Ausgangspunkt dieser Seminararbeit sind die zahlreichen Kündigungen zuteilungsreifer Altbausparverträge durch die Bausparkassen in Zeiten expansiver Geldpolitik und damit einhergehender Niedrigzinsen. Beleuchtet werden die verschiedenen in Betracht kommenden Kündigungstatbestände sowie aktuelle Streitfragen hinsichtlich einzelner Normen. Die Arbeit schließt mit einem kurzen Ausblick sowie einer Empfehlung an Bausparkassen und Bausparer.
Auch heute verfügt noch mehr als ein Drittel der deutschen Bevölkerung über einen Bausparvertrag, welcher mit dem Ziel abgeschlossen wurde, zu wohnwirtschaftlichen Zwecken ein zinsgünstiges Baudarlehen zu erlangen, § 1 I 1 Bausparkassengesetz (BauSparkG). Bei einem Großteil dieser Verträge handelt es sich um Altverträge, deren Zinssatz meist noch zwischen drei und fünf Prozent des Sparguthabens liegt. In einer Phase expansiver Geldpolitik, wie sie heute durch die Europäischen Zentralbank geschieht, in der die Zinsen auf ein historisch niedriges Niveau gesunken sind und der Guthabenzins des Bausparvertrages oberhalb des marktüblichen Zinses liegt, bringt dies jedoch zahlreiche Bausparkassen in Bedrängnis.
So schafft die aktuelle Marktentwicklung für Bausparer den Anreiz, trotz bereits eingetretener Zuteilungsreife, das ihnen bereitgestellte Bauspardarlehen nicht in Anspruch zu nehmen, da ein Darlehenszins fällig wäre, der oberhalb des Marktniveaus liegt. Es ist stattdessen weitaus rentabler, den Bausparvertrag so lange wie möglich in der Ansparphase zu halten, um von den vergleichsweise hohen Einlagezinsen zu profitieren. Dies führt zu einer Verschlechterung der Ertragslage der Bausparkassen, für welche es zunehmend schwieriger wird, sich zu refinanzieren. Verschärft wird diese Entwicklung zudem durch die sinkende Nachfrage nach neuen Baudarlehen, da gewöhnliche Immobiliendarlehen zu erheblich günstigeren Kondition erlangt werden können.
Aus diesem Grund sind seit 2014 bereits zahlreiche Bausparkassen dazu übergegangen, sich durch Kündigung von unrentablen Bausparverträgen zu lösen. In den meisten Fällen wurden diese Kündigungen von den zuständigen Gerichten für rechtmäßig erklärt. Erstmals hat nun das OLG Stuttgart zu Gunsten der Bausparer entschieden und die Kündigung eines mehr als zehn Jahre zuteilungsreifen Bausparvertrages durch die Bausparkasse für unzulässig erklärt.
Gliederung
A. Einleitung
B. Das Kündigungsrecht der Bausparkasse nach Zuteilungsreife
I. Vertragliches Kündigungsrecht gem. § 15 II lit. c Muster-ABB
II. Ordentliches Kündigungsrecht gem. § 488 III BGB
1. Anwendbarkeit
2. Bausparsumme ist erreicht
3. Bausparsumme ist nicht erreicht
a. Wortlaut und Vertragszweck
b. Verzicht
c. Verwirkung
d. Zwischenergebnis
III. Ordentliches Kündigungsrecht gem. § 489 I Nr. 2
1. Anwendbarkeit
a. Grammatikalische Auslegung
b. Systematische Auslegung
c. Historische Auslegung
d. Teleologische Auslegung
e. Zwischenergebnis
2. Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 I Nr. 2 HS 1
a. Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz
b. Vollständiger Empfang
aa. Erreichen der vollen Bausparsumme
bb. Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife
(1) Direkte Anwendung des § 489 I Nr. 2
(2) Rechtsentsprechende Anwendung des § 489 I Nr. 2
(a) Planwidrige Regelungslücke
(b) Vergleichbare Interessenlage
(c) Zwischenergebnis
cc. Darlehensvalutierung
c. Ablauf der Zehnjahresfrist
d. Kein vertraglicher oder gesetzlicher Ausschluss des Kündigungsrechts
e. Zwischenergebnis
IV. Außerordentliches Kündigungsrecht gem. §§ 490 III, 314
1. Zinsentwicklung
2. Nichtinanspruchnahme des Darlehens
3. Zwischenergebnis
V. Außerordentliches Kündigungsrecht gem. § 490 III, 313 I, III
C. Zusammenfassung und weiterer Ausblick
- Arbeit zitieren
- Jennifer Hofmann (Autor:in), 2017, Die Kündigung zuteilungsreifer Bausparverträge durch die Bausparkasse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/353753
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