In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, wie Paul Lorenzen versucht, die Wahrscheinlichkeitstheorie durch ein konstruktives Verfahren herzuleiten. Der Autor stellt Lorzenzens Argumentationslinie dar und setzt sie in den Kontext seiner allgemeineren Wissenschaftsphilosophie und der alternativen Erklärungsversuche, die sich mit den Grundlagen der Wahrscheinlichkeitstheorie beschäftigen.
Zuerst wird Lorenzens Sichtweise auf die Metamathematik beschrieben, insbesondere die Probleme der Mengenlehre, die durch die Gödelschen Unvollständigkeitssätze aufgezeigt worden sind, und dann Lorenzens Vorschlag erörtert, diese Schwierigkeiten mit einer konstruktiven Mathematik zu umgehen, die orthosprachliche Mittel in unmittelbaren Handlungszusammenhängen einführt und so einen infiniten Regress vermeiden soll.
Anschließend geht der Autor auf den Disput zwischen axiomatisch und konstruktivistisch geprägten Mathematikern ein. Erstere gehen von unbeweisbaren Grundannahmen aus, während Letztere aus der Praxis des Zählens alle weiteren mathematischen Operationen herleiten.
Die Stochastik, die Lorenzen von der „reinen“ Mathematik abgrenzt und zur Gattung der Idealwissenschaften zählt, unter die nach ihm auch die Geometrie und die Chronometrie fallen, folgt. Lorenzen begründet das Fundament der Stochastik mit der technischen Praxis von Glücksspiel-Geräten, bzw. Zufallsgeneratoren und Zufallsaggregaten, so wie er in ganz ähnlicher Weise auch das Konzept der Zeitmessung mit der Herstellung von Uhren und die Geometrie über eine Formtheorie aufbaut und damit eine Kritik an der Revision von Raum und Zeit durch die Einsteinsche Relativitätstheorie formuliert. Dieser normative oder ideelle Ansatz als Grundlage der Stochastik führt zu einer Perspektive, die das intersubjektive Element zur Klärung des Wahrscheinlichkeitsbegriffs betont und damit über die traditionelle duale Sichtweise von objektiver versus subjektiver Wahrscheinlichkeit hinausgeht.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Metamathematik
- 1.1 Unableitbarkeit
- 1.2 Die Mengenlehre
- 1.3 Konstruktive Mathematik
- 2. Stochastik
- 2.1 Zufallsgeneratoren
- 2.2 Zufallsaggregate
- 2.3 Zeit und Raum
- 3. Der objektive Wahrscheinlichkeitsbegriff
- 3.1 Thermodynamik und Quantenmechanik
- 3.2 Poppers Propensitätsinterpretation
- 4. Der subjektive Wahrscheinlichkeitsbegriff
- 4.1 Entscheidungen bei Risiko
- 4.2 Bayesregel
- 4.3 Bernoulliprinzip
- 4.4 Entscheidungen bei Ungewissheit
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Paul Lorenzens konstruktiven Ansatz zur Herleitung der Wahrscheinlichkeitstheorie. Sie präsentiert seine Argumentationslinie im Kontext seiner Wissenschaftsphilosophie und vergleicht sie mit alternativen Erklärungsversuchen. Die Arbeit beleuchtet Lorenzens konstruktivistische Mathematik als Antwort auf die Probleme der Mengenlehre und den Gödelschen Unvollständigkeitssätzen.
- Lorenzens konstruktiver Ansatz zur Wahrscheinlichkeitstheorie
- Die Rolle der konstruktiven Mathematik in Lorenzens Philosophie
- Der Umgang mit den Gödelschen Unvollständigkeitssätzen
- Die Abgrenzung der Stochastik von der "reinen" Mathematik
- Objektive versus subjektive Wahrscheinlichkeit bei Lorenzen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt die Forschungsfrage der Arbeit: die Untersuchung von Paul Lorenzens konstruktivem Zugang zur Wahrscheinlichkeitstheorie. Sie skizziert den methodischen Ansatz, der Lorenzens Sichtweise auf Metamathematik, insbesondere die Probleme der Mengenlehre im Kontext der Gödelschen Unvollständigkeitssätze, sowie seine konstruktivistische Mathematik als Lösungsansatz beinhaltet. Der Fokus liegt auf der Darstellung von Lorenzens Argumentationslinie und dem Vergleich mit anderen Ansätzen zur Wahrscheinlichkeitstheorie. Die Einleitung deutet bereits die Abgrenzung der Stochastik von der "reinen" Mathematik und die Diskussion um objektive und subjektive Wahrscheinlichkeit an.
1. Metamathematik: Dieses Kapitel befasst sich mit Lorenzens Verständnis von Metamathematik und deren Relevanz für die Grundlagen der Wahrscheinlichkeitstheorie. Es analysiert das Problem der Unableitbarkeit, das aus der Selbstreferenzialität mathematischer Systeme entsteht, wie es durch die Gödelschen Unvollständigkeitssätze aufgezeigt wird. Lorenzen versucht, diese Probleme mit einer konstruktiven Mathematik zu lösen, die auf orthosprachlichen Mitteln in Handlungszusammenhängen basiert, um den infiniten Regress zu vermeiden. Das Kapitel beleuchtet den Gegensatz zwischen axiomatischen und konstruktivistischen Ansätzen in der Mathematik und präsentiert Lorenzens Kritik an der traditionellen Metamathematik.
1.2 Die Mengenlehre: Dieses Kapitel beschreibt die historischen Entwicklungen und die kontroversen Auffassungen zur Mengenlehre, insbesondere die Auseinandersetzung zwischen Konstruktivisten (Poincaré, Brouwer, Weyl) und Axiomatizisten (Zermelo, Hilbert, Fraenkel). Lorenzen argumentiert für einen konstruktiven Ansatz, der die Konstruktion von Mengen betont und die unkontrollierte Bildung von Mengen vermeidet, um die Widersprüche der klassischen Mengenlehre zu umgehen. Es werden die Probleme der Cantorschen Mengenlehre und die Russellsche Paradoxie als Beispiele für die Notwendigkeit eines konstruktiven Ansatzes angeführt. Der Fokus liegt auf der Darstellung der unterschiedlichen Positionen und der Begründung von Lorenzens konstruktivistischer Haltung.
Schlüsselwörter
Paul Lorenzen, Wahrscheinlichkeitstheorie, Konstruktive Mathematik, Metamathematik, Gödelsche Unvollständigkeitssätze, Mengenlehre, Stochastik, Objektive Wahrscheinlichkeit, Subjektive Wahrscheinlichkeit, Zufallsgeneratoren, Orthosprache, Entscheidungstheorie, Bayesregel, Bernoulliprinzip.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Konstruktiver Ansatz zur Wahrscheinlichkeitstheorie nach Paul Lorenzen
Was ist der Hauptfokus dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht Paul Lorenzens konstruktiven Ansatz zur Herleitung der Wahrscheinlichkeitstheorie. Sie analysiert seine Argumentationslinie im Kontext seiner Wissenschaftsphilosophie und vergleicht sie mit alternativen Erklärungsversuchen.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt Lorenzens konstruktivistische Mathematik als Antwort auf die Probleme der Mengenlehre und die Gödelschen Unvollständigkeitssätze. Weitere Themen sind die Rolle der konstruktiven Mathematik in Lorenzens Philosophie, der Umgang mit den Gödelschen Unvollständigkeitssätzen, die Abgrenzung der Stochastik von der "reinen" Mathematik und die Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Wahrscheinlichkeit bei Lorenzen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Kapitel: Eine Einleitung, die die Forschungsfrage und den methodischen Ansatz beschreibt; ein Kapitel über Metamathematik, das sich mit Lorenzens Verständnis von Metamathematik und deren Relevanz für die Wahrscheinlichkeitstheorie auseinandersetzt; ein Kapitel über die Mengenlehre, das die historischen Entwicklungen und die kontroversen Auffassungen zur Mengenlehre beleuchtet; ein Kapitel über den objektiven und subjektiven Wahrscheinlichkeitsbegriff; und ein Fazit. Die Kapitel analysieren Lorenzens konstruktiven Ansatz im Detail und vergleichen ihn mit anderen Ansätzen.
Was ist Lorenzens konstruktiver Ansatz zur Wahrscheinlichkeitstheorie?
Lorenzen versucht, die Probleme der klassischen Mengenlehre und der Gödelschen Unvollständigkeitssätze mit einer konstruktiven Mathematik zu lösen. Sein Ansatz basiert auf orthosprachlichen Mitteln in Handlungszusammenhängen, um den infiniten Regress zu vermeiden. Er betont die Konstruktion von Mengen und vermeidet die unkontrollierte Bildung von Mengen, um Widersprüche zu umgehen. Sein Ansatz zur Wahrscheinlichkeitstheorie ist eng mit dieser konstruktivistischen Mathematik verbunden.
Wie geht Lorenzen mit den Gödelschen Unvollständigkeitssätzen um?
Lorenzen sieht in den Gödelschen Unvollständigkeitssätzen ein Problem für die traditionelle, axiomatische Mathematik. Er versucht, diese Probleme mit seiner konstruktiven Mathematik zu lösen, die auf einem anderen Fundament als die axiomatische Mathematik basiert und den infiniten Regress vermeidet.
Wie unterscheidet sich Lorenzens Ansatz von anderen Ansätzen zur Wahrscheinlichkeitstheorie?
Die Arbeit vergleicht Lorenzens konstruktiven Ansatz mit alternativen Erklärungsversuchen, insbesondere mit unterschiedlichen Auffassungen zum objektiven und subjektiven Wahrscheinlichkeitsbegriff. Sie beleuchtet die Unterschiede zwischen axiomatischen und konstruktivistischen Ansätzen in der Mathematik und präsentiert Lorenzens Kritik an der traditionellen Metamathematik.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant für das Verständnis der Arbeit?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Paul Lorenzen, Wahrscheinlichkeitstheorie, Konstruktive Mathematik, Metamathematik, Gödelsche Unvollständigkeitssätze, Mengenlehre, Stochastik, Objektive Wahrscheinlichkeit, Subjektive Wahrscheinlichkeit, Zufallsgeneratoren, Orthosprache, Entscheidungstheorie, Bayesregel und Bernoulliprinzip.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für Leser, die sich für die Grundlagen der Wahrscheinlichkeitstheorie, konstruktive Mathematik, Wissenschaftsphilosophie und die Geschichte der Mathematik interessieren. Sie ist insbesondere für Wissenschaftler und Studenten im Bereich der Mathematik, Philosophie und Logik von Bedeutung.
- Citation du texte
- Patrick Zimmerschied (Auteur), 2016, Paul Lorenzens Wahrscheinlichkeitstheorie. Grundlagen der Metamathematik, Stochastik und Wahrscheinlichkeitsbegriffe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/359500