werden.[56] Da aus der Arbeitsgestaltung und Arbeitsspezialisierung eine zunehmende Sinnentleerung der Arbeit resultiert, suchen Mitarbeiter in sozialen Beziehungen zu Kollegen bzw. zur (Arbeits-) Gruppe vermehrt einen Ausgleich. Es wird unterstellt, dass die dadurch hervorgerufene zunehmende Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter auch positive Auswirkungen auf die Arbeitsleistung hat. Unter Annahme des Defizitmodells bei älteren Mitarbeitern ist jedoch zu beachten, dass die Gruppenleistung aufgrund der eingeschränkten Leistungsfähigkeit Älterer negativ beeinflusst werden kann. Das Management wird daraufhin ältere Arbeitnehmer grundsätzlich eher als störend und leistungshemmend empfinden. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass anders als beim rational-ökonomischen Menschenbild, eine eindeutige Zuordnung zum integrativen bzw. desintegrativen Personalmanagement nicht möglich ist. Vielmehr sind Mischformen beider Ausrichtungen denkbar.[57]
Das Bild des sich-selbst-verwirklichenden Menschen richtet erstmals das Augenmerk des Managements auf den Mitarbeiter als Individuum, statt auf seine rein kollektive Betrachtung.[58] Der Mitarbeiter strebt nach Autonomie, Selbstmotivation und Selbstkontrolle. Dabei ergibt sich kein Zielkonflikt zwischen der Selbstverwirklichung des Mitarbeiters und den Zielen des Unternehmens. Die genannten Wesensmerkmale dieses optimistischen Menschenbildes lassen sich jedoch mit den Vorstellungen eines desintegrativen Personalmanagements für ältere Mitarbeiter nicht verbinden.[59]
Das Bild vom komplexen Menschen ist rein inhaltlich betrachtet das umfangreichste der bisher diskutierten Menschenbilder. Es stellt eine Mischung aus dem rational-ökonomischen, dem sozialen und dem sich selbst verwirklichenden Menschen dar. Danach ist der Mensch situativ differenziert und individualistisch. Er strebt in unterschiedlichen Situationen nach unterschiedlichen Zielen. Da alle Menschen über unterschiedliche Motive, Erfahrungen und Interaktionsmöglichkeiten verfügen, werden sie auch auf die verschiedenen Strategien des Managements unterschiedlich reagieren.[60] Eine situative Anpassung des Managements an die Bedürfnisse der Mitarbeiter kann demzufolge zu einer rein desintegrativen bzw. integrativen Ausrichtung des Personalmanagements führen, da letztlich immer die konkrete Situation – d.h. die Anzahl und Art der beurteilten älteren Arbeitnehmer – darüber bestimmt, in welche Richtung das Personalmanagement tendiert. Überwiegt beispielsweise die Anzahl der Mitarbeiter die sich gemäß den Annahmen pessimistischer Menschenbilder verhalten, so kommt es zu einer desintegrativen Ausrichtung des Personalmanagements.[61]
Abschießend ist festzuhalten, dass die Philosophie des Managements im Wesentlichen die Normen, Werte und Einstellungen der Verantwortlichen im Unternehmen gegenüber den (älteren) Beschäftigten bestimmt. Aufgrund der bisher vorgestellten Menschenbilder wird sich das Management tendenziell eher für eine desintegrative Ausrichtung entscheiden. Daher kann auf eine weitere Diskussion normativer Aktivitäten des Unternehmens verzichtet werden. Ausgehend von den genannten Grundeinstellungen und Überzeugungen des Managements ist nun im Weiteren zu klären, wie diese Vorgaben auf strategischer Ebene umgesetzt werden sollen und welche unternehmerischen Aktivitäten daraus resultieren müssen.
3.1.2 Unternehmensaktivitäten
Ansatzpunkte für strategische Überlegungen ergeben sich aus der Tatsache, dass die Mitarbeiterinteressen einerseits und die desintegrativen bzw. integrativen Personalmanagementinteressen andererseits kollidieren können.[62] Ein desintegrativ orientiertes Personalmanagement kann auf diese Herausforderungen mit drei unterschiedlichen personalstrategischen Stoßrichtungen reagieren. Im Einzelnen handelt es sich dabei um Widerstands-, Anpassungs- und/oder Antizipationsstrategien.[63]
[...]
[1] Vgl. Statistisches Bundesamt (2003), S. 5
[2] Vgl. Buck (2003), S. 5
[3] Vgl. Statistisches Bundesamt (2003), S. 7 und 47
[4] Vgl. Behrend (2002), S. 34
[5] Vgl. Eckardstein, v. (2004), S. 128
[6] Vgl. Statistisches Bundesamt (2003), S. 15 und 28
[7] Vgl. Statistisches Bundesamt (2003), S. 12-13 und Behrend (2002), S. 35
[8] Vgl. Statistisches Bundesamt (2003), S. 26
[9] Vgl. Statistisches Bundesamt (2003), S. 7 und 20
[10] Vgl. Behrend (2002), S. 35
[11] Vgl. Deutscher Bundestag (2002), S. 70
[12] Vgl. Buck (2003), S. 8 und Deutscher Bundestag (2002), S. 70
[13] Vgl. Lehr (1986), S. 31
[14] Vgl. Grauer (1998), S. 30
[15] Vgl. Lehr (1994), S. 13
[16] Vgl. Lehr (2003), S. 60ff.
[17] Vgl. Lehr/Wilbers (1992), Sp. 203-211 und Lehr/Niederfranke (1995), Sp. 1-14
[18] Vgl. Maier (1997), S. 23-24
[19] Vgl. Maier (1997), S. 26-27
[20] Vgl. Lehr/Wilbers (1992), Sp. 203
[21] Vgl. OECD (1998), S. 55-86
[22] Vgl. Lehr (1997), S. 70-71 und Deutscher Bundestag (2002), S. 60
[23] Vgl. Wagner (1966), S. 31
[24] Vgl. Wagner (1966), S. 29
[25] Vgl. Wagner (1966), S. 77 und 85ff.
[26] Vgl. Gerstenkamp (2003), S. 29
[27] Vgl. Schaie (1991), S. 271ff.
[28] Vgl. Wagner (1966), S. 84
[29] Vgl. Wagner (1966), S. 88
[30] Vgl. Wagner (1966), S. 88 und Lehr (1986), S. 37
[31] Vgl. Scholz (2000), S. 251ff.
[32] Vgl. Hentze/Kammel (2001), S. 189ff.
[33] Vgl. Grauer (1998), S. 50
[34] Vgl. Scholz (2000), S. 1-79
[35] Vgl. Scholz (2000), S. 83-84
[36] Vgl. Hentze (1992), Sp. 1893-1910
[37] Vgl. Hentze/Kammel (2001), S. 241
[38] Vgl. Hentze/Kammel (2001), S. 339
[39] Vgl. Hentze/Kammel (2001), S. 425
[40] Vgl. Scholz (1993), S. 399 und Scholz (2000), S. 775ff.
[41] Vgl. Scholz (2000), S. 690
[42] Vgl. Bleicher (1999), S. 71ff.
[43] Bleicher (1999), S. 74
[44] Vgl. Bleicher (1999), S. 75
[45] Vgl. Bleicher (1999), S. 75
[46] Vgl. Bleicher (1999), S. 76
[47] Vgl. Lehr (1986), S. 31 und Lehr (2003), S. 60ff.
[48] Vgl. Böckly/Klischewski/Schürmann (2003), S. 10
[49] Vgl. Bleicher (1999), S. 89-98
[50] Vgl. Staehle/Sydow (1992), Sp. 1291
[51] Vgl. Scholz (2000), S. 117
[52] Vgl. Schein (1980), S. 77ff.
[53] Vgl. Scholz (2000), S. 119 und 121
[54] Vgl. Scholz (2000), S. 118-120
[55] Vgl. Eckardstein, v. (2004), S. 131
[56] Vgl. Schein (1980), S. 81
[57] Vgl. Grauer (1998), S. 78
[58] Vgl. Schein (1980), S. 89ff.
[59] Vgl. Grauer (1998), S. 78
[60] Vgl. Schein (1980), S. 95
[61] Vgl. Grauer (1998), S. 80
[62] Vgl. Grauer (1998), S. 110
[63] Vgl. Engelhard (1984), S. 297
- Citar trabajo
- Ingo Seip (Autor), 2004, Personalmanagement für ältere Mitarbeiter, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36026
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