Das zentrale Thema dieser Arbeit ist die Analyse der Anonymität in dem Roman Das Parfum von Patrick Süskind. Dieses Buch wurde sofort nach seiner Veröffentlichung 1985 zum Bestseller - und dies, obwohl der öffentlichkeitsscheue Autor bei seinem Verlag zuvor schüchtern angemerkt hatte, es lohne sich gewiss nicht, mehr als 5000 Exemplare davon zu drucken. Inzwischen sind weltweit mehr als 1,5 Millionen Exemplare verkauft und das Buch wurde in ca. 25 Sprachen übersetzt. Neben die hohen Verkaufszahlen traten die Lobeshymnen der Kritiker. Selten hat ein literarisches Werk sowohl bei der breiten Öffentlichkeit als auch bei den Kritikern gleichermaßen An-klang gefunden. Lobend hervorgehoben wurden die Gewandtheit des Erzählens, die intertextuellen Bezüge, der souveräne Umgang mit der litera-rischen Tradition, die satirische Tonlage, die Synthese aus Kriminal-, Bildungs- und Künstlerroman, kritisiert wurden mitunter das Epigonentum und der Eklektizismus. Erstaunlicherweise wurden die subtile und detaillierte Konstruktion der anonymen Hauptfigur, als auch die Anonymität und Beziehungslosigkeit der Nebenfiguren in Das Parfum bisher kaum Gegenstand von Untersuchungen. Literaturwissenschaftliche Arbeiten zu dem von mir gewählten Diskurs der Anonymität liegen nach meiner Kenntnis nicht vor. Dies überrascht umso mehr, als der Roman das komplexe, weitgehend kohärente Bild einer leeren, identitätslosen Persönlichkeit entwirft, die fast von Anfang an durch ihr geruchloses Selbst die Anonymität im Roman impliziert. In mehrfacher kontextueller Ausweitung werden, die gesellschaftlichen, sozialpsychologischen und ästhetischen Implikationen der Identitätslosigkeit und der Anonymität unter der Oberfläche des Erzählens sichtbar, sei es durch das postmoderne Spiel mit dem Bildungsroman, durch die Anlehnung an die Geniedarstellungen des Sturm und Drang oder die Vergleiche des Protago-nisten mit dem Teufel und dem Zeck. In dieser Arbeit werde ich zeigen, dass unter den Masken dieser Leitmotive der wahre, anonyme Charakter des Protagonisten durchscheint und dieser ist ebenso wie der Charakter der Nebenfiguren leer. Unter der Fassade des Künstlers, des Genies, des Teufels und des Zecks bleibt nichts übrig. In Das Parfum wird unter dem Deckmantel der Welt des achtzehnten Jahrhunderts das Bild einer gegenwärtigen, anonymen Welt der Oberflächlichkeiten erzeugt, in der die Simulation der Identität kaum mehr vom Original zu unterscheiden ist. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Hinführung zum Thema
1.2. Begriffsbestimmung
1.3. Vorgehensweise und Forschungsstand
2. Biographie und Werk
2.1. Biographie
2.2. Das Werk
2.2.1. Der Kontrabaß
2.2.2. Das Parfum
2.2.3. Die Taube
2.2.4. Die Geschichte von Herrn Sommer
2.2.5. Drei Geschichten und eine Betrachtung
2.2.6. Drehbücher
3. Das Parfum im Kontext der Postmoderne
3.1. Was ist Postmoderne?
3.2. Charakteristika Postmoderner Literatur
3.2.1. Vielfachkodierung
3.2.2. Pluralismus
3.2.3. Gattungsmetamorphose und Intertextuallität
3.2.4. Das Geschichtsverständnis der Postmoderne
3.2.5. Anachronistische Zeitstruktur
3.2.6. Die Wirklichkeit als Fiktion
3.2.7. Der Tod des Subjekts
3.2.8. Die Gesellschaftskritik der Postmoderne
4. Formale Interpretation von Das Parfum
4.1. Aufbau und Kompositionsstruktur
4.1.1. Gliederung des Romans
4.1.2. Das Erzähltempo
4.1.3. Die Erzählperspektive
5. Der Hauptcharakter
5.1. Jean-Baptiste Grenouille
5.1.1. Entwicklung der zentralen Gestalt
5.1.2. Die Kindheit
5.1.3. Die Lehrzeit
5.1.4. Die Wander- und Selbstfindungsjahre
5.1.5. Meisterjahre und Reifezeit
5.1.6. Zeit der Selbsterkenntnis und der Selbstzerstörung
5.2. Grenouille – Der Zeck
5.3. Grenouille - Der Teufel
5.4. Grenouille - Das Genie
6. Die Nebencharaktere
6.1. Grenouilles Mutter
6.2. Die Amme Jeanne Bussie
6.3. Der Pater Terrier
6.4. Madame Galliard
6.5. Grimal
6.6. Baldini
6.7. Der Marquis de la Taillade-Espinasse
6.8. Die Witwe Arnulfi und der Geselle Druot
6.9. Antoine Richis
6.10. Personengruppierungen
6.11. Das anonyme Ende der Nebenfiguren
7. Resümee
Anhang: Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Letzten Endes gilt man nur wegen des Wesentlichen, und wenn man das nicht hat, ist das Leben vertan."
C.G.JUNG, Erinnerungen
1.1. Hinführung zum Thema
Das zentrale Thema dieser Arbeit ist die Analyse der Anonymität in dem Roman Das Parfum von Patrick Süskind. Dieses Buch wurde sofort nach seiner Veröffentlichung 1985 zum Bestseller - und dies, obwohl der öffent-lichkeitsscheue Autor bei seinem Verlag zuvor schüchtern angemerkt hatte, es lohne sich gewiss nicht, mehr als 5000 Exemplare davon zu drucken. Inzwischen sind weltweit mehr als 1,5 Millionen Exemplare verkauft und das Buch wurde in ca. 25 Sprachen übersetzt. Neben die hohen Verkaufszahlen traten die Lobeshymnen der Kritiker. Selten hat ein literarisches Werk sowohl bei der breiten Öffentlichkeit als auch bei den Kritikern gleichermaßen An-klang gefunden. Lobend hervorgehoben wurden die Gewandtheit des Erzählens, die intertextuellen Bezüge, der souveräne Umgang mit der litera-rischen Tradition, die satirische Tonlage, die Synthese aus Kriminal-, Bildungs- und Künstlerroman, kritisiert wurden mitunter das Epigonentum und der Eklektizismus. Erstaunlicherweise wurden die subtile und detaillierte Konstruktion der anonymen Hauptfigur, als auch die Anonymität und Beziehungslosigkeit der Nebenfiguren in Das Parfum bisher kaum Gegenstand von Untersuchungen. Literaturwissenschaftliche Arbeiten zu dem von mir gewählten Diskurs der Anonymität liegen nach meiner Kenntnis nicht vor. Dies überrascht umso mehr, als der Roman das komplexe, weitgehend kohärente Bild einer leeren, identitätslosen Persönlichkeit entwirft, die fast von Anfang an durch ihr geruchloses Selbst die Anonymität im Roman impliziert. In mehrfacher kontextueller Ausweitung werden, die gesellschaftlichen, sozialpsychologischen und ästhetischen Implikationen der Identitätslosigkeit und der Anonymität unter der Oberfläche des Erzählens sichtbar, sei es durch das postmoderne Spiel mit dem Bildungsroman, durch die Anlehnung an die Geniedarstellungen des Sturm und Drang oder die Vergleiche des Protago-nisten mit dem Teufel und dem Zeck.
In dieser Arbeit werde ich zeigen, dass unter den Masken dieser Leitmotive der wahre, anonyme Charakter des Protagonisten durchscheint und dieser ist ebenso wie der Charakter der Nebenfiguren leer. Unter der Fassade des Künst-lers, des Genies, des Teufels und des Zecks bleibt nichts übrig. In Das Parfum wird unter dem Deckmantel der Welt des achtzehnten Jahrhunderts das Bild einer gegenwärtigen, anonymen Welt der Oberflächlichkeiten erzeugt, in der die Simulation der Identitätkaum mehr vom Original zu unterscheiden ist. Und doch kann das Parfum, das der Protagonist für die Simulation einer sub-jektiven Persönlichkeit aus 25 Jungfrauen zusammen mischt, ihn selbst nicht über seine Geruchlosigkeit hinwegtäuschen. In diesem Scheitern der, Selbst-findung’ Grenouilles wird die Kritik Süskinds an jener Welt schönen Scheins verdeutlicht. Ich möchte im Folgenden untersuchen, inwiefern durch das zentrale Motiv der Anonymität in Das Parfum diese beziehungslose Welt der Oberflächlichkeiten und der Simulation mit der Postmoderne und dem Leben und Werk Süskinds in Verbindung gebracht werden kann.
1.2. Begriffsbestimmung
Bevor detailliert auf die Darstellung der Anonymität innerhalb des Romans eingegangen wird, soll zunächst der Begriff „Anonymität“ definiert werden.
Der Terminus „Anonymität“ wird von mir nicht nur als Namenlosigkeit oder als Verschmelzen mit der Masse verstanden, sondern vielmehr auch als Identi-tätslosigkeit. Die Identität, die als ‚Selbst’ erlebte innere Einheit der Person definiert wird[1], die Unverwechselbarkeit des Individuums, die sich aufgrund seiner organischen Einmaligkeit und seiner spezifischen lebensgeschichtlichen Daten ergibt, fehlt dem Protagonisten. Die als ‚Selbst’ erlebte Einheit entbehrt Grenouille allegorisch durch seine Geruchlosigkeit, ebenso mangelt es dem Weisenkind an einer spezifischen Sozialisation in der Kindheit. Folglich ist Grenouilles Anonymität als das In-Erscheinung-Treten, ohne seine Identität preis zu geben, zu verstehen. Mit der Thematik der Anonymität im Sinne des Ich-Verlusts bewegt sich Patrick Süskind in einer literarischen Tradition, deren Wurzeln bereits in der Antike liegen. Seitdem haben sich viele namhafte Philosophen und Schriftsteller mit der Thematik in ihren zahlreichen Facetten befasst. Vor allem seit Beginn der Romantik wird die Frage nach dem Subjekt in der Literatur verstärkt gestellt. In der Postmoderne schließlich kommt dem Ich als (literarisches) Subjekt keine sinnkonstituierende Bedeutung mehr zu. Die Anonymität in Das Parfum soll daher im Folgenden unter anderem in einen Zusammenhang mit der postmodernen Zerstörung des Subjekts gebracht werden.
1.3. Vorgehensweise und Forschungsstand
Um die Anonymität als Leitmotiv Süskinds in ihrer Ganzheitlichkeit beleuch-ten zu können, werde ich, bevor ich verschiedene Aspekte des Romans unter-suchen werde, zunächst einen Vergleich zu dem Leben und dem Werk des Autors ziehen. Dabei soll aufgezeigt werden, dass die Anonymität nicht nur ein Thema des Romans Das Parfum darstellt, sondern sich wie ein roter Faden in dem gesamten Werk Patrick Süskinds wieder finden lässt. Selbst in der Le-bensführung des zurückgezogenen Autors kann man eine Ähnlichkeit zu den introvertierten Protagonisten seiner Romane erkennen.
Die für die Interpretation der Identitätslosigkeit und Anonymität unentbehr-lichen Spielarten der Postmoderne sollen nach einem Versuch der grundlegen-den, theoretischen Einordnung postmoderner Literatur vorgestellt werden. Um aufzuzeigen, dass die weitere Analyse des Motivs der Anonymität immer auch Bestandteil einer postmodernen Werksdeutung ist, werden die aufgeführten postmodernen Charakteristika auch anhand des Romans Das Parfum exem-plarisch, also in aller Kürze erläutert. Innerhalb der anschließenden Kapitel werde ich zudem näher auf einzelne postmoderne Besonderheiten eingehen.
Innerhalb des Werks Das Parfum soll zunächst durch eine formale Analyse untersucht werden, inwiefern Aufbau und Kompositionsstruktur des Romans, das Erzähltempo oder die Erzählperspektive das Motiv der Anonymität stützen. Anschließend werde ich die menschliche und künstlerische Entwick-lung des Protagonisten analysieren, wobei zu beachten sein wird, ob eine Intensivierung oder Abschwächung der Anonymität in verschiedenen Lebens-abschnitten auftritt. Zusätzlich soll ein Vergleich mit dem klassischen Bildungsroman-Schema Aufschluss über die Darstellung der Anonymität und über das Scheitern der Identitätsfindung geben. Des Weiteren möchte ich verdeutlichen, dass die Leitmotive des Romans (Zeck, Teufel und Genie) als Sinnbilder des Einzelgängertums des seelenlosen Protagonisten aufzufassen sind. Letztlich sollen die Beziehungslosigkeit und die anonymen Schicksale der Nebenfiguren beleuchtet werden. Durch die Auslegung ihres Verhaltens zum einen, durch die Interpretation ihrer von der Literaturkritik bemängelten, flachen Persönlichkeitsstrukturen und des anonymen Dahinschwindens zum anderen möchte ich das Bild der beziehungslosen, anonymen Welt in Das Parfum abrunden. Dabei werde ich versuchen, die vorhandenen literatur-wissenschaftlichen Diskurse zu dem Roman für mich nutzbar zu machen, um ihr Themenspektrum durch meine Ausführungen sinnvoll ergänzen zu können:
Nach dem Reigen lobender Rezensionen direkt nach dem Erscheinen des Ro-mans setzt die wissenschaftliche Reflexion erst fünf Jahre später ein. Während zuvor besonders der hohe Unterhaltungswert vom deutschen Feuilleton her-ausgestellt wurde, tritt nun erstmals die Auseinandersetzung mit der Genie-thematik in das Zentrum der Untersuchungen, durch die auf die Ernsthaftigkeit des parodistischen Verfahrens Süskinds verwiesen wird.[2] Ein weiteres Unter-suchungsfeld bildet die Intertextuallität. Dieser Brückenschlag zwischen Unterhaltung und Kunst[3] wird einerseits als parodistische Strategie Patrick Süskinds gesehen, zum anderen wird die Auseinandersetzung mit der Pastiche auf die Thematik der Individualität bezogen. Mittlerweile gibt es auch eine Reihe didaktischer Entwürfe, welche die Erschließungsmöglichkeiten des Romans sogar auf den Geographie- und Chemieunterricht ausdehnen, wobei sie zumeist auf einzelne Textphänomene abzielen, also kein Modell zur Be-handlung des vollständigen Romans präsentieren. Als praktikable Konzepte seien die Entwürfe Norbert Bergers, Reiner Poppes und Heinz Dörflers[4] genannt, die den Text in seiner Vielschichtigkeit erfassen und sowohl seine Machart, als auch die Bestsellerthematik besprechen.
2. Biographie und Werk
„Ja, so lasst mich doch endlich in Frieden“
Patrick Süßkind
Die Geschichte von Herrn Sommer
2.1. Biographie
Patrick Süskind wird am 26. März 1949 in Ambach am Starnberger See als Sohn des umstrittenen Schriftstellers, Übersetzers, Literaturhistorikers und Sprachmoralisten Wilhelm Emanuel Süskind geboren. Dieser ist unter anderem durch die gemeinsam mit Rolf Sternberger und Gerhard Stolz heraus-gegebene und verfasste Artikelsammlung "Aus dem Wörterbuch des Unmenschen" bekannt geworden.[5] Nach dem Abitur und seinem Zivildienst – um 1968 ein Zeichen des Widerstands gegen die Vätergeneration - studiert Patrick Süskind von 1968-1974 Mittlere und Neuere Geschichte in München. Während seines Studiums verbringt er zudem ein Jahr an der Universität von Aix-en-Provence.[6] Nebenher arbeitet er „unter anderem in der Ablage der Vertrags- und Patentabteilung des Hauses ‚Siemens’, in der Tanzbar ‚Zum Fliegenden Holländer’ in Berg am See und als freiberuflicher Tischtennis-Trainingspartner.“[7] Er beendet sein Magisterstudium mit einer Arbeit über das politische und soziale Engagement George Bernard Shaws.[8] Nach dem Studium zieht der von seiner Familie finanziell unterstützte Süskind nach Paris und arbeitet als freier Schriftsteller „[…] von kürzeren, unveröffentlichten Prosastücken und längeren, unverfilmten Dreh-Büchern. […]“[9]. Patrick Süskind hat bislang sehr wenig über sein Leben preisgegeben und obwohl Das Parfum in 33 Sprachen übersetzt und in einer Auflage von 8 Millionen Exemplaren verbreitet ist, weiß die große Leserschaft seiner Werke nur wenig über den Autor.[10] Er gilt als neurotisch, menschenscheu und exzentrisch. Dem Literaturbetrieb bleibt er fern, meidet öffentliche Auftritte oder Lesungen, ist fotoscheu, gibt kaum Interviews und lehnt Literaturpreise ab.[11] 1986 erhält er für den besten ausländischen Roman den in Paris verliehenen Gutenberg-Preis, welcher von Süskind ebenso abgelehnt wird, wie der Tukan- und der FAZ-Literaturpreis und zuletzt die Goldene Diogenes Eule.[12]
Sven Michaelsen schreibt 1991 im Stern:
„Das seltsame Gebaren ist Teil der notorischen Weltangst des Schriftstellers. Süskind, der hinter seine kindlich-krakelige Unterschrift stets einen Punkt setzt, flieht [vor] Hunden und bekommt als Beifahrer nervöse Zustände. Er meidet den Handschlag mit Erkälteten, und wenn jemand mit ihm anstoßen will, kommt ihm das ‚ein wenig unhygienisch’ vor.“[13]
Dass Patrick Süskind sich bisher den Erwartungen des Literaturbetriebs so konsequent verweigert hat, nimmt der Stern-Redakteur Sven Michaelsen zum Anlass,
„die letzten Regeln des Anstands über Bord zu werfen und einem genialen Schriftsteller, der einfach nur seine Ruhe haben möchte, nachzuspionieren.“[14]
Während Sven Michaelsen „[…] auf acht Seiten die übliche Melange aus Tratsch, Teleobjektiv-Bildern und übler Nachrede verbreitet (‚Neurosen-Bündel’)“[15], belässt es der Brigitte-Autor Frank Nicolaus dabei, seine skurrile, aber erfolglose Fahndung nach dem scheuen Bestseller-Autoren zu schildern[16]. Heute lebt Patrick Süskind zurückgezogen in München, Paris und Montolieu (Languedoc, Südfrankreich).
2.2. Das Werk
Bezeichnender Weise behandelt Patrick Süskind auch in seinem Werk immer wieder den „misanthropischen Einzelgänger, dessen Wesen psychopatho-logische Züge trägt“[17]. So steht in jeder seiner Arbeiten ein beziehungs-unfähiger, introvertierter Sonderling im Zentrum des Geschehens. Süskinds Figuren sind „(Anti)-Helden“[18], die sich in dem Durcheinander ihrer Seelen-fäden verwirren, als „vereinsamte, mehr oder minder psychotische Sonderlinge […] mit demselben seelischen Spezialproblem (‚Beeinträchtigungswahn’)“[19] durchs Leben gehen und ihre Umwelt durch die veränderte Wahrnehmung als feindlich betrachten. Als Folge dessen ziehen sie sich entweder auf eine “innere Lebensinsel“[20] zurück oder gehen einen verbissenen, aggressiven Feld-zug gegen die Welt an.[21]
Es ist durchaus ein roter Faden zwischen der selbst gewählten Zurückge-zogenheit und den Bemühungen um Anonymität des introvertierten Autors und der Misanthropie seiner Figuren zu erkennen. Diese Leitmotivik der Anonymität zieht sich konsequent durch das überschaubare Werk Patrick Süskinds, welches im Folgenden genauer betrachtet werden soll.
2.2.1. Der Kontrabaß
1981 wird das zunächst als Hörspiel geplante Ein-Personenstück Der Kontrabaß mit Nikolaus Paryla im Münchner Cuvilliéstheater uraufgeführt und zählt schon bald zu den meistgespielten deutschsprachigen Theater-stücken.[22]
Ein in einem schallisolierten Zimmer lebender Kontrabassist aus dem zweiten Glied des Staatsorchesters hält einen stundenlangen Monolog, um seine untergeordnete Stellung innerhalb des Orchesters, „seine Schall erzeugende, das Instrument vergewaltigende Tätigkeit und seine eigene Existenz als beamtes und verkommenes Genie“[23] zu rechtfertigen. Sein Instrument schiebt der frustrierte Kleinbürger zwischen sich und die Welt, da es die Annäherung an eine von ihm verehrte Sopranistin und das Verlassen der Isolation verhindere. So wird der zugleich gehasste und geliebte Kontrabass zum einzigen Zeugen des künstlerischen sowie menschlichen Versagens seines ich-verkümmerten Besitzers.
Autobiographische Züge erhält das Ein-Mann-Stück zum einen durch die Darstellung der peinigenden Erfahrungen eines heranwachsenden Künstlers, dessen Können nicht den allgemeinen Erwartungen entspricht. Auch in dem gutbürgerlichen Hause Süskind spielte die musikalische Grunderziehung des Sohnes eine übergeordnete Rolle. Patrick Süskind musste beispielsweise gegen seinen Willen vor den Gästen des Vaters seine Klavierkünste zum Besten geben[24]. Zum anderen wird anhand des neurotischen Kontrabassisten der innere Protest gegen den eigenen Vater thematisiert:
„Aus Haß auf den Vater beschließe ich, nicht Beamter, sondern Künstler zu werden […] und um zugleich dem Vater noch einen Fußtritt übers Grab hinweg zu versetzen, werde ich nun doch Beamter: Als Kontrabassist im Staatsorchester.“[25]
Und Schließlich betrachtet Patrick Süskind selbst sein Theaterstück als biographisch angelehnte Geschichte über Anonymität und Isolation:
„ Es geht darin – neben einer Fülle anderer Dinge – um das Dasein eines Mannes in seinem kleinen Zimmer. Ich konnte bei der Abfassung insofern auf eigene Erfahrungen zurückgreifen, als auch ich den größten Teil meines Lebens in immer kleiner werdenden Zimmern verbringe, die zu verlassen mir immer schwerer fällt. Ich hoffe aber, eines Tages ein Zimmer zu finden, das so klein ist und mich so eng umschließt, dass es sich beim Verlassen selbst mitnimmt.“[26]
2.2.2. Das Parfum
1985 gelingt Patrick Süskind mit Das Parfum ein sensationeller Welterfolg[27]. Zu der enormen Begeisterung der Leser, die sich in den Verkaufszahlen niederschlägt, kommt ein Überschwang zumeist positiver Rezensionen.[28] Das Parfum kann man als das Meisterstück Süskinds bezeichnen, da er sich hier nicht nur als postmoderner Virtuose ‚kannibalenhaft’ über die Stile der Literaturgeschichte hermacht[29], er stellt auch durch die Anonymität im Roman die Beziehungslosigkeit, die Künstlichkeit und die überhöhte Körperlichkeit der 80er Jahre dar. Seine Romanfiguren leben zum einen aneinander vorbei, zum anderen werden sie sogar in ihre flüchtigsten Bestandteile - ihre Düfte - zerstückelt, um sie in einem anonymen Menschenduftgemisch dem Menschenfeind Jean-Baptiste Grenoulille[30] überstülpen zu können. Der Roman versetzt den Leser ins Frankreich des achtzehnten Jahrhunderts, wo der hässliche Gnom Grenouille – ausgestattet mit der phänomenalen Fähigkeit, tausende von Düften zu identifizieren – zum Massenmörder wird, um den ‚absoluten Duft’ zu erfinden, damit er über seine eigene Geruchlosigkeit hinwegtäuschen kann. Er wird entdeckt und zu Tode verurteilt, doch bei seiner Hinrichtung versetzt er die zu dem Spektakel herbeiströmenden Schaulustigen mittels seines Parfums in einen Ekstatischen Taumel, der ihm kurzzeitig zur Freiheit verhilft. Denn in seinen Geburtsort zurückgekehrt, wird er von Ausgestoßenen der Gesellschaft in einer Art rituellem Opfer getötet.
2.2.3. Die Taube
Dem Sensationsroman folgt zwei Jahre später die Erzählung die Taube, deren Hauptfigur, Jonathan Noel, sich in die Reihe der von Süskind präferierten misanthropischen Charaktere einfügt.
Noel, ein Wachmann, fristet nach dem frühen und tragischen Tod seiner Eltern, abgeschlossen von der Welt, in einem winzigkleinen Mansarden-zimmer in Paris ein bescheidenes Dasein. Das exakt durchgeplante und akribisch genau geordnete Leben des „Autisten“[31] wird jedoch durch das unerwartete Auftauchen einer Taube vor seinem Fenster derart ins Wanken gebracht, dass dieser völlig verstört in ein Hotel flieht und dort beschließt, sich das Leben zu nehmen. Während eines nächtlichen Gewitters löst sich langsam die psychische Erstarrung, sodass Jonathan Noel befreit von seinen verdrängten Lebensängsten nach Hause zurückkehren kann.
Der Misanthrop Noel lebt, wie der Kontrabass-Spieler, isoliert und einsam ein minutiös geplantes Leben in einem winzigen Zimmer[32] - eben in solch einem, wie es sich Patrick Süskind in einem Interview von Theater Heute herbei-wünscht.[33]
2.2.4. Die Geschichte von Herrn Sommer
In Die Geschichte von Herrn Sommer aus dem Jahr 1991 lässt ein kleiner Junge vom Starnberger See retrospektiv zentrale Kindheitserlebnisse Revue passieren.
Alle Erinnerungen des Jungen stehen in der biographisch geprägten Novelle im Zusammenhang mit dem verschrobenen Herrn Sommer, der Tag und Nacht rastlos wie auf der Flucht um den Starnberger-See eilt und dort zufällig den Weg des Ich-Erzählers kreuzt. Der Junge wächst - wie Patrick Süskind – am Starnberger See auf und wird von seinem pferdesportbegeisterten und sprachlich versierten Vater[34] zum Klavierunterricht geschickt. Während einer Klavierstunde bringt ein Popel der Lehrerin auf der Taste Fis den Jungen derart außer Fassung, dass dieser die geforderte Diabelli-Sonate nicht mehr weiterspielen kann und daraufhin beschließt, auf dem Heimweg „aus dem Leben zu scheiden“[35]. Durch das plötzliche Auftauchen des Herrn Sommers wird er aber von seinem Suizidversuch – dem Herabstürzen von einer Rotfichte - abgehalten.
Abgesehen von deutlichen Parallelen zu Jonathan Noel aus Die Taube, der sich ebenfalls aufgrund einer Lappalie umbringen möchte und sich durch den Einfluss von außen davon abbringen lässt, finden sich Analogien zu den musikalischen Erlebnissen in Süskinds Jugend. So veranschaulicht die geschilderte Klavierstunde bei Fräulein Funkel[36] folgende Aussage Süskinds:
„Meine musikalische Ausbildung lag ab dem siebten Lebensjahr in den Händen von Frl. Traudel Schulze, Ambach, und umfasste die Einstudierung der Werke ‚Die Hunnen kommen’, ‚Album für die Jugend’ und einiger Sonaten zu vier Händen von Diabelli […]“[37]
Während der Junge auf Bäume klettert, um der Welt und den Menschen zu entfliehen, begibt sich der Titelheld auf eine Wanderschaft und verschwindet schließlich eines Nachts spurlos, nur von dem kindlichen Ich-Erzähler beobachtet im Starnberger See.
Ebenso wie Patrick Süskind gibt der menschenflüchtige Sonderling Sommer nicht viel von sich preis. Und so bleibt am Schluss der Geschichte nur der eine Satz des Herrn Sommer in Erinnerung: „Ja, so lasst mich doch endlich in Frieden!“[38]
Dieser Satz ist Patrick Süskind aus tiefster Seele nachempfunden.[39]
2.2.5. Drei Geschichten und eine Betrachtung
Die im Jahr 1986 entstandenen Prosatexte Der Zwang zur Tiefe und Amnesie in Literis werden 1995 mit den Erzählungen Ein Kampf, und Das Vermächtnis des Maitre Mussard in den Band Drei Geschichten und eine Betrachtung aufgenommen.
Der Zwang zur Tiefe ereilt in der gleichnamigen Prosaskizze laut Aussage eines Kritikers eine Künstlerin, die nach seiner ersten Kritik an ihren Bildern – sie habe nicht genug Tiefe – Ihr gesellschaftliches und schließlich ihr ganzes Leben aufgibt. Immer mehr zieht sich die junge Frau in die eigenen vier Wände zurück, lässt sich gehen und stumpft ab. Schließlich begeht sie Selbstmord, indem sie sich von einem Fernsehturm in die Tiefe stürzt.
Der in dem Nachruf beschriebene „gnadenlose Zwang zur Tiefe“[40] kann dabei als entlarvende Beschreibung der Perspektive einiger Literaturkritiker[41] bezüglich der Werke Süskinds gesehen werden. Er ist zum einen Ausdruck tiefsten Misstrauens der Interpretationsfähigkeiten dieser Kritiker, zum anderen kann er als Sinnbild des Missbrauchs postmodernen Künstler-Schaffens verstanden werden:
„ Denn spricht nicht schon aus ihren ersten, noch scheinbar naiven Arbeiten jene erschreckende Zerrissenheit, ablesbar schon an der eigenwilligen, der Botschaft dienlichen Mischtechnik, jene hineinverdrehte, spiralförmig sich verbohrende und zugleich hoch emotionsbeladene, offensichtlich vergebliche, Auflehnung der Kreatur gegen sich selbst?“[42]
Unter anderem charakterisiert Süskind in dieser Prosaskizze sein Schreiben parabelhaft als eine Absage an den gnadenlosen Anspruch (Zwang zur Tiefe), der von der Literaturkritik gefordert wird.[43]
In Der Kampf dreht sich das Geschehen um eine Schachpartie zwischen einem älteren, eher unsympathischen aber grundsolide meisterlichen Schachspieler und einem jugendlichen Spieler von einer attraktiven, jedoch unnahbaren Erscheinung voller Gelassenheit, der im Stile des Schachweltmeisters Tals zu Werke zu gehen scheint. Was dort in einem Park, umlagert von Kiebitzen, auf dem und rund um das Brett passiert, kann ebenfalls als Auseinandersetzung Süskinds mit seinen Lesern und Kritikern angesehen werden, die sich wie das Publikum im Park von einer neuen Strategie der Kunst oder von einer unkonventionellen Vorgehensweise - sei es im Schachspiel oder in der Literatur - blenden lassen und sich althergebrachtem gegenüber verschließen.
Die kleine Betrachtung Amnesie in Litteris behandelt ebenso humorvoll wie nachdenklich den literarischen Gedächtnisschwund, den wohl jeder Leser kennt, der ein gelesenes Buch nach Jahren wieder zur Hand nimmt und sich kaum an Einzelheiten erinnern kann.
2.2.6. Drehbücher
Der Autor Süskind scheut sich nicht davor, sein literarisches Werk durch Drehbücher für das Fernsehen und den Film zu erweitern und dadurch in eine belletristische, massenunterhaltende und triviale Ecke gedrängt zu werden. Als ein „Grenzgänger zwischen literarischem Anspruch und Massen-unterhaltung“[44] erzielt Süskind in den Jahren 1983 und 1986 zusammen mit Helmut Dietl Drehbucherfolge mit den starbesetzten ARD-Fernsehserien Monaco Franze - Der ewige Stenz und Kir Royal. Ebenfalls mit Helmut Dietl schreibt Patrick Süskind von 1992 bis 1996 an dem Drehbuch zu dem erfolgreichen und 1997 in München uraufgeführten Kinofilm Rossini oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief.
Dieses Jahr 2004 soll mit einer modernen Version von Orpheus und Eurydike Vom Suchen und Finden der Liebe eine weitere Koproduktion Patrick Süskinds und Helmut Dietls verfilmt werden.
Die Leitmotive der Anonymität und Misanthropie in Patrick Süskinds Werk lassen sich anhand zahlreicher Beispiele auch auf seine Koproduktionen für Film und Fernsehen übertragen: Zumeist wird ein Sittenbild der oberflächlichen und versnobten Wohlstandsgesellschaft und High Society geschaffen. Die Beziehungen der Protagonisten leiden unter deren Seitensprüngen oder unter ihrem Narzissmus und obwohl jeder jeden kennt, wirken die Hauptfiguren einsam.[45] In die Mitte dieses Ausverkaufs der Eitel-keiten setzt Patrick Süskind beispielsweise in Rossini die Figur des Jakob Windisch und karikiert sich mit der Darstellung dieses sonderlichen Schriftstellers offenbar selbst.[46] Der Romancier speist gern allein an einem nur für ihn gedeckten Tisch, den Filmvertrag für seinen Bestseller ‚Die Loreley’ lehnt er mit sturer Verbissenheit ab[47] und ein amouröses Abenteuer mit der Kellnerin geht er mit Hinweis auf sein Schriftstellerdasein gar nicht erst ein.
„Windisch (panisch): Erleben? Ich will nicht erleben! Ich bin Schriftsteller! […] hör auf…bitte kein Realismus…Serafina!“[48]
Das Selbstverständnis des postmodernen Schriftstellers Patrick Süskind wird anhand der Person des gesellschaftsfernen Jakob Windisch verdeutlicht und zugleich karikiert.
Poststrukturalistischen Theorien folgend wird in der postmodernen Literatur die Autorenpersönlichkeit angezweifelt, so dass die Einmaligkeit seiner Abwesenheit das einzige Kennzeichen für den postmodernen Schriftsteller ist und er sich bisweilen tot stellen muss.[49]
Neben der Einbettung von Das Parfum in das Werk des Anonymus Süßkind kommt man nicht umhin, einen Bezug der Motivkette des Anonymen in Das Parfum zur Postmoderne herzustellen.
3. Das Parfum im Kontext der Postmoderne
Es kommt tatsächlich kaum ein literaturwissenschaftlicher Autor oder Rezen-sent bei der Besprechung von das Parfum am Begriff Postmoderne vorbei. Paul Michael Lützeler sieht in Süskinds Roman „alles andere, als ein kon-ventionelles Kunstwerk, sondern „eines der Schlüsselwerke der deutsch-sprachigen postmodernen Literatur.“[50] Und auch nach Hartmuth Böhme „[…] haben wir den Roman zu entziffern als Rezeptur unserer Lesebedürfnisse. Und die gehen offenbar auf postmodernes Allerlei.“[51] Ebenfalls kritisch befasst sich Frank Luch in einem Artikel des „Merkur“ mit Süskinds Roman Das Parfum und stellt fest, dass er typische Charakteristika postmodernen Erzählens auf-weist, ebenso, wie beispielsweise Umberto Ecos Der Name der Rose oder Klaus Modicks Das Grau der Karolinen.[52]
Dabei ist die Frage ‚Was ist Postmoderne?’ noch nicht hinreichend geklärt. Bevor also Patrick Süßkinds Roman Das Parfum in die postmoderne Terminologie eingeordnet werden kann, muss näher auf das Konzept der Postmoderne unter Berücksichtigung der Schlüsseltexte zur Postmoderne-Diskussion eingegangen werden.
3.1. Was ist Postmoderne?
Wolfgang Welsch spricht in der Einleitung zu „Wege aus der Moderne“ von der Postmoderne als einem ‚Reizwort’[53]. Umberto Eco, der der Postmoderne positiv gegenübersteht, hat darauf hingewiesen, „dass postmodern heute ein Passepartoutbegriff“ ist.[54] Ist sie als „ein begrifflich unscharfes modisches Schlagwort der Kulturkritik von fraglichem Erkenntniswert für Tendenzen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts“[55] aufzufassen, oder ist sie einfach „ein anderes, konsequenteres Begreifen der Moderne“[56] ? Hat die Post- Moderne, wie der Name vermuten lässt, die Moderne als literarische Epoche abgelöst oder bedeutet sie eine Weiterentwicklung der Moderne?
Wolfgang Welsch sieht schon den Begriff der „Moderne“ ambivalent und kommt daher auch zu keiner einheitlichen Position. So fungieren „ganz unterschiedliche Modernen als Gegenfolien von Postmoderne- Verständnissen“.[57] Er unterscheidet folgende drei Moderne-Begriffe: Die Neuzeit, die neuzeitliche Moderne und die radikale Moderne, wobei die Postmoderne an letztere anknüpft, sich aber von der neuzeitlichen abgrenzt.[58] Eine wesentlich klarere Position bezieht Leslie Fiedler in dem Essay „Überquert die Grenze, schließt den Graben“, in dem er von einem Todeskampf der Moderne spricht, die für ihn schon der Geschichte angehört und nicht mehr der Wirklichkeit.[59] Postmoderne lässt sich jedoch nicht nur durch ihre Differenz zur Moderne definieren. Vielmehr geht die Moderne konstitutiv und andauernd mit ihrer Postmoderne schwanger[60]. Gemeint ist damit, dass die Postmoderne gleichzeitig Themen und Probleme, Fragestellungen und Diskurse, die schon in der Moderne angelegt sind, weiterentwickelt, bzw. einige Charakterzüge redigiert. Für Lyotard stellt die Postmoderne nicht mal eine neue Epoche oder einen Periodenbegriff dar, sondern lediglich einen „Gemüts- oder Geisteszustand“.[61] Und auch Fredric Jameson sieht die Postmoderne nicht als Epochenbegriff, sondern versteht sie als eine “kulturelle Dominante“[62]. Demnach antwortet die Postmoderne auf Paradigmen der Moderne, die sich nicht mehr in einen traditionellen Verständniszusammenhang einbinden lassen. Dennoch spitzt die Postmoderne dabei nur Probleme zu, die in der Moderne schon angelegt waren. Über die Postmoderne zu sprechen heißt also, neue Wahrnehmungsweisen und einen Diskurs zu beschreiben, durch den schon vorher aufgeworfene Fragen anders geordnet, weitergeführt und unter einem postmodernen Blickwinkel neu betrachtet werden.[63] Die Postmoderne als Epochenbegriff aufzufassen umgeht auch Umberto Eco, der sie zum einen als „zeitlich begrenzte Strömung“[64] bezeichnet und in ihr zum anderen eine Geisteshaltung, nämlich ein „Kunstwollen“[65] sieht. Er zieht eine Linie zwischen der Moderne und der Postmoderne:
„Es kommt der Moment, da die Avantgarde [also die Moderne] nicht mehr weitergehen kann, weil sie inzwischen eine Metasprache hervorgebracht hat, die von ihren unmöglichen Texten spricht [die Concept Art]. Die Postmoderne Antwort auf die Moderne besteht in der Einsicht und Anerkennung , daß die Vergangenheit, nachdem sie nun einmal nicht zerstört werden kann, da ihre Zerstörung zum Schweigen führt, auf neue Weise ins Auge gefasst werden muß: mit Ironie, ohne Unschuld.“[66]
Nassan sagt, an der Erschöpfung der Moderne setzte die Postmoderne an.[67] Laut Eco zerstöre die Avantgarde die Vergangenheit bis zur „leeren Seite“, zur „weißen Leinwand“[68]. Die Postmoderne dagegen akzeptiert „die Herausforderung der Vergangenheit, des längst schon Gesagten“[69] und nimmt sich dieser Herausforderung spielerisch an.
„In Bezug auf den Umgang mit der Vergangenheit bedeutet dies insbesondere, dass dieser unverkrampfter entgegnet wird. Statt ständig zu Versuchen, sich von der Vergangenheit abzugrenzen bzw., sie zu zerstören, setzt ein postmoderner Künstler deren Erfahrungsschatz und Konventionen ganz bewusst ein, um seine Ausdrucksmöglichkeiten zu erweitern.“[70]
Auch Ihab Hassan betont den hohen Stellenwert der Ironie in der Post-moderne, die ganz ohne Grundprinzip oder Paradigma sich dem „Spiel, Wechselspiel, Dialog, Polylog, der Allegorie, der Selbstspiegelung, kurz der Ironie“[71] hinwende. Der Postmoderne-Theoretiker John Barth beschreibt den „idealen postmodernen Schriftsteller“ folgendermaßen:
„Mein Idealer postmoderner Schriftsteller imitiert nicht und negiert auch nicht seine Eltern im zwanzigsten, noch seine Großeltern im neunzehnten Jahrhundert. Er hat die Moderne verdaut, aber er trägt sie nicht als bedrückende Bürde mit sich herum.“[72]
Statt ästhetische Neuerungen einzuführen, bedient sich die Postmoderne somit ganz bewusst traditioneller Schreibweisen, um zu betonen, dass es originäre Schreibweisen nicht geben kann, da jeder Text in althergebrachte Texttraditionen verstrickt ist.[73] So ist im Zusammenhang mit der Postmoderne häufig von einer Wiederkehr des Erzählens die Rede, von dem sich die Moderne bis zur Zerstörung desselben distanziere und das die Postmoderne unter neuen Voraussetzungen wieder rehabilitiere. So lassen (postmoderne) Gegenwartsautoren wie Patrick Süßkind, Sten Nadolny oder Robert Schneider „totgesagte Helden auferstehen und sie Abenteuer in exotischen Welten erleben“[74], wobei sie den roten Faden, den die ästhetische Moderne einst zerrissen hatte, wieder aufnehmen und auf ironisch-spielerischer Weise weiterspinnen.[75] Die epistemologische Erzählhaltung der Moderne hat sich in der Postmoderne, wie Lützeler in Anlehnung an McHale anmerkt, zu einer ontologischen Haltung des Erzählens von Geschichten gewandelt:
„Während nämlich in der Dichtung der Moderne die Frage nach dem Wie der Weltinterpretation im Vordergrund stand, dominiert in der Literatur der Postmoderne die Frage nach dem Was der Welt[…]“[76]
Dies bedeutet für das Erzählen, dass „nicht nur das Mittel des Erzählens, sondern das Erzählen selbst“[77] überprüft wird, so dass die Existenzweise eines Textes im Text Gegenstand der Reflexion wird.[78] Nicht zu trennen ist die Postmoderne auch von den Erkenntnissen der philosophischen Moderne, die in postmoderne Literatur einfließen und unter postmodernen Vorzeichen verarbeitet werden. Seien es die Erkenntnisse der ästhetischen Moderne, besonders die Werke Friedrich Nietzsches[79], oder der von dieser Moderne ausgehenden Vernunftkritik Horkheimer und Adornos, ebenso wie die Einflüsse der Psychoanalyse Freuds.[80]
Aber noch einmal zurück zu Leslie Fiedler. Die von ihm propagierte Über-querung der Grenze, die Überbrückung des Grabens zwischen Massen- und Elitekultur weist wohl auf die stärkste Differenz zwischen Moderne und Postmoderne hin. Sein Plädoyer für die „Pop-Kunst“[81], die Literatur für Jedermann, findet in der Postmoderne ihren Niederschlag. Werke wie Umberto Ecos Name der Rose, Robert Schneiders Schlafes Bruder oder auch Patrick Süskinds D as Parfum schließen den Graben zwischen Bestseller-Roman und gehobener Literatur, zwischen unterhaltender und ernster Literatur.
„Traditionell erzählt, spannend auf die Handlung orientiert, akzeptabel für das breite Publikum, vergnüglich dabei, aber mit Ironie, ohne Unschuld das ist das literarische Programm des Postmodernismus […]“[82]
Im Sinne Fiedlers sind diese Autoren „Doppelagenten“, verbinden nicht nur Elitäres und Populäres, auch „Wahrscheinliches und Wunderbares, Wirklich-keit und Mythos, Bürgerlichkeit und Phantastik, Professionalität und Amateur-status“[83]. Ihre Werke entsprechen der Vorstellung einer idealen postmodernen Prosa:
„ Der Ideale postmoderne Roman müßte den Streit zwischen Realismus und Irrealismus, Formalismus und ‚Inhaltismus’, reiner und engagierter Literatur, Eliten- und Massenprosa überwinden.“[84]
Eine Verbindung von „hinreichend problemhaltigen und dabei amüsanten Roman[en]“[85] in Kombination mit der Wiederentdeckung der Handlung und des Vergnügens ist für Eco erst von den Vertretern der Postmoderne theoretisch umgesetzt worden. Eine eindeutige theoretische Einordnung der Postmoderne ist jedoch sehr schwer, wenn nicht gar völlig unmöglich.
3.2. Charakteristika Postmoderner Literatur
Auch wenn sich die Literaturwissenschaft bei der genauen Definition von Postmoderne und ihrer Einordnung noch nicht ganz schlüssig ist, ist eine Bestimmung der Merkmale postmoderner Literatur durchaus möglich. Sogar die Autoren, die gar nicht erst von einer Postmoderne sprechen wollen, kommen nicht umhin, für die aktuelle Gegenwartsliteratur Einflüsse, Elemente und Motive zu benennen, die auch in der Postmoderne-Debatte thematisiert werden.[86] Verschiedene Merkmale postmoderner Literatur sind schon in der Abgrenzung zur Moderne angesprochen worden: die Wiederkehr des Erzählens, die Wiederentdeckung der Handlung, die Betonung der Unmög-lichkeit von literarischer Originalität sowie die Verbindung von Eliten- und Massenkultur. Diese sollen nun zum Teil noch einmal aufgenommen werden, um sie genauer erläutern zu können. Die der postmodernen Literatur zuordbaren Merkmale sind meist nicht neu, nicht in ihrer Singularität bestimmend für die Postmoderne, sondern wiederum als Bekenntnis an die Unmöglichkeit einer literarischen Originalität zu verstehen.[87] Die Postmoderne strebt also nicht etwas Ursprüngliches an, sie wirkt vielmehr dadurch erneu-ernd, dass sie selbst einander widersprechende Spielarten in sich aufnimmt.[88]
Anhand des Romans Das Parfum sollen diese Charakteristika im Folgenden exemplarisch, also in aller Kürze erläutert werden. Auf solche Merkmale, die auch für die Interpretation der Identitätslosigkeit und Anonymität von belang sind, soll etwas ausführlicher eingegangen werden, um aufzuzeigen, dass die weitere Analyse des Motivs der Anonymität immer auch Bestandteil einer postmodernen Werksdeutung ist. An dieser Stelle soll also eine literaturtheoretische Grundlage für die weitere Analyse der Anonymität in Das Parfum geschaffen werden. In gegebener Kürze soll aufgezeigt werden, ob der Roman das postmoderne Selbstverständnis für sich in Anspruch nehmen kann und inwiefern in ihm möglicherweise Kritik an dem postmodernen Künstlertum durchscheint.
3.2.1. Vielfachkodierung
Der Terminus der Doppelkodierung ist der postmodernen Architektur-Debatte entnommen und bezeichnet nach Charles Jencks eine Architektur, die sowohl auf eine kulturelle Elite als auch auf den Normalbürger zugeschnitten scheint. Es handelt sich dabei jedoch, wie Welsch betont, „um eine vielfache Kodierung, die, auf mehreren Ebenen vor sich gehend, sehr unterschiedliche Segmente des Publikums erreichen will.“[89] Es reicht nicht aus, allein die zwei-geteilte Ausrichtung auf Elite und Masse zu benennen, um die verschiedenen Kodierungen eines Textes zu klassifizieren. Zudem meint Vielfachkodierung nicht allein, dass der postmoderne Text – wie alle literarischen Texte – mehrere Lesarten ermöglicht, sondern dass der Autor prinzipiell mehrere, ganz unterschiedliche Erwartungshaltungen der Literatur gegenüber berücksichtigt. Gleichzeitig bietet die postmoderne Literatur ein und demselben Leser die Möglichkeit einer Lektüre auf mehreren Deutungsebenen.[90] In enger Verknüpfung zum Postulat der Pluralität zeigt sich hier ein weiteres Indiz für die Abkehr von einheitlichen Deutungsmustern, die für die Postmoderne programmatisch ist. Nicht das Interpretationsergebnis ist demnach wichtig, sondern der Prozess der Interpretation steht im Vordergrund. „Der Freiheit des Autors bei der Aneignung der literarischen Tradition entspricht die Freiheit des Lesers bei der Aneignung des einzelnen Literarischen Werkes.“[91]
Judith Ryan beschreibt das Problem der Doppel- und Vielfach-kodierung des Romans Das Parfum, der in ihren Augen nicht nur ein Beispiel für postmoderne Literatur, sondern gleichzeitig einen Diskussionsbeitrag zur Postmoderne darstellt. Der Roman hat durch seine verschiedenen Lesarten gleichzeitig eine literarisch vorgebildete Leserschaft und ein Massenpublikum angesprochen und konnte so zum Bestseller werden. Auf eine Lesergruppe wirkte wohl vor allem die Umschlaggestaltung und der Untertitel Geschichte eines Mörders, die scheinbar signalisieren, dass es sich um einen Kriminalroman handelt, obwohl das Schema des Kriminalromans nicht durchgehalten wird. Eine andere Leserschaft fühlte sich vielleicht durch intertextuelle Bezüge in ihren kulturellen Interessen bestätigt. Einige Leser wurden durch die Detail-Zeichnungen von Paris des 18. Jahrhunderts fasziniert oder andere auf eine makabre Art von der perversen und grotesken Hauptfigur angezogen, die distinguierte und doch sehr eingängige Gegenwartssprache des Erzählers[92] war sicherlich auch sehr eingänglich.
Anhand dieses ausgedehnten Interessenspektrums, dieser Vielfalt an Reizen, Bezügen und Handlungsfäden, die der Leser stringent oder willkürlich zusam-menfügen oder aneinanderreihen kann, lässt sich die Vielfachkodierung in Das Parfum aufzeigen.[93] Problematisch wird diese Vielfachkodierung jedoch, wenn Ihre Signale nicht erkannt werden. Die Erwartungen eines Lesers, der nur und ausschließlich den Kriminalroman in Das Parfum sieht, laufen sicherlich ins Leere: Der Protagonist Grenouille mordet nur, um den Duft der 26 getöteten Jungfrauen zu fangen, ihr Körper interessiert ihn nicht. Grenouille ist kein Triebtäter, nur zwei von 26 Morden werden ausführlich beschrieben, der Mörder mordet nüchtern und denkend, um den Duft seiner Opfer besser einfangen zu können. Die übrigen 24 Morde werden sehr gerafft dargestellt. Süskind schreibt also überhaupt nicht reißerisch. Weder kann der Leser den Mörder ausfindig machen und sich so als Detektiv üben, noch wird eine Romanfigur als geschickter Verfolger dargestellt. Der vermeintlich historische Roman Das Parfum wird einen Leser gleichfalls enttäuschen, da die Handlung an vielen Stellen plötzlich in eine Fantasiegeschichte umschwenkt.[94] Schon zu Beginn wird der Protagonist dem Leser als eine der "genialsten und abscheulichsten Gestalten"[95] des 18. Jahrhunderts, also als eine historische Person vorgestellt. Diese vermeintliche Historizität wird an vielen Stellen jedoch widerlegt oder gebrochen. Beispielsweise wenn der Erzähler Grenouille als "[...] ein Wesen“ beschreibt, „das es eigentlich nicht geben dürfte, ein Wesen, das, wiewohl unleugbar da, auf irgendeine Weise nicht präsent war"[96] und damit seinen Helden in den Bereich der Fiktion, der Phantastik rückt.
Patrick Süskind spielt mit der Lesererwartung und dem Intentionsbemühen des Lesers durch die oben genannte Abkehr von einheitlichen Deutungsmustern, die für die Postmoderne programmatisch ist. Ein eindeutiges Interpretationsergebnis ist demnach unmöglich. In diesem Sinn steht nur noch der Prozess der Interpretation im Vordergrund.
3.2.2. Pluralismus
„Postmodernes liegt da vor, wo ein grundsätzlicher Pluralismus von Sprachen, Modellen, Verfahrensweisen praktiziert wird, und zwar nicht bloß in verschiedenen Werken nebeneinander, sondern in ein und demselben Werk, also interferentiell.“[97]
Damit ist schon viel über die Postmoderne gesagt: Pluralismus ist nicht nur das Schlagwort der Postmoderne, sondern vor allem der Begriff, an dem sich viele postmoderne Kennzeichen orientieren.
Die in diesem Terminus implizierte Offenheit und Vielschichtigkeit kann programmatisch für die Postmoderne angesehen werden. Ihre Texte sind bewusst offen und ambivalent, ein Postulat für das „offene Kunstwerk“ mit seinen gewollt unterschiedlichen, zum Teil bewusst widersprüchlich und vielfältig angelegten Interpretationsmöglichkeiten, ein Zeichen der Abkehr von geschlossenen Strukturen – ein Pluralismus von Gattungen, Traditionen, Stilen, Themen und Diskursen. Pluralismus soll jedoch nicht missverstanden werden als Beliebigkeit „ohne Deutbarkeit“[98] nach dem von Kritikern der Postmoderne gern zitierten Motto „anything goes“[99], sondern als Eingeständnis an die Veränderung der Gesellschaft gesehen werden, in deren Informationsvielfalt ein Zeichen nicht mehr nur auf ein Bezeichnetes hinweißt, sondern wieder nur auf andere Zeichen deutet, also seine Eindeutigkeit verloren geht. Dabei stehen nicht nur die ‚äußeren’ Merkmale, sondern auch die thematischen Schwerpunkte postmoderner Literatur unter dieser „Unein-deutigkeit der Zeichen“ und einer „Unbestimmtheit der Welterfahrung“.[100]
Der Pluralismus umfasst als Oberbegriff viele postmoderne Kenn-zeichen, die jeweils in den einzelnen Kapiteln genauer betrachtet werden sollen. In dem Roman Das Parfum wird durch eine Mixtur von Gattungen, Traditionen, Stilen, Themen und Diskursen die ‚Öffnung’ geschlossener Strukturen vollführt, so dass das freie Spiel mit der Pluralität möglicher Sprachwelten den Romanton bestimmt. Die Stile und Erzählverfahren der Literaturgeschichte stehen Süskind dabei zur Verfügung, „den Originalitäts-wahn des Individuums, seinen Elitedrang und seine Gefahren“[101] zu entlarven.
Inhaltlich dient das künstlich geschaffene Ich Grenouilles, der sich aus dem Duft von 25 Jungfrauen neu erschafft, als Muster postmoderner Pluralität. Als Süskinds Eingeständnis an die Veränderung der Gesellschaft allegorisiert die pluralistische Duftmaske des identitätslosen Protagonisten die Vielfalt der Zeichen, aber auch die Gefahr, die hinter der Vieldeutbarkeit steckt. So be-leuchtet er durch die Darstellung des sich im Pluralismus auflösenden Einzelnen die Gefahren der Informationsgesellschaft und der Welt der neuen Medien, in der der einzelne in der Anonymität zu entschwinden droht.[102] Die Zahl der geifernden Zuschauer bei Grenouilles Hinrichtung gerät bei dem Auftritt des Maskierten in eine dionysische Extasse, lässt sich von seiner zusammen gebastelten Duftmaske täuschen und verschmilzt zu einer Urmasse.[103] Süskind verweist, indem er Grenouilles als Gott der Zerrissenheit darstellt und die entsubjektivierte Masse „zum größten Bacchanal […], das die Welt seit dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert gesehen hatte“[104] antreten lässt, auf den Ursprung der postmodernen Pluralität im Geiste Nietzsches.
[...]
[1] Vergl. Duden, Fremdwörterbuch, Mannheim 1997
[2] Vergl. Wolfgang Hallet, Das Genie als Mörder.
[3] Vergl. Gottfried Wilems, Die postmoderne Rekonstruktion des Erzählens; vergl. Judith Ryan, Pastiche und Postmoderne.
[4] Vergl. Berger, Das Parfum; Poppe, Patrick Süskinds Das Parfum; Dörfler, Das Parfum im Unterricht.
[5] Zu ausführlicheren Angaben über Wilhelm Emanuel Süskind vergl. Frizen/Spancken: Das Parfum. S. 7f.
[6] Vergl. ebd.
[7] Diese ironischen Äußerungen sind mit die einzigen Angaben, die Süskind zu seiner Person macht. Patrick Süskind: Der Autor stellt sich vor. S. 42.
[8] Patrick Süskind selbst spricht selbstironisch von einem Referat: „[…] welches ich 1974 mit einem Hauptseminar bei Prof. Ludwig Hammermeyer […] und einem Referat über ‚George Bernard Shaws politisches und soziales Engagement nach 1918’ mit recht gutem Erfolg beendete. Süskind, Der Autor, S.42.
[9] Ebd.
[10] Vergl. Fritzen/Spancken, Das Parfum, S. 7
[11] Vergl. Ulrich Pokern: Der Kritiker als Zirku(lation)sagent. S. 70.: „Aus panischer Angst davor, im Mittelpunkt zu stehen, bin ich nicht gekommen“ Patrick Süskind.
[12] Vergl. Eckhard Franke. Patrick Süskind. In: Kritisches Lexikon der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, (www.klgonline.de)
[13] Sven Michaelsen .Patrick Süskind. Das Versteck eines Phantoms.
[14] Ben Vart. Die fünfte Gewalt – Wege durch den Mediendschungel. S. 20
[15] Ebd.
[16] Vergl. Frank Nicolaus. Patrick Süskind flüchtig wie Parfüm.
[17] Dunstmair, Susanne: Patrick Süskind. S. 602f
[18] Eckhard Franke, Süskind
[19] Ebd.
[20] Ebd.
[21] Vergl. ebd.
[22] Vergl. Frizen/Spancken: Das Parfum. S. 9
[23] Ebd.
[24] Er hämmerte aus Trotz allerdings „Die Hunnen kommen“ auf sein Klavier. Vergl. Werner Schmidmaier: Gesucht wird Patrick Süskind. S. 47-50.
[25] Süßkind: Der Kontrabaß. S. 17.
[26] Süßkind: Der Autor. S. 81.
[27] Die erste Auflage von 100.000 Exemplaren war innerhalb von Monaten vergriffen 600.000 Ausgaben waren nach zwei Jahren im deutschsprachigen Raum gekauft worden. Der Roman hielt sich über sechs Jahre auf den Bestsellerlisten. Er wurde in über 20 Sprachen übersetzt und weltweit wurden 6 Millionen Exemplare aufgelegt. Vergl. Bernd Matzkowski: Erläuterungen zu Patrick Süskind, Das Parfum. S. 16f.
[28] Vergl. z.B.: Marcel Reich-Ranicki: Des Mörders betörender Duft. Patrick Süskinds erstaunlicher Roman Das Parfum; Wolfram Schütte: Parabel und Gedankenspiel. Patrick Süskinds erster Roman Das Parfum; Wolfram Schütte: "Das Parfum" und Unmenschlichkeit. Mengele von Süskinds Roman aus gesehen . S.17; Gerhard Stademeier: Lebens-Riechlauf eines Duftmörders. Patrick Süskinds Roman Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders.
S. 51.; Jürgen P Wallmann: Der Duft des großen kleinen Genies; Beatrice von Matt: Das Scheusal als Romanheld.
[29] Vergl. Judith Ryan: Pastiche und Postmoderne. S. 91.
[30] Im Folgenden wird der Einfachheit halber nur von Grenouille die Rede sein.
[31] „Der Protagonist Jonathan Noel, aufgrund eines traumatischen Kindheitserlebnisses zum Autisten geworden, findet Rückhalt nur in der zwanghaften Ritualisierung seines Alltags.“ Susanne Dunstmair: Patrick Süskind. S. 602.
[32] Bernd Matzkowski, Das Parfum, S.14.
[33] Vergl. Süßkind, der Autor stellt sich vor, S. 81.
[34] „Der Vater des Erzählers hat nämlich das Geburtsdatum und einige typische Interessen unseres berühmten, unvergessenen SZ-Kollegen W.E. Süskind.“ Joachim Kaiser: Das Süskind-Syndrom. Anmerkungen zur „ Geschichte von Herrn Sommer “. S. 4.; Vergl. Matzkowski, Das Parfum, S. 14
[35] Süskind, Die Geschichte von Herrn Sommer., S. 94.
[36] Ebd. S.66 -91.
[37] Süskind, Der Autor, S.81.
[38] Süskind, Die Geschichte von Herrn Sommer, S. 39,129.
[39] Vergl. Raab/Oswald: Patrick Süßkind, Das Parfum, S. 21.
„Eigentlich ist es mehr die Geschichte von Herrn Süskind selbst“ N.N.: Riss in der Idylle. Neues von Patrick Süskind: Die Geschichte von Herrn Sommer. S. 301-303.
[40] Ebd., S. 19.
[41] Horst Karasek z.B. bezeichnet Das Parfum als Kitsch, dessen Essenz „nie unter die Haut“ gehe. Vergl. Horst Karasek: „Anrüchig“.
[42] Ebd., S. 18-19.
[43] Vergl. Süskind, Drei Geschichten, S. 9-18.
[44] Matzkowski, Das Parfum, S. 13.
[45] Vergl. Hruska/Evermann, Der neue Serien-Guide.
[46] vergl. Frizen/Spancken, Das Parfum, S. 10.
[47] Auch Patrick Süskind hat sich lange Zeit gegen den Verkauf der Filmrechte zu Das Parfum gewehrt und überließ diese erst 2001 dem Produzenten von Rossini, Bernd Eichinger.
[48] Süskind, Rossini, S. 122.
[49] Vergl. Michel Foucault, Was ist ein Autor? S.13.
[50] Paul Michael Lützeler: Einleitung, Von der Spätmoderne zur Postmoderne. S. 17.
[51] Hartmuth Böhme: Synthetischer Zauber. S. 29.
[52] Dabei stellt für Frank Luch die postmoderne Erzählweise kein Qualitätsmerkmal dar. Für Ihn ist sie vielmehr ein „Nullsummenspiel, operativ wertlos, ein kontemplativer Gag.“ Frank Luch: Erkennen Sie die Melodie? Postmoderne Romane. S. 894.
[53] Vergl. hierzu Wolfgang Welsch: Einleitung, Wege aus der Moderne, S. 1.
[54] Vergl. Umberto Eco: Nachschrift zum „Namen der Rose“. S.77.
[55] Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur. S. 702.
[56] Kurt Bartsch: Dialog mit Antike und Mythos, S. 129.
[57] Welsch, Unsere Postmoderne Moderne, S. 47.
[58] Vergl. ebd., S. 66.
[59] Vergl. Leslie Fiedler: Überquert die Grenze, schließt den Graben! S. 57.
[60] Vergl. Jean-Francois Lyotard: Die Moderne redigieren. S. 205.
[61] Lyonard; zit. nach Welsch, Unsere Postmoderne Moderne, S. 35.
[62] Fredric Jameson: Postmoderne - Zur Logik der Kultur im Spätkapitalismus S. 47ff.
[63] Vergl. Nikolaus Förster: Die Wiederkehr des Erzählens. Deutschsprachige Prosa der 80er und 90er Jahre. S. 9.
[64] Eco, Nachschrift, S. 77.
[65] Ebd.
[66] Eco, Nachschrift, S. 78.
[67] Vergl. Ihab Nassan: Postmoderne heute. S. 48.
[68] Eco, Nachschrift, S. 78.
[69] Ebd.
[70] Dieter Hoffmann: Postmoderne Erzählstrukturen und Interkulturalität in Sten Nadolnys Roman Selim oder die Gabe der Rede. S. 120f.
[71] Ihab Hassan, Postmoderne heute, S. 51.
[72] Roland Barthes; zit. nach Eco, Nachschrift.
[73] Vergl. Ingeborg Hoesterey. Verschlungene Schriftzeichen.
[74] Förster S. 123.
[75] Vergl. Förster, S. 78.
[76] Vergl. Lützeler, Von der Spätmoderne, S. 13.
[77] Lützeler, Von der Spätmoderne, S. 13.
[78] Vergl. Lützeler, Von der Spätmoderne, S. 13.
[79] Vergl. Gianni Vattimo: Nihilismus und Postmoderne in der Philosophie. S. 233.
[80] Vergl.: Jean-Francois Lyotard: Die Moderne redigieren. S. 206f.
[81] Fiedler, Überquert die Grenze, S. 70.
[82] Nils Höpfner: Grenouille, das Nasenmonster. S. 7.
[83] Welsch, Wege, S. 22.
[84] Roland Barthes, zit. nach Eco, Nachschrift, S. 81.
[85] Eco, Nachschrift, S. 76.
[86] Vergl. zum Beispiel Gottwalds Ausführungen zur „Wiedergeburt des Erzählens“, S. 7; oder auch den Beitrag im Sachwörterbuch der Literatur von Wilpert, der Elemente wie die Abwendung vom konventionellen esoterischen Modernismus und den „Historisch gewordenen Avantgardismen“ sowie, wenn er sie auch als widersprüchlich bezeichnet, „eine Vielzahl von neuen, spielerischen, offenen, den Rezipienten einbeziehenden Kunstformen“ aus „Kitsch, Klischee, Zitat, Collage, Pastiche und Travestie“ benennt, S. 702f. Fülleborn zählt drei Charakteristika von Literatur Heute auf: „Literatur entsteht aus Literatur“ (Intertextuallität); „Kunst ist Spiel“ und „Literatur für Leser“ (Ansprechend für das Massenpublikum im Sinne Leslie Fiedlers); Vgl. Ulrich Fülleborn: Christoph Ransmeyr, Die letzte Welt. S. 374f.
[87] Sie sind zudem häufig aneinander geknüpft und selten unabhängig von anderen Merkmalen postmoderner Literatur zu sehen. Die hier im Folgenden aufgezählten Charakteristika sollen nur kurz angerissen werden, um für die Analyse des Romans herangezogen und in seinem Kontext ausführlicher betrachtet werden zu können.
[88] Vergl. Peter Zima: Moderne Postmoderne. Gesellschaft, Philosophie, Literatur. S. 270.
[89] Wolfgang Welsch: Unsere postmoderne Moderne, S. 19.
[90] Vergl. Hoffmann. S. 126.
[91] Hoffmann. S. 125.
[92] Auf die Sprache des Erzählers wird in dem Kapitel 3.2.3. Erzählperspektive genauer eingegangen.
[93] Vergl. Judith Ryan, Pastiche und Postmoderne. Patrick Süskinds Roman Das Parfüm, in: Lützeler, Spätmoderne, S. 91- 103, hier 92-94.
[94] „[…] daß Süskind auch das Phantastischste, das eigentlich Unglaubhafte derart erzählt, daß ihm der Leser willig folgt“, betont auch Jürgen P. Wallmann: Der Duft des großen kleinen Genies.
[95] Süskind, Parfum, S. 5.
[96] Süskind, Parfum, S. 195.
[97] Welsch, unsere postmoderne Moderne, S. 16f; siehe auch Welsch, Einleitung, S. 14: „[…] Pluralität war zwar ein Stichwort schon der Moderne, aber erst ihre Radikalisierung führt zur Postmoderne.“
[98] Wilpert, S. 703.
[99] Vergl. Bartsch, Dialog, S. 129; Zum damit einhergehenden Vorwurf der Beliebigkeit siehe auch Welsch, Wege, S. 19. Zu „anything goes“ als Schlagwort geprägt von Feyeraend (dort positiv konnotiert) verl. Welsch, Wege, S. 19
[100] Hassan, S. 49
[101] Frizen/Spancken, Das Parfum, S. 106
[102] Die Anonymität der Neuen Medien soll an andere Stelle ausführlicher beleuchtet werden.
[103] Vergl. Süskind, Das Parfum, S. 303-308 mit Friedrich Nietzsche: Die Geburt der Tragödie. In: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe in 15 Bänden. Hrsg. V. Giorgio Colli u. Mazino Montinari. München 1980
[104] Patrick Süskind, Das Parfum, S. 303
- Arbeit zitieren
- Anette Biele (Autor:in), 2004, Die Anonymität im Roman: Das Parfum von Patrick Süskind, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35793
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