Die vorliegende Arbeit soll die Problematik von staatlichen Eingriffen im Bezug zum Selbstbestimmungsrecht und der personellen Autonomie aufzeigen. In unserer Rechtsordnung werden Normen, die sich über die Entscheidung seiner Bürger hinwegsetzen, als paternalistisch bezeichnet. Eine der schärfsten Ausprägungen des Paternalismus ist in den Strafbestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes verankert, da beispielsweise eine Konsumationshandlung grundsätzlich nur den Konsumenten direkt schädigt. Es ist nach wie vor ungeklärt, aus welchen tragenden Gründen das verfassungsrechtliche Prinzip der Selbstverantwortung i.S.v. Art. 6 der Bundesverfassung im Bereich des Betäubungsmittelstrafrechts eingeschränkt werden kann.
In einem ersten Teil der Arbeit wird der für die Besprechung des Paternalismus wichtige und zentrale Begriff der Menschenwürde und der personellen Autonomie erläutert. Der Begriff der personellen Autonomie wird in dieser Arbeit lediglich im thematischen Zusammenhang besprochen.
In einem nächsten Teil folgt die Besprechung der Theorie zum Paternalismus. Mit Hilfe der durch die herrschende Lehre hervorgebrachten unterschiedlichen Ausprägungen lässt sich die Arbeit im Anschluss auf den direkten harten Paternalismus begrenzen. Ausführungen zum sogenannt reinen oder unreinen Paternalismus, das Prinzip des schonendsten Paternalismus sowie das Eingehen auf die unterschiedlichen Lehrmeinungen zum Paternalismus sind nicht im Umfang der vorliegenden Arbeit. Die wichtigsten Lehrmeinungen zum Paternalismus stammen von Immanuel Kant, Gerald Dworkin, John Kleinig, John Stuart Mill und Joel Feinberg.
Da der Paternalismus in den Strafbestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes zweifellos stark ausgeprägt ist, widmet sich der dritte Teil dieser Arbeit dem Betäubungsmittelgesetz. Nach der essentiellen Besprechung des Begriffs der Betäubungsmittel, der Abhängigkeit und der Drogenstatistik folgt eine Eingrenzung der Besprechung auf Art. 19a Ziff. 1 BetmG. Die Entwicklung des geltenden Betäubungsmittelrechts, welche insb. durch die internationale Gesetzgebung geprägt ist, wird in dieser Arbeit ausgeklammert.
Im letzten Teil, der zugleich den Hauptteil der vorliegenden Arbeit darstellt, wird in erster Linie auf die Rechtfertigung der Verbotsnorm i.S.v. Art. 19a Ziff. 1 BetmG anhand der vorherrschenden Rechtsgutstheorie eingegangen und zu den unterschiedlichen Legitimationsgrundlagen Stellung genommen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung und Fragestellung
- 1.1 Eingrenzung und Vorgehen
- 1.2 Ziel der Arbeit
- 2. Autonomie
- 2.1 Menschenwürde
- 2.2 personelle Autonomie
- 2.3 Stellungnahme
- 3. Paternalismus
- 3.1 Indirekter/ direkter Paternalismus
- 3.2 Weicher/harter Paternalismus
- 3.3 Eingrenzung
- 4. Betäubungsmittelgesetz
- 4.1 Definitorische Grundlagen
- 4.1.1 Betäubungsmittel
- 4.1.2 Abhängigkeit
- 4.1.3 Statistik
- 4.2 Straftatbestimmungen
- 4.3 Eigenkonsum i.S.v. Art. 19a Ziff. 1 BetmG
- 5. Rechtfertigung von Art. 19a Ziff. 1 BetmG
- 5.1 Einleitung
- 5.2 Rechtsgutstheorie
- 5.3 Schutz des Konsumenten
- 5.3.1 Herrschende Lehre
- 5.3.2 Stellungnahme
- 5.4 Rechtsgüter der Allgemeinheit
- 5.5 Schutz der Volksgesundheit
- 5.5.1 Herrschende Lehre
- 5.5.2 Stellungnahme
- 5.6 Schutz des sozialen Zusammenlebens
- 5.6.1 Herrschende Lehre
- 5.6.2 Stellungnahme
- 5.7 Schutz vor Schädigung des sozialen Systems
- 5.7.1 Herrschende Lehre
- 5.7.2 Stellungnahme
- 5.8 Drogenkriminalität
- 5.8.1 Herrschende Lehre
- 5.8.2 Stellungnahme
- 5.9 Rechtsgüter Dritter
- 5.9.1 Herrschende Lehre
- 5.9.2 Abstraktes Gefährdungsdelikt
- 5.9.3 Stellungnahme
- 5.10 Präventionsgedanke
- 5.10.1 Herrschende Lehre
- 5.10.2 Stellungnahme
- 6. Ergebnisse der Untersuchung
- 6.1 Stellungnahme zur Rechtfertigung von Art. 19a Ziff. 1 BetmG
- 6.2 Ergebnis und persönlicher Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Masterarbeit befasst sich mit der rechtlichen Begründung paternalistischer Normen im Betäubungsmittelstrafrecht und fokussiert dabei insbesondere auf den Eigenkonsum von Betäubungsmitteln im Sinne von Artikel 19a Ziffer 1 BetmG. Das Ziel der Arbeit ist es, die Rechtfertigungsgrundlagen dieser Norm zu untersuchen und die verschiedenen Argumente kritisch zu beleuchten.
- Die Konzepte von Autonomie und Paternalismus im Kontext des Strafrechts
- Die rechtlichen und ethischen Aspekte des Betäubungsmittelgesetzes
- Die Rechtfertigung des Verbots von Eigenkonsum von Betäubungsmitteln
- Die Rolle des Schutzes vor Selbstschädigung und die Prävention von Sucht
- Die Berücksichtigung von Rechtsgütern der Allgemeinheit und Dritter
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit führt in die Thematik ein und definiert die Fragestellung der Arbeit. Es werden die wichtigsten Begriffe und das Vorgehen der Untersuchung erläutert. Kapitel 2 befasst sich mit dem Konzept der Autonomie und ihrer Bedeutung im Strafrecht, wobei insbesondere die Konzepte der Menschenwürde und der personellen Autonomie beleuchtet werden. Das dritte Kapitel widmet sich dem Paternalismus und unterscheidet zwischen direktem und indirektem sowie weichem und hartem Paternalismus. Es werden die Grenzen und die Rechtfertigungsmöglichkeiten des Paternalismus im Strafrecht diskutiert. Kapitel 4 behandelt die rechtlichen Grundlagen des Betäubungsmittelgesetzes, inklusive der Definitionen von Betäubungsmitteln und Abhängigkeit sowie der relevanten Straftatbestimmungen. Der Eigenkonsum im Sinne von Artikel 19a Ziffer 1 BetmG wird ebenfalls näher beleuchtet. Das fünfte Kapitel analysiert die Rechtfertigungsgrundlagen von Artikel 19a Ziffer 1 BetmG. Hierbei werden verschiedene Argumente, wie der Schutz des Konsumenten, die Rechtsgüter der Allgemeinheit, der Schutz der Volksgesundheit und das Präventionsargument, diskutiert und kritisch beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Masterarbeit befasst sich mit den zentralen Themenfeldern des Betäubungsmittelstrafrechts, des Paternalismus, der Autonomie, der Selbstschädigung und der Prävention. Dabei werden wichtige Konzepte wie die Menschenwürde, die personelle Autonomie, die Rechtsgutstheorie, der Schutz der Volksgesundheit, die Drogenkriminalität und die Rechtsgüter Dritter beleuchtet.
- Citation du texte
- Michael Klauser (Auteur), 2017, Gewollte Selbstschädigung. Rechtfertigung von paternalistischen Normen im Betäubungsmittelstrafrecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/358894