Einleitung
Das zu betrachtende Untersuchungsobjekt - der kleine Aufsatz Der Versuch als Vermittler von Objekt und Subjekt stammt aus dem Frühjahr 1792. Erstmalig wurde er 1793 in der Zeitschrift Zur Naturwissenschaft überhaupt gedruckt. Man kann möglicherweise davon ausgehen, dass Goethe diesen Aufsatz als Einleitung zu einem größeren naturwissenschaftlichen Werk geplant hat. Ich werde im Verlauf dieser Hausarbeit zunächst auf Goethes Verhältnis zur Natur eingehen und dabei kurz die Naturwissenschaft seiner Zeit beleuchten. Im Anschluss beginne ich mit der Analyse des Aufsatzes. Dabei versuche ich möglichst textnah zu agieren. Abschließend werde ich mich der Frage nähern, in wie weit Goethes Aufsatz einen Aktualitätsbezug zu der modernen Naturwissenschaft hat. ***
Goethes Verhältnis zur Natur und die (Natur-) Wissenschaft
Man sollte bei dieser Betrachtung die jeweiligen Zeitumstände, in denen Goethe lebte nicht vergessen. Die Naturwissenschaft als solche wie sie heute existiert, war noch nicht herausgebildet. Zwar war die Methodik der Wissenschaft vorhanden, die Konzeption an den Universitäten selbst aber noch nicht. Zum Beispiel bringt Goethe die Tätigkeit in der Bergwerkskommission1 dazu, sich mit der Analyse von Gesteinsproben zu beschäftigen. Schon bald legt er umfangreiche Mineraliensammlungen an. Das zieht theoretische Auseinandersetzungen über die Geschichte der Erdentstehung nach sich, die man damals aus Gesteinsformationen und Schichtenbildungen zu entziffern beginnt. Die Diskussion der Ergebnisse ist aber von besonderer Brisanz, da sie dazu angetan ist, die noch weitgehend im Banne der biblischen Schöpfungsmythen stehende Naturgeschichte durch historisierende, entwicklungsgeschichtliche Modelle abzulösen. Goethe lebte also in einer Zeit großen Umbruchs. ***
1 Im Laufe des Jahres 1777 wurde ihm die Leitung der Bergwerkskommission mit dem Ziel übertragen, den Betrieb des Ilmenauer Silber- und Kupferbergwerks wieder aufzunehmen und damit eine staatliche Einnahmequelle zu eröffnen. (Metzler Goethe Lexikon, Stuttgart 2004, S.13.)
Inhaltsverzeichnis
1. 1. Einleitung
1. 2. Goethes Verhältnis zur Natur und die (Natur-) Wissenschaft
2. 1. Nahe am Text
2. 2. Forschergemeinschaft
2. 3. Zum Versuch
2. 4. Die Gewalt des Geistes - ein despotischer Hof
2. 5. Der Versuch als winziges Glied einer großen Kette
2. 6. Der Vergleich mit der Mathematik
2. 7. Zur Erfahrung höherer Art
3. Schluss
Literaturverzeichnis
4. 1. Primärliteratur
4. 2. Sekundärliteratur
4. 3. Lexikon
1. 1. Einleitung
Das zu betrachtende Untersuchungsobjekt - der kleine Aufsatz Der Versuch als Vermittler von Objekt und Subjekt stammt aus dem Frühjahr 1792. Erstmalig wurde er 1793 in der Zeitschrift Zur Naturwissenschaft überhaupt gedruckt. Man kann möglicherweise davon ausgehen, dass Goethe diesen Aufsatz als Einleitung zu einem größeren naturwissenschaftlichen Werk geplant hat. Ich werde im Verlauf dieser Hausarbeit zunächst auf Goethes Verhältnis zur Natur eingehen und dabei kurz die Naturwissenschaft seiner Zeit beleuchten. Im Anschluss beginne ich mit der Analyse des Aufsatzes. Dabei versuche ich möglichst textnah zu agieren.
Abschließend werde ich mich der Frage nähern, in wie weit Goethes Aufsatz einen Aktualitätsbezug zu der modernen Naturwissenschaft hat.
1. 2. Goethes Verhältnis zur Natur und die (Natur-) Wissenschaft
Man sollte bei dieser Betrachtung die jeweiligen Zeitumstände, in denen Goethe lebte nicht vergessen. Die Naturwissenschaft als solche wie sie heute existiert, war noch nicht herausgebildet. Zwar war die Methodik der Wissenschaft vorhanden, die Konzeption an den Universitäten selbst aber noch nicht. Zum Beispiel bringt Goethe die Tätigkeit in der Bergwerkskommission[1] dazu, sich mit der Analyse von Gesteinsproben zu beschäftigen. Schon bald legt er umfangreiche Mineraliensammlungen an. Das zieht theoretische Auseinandersetzungen über die Geschichte der Erdentstehung nach sich, die man damals aus Gesteinsformationen und Schichtenbildungen zu entziffern beginnt. Die Diskussion der Ergebnisse ist aber von besonderer Brisanz, da sie dazu angetan ist, die noch weitgehend im Banne der biblischen Schöpfungsmythen stehende Naturgeschichte durch historisierende, entwicklungsgeschichtliche Modelle abzulösen. Goethe lebte also in einer Zeit großen Umbruchs.
Der junge Goethe betreibt “[...] einen schwärmerischen, dabei auf Ganzheitlichkeit ausgerichteten Naturkult”[2]. Sein Naturverhältnis ist an “[...] detaillierte Kenntnisse und liebevolle Beobachtung [...]”[3] gebunden, das keineswegs unabhängig von seiner Naturwissenschaft zu betrachten ist. Zunehmend pantheistisch wird er, als er 1770 beginnt, sich mit dem Philosophen Spinoza zu beschäftigten. Im Alter wird der spinozistische Leitsatz “deus sive natura” für ihn zu einer wichtigen Grundlage, “Gott ist Natur” oder “die Natur ist Gott”. Diese Identifikation ist nämlich richtungsweisend für den Weg in die Erforschung der Natur. Goethe suchte das Göttliche in den Pflanzen und Steinen. Er begibt sich auf Forschungsgebiete wie die Botanik, Anatomie, Geologie, Physik, Chemie, Meteorologie, Optik und Farbenlehre. Hierbei entwickelt er ein recht differenziertes Verhältnis zu den rationalen Naturwissenschaften und Philosophen seiner Zeit. Das bloße Benennen und Kategorisieren der Naturphänomene und das mathematisch-logische Erfassen von nachgestellten Versuchsanordnungen sind ihm zu wenig. Die größte Schwierigkeit einer angemessenen Erforschung der Natur sieht Goethe darin, dass der Beobachter von Erscheinungen meist versucht “[...] viele Gegenstände in ein gewisses faßliches Verhältnis zu bringen, das sie, streng genommen, untereinander nicht haben [...]“[4] und dadurch Hypothesen aufstellt. In seinem Aufsatz Der Versuch als Vermittler zwischen Subjekt und Objekt legt er mitunter dar, wie erkenntnisgefährdend es ist, von Versuchsanordnungen überstürzt auf generelle Theorien zu schließen. Darauf werde ich im Folgenden noch näher eingehen.
2. 1. Nahe am Text
Goethe steigt mit einem konventionellen[5] Gedanken ein, nicht ohne ihn später spöttisch zu widerlegen. Die Devise lautet: Unsere außerwissenschaftliche Welterkenntnis ist generell durch gewisse Interessen wie Nutzen und Schaden, Gefallen und Missfallen, Zuneigung und Abneigung geprägt; diese anthropozentrischen Maßstäbe für Erfahrung hat der Beobachter in der wissenschaftlichen Erkenntnis durch solche zu ersetzen, die er “[...] nicht aus sich, sondern aus dem Kreise der Dinge [...] die er beobachtet”[6] entnimmt.
Der Beobachter erzeugt seine Daten ohne eigenen Profit. Goethe vergleicht das am Beispiel der Sonne. Sie lockt die Pflanzen hervor und genauso, ohne Nutzen ruft der Beobachter seine Daten hervor. Jedoch wird dieser Vergleich im Anschluss korrigiert. Denn: Die Sonne verändert sich bei ihrer Tätigkeit nicht - der Beobachter dagegen schon. Er bildet seine Geschicklichkeit und Klugheit aus. Die Entwicklung von Geschicklichkeit und Klugheit ist im Alltag keine schwere Sache: “[...] das Leben weist uns bei jedem Schritte zurecht”[7]. Jedoch läuft man in der naturwissenschaftlichen Forschungswelt Gefahr, sich in Theorien zu verstricken oder keinen adäquaten Korrektor (der sich in dem jeweiligen Untersuchungsgebiet auskennt) zu finden. Wie aber kommt man als Forscher trotzdem zu einem stichhaltigen, ungetrübten, gefühlsneutralen Ergebnis, selbst wenn man vielleicht noch laienhaft im neuen Forschungsgebiet Fuß zu fassen versucht?
[...]
[1] Im Laufe des Jahres 1777 wurde ihm die Leitung der Bergwerkskommission mit dem Ziel übertragen, den Betrieb des Ilmenauer Silber- und Kupferbergwerks wieder aufzunehmen und damit eine staatliche Einnahmequelle zu eröffnen. (Metzler Goethe Lexikon, Stuttgart 2004, S.13.)
[2] Metzler Goethe Lexikon, Stuttgart 2004, S. 311.
[3] Grosche: „Zarten Seelen ist gar viel gegönnt“ Naturwissenschaft und Kunst im Briefwechsel zwischen C. G. Carus und Goethe, Göttingen 2001, S. 230.
[4] Goethe: Schriften zur Naturwissenschaft. Stuttgart 1977. S. 10.
[5] seit Aristoteles.
[6] Goethe: Schriften zur Naturwissenschaft. Stuttgart 1977. S. 5.
[7] ebd., S.6.
- Citar trabajo
- Linda Werner (Autor), 2005, Der Versuch als Vermittler zwischen Objekt und Subjekt - Goethe als Naturwissenschaftler, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35886
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