Die folgenden Seiten sind dem Thema „Werte und Traditionen in Japan“ gewidmet. Damit beziehe ich mich vor allem auf die heutige Gesellschaft und ihre Entstehung in den letzten Jahrzehnten. Als jemand der noch nie in Japan war und auch so gut wie keinen Kontakt mit JapanerInnen hat(te), ist es eine schwierige Aufgabe die Werte und Traditionen zu erfassen, die sich tatsächlich mit Kontinuität vorfinden. Ich muss mich auf deutsche und englische Sekundärliteratur allein beziehen und jenes in einem sehr kurzen Zeitraum; wenigstens um eine Kultur zu verstehen. Trotz all dieser eher ungünstigen Vorzeichen, war es mir eine große Freude eine Zeit lang, so weit es mir möglich war, in die Kultur Japans einzutauchen. Ich habe mich dabei bemüht eine Sensibilität aufzubauen, die verinnerlichte Traditionen und Werte in alltäglichen Situationen wieder finden sollte. Ich hoffe sehr, dass die nächsten Seiten in denen ich die Dichotomie in der Gesellschaft, Religionen und Werte, Akkulturation, Nationalgedanken sowie die Familie und die Volljährigkeit näher behandle, die Erwartungen erfüllen. Mir liegt daran einen kleinen Einblick in die japanische Denkweise zu geben und zur weiteren Lektüre anzuregen. Als roten Faden, der sich durch die gesamte Arbeit ziehen sollte, stelle ich die Frage, ob Japan denn wirklich so anders ist. [...]
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Dichotomie
3 Was ist japanisch? Religionen und Werte
Buddhismus
Konfuzianismus
Shintô
3.1 Akkulturation
3.2 Nationalgedanken
4 Gesellschaft
4.1 Die Familie
4.2 Volljährigkeit
5 Ist Japan so anders?
6 Conclusio
7 Quellenverzeichnis:
1 Einleitung
Die folgenden Seiten sind dem Thema „Werte und Traditionen in Japan“ gewidmet. Damit beziehe ich mich vor allem auf die heutige Gesellschaft und ihre Entstehung in den letzten Jahrzehnten.
Als jemand der noch nie in Japan war und auch so gut wie keinen Kontakt mit JapanerInnen hat(te), ist es eine schwierige Aufgabe die Werte und Traditionen zu erfassen, die sich tatsächlich mit Kontinuität vorfinden. Ich muss mich auf deutsche und englische Sekundärliteratur allein beziehen und jenes in einem sehr kurzen Zeitraum; wenigstens um eine Kultur zu verstehen. Trotz all dieser eher ungünstigen Vorzeichen, war es mir eine große Freude eine Zeit lang, so weit es mir möglich war, in die Kultur Japans einzutauchen. Ich habe mich dabei bemüht eine Sensibilität aufzubauen, die verinnerlichte Traditionen und Werte in alltäglichen Situationen wieder finden sollte. Ich hoffe sehr, dass die nächsten Seiten in denen ich die Dichotomie in der Gesellschaft, Religionen und Werte, Akkulturation, Nationalgedanken sowie die Familie und die Volljährigkeit näher behandle, die Erwartungen erfüllen.
Mir liegt daran einen kleinen Einblick in die japanische Denkweise zu geben und zur weiteren Lektüre anzuregen. Als roten Faden, der sich durch die gesamte Arbeit ziehen sollte, stelle ich die Frage, ob Japan denn wirklich so anders ist.
2 Dichotomie
Ein Thema wie dieses ist von vielen Widersprüchen und Gegensätzen geprägt. Dies liegt in der Natur der Sache; schließlich ist in keiner Nation oder Kultur jeder derselben Meinung. Die verbreiteten Vorurteile von der homogenen japanischen Kultur sind natürlich zurückzuweisen. In Japan sieht die, trotzdem vorhandene, Widersprüchlichkeit so aus:
(Sasaki/Suzuki 2000:194)
Diese Abbildung stammt von einer Serie quantitativer Umfragen[1], die seit 1953 und danach alle 5 Jahre durchgeführt wurden. Im oberen rechten Quadrat befinden sich Antworten, die unter das Label „traditionell“ fallen und im linken unteren sind die Antworten zusammengefasst die als „modern“[2] gelten. Ohne jetzt auf die näheren, statistischen Zeichen eingehen zu wollen, möchte ich eine zweite Abbildung hinzufügen, durch die vieles klarer werden wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Sazaki/Suzuki 2000:197)
Diese Zusammenstellung ergab sich aus den selben Fragen wie die obere, wurde allerdings in den Vereinigten Staaten durchgeführt.
Auf den ersten Blick sehen wir, dass die beiden Abbildungen stark differieren. Dies heißt aber nicht dass die beiden Nationen Kulturen repräsentieren die fundamental unterschiedlich wären. Ganz im Gegenteil stellten sich bei den Umfragen erstaunliche Gemeinsamkeiten heraus. Was ich mit den beiden Bildern zeigen will, ist die Differenzierung der Cluster-Bildung in beiden Gesellschaften. Wobei Japan, wie schon weiter oben erwähnt, eine Dichotomie bildet. Auf der einen Seite findet man traditionelle und auf der anderen moderne Ansichten wieder. Natürlich ist dies schwierig zu verallgemeinern, doch auch die qualitativen Forschungen kommen zu diesem Ergebnis.
In Amerika haben wir zwei Seiten, die unterschiedlich sind. Die linke Seite beinhaltet Antworten, die stark voneinander abhängig sind und nicht weit entfernt liegen. Die rechte Seite zeigt genau das Gegenteil; nämlich weit entfernt liegende, kaum gegenseitig abhängige und zahlenmäßig kleinere Einzeleinstellungen. Damit ist in Amerika eine „amerikanische“ Einstellung vorhanden, wobei die „japanische“ zweigeteilt ist.
Die Autoren weisen auch darauf hin, dass traditionelle und moderne Meinungen nicht notgedrungen zwei Bürgergruppen umfassen, in der alle denselben Ansichten zugehören. Man kann aus diesen Studien also nicht direkt auf traditionell und moderne Menschen schließen. Vielmehr sind beide Seiten in vielen Personen vereint.
Der trotz allem vorhandenen Dichotomie an Meinungen in der japanischen Gesellschaft werden wir in dieser Arbeit noch öfter begegnen.
3 Was ist japanisch? Religionen und Werte
Die Untersuchungen des Statistischen und Mathematischen Institutes in Tokio haben ergeben, wie wir gerade sahen, dass Japan im Moment zweigeteilt zu sein scheint. Doch dies sind nur Zahlen, die noch nicht sehr viel aussagen. Trotz dieser, in der heutigen Zeit, sicher bestehenden Dichotomie zwischen mehr traditionellen Vorstellungen und modernen Ansichten, scheint es doch einen einheitlichen japanischen Diskurs zu geben. Und genau diesem möchte ich hier auf den Grund gehen. Zu allererst müssen wir uns die Frage nach den Ursprüngen des japanischen Denkens stellen. Wenn diese Frage in Österreich gestellt werden würde, wären die Ergebnisse wahrscheinlich die Christenheit, die Habsburg Monarchie, die deutsche Sprache, die Kunst und Kultur Wiens u.s.w.. In Japan ist dies natürlich auch die Sprache, das Herrschaftssystem des Tennô, möglicherweise die Gartenkunst oder die Architektur, die Esskultur oder der Buddhismus, der Konfuzianismus oder der Shintôismus? Ich mase mir nicht an, diese Frage beantworten zu können, doch durch meine geringen Studien habe ich eines mit Sicherheit herausgefunden, nämlich das es die urjapanische Kultur nicht gibt. Der Buddhismus kam aus Indien, der Konfuzianismus aus China, zum größten Teil auch das Herrschaftssystem und sogar die Sprache. Auch der Shintô kann nicht als die Urreligion Japans bezeichnet werden (siehe unten). Das Japanische ist in diesem Zusammenhang natürlich die Kultur, die aus verschiedenen Elementen anderer zusammengefügt und gewachsen ist, doch stellen wir uns hier doch der konkreten Frage, was denn dann japanisch ist.
Als mir einzig vernünftige Antwort auf diese Frage erschloss sich mir der Synkretismus. Diese Grundüberzeugung, dass auf einer höheren Ebene alles miteinander in Beziehung steht und untereinander oftmals austauschbar ist, lässt sich als Erklärung für ein japanisches Glaubensfundament benutzen. Antoni hat diesen Gedanken in einem Diagramm meisterhaft widergegeben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Antoni 1998:25)
Hier sehen wir den, alles anschneidenden Synkretismus, der zwischen den Religionen des Buddhismus und des Shintô, zwischen den Staatsansichten des konfuzianistischen Denkens und des Shintô sowie auch zwischen Buddhismus und Konfuzianismus im Bezug auf die Ethik vermittelt.
Im Gegensatz zu den westlichen Gesellschaften (oder der westlichen Gesellschaft), die eine lange Geschichte vorweisen können, welche mit monotheistischem Glauben verbunden ist, hat die japanische für den einen Gott lange nicht einmal ein Wort gehabt. Die einfache Unterscheidung zwischen gut und böse fällt damit genauso (Kerbo/McKinstry 1997:23).
Buddhismus
Der Buddhismus wurde im 6. Jh. in drei Phasen nach Japan eingeführt (Kato 1992:52ff). Die erste Phase bezeichnet das allmähliche Eindringen durch die Beziehungen zu Korea. Mitte des 6. Jh. gelangte der neue Glauben auch an den Kaiserhof und zu Beginn des 7. Jh. wurde der Buddhismus zur Staatsreligion erklärt. Bald darauf vermischten sich die zur Zeit vorherrschenden Mythen- und Glaubensvorstellungen auf der Insel mit dem neuen Glauben (der Buddhismus verleibte sich einheimische Gottheiten ein und es kam zum Wandel der buddhistischen Götter). In den Anfängen wurde nur zwischen Tendai und Shingon unterschieden, und später kamen drei weitere Richtungen hinzu; der Buddhismus des reinen Landes (Pure Land Buddhism), Nichiren Buddhismus und Zen (Kerbo/McKinstry 1997:66).
In der japanischen Gesellschaft hat/te der Buddhismus primär die Aufgabe die Verstorbenen zu begleiten, Begräbnisse zu organisieren und Gedenkmessen (oder –feste) abzuhalten (Kerbo/McKinstry 1997:66f).
Konfuzianismus
Die reine Lehre des aus China stammenden Konfuzianismus war in Japan nie vorherrschend[3] und trotzdem war diese als Glaubensfundament von großer Bedeutung. Die heutigen gesellschaftlichen Tugenden und Normen wie Ordnung, Fleiß, Hierarchie und Harmonie entstammen ursprünglich diesem Denken. Auch die Gemeinschaftsethik kommt sicher von diesen Werten. Erst in der Meiji-Zeit wurde das konfuzianische Denken erfolgreich japanisiert und somit synkretisiert und in den nationalen Diskurs implementiert (Antoni 1998:28f). In Japan herrscht eine Überzeugung vor, dass diese Grundvorstellungen originär japanischem Denken entstammen würden, aber dazu später mehr.
Shintô
Shintô hat es als einheitliches System nie gegeben, er wurde aus den unterschiedlichsten Mythen[4], die von verschiedenen Einwanderergruppen stammten im 8. Jh.[5] zusammengefügt. Angereichert mit chinesischen Elementen (z.B. Buddhistisches- oder Konfuzianistisches Gedankengut) ließen es zu einem System zusammenwachsen, das heute als Japanisch gilt. Ihr politischer Zweck bestand darin den Tennô zu legitimieren[6]. Außerdem ist das japanische Nationalwesen sehr eng damit verbunden. Nicht nur der Kaiser als direkter Nachfolger der Sonnengöttin Amaterasu, sonder die gesamte japanische Nation steht unter dem besonderen Schutz der Götter und ist somit den anderen Nationen überlegen (Antoni 1998:34). Heute ist der Shintô als Religion für Hochzeiten und Weihen bzw. Glückwünsche von Firmen etc. verantwortlich (Kerbo/McKinstry 1997:65).
[...]
[1] Am Institut für Statistik und Mathematik in Tokio wurden Umfragen durchgeführt die Einstellungen und Werte in Japan herausfinden sollten. Im Jahr 2000 wurde ein großer Teil dieser Daten von Masamichi Sasaki und Tatsuzo Suzuki in ihrem Buch „Social Attitudes in Japan“ vorgestellt.
[2] Die Ausdrücke modern und traditionell wurden von der Studie selbst nicht benutzt.
[3] Der Frage der Herkunft wurde in Japan stets mehr Kraft zugewiesen als dem chinesischen Prinzip, welches auf der moralischen Qualität der Herrschaft beruht (Antoni 1998:71).
[4] Ahnenkult, Animismus und Schamanimus werden als die drei Säulen bezeichnet (Katô 1992:49)
[5] Im Jahre 712 n. Chr. Im sogenannten Kojiki; dem ersten geschichtlichen Werk Japans (Antoni 1998:30).
[6] Dies wird meist als die große Tradition des Shintô bezeichnet (Antoni 1998:33).
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