Aktuell ist in der Bodenseeregion die Bedeutung des Medizintourismus ist noch nicht so groß wie beispielsweise in Gesundheitsregion Köln-Bonn. Das Problem besteht darin, dass die Kommunikation zwischen Gesundheitswirtschaft und Tourismusbranche bisher fehlt. Der Aufbau dieser Verbindung ist eine Herausforderung für beide Branchen.
Die Entwicklung des strategischen Geschäftsfelds „ausländische Patienten“ in den medizinischen
Organisationen des Bodenseekreises und die Schaffung eines Netzwerks und des gemeinsamen Portals „Gesundheitsregion Bodensee“ sind die Voraussetzungen für die Überlegungen der folgenden Bachelorarbeit.
Die Zielsetzung der Arbeit besteht darin, die theoretischen Grundlagen zum Thema Medizintourismus zu ermitteln und auf das Beispiel Bodenseekreis zu übertragen. Das zentrale Ergebnis dieser Arbeit besteht darin, zu zeigen, wie man eine Strategie zur Einwerbung von Medizintouristen aus Russland am Bodensee entwickeln und einsetzen kann.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau und Struktur
2 Medizintourismus als ein stark wachsender Markt
2.1 Ursachen für den Medizintourismus in Deutschland
2.2 Ausländische Patienten als lukratives Geschäft
2.2.1 Ökonomische und medizinische Vorteile für Krankenhäuser
2.2.2 Vorteile für touristische Leistungsträger
3 Russland als Quellmarkt
3.1 Zustand des Gesundheitssystems in Russland
3.2 Besonderheiten von russischen Patienten
4 Kommunikationswege zur Vermarktung der Gesundheitsregion Bodensee in Russland
4.1 Internet
4.2 Patientenvermittler
4.3 Netzwerke zur Vermarktung
4.4 Teilnahme an Messen
5 Touristisches Potenzial am Bodensee
5.1 Medizintouristisches Potenzial am Bodensee
5.2 Touristische Leistungsträger als Kooperationspartner bei der Vermarktung
5.2.1 Synergieeffekte für die touristischen Leistungsträger
6 Entwicklung einer zielgruppenspezifischen Strategie zur Einwerbung von Medizintouristen aus Russland am Bodensee
6.1 Einzelschritte zur Erarbeitung einer Strategie zur Einwerbung von Medizintouristen
6.1.1 Unternehmenssituation
6.1.2 Unternehmensziele
6.1.3 SWOT-Analyse
6.1.4 Zielgruppenauswahl
6.1.5 Marktsituationsanalyse
6.1.6 Gruppenspezifische Servicekette
6.1.7 Patientenakquisition
6.1.8 Erfolgskontrolle
6.2 Ausblick
6.3 Schlussfolgerungen
Anhang 1: Die Bewegungen von Patiententouristen in der Welt
Anhang 2: Fragebogen
Quellenverzeichnis
Literatur
Fachartikel
Internetquellen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung1: Gesamtanzahl ausländischer Patienten in Deutschland
Abbildung 2: Serviceleistungen für Auslandspatienten und deren Begleitung
Abbildung 3: Bevölkerungsentwicklung in der Sowjetunion (bis 1991) und in Russland (ab 1991)
Abbildung 4: Lebenserwartungen in Russland (in Jahren)
Abbildung 5: Gesundheitsausgaben in Prozent der gesamten Staatsausgaben
Abbildung 6: Anzahl von Krankenhäusern und anderen medizinischen Organisationen von 1995 bis 2010
Abbildung 7: Genutzte Kommunikationswege (Angaben in Prozenten, Mehrfachnennungen möglich)
Abbildung 8: Jährliche Werbebudgets
Abbildung 9: Verzeichnis der zugelassenen Krankenhäuser, Stand am 21.03.2012
Abbildung 10: Kliniken und Fachkliniken in der Region Bodensee
Abbildung 11: Patientennachfrage nach Leistungen
Abbildung 12: Schritte bei der Erarbeitung einer Strategie zur Einwerbung von Medizintouristen
Abbildung 13: SWOT-Analyse-Medizintourismus am Bodensee
Abbildung 14: Servicekette bei der Behandlung der Patienten aus Russland
1 Einleitung
Die Globalisierung und der zunehmende Personenverkehr in der Welt begünstigen die Ent- wicklung von Patientenverkehr, den man als Medizintourismus bezeichnet. Mit der Zeit be- kommt dieser Verkehr mehr Bedeutung, und seine Vernetzung wird dichter. Schölkopf (2004, in Braun, 2004, S. 27) definiert dieses Phänomen als „grenzüberschreitende[n] Patientenver- kehr“.
Die Definition des Begriffs „Medizintourismus“ ist bis jetzt umstritten. Wie man sieht, ist das Wort „Medizintourismus“ ein Kompositum aus „Medizin“ und „Tourismus“. Dabei kann man auch die Begriffe „Patiententourismus“ oder „Kliniktourismus“ verwenden, in der Schweiz auch „Spitaltourismus“. In der vorliegenden Arbeit werden diese Begriffe gleichberechtigt benutzt.
I Lexikon des deutschen Gesundheitssystems (2010, S. 326) wird Patiententourismus bzw. Medizintourismus definiert als die „umgangssprachliche Bezeichnung für bestimmte Formen der grenzüberschreitenden medizinischen Behandlung bzw. der Behandlung ausländischer Patienten“. Dabei wird eine klare Grenze zwischen den Patienten gezogen, die das Zielland eigens zur Behandlung besuchen, und den Urlaubern, die zufällig krank werden und deswegen ein Krankenhaus aufsuchen.
In der OECD-Publikation „Gesundheit auf einen Blick 2009“ bezieht sich der Begriff „Medi- zintourismus“ auf den Bilanzposten „Reiseverkehr im Zusammenhang mit der Inanspruch- nahme von Gesundheitsleistungen“. Es handelt sich dabei definitionsgemäß um „Güter und Dienstleistungen, die von Personen erworben werden, die aus medizinischen Gründen ins Ausland reisen“ (http://dx.doi.org/10.1787/health_glance-2009-74-de, Stand 28.11.2012). Diese Definitionen ergänzen einander und helfen somit, das Phänomen des Medizintourismus nachzuvollziehen.
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Aktuell ist in der Bodenseeregion die Bedeutung des Medizintourismus noch nicht so groß wie beispielsweise in Gesundheitsregion Köln-Bonn. Das Problem besteht darin, dass die Kommunikation zwischen Gesundheitswirtschaft und Tourismusbranche bisher fehlt. Der Aufbau dieser Verbindung ist eine Herausforderung für beide Branchen.
Die Entwicklung des strategischen Geschäftsfelds „ausländische Patienten“ in den medizinischen Organisationen des Bodenseekreises und die Schaffung eines Netzwerks und des gemeinsamen Portals „Gesundheitsregion Bodensee“ sind die Voraussetzungen für die Überlegungen der folgenden Bachelorarbeit.
Die Zielsetzung der Arbeit besteht darin, die theoretischen Grundlagen zum Thema Medizin- tourismus zu ermitteln und auf das Beispiel Bodenseekreis zu übertragen. Ebenfalls zur Ziel- setzung gehört die Darstellung der theoretischen Erkenntnisse zu den Ursachen des Medizin- tourismus, Wege zur Gewinnung der Patienten und medizintouristischen Potenzialen der Bodenseeregion. Das zentrale Ergebnis dieser Arbeit besteht darin, zu zeigen, wie man eine Strategie zur Einwerbung von Medizintouristen aus Russland am Bodensee entwickeln und einsetzen kann.
Die Forschungsfragen lauten:
- Warum kommen russische Patienten in deutsche Kliniken?
- Welches kommunikationspolitische Instrumentarium kann man benutzen, um die Medizintouristen einzuwerben?
- Wie kann man eine Akquisitionsstrategie für russische Patienten am Bodensee erarbei- ten?
- Welche Chancen und Risiken, Stärken und Schwächen hat die Bodenseeregion? Welche Servicekette kann man für Medizintouristen entwickeln?
1.2 Aufbau und Struktur
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Begriffen Medizintourismus, Synergie, Patientenakquisition, Zielgruppe, Segmentanalyse, Vermarktungswege, SWOT-Analyse sowie Servicekette und zeigt deren Wichtigkeit. Die Arbeit ist in sechs Kapitel unterteilt. Das einleitende Kapitel soll auf die Thematik hinführen und die Vorgehensweise der Arbeit klären. Im ersten Teil werden die Hauptgedanken zum Medizintourismus als lukratives Geschäft, seine Ursachen und Vorteile vorgestellt, und dann geht es um Patienten aus Russland als Zielgruppe in der Strategie. Das dritte, vierte und fünfte Kapitel geben Aufschluss über wichtige Bestandteile der Arbeit: Kommunikationswege, medizintouristisches Potenzial am Bodensee und die Kategorisierung von medizintouristischen Serviceleistungen. Im letzten Kapitel wird anschließend erläutert, wie man die Strategie erarbeiten kann.
Der Untersuchungsbereich der Arbeit erstreckt sich auf den Medizintourismus zwischen Deutschland und Russland und die Maßnahmen zur Einwerbung der Patienten. Das Untersu- chungsobjekt stellt die Akquisitionsstrategie dar. Da zum Thema „ausländische Patienten im Bodenseekreis“ noch keine Literaturveröffentlicht wurde, bezieht sich die Arbeit auf allgemeine Veröffentlichungen in diesem Bereich. Die Arbeit wendet sich an das Klinikmanage- ment und natürlich an die Beteiligten, die im Gesundheitswesen und Tourismus agieren.
Diese Bachelorarbeit basiert auf qualitativer Inhaltanalyse von Sekundärliteratur, einer Bearbeitung der Daten bezüglich des Themas und einer Auswertung von Primärquellenwie Internetseiten und statistischen Daten.
Bei der Primärforschung erhält man die Daten, die zur Ergänzung der Sekundärforschung dienen. Auch zur Erarbeitung des praktischen Teils sollten durch Primärforschung Daten ge- wonnen werden. Im Rahmen der Untersuchung wurde ein Fragebogen per E-Mailverschickt. Die Auswahl der Befragten erfolgte nach geographisch-politischen Kriterien: Es wurden die medizinischen Einrichtungen in Landkreis Bodenseekreis ausgewählt. Leider konnte man keinen Datenaustausch durchführen, weil die medizinischen Einrichtungen in der Region nicht dazu bereit waren. Die Ergebnisse der Untersuchung basieren auf der Auswertung von Sekundärquellen und freizugänglichen Informationen auf den Websites der medizinischen Organisationen.
Als Quellen wurden Fachbücher aus Bibliotheken verschiedener Universitäten und Hochschulen benutzt. Zusätzlich wurden wissenschaftliche Zeitschriften, statistische Daten und Beiträge aus dem Internet verwendet.
Einige Schwierigkeiten gab es bei der Beschaffung von Fachliteratur, da das Thema relativ neuin der Wissenschaft ist. Zudem konnte die oben genannte Befragung nicht durchgeführt werden. Allerdings wäre es hilfreich gewesen, statistische Daten und Kennzahlen von den medizinischen Einrichtungen zu bekommen, doch der Zugang zu diesen Daten wurde mir leider auch verwehrt.
Der Inhalt der vorliegenden Arbeit erhebt keinen Anspruch auf vollständige Beleuchtung des Themasund stellt einen persönlichen Standpunkt dar.
2 Medizintourismus als ein stark wachsender Markt
Deutschland ist als Reiseziel für medizinische Behandlung sehr attraktiv für Patienten aus anderen Ländern. Dank seiner geographischen Lage in Zentraleuropa und seiner sehr guten medizinischen Infrastruktur kommen jedes Jahr Tausende Medizintouristen. Aufgrund der seit langem entwickelten Marke „Made in Germany“ genießt Deutschland ein ausgezeichnetes Image.
„Deutschland verfügt über eines der innovativsten, fortschrittlichsten und besten Gesundheits- systeme weltweit“ (http://www.germany.travel/de/specials/medizin/medizin.html, Stand 29.11.2012). Die Infrastruktur ist mit über 2000 Kliniken sehr gut ausgebaut, „[d]arunter37 Universitätskliniken mit der höchsten Versorgungsstufe und dem Anspruch einer „Suprama- ximalversorgung“, jeweils etwa über 700 öffentliche und konfessionelle Kliniken sowie über 500 Krankenhäuser innerhalb von privaten Kliniknetzwerken“. Eine gut organisierte Mitarbeit von Wissenschaft und Forschung und die klinische Infrastruktur garantiert eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung. Außerdem sind viele „renommierte[n] Kliniken und Ärzte […] explizit auf die Behandlung und die Versorgung der ausländischen Gastpatienten eingestellt“ (http://www.germany.travel/de/specials/medizin/medizin.html, Stand 29.11.2012).
Die Gesundheitsbranche zeigt sich jetzt als immer stärkere Wachstumsbranche in vielen Re- gionen in Deutschland. Als Folge kann man beobachten, dass viele Destinationen sehr schnell reagiert haben, die gesundheitstouristische Infrastruktur ausbauen und davon profitieren. Al- lerdings erkennen immer mehr Gesundheitsregionen den Medizintourismus als neues Hand- lungsfeld. Laut der Studie „existieren zwei zentrale Erfolgsfaktoren“ aus medizintouristischer Perspektive: „Netzwerke und Organisationsstrukturen“ und „Zielgruppen- und/oder Quell- marktspezialisierung“. Die Netzwerkstruktur ist eine Plattform, die für Kommunikationsmar- keting, Informationstransparenz und vieles andere sorgt. Ein typisches Beispiel dafür ist die Brancheninitiative Gesundheitswirtschaft Südwestfalen, ein Netzwerk von 48 Unternehmen, Kliniken und Dienstleistern des Gesundheitstourismus. Die Zielgruppenspezialisierung ist ein wichtiger Aspekt, weil im Medizintourismus eine entsprechende Servicekette aufgebaut wer- den sollte. Beispielsweise vermarkten Bonn Medical Partners den Gesundheitsstandort Bonn im Ausland und bieten dabei ein Gesamtpaket mit Anreise, Abreise, Visum und vielem mehr. Die oben genannten Erfolgsfaktoren sind sehr bedeutsam im Rahmen dieser Arbeit. Sie wer- den wiederholt im laufenden Text erwähnt und bei der Erarbeitung der Strategie sorgfältig betrachtet (http://www.innovativer-gesundheitstourismus.de/fileadmin/user_upload/pdf/ Leit- faden_Gesundheitstourismus.pdf, S. 40f., Stand 04.12.2012).
Die Unterstützung der Politik wird auch gezeigt, so gibt es zum Beispiel „auf der Ebene des Europäischen Parlaments […]Bestrebungen für Medizintouristen Erleichterungen im Reise- verkehr zu schaffen“ (http://www.internacionalcooperacion.com/Reiseinformationen-Thera- pie-Medizintourismus.htm, Stand 10.12.2012).
Die Karte im Anhang 1 repräsentiert visuell die wichtigsten medizintouristischen Bewegungen in der Welt, die hospitalscout.com in seiner wissenschaftlichen Studie präsentiert. Man kann beobachten, dass Europa sehr aktiv in diesem Bereich ist, besonders Deutschland. Russland hat dagegen nur ausreisende Medizintouristen.
Wie die Statistik zeigt, wächst die Anzahl von ausländischen Patienten jedes Jahr:
Abbildung1: Gesamtanzahl ausländischer Patienten in Deutschland, Quelle: eigene Darstellung in Anleh- nung an Statistisches Bundesamt (https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesund- heit/Gesundheit.html, Stand 10.01.2013)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zum Beispiel publizierte Spiegel Online im Januar 2013 die Daten einer Studie „Die Zahl der Gesundheitstouristen steigt rasant - besonders bei den Russen“. Von Januar bis Oktober 2011 wurde mehr als ein Fünftel Zuwachs dieser Touristen registriert (http://www.spiegel.de/reise/aktuell/studie-deutschland-ist-beliebtestes-reiseland-bei- gesundheitstouristen-a-808797.html, Stand 12.01.2013).
Die Deutsche Botschaft in Moskau hat im Jahr 2009 zur medizinischen Behandlung 5.500 Visa ausgestellt. Im Jahr 2010 ist diese Zahl auf8.000 gestiegen (vgl. http://www.medplus24. ru/magazine/technologiya/394.html, Stand 23.12.2012).
Im Januar 2010 erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift „Behandlung in Deutschland“. Die- ses Printmedium hat eine Auflage von 10.000 Exemplaren, kommt jeden zweiten Monat auf Russisch und Deutsch heraus und berichtet über die aktuelle deutsche Medizin. Die Ziele des Magazins sind „die Förderung des Patiententourismus“, „Informationsversorgung“, „Vorstel- lung der Kliniken und der modernen Behandlungsmöglichkeiten“ (http://www.medplus24.ru/ pic_lib/files/Behandlung%20in%20Deutschland%20Mediadaten%202013.pdf, S. 4f, Stand 05.01.13). Das Erscheinen der Zeitschrift beweist, dass russische Patienten sich für die medi- zinische Behandlung in Deutschland interessieren und die Nachfrage sich positiv entwickelt.
2.1 Ursachen für den Medizintourismus in Deutschland
Tatsächlich gibt es viele verschiedene Motivationen, warum die Patienten zur Behandlung in andere Länder reisen. Schon vor 20-30 Jahren waren diese Motive für den Medizintourismus die gleichen. Natürlich kann man die Globalisierung als beeinflussenden Trend nennen.
Zudem kann man vier Hauptgründe zusammenfassen.
Die Behandlung von bestimmten Krankheiten ist im eigenen Land nicht möglich oder illegal, beispielsweise Fertility Tourism: In-vitro-Fertilisation (eine Methode der künstlichen Befruchtung), Leihmutterschaft sowie Transplantation. Servicequalität der Gesundheitsversorgung, z.B. Mangel an hochtechnologischen me- dizinischen Spezialgeräten. Hauptsächlich kommt dies in osteuropäischen Ländern vor.
Sehr lange Wartezeiten im eigenen Land für eine Behandlung, wegen eines Mangels an Fachärzten. Dieses Problem kann man in Ländern wie Großbritannien, Norwegen, Finnland, Schweden und Italien antreffen (vgl. Jutta, 2009, S. 29).
Kostenersparnisse/-unterschiede. So reisen beispielsweise westeuropäische Touristen nach Polen, Tschechien und Ungarn. Die Qualität der medizinischen Leistungen ist in solchen Ländern trotz der günstigen Preise sehr gut (vgl. Rulle, 2008, S. 41).
Natürlich existieren noch mehr Gründe für die Entwicklung im Medizintourismus, beispielsweise die Verbesserung politischer Beziehungen zwischen Ländern wie Russland und Deutschland oder z.B. die Verschlechterung der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und den arabischen Ländern nach dem 11. September 2001, wegen der viele arabische Patienten andere Behandlungsorte gesucht haben.
Viele Touristen verbinden ihre Ferien in Deutschland mit der ärztlichen Behandlung. Ein anderer Teil von Touristen hat positive Assoziationen mit Deutschland wie eine sichere Atmosphäre, Vertraulichkeit, Sorgfalt etc. Für russische Patienten ist in Deutschland behandelt zu werden ein Statussymbol, das definitiv Reichtum zeigt.
Alle diese Gründe können in vielen Länden als Motivation für ausgehenden Medizintourismus dienen.
2.2 Ausländische Patienten als lukratives Geschäft
Jeder weiß, dass sich mit der Gesundheit viel Geld verdienen lässt. Kranke sind dazu bereit, ein Vermögen zahlen, um gesund zu werden. Wer kann davon profitieren? Ist Medizintourismus eine neue Chance für Krankenhäuser und die Tourismusbranche?
Heinz Lohmann, Vorsitzender der Initiative Gesundheitswirtschaft, berichtet über Medizintourismus als Chance. Er betont, dass es eine „krisensichere Wachstumsbranche“ ist. Im Vergleich zur Gesamtwirtschaft ist diese „doppelt so stark gewachsen“. Vor nicht all zu langer Zeit waren zwischen unterschiedlichen Stakeholdern noch nicht unbedingt Kooperationen entstanden. Heute ist es durch die Gesundheitsregionen wie beispielsweise „HealthRegionCologneBonn“, offensichtlich, dass die Gesundheitsbranche vielseitig ist, und „daraus könnten viele interessante Projekte entstehen“ (Gerst; Gieseke, 2009, S. 1992).
Laut einer Studie aus dem Jahr 2004betrug damals der Anteil von ausländischen Patienten etwa 0,3% (vgl. Juszczak; Zangerle, 2004, S. 1148). Zurzeit liegt der durchschnittliche Anteil bei 0,4%. Doch der Markt wächst stetig. Natürlich bilden die ausländischen Patienten im Ver- gleich mit einheimischen keine große Zahl, stellen aber trotzdem einen attraktiven Zusatzver- dienst dar. Im 2010 kamen etwa 72.000 Patienten aus 178 Ländern zur stationären Behand- lung. Infolgedessen erzielten die deutschen Kliniken dank ausländischen Patienten einen Um- satz von rund 930 Millionen Euro, sodass die Wachstumsrate 9,2% betrug (vgl. Schneider, http://www.wiso-net.de/webcgi?START=A60&DOKV_DB=BRAW&DOKV_NO=s_med_ 20121026&DOKV_HS=0&PP=1, Stand 21.12.2012).
Derzeit gilt der Medizintourismus als Nischenmarkt, wird aber auch als „Zukunftsmarkt mit dem größten Wachstumspotential“ genannt(http://www.internacionalcooperacion.com/ Rei- seinformationen-Therapie-Medizintourismus.htm, Stand 10.12.2012).
2.2.1 Ökonomische und medizinische Vorteile für Krankenhäuser
Die verbesserte Infrastruktur aufgrund der Medizintouristen sieht man sofort. Um diese Pati- enten zu erlangen, müssen viele Kliniken investieren. Laut dem Deutschen Tourismus- Verband(http://www.deutschertourismusverband.de/fileadmin/Mediendatenbank/PDFs/ Bran- chenreport_Kliniken_Gesundheitszentren.pdf, S. 7, Stand 22.12.2012) bieten Kliniken Patien- ten „Zimmer mit hotelgleichem Standard“, „sowohl Therapie als auch Medical Wellness“ und „gründen International Departments für die Akquise von ausländischen Patienten“.
Laut Juszczak und Zangerle (2004, S. 1148) lassen sich durch diese Patientengruppen „einer- seits freie Kapazitäten nutzen und anderseits zusätzliche Finanzmittel generieren“. Viele Krankenhäuser versuchen dadurch den Umsatz zu optimieren. Mit inländischen Patienten gelingt es schwieriger, daher muss man das Einzugsgebiet vergrößern. Die ausländischen Patienten bieten darüber hinaus Umsatzquellen, die extrabudgetär sind, weil seit 1998 die deutschen Kliniken Patienten aus dem Ausland „zusätzlich und außerhalb der gedeckelten Budgets ab[zu]rechnen“ dürfen.
Viele große Kliniken versuchen, die Aktivitäten, die mit dem Medizintourismus verbunden sind, zu verstärken und zu professionalisieren. So existiert zum Beispiel in Ludwigshafen ein Patientenhotel, und das Städtische Klinikum München hat ein International Department, das die Patienten von fünf Kliniken mit verschiedenen Services wie arabisch, englisch und rus- sisch sprechenden Mitarbeitern, Visumorganisation und Flughafentransfer betreut(vgl. http://www.deutschertourismusverband.de/fileadmin/Mediendatenbank/PDFs/Branchenreport _Kliniken_Gesundheitszentren.pdf, S. 18, Stand am 22.12.2012).
2.2.2 Vorteile für touristische Leistungsträger
Die ausländischen Patienten erwarten außer medizinischen Leistungen auch zusätzliche Dienstleistungen, beispielsweise Sprachkenntnisse oder Dolmetscherdienst, Organisation der Reise und Erwerb des Visums. Manche Krankenhäuser halten sogar einen speziellen Speiseplan für die Patienten bereit. So kann man sehen, dass vom Medizintourismus sowohl medizinische als auch touristische Anbieterprofitieren.
Wie Juszczak und Nöthen (2006, S. 1360) im Artikel schreiben, kann die Tourismusbranche auch „bei der Erstellung des Rahmenprogramms“ helfen. Viele Patienten wünschen sich die Betreuung von Begleitpersonen, die Organisation von Ausflugsprogrammen oder Shoppingtouren. Manche haben auch „Sonderwünsche, wie ein[en] Hubschrauber-Rundflug oder eine Einkaufstour ins europäische Ausland“.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2:Serviceleistungen für Auslandspatienten und deren Begleitung, Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Jutta, 2009, S. 52 zit. nach Ebel/Juszczak, 2006.
Die oben dargestellte Abbildung zeigt, dass die Krankenhäuser auch Leistungen von externen Anbietern nutzen. Allerdings hilft das Outsourcing, Personalausgaben zu sparen, und die Krankenhäuser können sich auf die Behandlung konzentrieren. Die meisten medizinischen Unternehmen fragen oft nach Hilfe bei örtlichen Hotelbetrieben, weil die Zimmer im Krankenhaus oft nicht den Erwartungen der VIP-Patienten entsprechen.
Auf zahlreichen Internetportalen werden Pauschal- und Individualreisen verkauft, genauso wie im klassischen Tourismus. Man kann das alles selbst aufwendig suchen und buchen, oder man stellt einen Antrag bei einer spezialisierten Reiseagentur (vgl. http:// www.internacionalcooperacion.com/Reiseinformationen-Therapie-Medizintourismus.htm, Stand 10.12.2012).
Auch die touristische Branche profitiert von ausländischen Patienten. Die Synergieeffekte zwischen medizinischen und touristischen Dienstleistungen werden detailliert in Kapitel 5 betrachtet.
3 Russland als Quellmarkt
An dieser Stelle ist es wichtig, die Bevölkerungsentwicklung im untersuchten Land zu beschreiben, in dieser Arbeit ist dies die Bevölkerung Russlands.
Nach dem Ende der Sowjetunion ist die demografische Entwicklung in Russland durch sin- kende Geburtsraten und steigende Sterberate der Bevölkerung gekennzeichnet (siehe Abbildung 3). Das alles hängt von den Kosten und Qualität der medizinischen Versorgung ab.
Die Bevölkerungsentwicklung zwischen 1980 und 2010 wird in Abbildung 3 als Diagramm dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Bevölkerungsentwicklung in der Sowjetunion (bis 1991) und in Russland (ab 1991),Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Europäische Datenbank „Gesundheit für alle“ (http://data.euro.who.int/hfadb/, Stand 15.01.2013)
Bezüglich der Lebenserwartung zeigt Russland auch nicht die besten Kennziffern. So lag laut nationalen Statistiken im Jahr 2011die durchschnittliche Lebenserwartung in Russland für Männer bei 64,3 Jahren und für Frauen bei 76,1 Jahren. Im Vergleich dazu sind die Zahlen in Deutschland höher: Die Lebenserwartung bei deutschen Männern und Frauen lag bei 76,9 Jahren bzw. 82,2 Jahren(http://russland.ahk.de/fileadmin/ahk_russland/Dokumente/ Publikationen/Russland_in_Zahlen/2012/Russland_in_Zahlen_Sommer_2012.pdf, S. 20, Stand 25.01.2012)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Lebenserwartungen in Russland (in Jahren), Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Rosstat, Statistisches Bundesamt in Russland (http://www.gks.ru/wps/wcm/connect/rosstat_main/rosstat/ ru/apps/cad333804a69acd89465dc5f17a443bf, Stand 22.12.2012)
Nach der Beobachtung der Abbildung ist es wichtig zu erwähnen, dass seit 5 Jahren die Le- benserwartung der russischen Bevölkerung ständig ansteigt, außer im Jahr 2012. Dem Bericht „Russland in Zahlen“ zufolge sind in den letzten Jahren zahlreiche Investitionen ins Gesund- heitswesen eingeflossen (vgl. http://russland.ahk.de/fileadmin/ahk_russland/Dokumente/ Pub- likationen/Russland_in_Zahlen/2012/Russland_in_Zahlen_Sommer_2012.pdf, S. 20, Stand 25.01.2012).
[...]
- Citation du texte
- Valentina Lemesheva (Auteur), 2013, Erarbeitung einer Strategie zur Einwerbung von Medizintouristen aus Russland am Bodensee, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/358073
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