Einleitung
In den Medien kursiert der Begriff „neue Selbständigkeit“.
Diese Arbeit soll klären, was darunter zu verstehen ist. Wir werfen einen Blick darauf, wo die neue Selbständigkeit anzutreffen ist. Auch wollen wir aufzeigen, wo die Probleme, aus denen ja das erhöhte Interesse resultiert, sind.
Es lässt sich keine geeignete einzelne Fragestellung für diese Arbeit stellen, deshalb gibt es mehrere Fragen, die der Reihe nach abgearbeitet werden sollen. Am Ende soll sich der Leser selbst ein Urteil bilden können, und seine Meinung zum Thema zwischen den beiden Extrempolen einordnen können. Denn „es gibt sowohl eine
düstere als auch eine positive Einschätzung des Phänomens: In pessimistischer Sicht wird die neu aufkommende ‚Selbstbeschäftigung‘ mit den Anfängen des 20. Jahrhunderts, etwa dem Tagelöhnertum, in Verbindung gebracht. Hier waren Menschen täglich Anbieter und
Verkäufer ihrer eigenen Arbeitskraft ohne entsprechende soziale und arbeitsrechtliche Schutzmechanismen. [...] Demgegenüber wird in der optimistischen Einschätzung Solo- Selbständigkeit nicht als ‚Sackgasse‘ angesehen, sondern als typisches Anfangs- und
Versuchsstadium bei jungen Selbständigen, die neue Wege erproben wollen.“ (Bögenhold und Leicht, 2000, S.785)
[...]
Inhaltsverzeichnis
0. Einleitung
1. Was ist "neue Selbständigkeit"?
2. Wie kommt es zur "neuen Selbständigkeit"?
3. Exkurs: Das duale Modell der Erwerbstätigkeit
3.1. Die Vermutungsregelung:
3.2. Das BAG-Modell:
3.3. Das Alternativmodell:
3.4. Das Verbandsmodell:
4. Was ist Scheinselbständigkeit?
5. Wie wirkt sich die neue Selbständigkeit aus?
5.1. Auftragnehmer:
Vorteile
Nachteile
5.2. Auftraggeber:
Vorteile
Nachteile
5.3. Gesellschaft:
Vorteile
Nachteile
6. Quo Vadis?
7. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
0. Einleitung
In den Medien kursiert der Begriff „neue Selbständigkeit“.
Diese Arbeit soll klären, was darunter zu verstehen ist. Wir werfen einen Blick darauf, wo die neue Selbständigkeit anzutreffen ist. Auch wollen wir aufzeigen, wo die Probleme, aus denen ja das erhöhte Interesse resultiert, sind.
Es lässt sich keine geeignete einzelne Fragestellung für diese Arbeit stellen, deshalb gibt es mehrere Fragen, die der Reihe nach abgearbeitet werden sollen.
Am Ende soll sich der Leser selbst ein Urteil bilden können, und seine Meinung zum Thema zwischen den beiden Extrempolen einordnen können. Denn „es gibt sowohl eine düstere als auch eine positive Einschätzung des Phänomens: In pessimistischer Sicht wird die neu aufkommende ‚Selbstbeschäftigung‘ mit den Anfängen des 20. Jahrhunderts, etwa dem Tagelöhnertum, in Verbindung gebracht. Hier waren Menschen täglich Anbieter und Verkäufer ihrer eigenen Arbeitskraft ohne entsprechende soziale und arbeitsrechtliche Schutzmechanismen. [...] Demgegenüber wird in der optimistischen Einschätzung Solo-Selbständigkeit nicht als ‚Sackgasse‘ angesehen, sondern als typisches Anfangs- und Versuchsstadium bei jungen Selbständigen, die neue Wege erproben wollen.“ (Bögenhold und Leicht, 2000, S.785)
1. Was ist "neue Selbständigkeit"?
Die Zahl der Selbständigen in Deutschland ist von 1986: 650.000 auf 1998: 3.500.000
gestiegen. (Quelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus) Das macht 2.850.000 neue Selbständige in nur 12 Jahren. Dadurch ist der Anteil der Selbständigen auf 10% an allen Erwerbspersonen gestiegen (Tendenz steigend). Doch ist Vorsicht geboten: Der Begriff "neue Selbständigkeit" bezieht sich nicht auf die zusätzlichen Selbständigen, sondern eher auf eine "neue" Form der Selbständigkeit.
Dazu sollte erst einmal die Gegenposition, die "alte Selbständigkeit", erläutert werden: Unter diesen Begriff fallen alle herkömmlichen Selbständige wie z.B. Landwirte, Forstwirte, alle Kleingewerbetreibenden und ihre mithelfenden Familienangehörigen, Handwerker sowie die freien Berufe eines Arztes oder Rechtsanwalts. Viele dieser Berufe sind der Tertiarisierung der Wirtschaft zum Opfer gefallen.
Was ist also "neu" an den heutigen Selbständigen?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Bögenhold und Leicht, 2000, S.783)
Neu ist der Trend zu Kleinst- und Ein-Mann Betrieben. Besonders ab 1994 hat ein starker Trend zu Solo-Unternehmungen eingesetzt. Im Gegensatz dazu geht die Zahl der Selbständigen mit Beschäftigten ab 1994 zurück. Neu ist auch, dass viele der Neugründungen gar nicht auf die Selbständigkeit des Unternehmers abzielen, sondern eher Kostenvorteile durch Umgehungen gesetzlicher Bestimmungen erzielen sollen. (zum Problem der Scheinselbständigkeit später mehr)
Die Selbständigkeit zielt also nicht wie herkömmlich auf eine langfristige und existenzsichernde Tätigkeit ab. " Arbeitgeber sind die 'neuen Selbständigen' nur insoweit, als sie sich selbst Arbeit besorgen, sich selbst anstellen und beschäftigen." (Reindl, 2000, S.415)
Als wichtiges Merkmal der neuen Selbständigen wird auch ihre Arbeitsweise betrachtet.
Oft üben sie ihre Tätigkeit mit Hilfe der IuK-Techniken aus und sind somit sehr flexibel.
Wo ist die "neue Selbständigkeit" besonders häufig anzutreffen?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Bögenhold und Leicht, 2000, S.782)
In Abbildung 2 ist zu beobachten, dass die Zahl der in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Selbständigen innerhalb von 3 Jahren um 12,3% abgenommen hat. Der Wegfall dieser "alten" Selbständigen wird durch einen starken Zuwachs in anderen Sparten kompensiert. Die Anzahl der Selbständigen, die wirtschaftliche, technische und rechtliche Dienstleistungen für andere Unternehmen erbringen ist um 23,7% gestiegen. "Im Zuge der wirtschaftlichen Modernisierung wächst gleichzeitig die Bedeutung von Diensten, die eine eher geringe Kapital-, aber hohe Wissensintensität für den Schritt in die Selbständigkeit erfordern, [...]." (Bögenhold und Leicht, 2000, S.781)
Genauso bemerkenswert ist der Anstieg im Baugewerbe (16,1%), bei Erziehung, Gesundheit, Kultur, Unterhaltung (15,3%), im Kredit- und Versicherungsgewerbe (12,5%) sowie bei Verkehr und Nachrichten (12,3%). Ein eindeutiger Trend zur Dienstleistungsgesellschaft ist hier nicht von der Hand zu weisen. Zu den neuen Selbständigen zählen insbesondere:
freie Mitarbeiter (z.B. im Außendienst), Subunternehmer, Künstler und Journalisten.
2. Wie kommt es zur "neuen Selbständigkeit"?
Allgemein kann von einem Rückgang der Arbeit in zentralen Strukturen und zu festen Zeiten und Orten ausgegangen werden.
Bögenhold und Leicht (2000, S.779) führen an, dass der starke Zuwachs an Selbständigen und Kleinstbetrieben besonders auf exogenen Faktoren beruht: "Das Wachstum der 'Kleinen' resultiert (erstens) vor allem aus sektoralen Struktureffekten und (zweitens) wenigstens teilweise aus den Restrukturierungs- und Dezentralisierungsstrategien der größeren Unternehmen...“.
Reindl (2000, S.416) beschreibt die modernen Unternehmen als „lose verkoppelte Wertschöpfungsketten“. Das Streben nach Flexibilisierung führt dazu, dass der Stamm der festen Mitarbeiter immer weiter schrumpft und ein Grossteil der Arbeit auf eine größer werdende „flexiblen Reservenarmee aus befristet Beschäftigten, Leiharbeitern und Subkontraktoren, die als Unternehmen oder freie Mitarbeiter auftreten", umverteilt wird.
Er führt an dass, objektiv gesehen, die „neue Gründungswelle“ aus der Dezentralisierung der Unternehmen und aber auch aus der Krise des Arbeitsmarkts resultiert.
Subjektiv gesehen, haben aber auch Schlagworte wie „Individualisierung“ und „Selbstverwirklichung“ einen hohen Erklärungswert. Dies erklärt Reindl(2000, S.424) als das Ergebnis eines Wertewandels.
In seinen Untersuchungen hat er festgestellt, dass der Gang in die Selbständigkeit meist aus eigener Motivation erfolgte. Im Vordergrund stehen dabei meist materielle Motive.
[...]
- Arbeit zitieren
- Robert Jelinski (Autor:in), 2001, Neue Selbständigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/354