Die Melusine Thürings von Ringoltingen gilt noch heute als einer der ersten Prosaromane des deutschsprachigen Raums. In der mediävistischen Forschung wird der Melusinenroman oftmals als Beispiel für einen frühen Genderroman herangezogen. Andere Forscher, wie Drittenbass, oder Rohr gehen zwar auf die Liebesbeziehung zwischen Reymund und Melusine ein, fokussieren sich hier jedoch allzu sehr auf das Motiv der gestörten Mahrtenehe.
Die vorliegende Arbeit möchte sich von dieser Herangehensweise distanzieren und das Augenmerk auf ein Aktivität-Passivität-Schema auf Figurenebene richten. Zu diesem Zweck wird in einem ersten Schritt die Grundhaltung der Figuren Reymund und Melusine definiert, um dann anschließend dieses Schema anhand der Figuren anzuwenden und zu untersuchen. In einem letzten Schritt möchte diese Arbeit Deutungsansätze für das angewandte Schema liefern. Die Untersuchung des Wechsels der passiven oder aktiven Haltung Reymunds und Melusines, soll zeigen, dass Thüring schon in seiner Figurenkonstruktion den Grundstein für den Verlauf der Handlung gelegt hat.
Ähnlich wie Drittenbass hält sich diese Arbeit eng am Text auf, geht dabei jedoch über eine rein semantische Analyse des Dialoges in der Durstbrunnenszene zwischen Reymund und Melusine hinaus. Wenn bei Drittenbass oder Rohr die Brunnenszene als Schlüsselszene identifiziert wird, so kann das für diese Arbeit nicht gelten. Sie mag zwar eine Schlüsselszene zu Beginn der Handlung darstellen, spielt jedoch für den Gegenstand dieser Untersuchung keine große Rolle. Zentrale Szene dieser Arbeit stellt die Klostereintrittsszene dar, in der Melusine Reymund die Entscheidung über den Klostereintritt des Sohnes überträgt. Es soll untersucht werden, inwieweit diese Übertragung der Entscheidung und der damit einhergehende Wechsel von Aktivität der beiden Figuren, eine zentrale Funktion für das Aktivität-Passivität-Schema hat.
Da der Gegenstand dieser Arbeit noch nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht wurde, ist es erforderlich sich eng am Text zu halten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der passive und aktive Grundzustand Reymunds und Melusines
- Wechsel des Grundzustands: Reymund
- Wechsel des Grundzustands: Melusine
- Deutungsansätze der Grundzustandswechsel auf Figurenebene
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert das Aktivität-Passivität-Schema in Thürings Melusine-Roman und untersucht, wie dieses Schema die Handlung und die Figurenentwicklung beeinflusst. Dabei wird der Fokus auf die Figuren Reymund und Melusine gelegt.
- Definition des Grundzustands von Reymund und Melusine als passive bzw. aktive Figur
- Analyse des Wechsels zwischen Aktivität und Passivität bei beiden Figuren im Verlauf der Handlung
- Bedeutung der Klostereintrittsszene für das Aktivität-Passivität-Schema
- Deutungsansätze für das angewandte Schema auf Figurenebene
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Melusinenroman Thürings als einen frühen Prosaroman des deutschsprachigen Raums vor und erläutert die Zielsetzung der Arbeit. Dabei wird die Herangehensweise an den Text im Vergleich zu anderen Forschungsansätzen dargelegt.
Das Kapitel „Der passive und aktive Grundzustand Reymunds und Melusines“ definiert den Grundzustand der beiden Hauptfiguren. Es wird gezeigt, dass Reymund zu Beginn der Handlung als passive Figur agiert, während Melusine einen aktiven Grundzustand einnimmt. Die Ambivalenz des Charakters Melusines, die durch den Fluch ihrer Mutter entsteht, wird ebenfalls beleuchtet.
Das Kapitel „Wechsel des Grundzustands: Reymund“ analysiert Reymunds Übergang von einer passiven zu einer aktiven Figur im Verlauf der Handlung. Die Szene, in der Reymund den Eber bekämpft, wird als ein Beispiel für Reymunds aktive Handlungsweise dargestellt.
Das Kapitel „Wechsel des Grundzustands: Melusine“ untersucht Melusines Rolle als aktive Initiatorin der Bestrafung ihres Vaters. Die Episode des zweiten Riesenkampfes Goffroys mit dem anschließenden Fund der Steintafel wird in die Analyse einbezogen.
Schlüsselwörter
Melusine, Thüring von Ringoltingen, Prosaroman, Genderroman, Aktivität, Passivität, Figurenkonstruktion, Handlungsebene, Grundzustand, Klostereintritt, Entscheidung, Ambivalenz, Figur, Deutschanalyse, Figurenanalyse, Handlungsanalyse, semantische Analyse
- Citar trabajo
- Niklas Plöger (Autor), 2015, Passivität und Aktivität in Thüring von Ringoltingens Roman "Melusine", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/357290