Emer de Vattels großes Lebenswerk „Le droit des gens ou principes de la loi naturelle“, welches in vielen Auflagen und Übersetzungen erschienen ist, ist ein Handbuch über das Völkerrecht, dessen Ausarbeitung unter den schwierigsten äußeren Umständen und Entbehrungen sich auf viele Jahre erstreckte und nach seinem Erscheinen im Jahre 1758 Anlass zu verschiedensten Beurteilungen gegeben hat.
Schon kurz nach Vattels Tod 1767 hat das 1785 erschienene Werk des Freiherrn Ludwig von Ompteda über die „Literatur des gesamten sowohl natürlichen als positiven Völkerrechts“ die in der ferneren Beurteilung immer wiederholte Behauptung aufgestellt, Vattel sei lediglich ein getreuer Gefolgsmann seines großen Vorgängers Christian Wolff gewesen. Er sei ihm nicht allein in der Disposition, „sondern auch in der Gedankenreihe…sorgfältig gefolgt.“
Auf der anderen Seite wird Vattel lediglich angerechnet, er kleide auch, welches „ohnstreitig“…sein „größter Verdienst um die Völkerrechtswissenschaft ist“, die von Wolff in „dürrer, mathematischer Leseart vorgetragenen Sätze in einen angenehmen natürlichen Vortrag ein, sodass sein Buch in der Tat noch zur Zeit das einzige vom natürlichen Völkerrecht handelnde Buch ist, dass sich zum Gebrauch für Staatsmänner und Personen schickt, die sich nicht eigentlich der Gelehrsamkeit widmen.“
Schon in dieser Kritik gegen Vattels Werk kommt jene Einwendung zum Ausdruck, die bis in die Gegenwart die Durchschnittsmeinung der Völkerrechtsliteratur vorwegnimmt, nämlich dass Vattel „manchmal zu sehr bei der Oberfläche stehen bleibt und nicht tief und gründlich genug in die Materien eindringt.“
Inhaltsverzeichnis
- I. Emer de Vattel und das Völkerrecht
- Kritik an Vattels Hauptwerk „Droit des Gens“
- Vorwurf, lediglich die Ideen Wolffs in seinem Werk übernommen zu haben
- Dennoch: Anhänger Vattels unter den Schiedsrichtern, Staatsmännern und Diplomaten
- II. Der völkerrechtliche Standort
- Existenz drei verschiedener Richtungen auf dem Gebiet des Völkerrechts
- a) Die naturrechtliche Richtung
- b) Die positivistische Richtung
- c) Die grotianische Richtung
- III. Biographie von Emer de Vattel
- IV. Die gerechten Gründe des Krieges
- Gewalt als letztes Mittel, wenn alles andere nicht mehr denkbar ist
- Rechtfertigende Gründe und Motive
- Erlittenes Unrecht als gerechter Grund für einen Krieg?
- V. Die Rechte im Krieg
- Rechte und Befugnisse gegen die Person des Feindes in einem gerechten Krieg
- ,,Rechte im Krieg“ als diejenigen Regeln, die die Nationen untereinander beachten müssen, nachdem sie die Waffen ergriffen haben, um ihre Streitigkeiten zu beenden
- a) Der Unterschied zwischen den Kriegshandlungen, die berechtigt sind und den Kriegshandlungen, die nur erlaubt und straflos sind
- b) Das Recht, den Feind mit allen an sich zulässigen Mitteln zu schwächen
- c) Das Recht über die Person des Feindes
- d) Die Repressalien
- e) Die Bestimmungen über Überläufer und Deserteure
- f) Die Bestimmungen über Frauen, Kinder, Greise und Kranke
- g) Die Bestimmungen über Religionsdiener und Gelehrte
- h) Die Bauern und das allgemein unbewaffnete Volk
- i) Das Recht, Kriegsgefangene zu machen
- j) Das Verbot, Kriegsgefangene zu töten
- k) Die Behandlung der Kriegsgefangenen
- 1) Erörterung der Frage, ob es erlaubt ist, Kriegsgefangene, die man nicht bewachen, oder ernähren kann, zu töten
- m) Die Frage, ob Kriegsgefangene zu Sklaven gemacht werden dürfen
- n) Der Austausch und der Rückkauf der Gefangenen
- o) Das grundsätzliche Verbot, einen Feind zu ermorden oder vergiften zu lassen
- p) Das Verbot, Wasser zu vergiften
- q) Die Rechtsgrundsätze das feindliche Eigentum betreffend
- r) Das Recht, sich der Sachen zu bemächtigen
- s) Die Beute
- t) Die Beschießung der Städte
- u) Das Schleifen der Festungen
- v) Die Schutzwachen
- w) Die allgemeine Regel für das Maßhalten bei der Schädigung des Feindes
- VI. Einordnung Vattels Werk,,Droit des gens ou principes de la loi naturelle appliqués à la conduite et aux affaires des nations et des souverains“
- Vattels Werk inmitten der geistesgeschichtlichen Bewegung
- Naturrecht steht bei Vattel kaum im Gegensatz zum positiven Recht
- Vattel als Vertreter der konservativen Richtung des Naturrechts
- Wirklichkeitsnähe uns Realismus
- Die Rolle des Naturrechts in der Kriegsführung
- Vattels völkerrechtliche Positionierung
- Die gerechten Gründe des Krieges nach Vattel
- Die Rechte im Krieg und ihre Grenzen
- Die Einordnung von Vattels Werk in die geistesgeschichtliche Entwicklung des Völkerrechts
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert Emer de Vattels Hauptwerk „Le droit des gens, ou principes de la loi naturelle, appliqués à la conduite des nations et des souverains“ im Kontext der europäischen Kriegsrechtsgeschichte. Sie befasst sich insbesondere mit der Frage, wie Vattel das Prinzip des Naturrechts auf die Kriegsführung zwischen Staaten anwendet.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit Emer de Vattel und seinem Hauptwerk „Droit des Gens“, wobei kritische Stimmen, die Vattel vorwerfen, lediglich Wolffs Ideen übernommen zu haben, beleuchtet werden. Das zweite Kapitel untersucht Vattels völkerrechtliche Positionierung und beleuchtet die verschiedenen Richtungen des Völkerrechts, die sich im 18. Jahrhundert entwickelten. Im dritten Kapitel werden die wichtigsten Stationen aus Vattels Leben dargestellt. Kapitel IV analysiert die gerechten Gründe des Krieges nach Vattel und hinterfragt, ob erlittenes Unrecht als Rechtfertigung für einen Krieg genügt. Kapitel V widmet sich den Rechten im Krieg und beleuchtet die Regeln, die Vattel für die Kriegsführung zwischen Staaten entwickelt hat. Das sechste Kapitel ordnet Vattels Werk in den Kontext der geistesgeschichtlichen Entwicklung des Völkerrechts ein und diskutiert dessen Verhältnis zum Naturrecht und zum positiven Recht.
Schlüsselwörter
Völkerrecht, Naturrecht, Kriegsrecht, ius in bello, Emer de Vattel, „Le droit des gens“, Grotius, Wolff, Positivismus, Krieg, Gerechte Gründe des Krieges, Rechte im Krieg, Kriegshandlungen, Kriegsgefangene, Eigentumsrecht, Beschießung, Schleifen, Schutzwachen, Maßhalten.
- Arbeit zitieren
- Juliane Weis (Autor:in), 2004, Recht im Krieg. "Le Droit de gens " von Emer de Vattel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35542