Gegenstand dieser Seminararbeit ist die mit dem Begriff Naturalismus bezeichnete literarische Strömung, die in Frankreich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, etwa zwischen 1865 und 1885, auftrat. Besonderes Augenmerk soll dabei den Einflüssen gelten, die auf diese Stilrichtung wirkten.
Einzelne Autoren oder Werke, die mit dem Naturalismus in Verbindung gebracht werden, werden zwar erwähnt, aber nicht im Detail behandelt.
Gliederung
0. Einleitung
1. Herkunft und Bedeutung des Begriffs naturalisme
2. Einflüsse
2.1 Das realistische Erbe
2.2 Wissenschaftliche Erkenntnisse und Vorgehensweisen
2.2.1 Charles Darwin und die Evolutionstheorie
2.2.2 Prosper Lucas und die Vererbungslehre
2.2.3 Experimentalmedizin
2.2.4 Physik
2.3 Der philosophische Einfluss
2.3.1 Auguste Comte und der Positivismus
2.3.2 Hippolyte Taine
2.4 Bedeutung der Einflüsse am Beispiel Zolas
3. Charakteristika naturalistischer Werke
3.1 Zielsetzung der Naturalisten
3.2 Figuren und Themen
3.3 Romansprache
4. Vorrangige Gattungen
4.1 Der Roman
4.2 Das Theater
5. Das Ende des französischen Naturalismus
6. Bedeutung des Naturalismus für die nachfolgende Literatur
7. Zusammenfassung
0. Einleitung
Gegenstand dieser Seminararbeit ist die mit dem Begriff Naturalismus bezeichnete literarische Strömung, die in Frankreich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, etwa zwischen 1865 und 1885, auftrat. Besonderes Augenmerk soll dabei den Einflüssen gelten, die auf diese Stilrichtung wirkten.
Einzelne Autoren oder Werke, die mit dem Naturalismus in Verbindung gebracht werden, werden zwar erwähnt, aber nicht im Detail behandelt.
1. Herkunft und Bedeutung des Begriffs naturalisme
Der Begriff Naturalismus wird vom lateinischen naturalis abgeleitet. Seit dem 16. Jahrhundert wurden Wissenschaftler, die sich speziell mit den Naturwissenschaften beschäftigten, als Naturalisten bezeichnet. Wenig später benannte man so auch Philosophen, die die Auffassung vertraten, dass nichts außerhalb der Natur existiere. Bei ihren Erklärungen schlossen sie das Übernatürliche oder Metaphysische aus.
Im 19. Jahrhundert verstand man unter Naturalismus eine Kunstrichtung, die die Natur exakt abzubilden versuchte. Kurz darauf wurde der Begriff durch Émile Zola erstmals auf die Literatur angewandt, wobei alle vorangegangenen Bedeutungen miteinander vereint wurden. Die Anhänger dieser literarischen Strömung wollten die Wirklichkeit möglichst exakt darstellen und dabei wissenschaftlich arbeiten. (vgl. Gengembre 1997:9)
2. Einflüsse und ihre Auswirkungen
2.1 Das realistische Erbe
Die naturgetreue Darstellung des Lebens war das gemeinsame Ziel von Realisten und Naturalisten. So ist es zu erklären, dass die realistischen Romane Balzacs und Flauberts den Naturalisten als Modellwerke dienten.
Honoré de Balzac untersuchte in seiner Comédie humaine die Gesellschaft während der Restauration und der Julimonarchie und wurde so zum Vorbild für Zola, der in Les Rougon-Macquart das Leben im Zweiten Kaiserreich beschrieb. (vgl. Castex, Surer 1966:230)
Von Gustave Flauberts Madame Bovary leitete Zola die drei Regeln für wahrscheinlichkeitsgetreue Literatur ab. Genau wie in diesem realistischen Roman sollte die Handlung nichts Außergewöhnliches enthalten, keinen überhöhten Helden beschreiben, und der Autor sollte sich so weit wie möglich aus dem Text zurückziehen und keine Kommentare abgeben. (vgl. Daus 1976:18)
2.2 Wissenschaftliche Erkenntnisse und Vorgehensweisen
2.2.1 Charles Darwin und die Evolutionstheorie
1859 veröffentlichte Charles Darwin sein Werk Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl. Drei Jahre später erschienen seine Evolutionstheorien in französischer Sprache und beeinflussten alle Schriftsteller und Kritiker in der naturalistischen Epoche. (vgl. Pagès 1989:25)
Entgegen der biblischen Schöpfungslehre vertrat Darwin die Annahme eines gemeinsamen Ursprungs aller Arten. Unterschiedliche Arten waren durch Anpassung an die jeweiligen Umweltbedingungen entstanden. Auch der Mensch wurde in diese Theorie mit einbezogen.
Die Evolutionstheorien bedeuteten die Determination aller Lebewesen durch Erbgut und Umwelt. Dieser Ansatz wurde durch Hippolyte Taine weiterentwickelt und fand durch ihn in anderen Bereichen, wie der Literatur- und Kunstgeschichte seine praktische Anwendung. (siehe 2.3.2)
2.2.2 Prosper Lucas und die Vererbungslehre
Mit der Determination durch das Erbgut befasste sich ebenfalls Dr. Prosper Lucas in zwei Bänden mit dem Titel Traité philosophique et physiologique de l’hérédité. Darin beschrieb er, wie stark das Leben eines Menschen durch seine Abstammung festgelegt ist. Wenn auch sein Traktat „wegen ungenauer Gedankenführung und vieler unbewiesener Behauptungen in Fachkreisen keinen guten Ruf” genoss, wurde es von Émile Zola sehr genau studiert. (Daus 1976:42)
2.2.3 Experimentalmedizin
1865 beschrieb der Biologe Claude Bernard in Introduction à l’étude de la médecine expérimentale zwei Möglichkeiten, zu wissenschaftlichen Erkenntnissen zu gelangen. Zum einen nannte er die expérience, die nur beschreibende und zufällig erwirkte Beobachtung und zum anderen die expérimentation voulue. Bei dieser zweiten Methode sollte eine Hypothese aufgestellt werden, um sie im Experiment entweder bestätigen oder widerlegen zu können. (vgl. Daus 1976:41)
2.2.4 Physik
Neben der Biologie interessierten sich die Naturalisten auch für die Gesetze der Physik, die sie auf die Gesellschaft zu übertragen versuchten. Vor allem faszinierte sie das Gebiet der Thermodynamik und das Prinzip der Kausalität. (vgl. Gengembre 1997:10)
Die Philosophie des Positivismus, die ihrerseits den Naturalismus stark beeinflusste, übertrug das Kausalitätsprinzip auf die Gesellschaftswissenschaften. Das Leben wurde als fester, vorhersehbarer Mechanismus gesehen. (siehe 2.3)
2.3 Philosophische Einflüsse
2.3.1 Auguste Comte und der Positivismus
Als Begründer der positivistischen Lehre gilt Auguste Comte, der seine Philosophie in seinem sechsbändigen Hauptwerk Cours de philosophie positive (1830-1842) vorstellte.
Der Begriff positiv kennzeichnet in diesem Zusammenhang in erster Linie „das Tatsächliche im Gegensatz zum Eingebildeten”. (Comte 1979:84/85) Die Positivisten glauben an den unbeschränkten Fortschritt der Wissenschaften und führen deshalb alle Erkenntnisse ausschließlich „auf das positiv Gegebene, auf die Tatsachen der Erfahrung” zurück. (Coreth 1997:122)
Laut Comtes Dreistadiengesetz durchläuft jedes Wissensgebiet drei Entwicklungsphasen: eine theologische, eine metaphysische und schließlich eine positive. Im theologischen Stadium kann der Mensch seine Umwelt nur durch magische und religiöse Methoden erklären. Danach folgt ein metaphysisches Stadium, in dem eine Veränderung der Denkweise einsetzt. Man sucht nach neuen, nicht überweltlichen Erklärungen. Diese Bemühungen münden in das positive Stadium, in dem der Mensch in der Lage ist, die Welt ausschließlich mit wissenschaftlichen Methoden zu erforschen. (vgl. Comte 1979: 4/5-40/41)
Ist dieses endgültige Zeitalter erreicht, werden nacheinander alle Wissenschaften positiv, begonnen mit der abstraktesten - der Mathematik - bis hin zur Soziologie - für Comte die höchste und konkreteste aller Wissenschaften. „Man darf sich dann im Grunde nur noch eine einzige Wissenschaft denken, die Wissenschaft vom Menschen oder genauer gesagt die Sozialwissenschaft, deren Ziel und Prinzip unser Dasein bildet und in der naturgemäß die rationale Erforschung der Außenwelt in ihrer doppelten Eigenschaft als notwendiges Element und als grundlegende Einführung aufgeht, die [...] in Bezug auf ihre Methode wie auf ihre Lehre gleich unentbehrlich ist.” (Comte 1979:50/51)
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- Arbeit zitieren
- Jana Silvia Lippmann (Autor:in), 2003, Der französische Naturalismus - ein kurzer Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35751
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