Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Nutzen von Blogs für NGOs (Schwerpunkt Kinderhilfswerke). Können Sie eher als Spendenakquisetool oder zur Spenderbindung genutzt werden?
Die Arbeit geht weiter der Frage nach, ob und wenn ja wie Blogs für das Relationship Fundraising eingesetzt werden können. Sie ist nicht nur theoretisch aufgebaut, sondern basiert auf empirischen Ergbenissen, beziehungsweise auf der Untersuchung und Auswertung der Blognutzung aller 161 deutschen Hilfswerke, die sich in der Kinder- und Jugendhilfe engagieren und das DZI Spendensiegel tragen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition von NPO und NGO
3. Fundraising
3.1 Fundraising aus Beschaffungsperspektive
3.2 Veränderte Rahmenbedingungen und Herausforderungen der Finanzierung im Non-Profit-Bereich
3.3 Fundraising als Austausch
3.4 Relationship Fundraising
4. Kommunikation im Relationship Fundraising
4.1 Kommunikation innerhalb der Phasen des Spendenprozesses
4.2 Erfolgsfaktoren der Kommunikation im Relationship Fundraising
4.2.1 Vertrauen
4.2.2 Zufriedenheit
4.2.3 Commitment
5. Onlinekommunikation im Fundraising
5.1 Potenziale der Onlinekommunikation für das Fundraising
5.2 Instrumente der Onlinekommunikation im Fundraising
5.2.1 Weblogs
6. Potenzial der Kommunikation über Blogs für Kinderhilfswerke
6.1 Potenzial der Herstellung von Öffentlichkeit
6.2 Potenzial der Vernetzung durch Earned Media Kommunikation
7. Potenzial der Kommunikation über Blogs für Kinderhilfswerke mit dem Ziel der Spenderbindung
7.1 Eigenschaften eines Blogs, die die Erfolgsfaktoren der Spenderbindung unterstützen
7.2 Kommunikationsinhalte, die die Erfolgsfaktoren der Spenderbindung unterstützen
7.2.1 Vertrauen durch Kommunikation in Blogs
7.2.2 Zufriedenheit durch Kommunikation in Blogs
7.2.3 Commitment durch Kommunikation in Blogs
8. Status Quo der Blognutzung von Kinderhilfswerken in Deutschland
8.1 Einsatzmöglichkeiten von Weblogs in Kinderhilfswerken
8.2 Ergebnisse und Diskussion der Untersuchung zur Blognutzung von Kinderhilfswerken
9. Fazit
10. Abbildungsverzeichnis
11. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die veränderten Kommunikationsbedingungen durch das Web 2.0, in dem die lineare Aufteilung von Sender[1] und Empfänger aufgelöst wird und auch Konsumenten gleichzeitig zu Produzenten von Inhalten werden können, haben nicht nur Einfluss auf private Bereiche, sondern stellen auch Unternehmen und nicht profitorientierte Organisationen vor immer neue Herausforderungen (vgl. Kiefer 2010: 283). Deswegen ist es auch für Non-Profit-Organisationen[2] (NPO) unerlässlich, sich mit dem Einfluss und den Möglichkeiten der Onlinekommunikation auseinanderzusetzen.
Ein besonderer Fokus soll in der vorliegenden Arbeit auf den in Deutschland ansässigen Kinderhilfswerken als Teilmenge der NPO liegen. Gerade in diesen kommt der professionellen Gestaltung der Kommunikation mit Stakeholdern, wie z.B. den Unterstützern eine hohe Bedeutung zu. Denn es muss durch eine transparente Darstellung Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit aufgebaut werden, da meistens eine große räumliche Distanz zwischen Spender[3] und Projektland liegt. Zudem treten die Organisationen des dritten Sektors durch veränderte Rahmenbedingungen in einen immer stärkeren Wettbewerb um finanzielle Ressourcen und um die Aufmerksamkeit der Unterstützer.
Die Hauptintention der NPO ist zwar nicht die Gewinnmaximierung, sondern die Unterstützung benachteiligter Gruppen, doch um dieses Primärziel zu erfüllen, sind finanzielle Ressourcen nötig (vgl. Bieth 2012: 26). Sekundärziel ist somit die Beschaffung von finanziellen Mitteln, das auch als Fundraising bezeichnet wird.
Fundraising meint in dieser Arbeit nicht, den Ressourcengeber zu einer einmaligen Spende zu bewegen, sondern wird im Sinne des Beziehungsmarketing als „Relationship Fundraising“ (Burnett 2002: 38) verstanden und zielt darauf ab, eine möglichst langfristige Beziehung aufzubauen, um den Spender zu binden und so dauerhaften Mittelzufluss sicher zu stellen. Dieser Schwerpunkt wurde gewählt, da auf lange Sicht die Bindung von Unterstützern rentabler ist, als die kurzfristige Neuspendergewinnung und einmalige Spendenakquise (vgl. Doktor 2012: 8). Zudem finanzieren sich viele der deutschen Kinderhilfswerke u.a. über Dauerspenden wie Patenschaften.
Es stellt sich somit die Frage, wie die Kommunikation über das Internet das Relationship Fundraising unterstützen kann. Welche Bedingungen müssen erfüllt werden, damit Spender an die Organisation gebunden werden und erneut spenden? Kann die Onlinekommunikation diese erfüllen? Um das herauszufinden, werden in Kapitel 4.2 die Erfolgsfaktoren des Relationship Marketings (Vertrauen, Zufriedenheit und Commitment[4] ) und der Kundenbindung auf NPO, das beziehungsorientierte Fundraising und die Spenderbindung übertragen.
Das Hauptaugenmerk soll auf einem bestimmten Instrument der Internetkommu-nikation liegen, den Weblogs[5]. Daraus ergibt sich die Forschungsfrage dieser Arbeit: Welches Potenzial bieten Weblogs für die Onlinekommunikation im beziehungs-orientierten Fundraising? Schaffen ihre Eigenschaften und dadurch möglichen Inhalte die Voraussetzung, um die ermittelten Erfolgsfaktoren des Relationship Fundraisings zu unterstützen und die Spenderbindung zu verbessern, oder bringen sie mehr Potenzial mit, direkt Online-Spenden einzutreiben und somit als „Vertriebskanal“ (Urselmann 2014: 245) zu fungieren?
Demnach ist es das Ziel der Arbeit, zu überprüfen, inwiefern ein Blog ein in Hinblick auf das beziehungsorientierte Fundraising sinnvolles Instrument der Onlinekommunikation von NPO und speziell von Kinderhilfswerken darstellen kann. Daraus leitet sich die dieser Arbeit zugrunde liegende und im weiteren Verlauf zu prüfende These ab, dass die Merkmale eines Blogs die Möglichkeit bieten, wesentlich zum Erfolg des Relationship Fundraisings und somit zur Spenderbindung beizutragen und im praktischen Einsatz den nachhaltigen Dialog zwischen dem Förderer und der Organisation unterstützen. Demnach müssten Blogs ein effizientes Instrument der Onlinekommunikation in Kinderhilfswerken sein.
Um einen Einblick in den Status Quo der tatsächlichen Nutzung von Weblogs durch deutsche Kinderhilfswerke zu erhalten, wird im letzten Teil der Arbeit ermittelt, wie viele der betrachteten Organisationen einen Blog in ihre Kommunikationsstrategie integrieren und wie sie diesen nutzen. Da es jedoch keine offizielle Übersicht über die in Deutschland tätigen Kinderhilfswerke gibt, aber eine möglichst heterogene Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes nach außen und eine homogene Zusammenfassung nach innen angestrebt wird, wird eine eigene Eingrenzung vorgenommen. Es werden alle 161 Hilfswerke betrachtet, die zum 01.09.2016 im Besitz des DZI-Spendensiegels sind und sich im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe engagieren.
Um den praktischen Einsatz der vorhandenen Blogs darzustellen, wird in Anlehnung an die Kategorisierung von Unternehmensblogs nach Zerfaß, Boelter und Bernet eine Übersicht der Einsatzmöglichkeiten von Blogs in Kinderhilfswerken entworfen, mithilfe derer die Blogs der Organisationen eingeordnet werden (vgl. 2005; 2010).
Anhand der verwendeten Inhalte und Nutzung der die Spenderbindung fördernden formalen Merkmale der Blogs, wie z.B. die Kommentarfunktion wird ermittelt, ob die Kinderhilfswerke das Potenzial der Blogs zum langfristig gedachten Relationship Fundraising ausnutzen oder ob sie sie nur als weiteren Kanal der Informations-übermittlung sehen. Somit wird das literaturbasierte Vorgehen, das genutzt wurde, um den theoretischen Rahmen aufzubauen und dem bisherigen Forschungsstand bezogen auf die Forschungsfrage nachzugehen, ergänzt um eine quantitative Auswertung der Bloganzahl einer begrenzten Teilmenge von Kinderhilfswerken und einer qualitativen Inhaltsanalyse der vorhandenen Blogs. Die Ergebnisse der Untersuchung werden in den Tabellen 1, 2 und 3 im Anhang festgehalten.
Die Hinleitung zum Thema erfolgt nun durch eine Begriffserklärung von „NPO“ bzw. „Non-Governmental-Organisationen“ (NGO) bzw. einer Einordnung von Kinderhilfs-werken in diese und der Definition von „Fundraising“ in Bezug auf die veränderten Rahmenbedingungen innerhalb des dritten Sektors.
2. Definition von NPO und NGO
Der Begriff „Non-Profit-Organisation“ kommt aus dem us-amerikanischen und wurde durch die Betriebswirtschaftslehre geprägt, die als Abgrenzungskriterium zwischen NPO und erwerbswirtschaftlichen Unternehmen bzw. dem Markt als ersten Sektor die Bedeutung des Gewinns heranzieht (vgl. Luthe 1997: 198; Bruhn 2011: 21). Während bei profitorientierten Unternehmen Formalziele wie Gewinn, Rentabilität und Effizienz dominieren, die den Unternehmern oder Kapitalgebern zugute kommen, liegt der Fokus bei NPO auf der Erreichung der bedarfswirtschaftlichen Sachziele (vgl. Urselmann 1997: 5; Schwarz 1996: 14). Damit ist die Verfolgung der innerhalb der Mission definierten Interessen und somit die Erbringung von Leistungen an die dort festgelegten Anspruchsgruppen gemeint, auch als „originäre Aufgaben“ bezeichnet (vgl. Bruhn 2011: 21). Der Gewinn stellt in NPO „nur eine – wenn auch wichtige - Rahmenbedingung“ (Bruhn 2011: 21) dar, die ausschließlich dazu dient, das Primärziel zu unterstützen. Somit werden Überschüsse nicht zur Profiterwirtschaftung bzw. im Sinne der Eigenwirtschaftlichkeit genutzt, sondern befriedigen Interessen des Gemeinwohls und werden zur Erfüllung der satzungsgemäßen Zwecke in die Organisation reinvestiert (vgl. Urselmann 1997: 5f).
Laut dem „John Hopkins Comparative Nonprofit Sector Project“[6] müssen NPO, um als solche zu gelten, nicht nur Einnahmen ausschließlich zur Zweckerfüllung einsetzen, sondern zusätzlich formal und privat statt staatlich organisiert sein, sich autonom verwalten und teils durch freiwilliges Engagement gestützt werden (vgl. Salamon/ Anheier 1994: 14f.). Diese Organisationen können nach der von Anheier vorgeschlagenen „International Classification of Nonprofit Organizations“ weiter hinsichtlich ihres Aufgabenbereiches kategorisiert werden, wie z.B. soziale Dienste, Umweltschutz, Wohnungswesen und Entwicklungsförderung oder internationale Aktivitäten (vgl. 2005: 55). Schwarz unterteilt die privat organisierten NPO hinsichtliches ihres Themenfeldes bzw. ihrem Zweck in wirtschaftliche, soziokulturelle, politische und soziale NPO (vgl. Schwarz et. al 2009: 21). Die in der Thesis betrachteten Kinderhilfswerke decken viele Aufgabenbereiche ab, weswegen eine Einordnung nach Anheier weniger sinnvoll erscheint. Eine Zuweisung hinsichtlich ihres primären Zwecks nach Schwarz ist jedoch möglich, wonach sie zu den sozialen Organisationen zählen, die per definitionem „karikative oder unentgeltliche Unterstützungsleistungen an bedürftige Bevölkerungskreise“ (Schwarz et al. 2009: 21) erbringen. Aus Sicht der Volkswirtschaftslehre wird der dritte Sektor in Differenz zum Staat als zweiten Sektor abgegrenzt. Daraus ergibt sich der Begriff der „Nicht-Regierungs-Organisationen“ (NRO) bzw. „NGO“ (vgl. Hohn 2001: 6). Die Organisa-tionen sind „Akteure, die maßgeblich in Prozesse der Politikgestaltung“ (Zimmer 2016: 95), genauer in der Entwicklungshilfe eingebunden sind und dessen Zweck es ist, Armutsgruppen eine bessere Befriedigung ihrer „physischen Elementarbedürfnisse (Ernährung, sauberes Trinkwasser, Unterkunft, [...]) und ihrer kulturell-politischen Grundbedürfnisse (Gewährleistung der Menschenrechte, Erhaltung der [...] Lebens-grundlagen, politische Teilhabe, kulturelle Identität)“ (Wegner 1993: 14) zu ermöglichen. Laut Bieth können NGO nach neun Kategorien unterschieden werden, dessen genaue Ausführung jedoch über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen würde (vgl. 2012: 37). Als Unterscheidungskriterium wird unter anderem das Politikfeld herangezogen, unterteilt in Entwicklungspolitik, Kinderhilfswerke, humanitäre Hilfe und Menschenrechte (vgl. Bieth 2012: 33). Diese Unterteilung scheint jedoch in sich nicht konsistent, da Kinderhilfswerke mehrere Politikfelder, wie die langfristige Entwicklung-spolitik, die Stärkung von Menschenrechten, aber auch humanitäre Hilfe bzw. Not- und Katastrophenhilfe abdecken können. Folglich stellt die betrachtete Untermenge der NGO – deutsche Hilfswerke, die sich in der nationalen oder internationalen Kinder- und Jugendhilfe engagieren, eine Sonderkategorie dar, dessen Abgrenzung über die Kategorie der Zielgruppe erfolgt (vgl. ebd.).
Im weiteren Verlauf wird jedoch die Verwendung von NPO statt NGO bevorzugt, da in der vorliegenden Arbeit kein Fokus auf den Leistungen der Kinderhilfswerke an die hilfsbedürftige Projektzielgruppe liegt, sondern ausschließlich die Beziehung zwischen dem Hilfswerk und ihren privaten Förderern betrachtet wird. Denn besonders für Kinderhilfswerke, die schnelle Nothilfe in Krisensituationen leisten, ist der Erhalt finanzieller Mittel durch Dritte und somit die dauerhafte Spendengenerierung eine notwendige Bedingung zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit (vgl. Zimmer 2016: 95). Demnach kommt dem Fundraising, dessen Bedeutung in folgendem Kapitel genauer erläutert wird, und der betriebswirtschaftlichen Ansicht eine große Bedeutung in Kinderhilfswerken zu.
3. Fundraising
3.1 Fundraising aus Beschaffungsperspektive
Aufgrund der Dualität der Zielgruppen, einerseits die der Leistungsempfänger, anderseits die der Förderer, übernehmen NPO eine Mittlerfunktion (vgl. Schlegelmilch 1995: 2330). Das Austauschverhältnis besteht nicht wie in kommerziellen Unternehmen auf einem klaren Geber-Nehmer-Prinzip, sondern wird aufgrund der oftmals effizienteren Überbringung durch die NPO moderiert (vgl. Naskrent 2010: 40f.). Abb. 1 zeigt u.a. den Leistungsfluss zwischen den Beteiligten. Der Spender kann als Auftraggeber angesehen werden, dessen Spende durch die NPO an die Leistungsempfänger, d.h. die Kinder übermittelt wird. Sowohl der Förderer als auch die NPO verzichten bei der Übermittlung der Ressourcen auf eine materielle Gegenleistung (vgl. Urselmann 1997: 12).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Leistungsfluss zwischen Spender, NPO und hilfsbedürftiger Zielgruppe und die jeweilige Bemühung der NPO,
Quelle: eigene Darstellung
Die Bemühung der NPO zur Erlangung der Mittel der Spender kann mit „Fundraising“ übersetzt werden, wie auch Abb. 1 darstellt. Der Begriff kommt auf den USA und setzt sich zusammen aus dem Substantiv „fund“ (Kapital, Vermögen, Mittel) und dem Verb „to raise“ (etwas aufbringen, beschaffen) und bedeutet wörtlich Kapital- bzw. Mittelbeschaffung (vgl. Gahrmann 2011: 12).
Fundraising im Sinne von Spendenbeschaffung meint den asymmetrischen, „einseitigen Transfer, d.h. [die] Übertragung einer Ressource vom Spender zur NPO“ (Luthe 1997: 20; Hervorh. im Original). Damit beschränkt sich die Beziehung zu Förderern auf das Ziel einer „wiederholten Auslösung von Spenden-Transaktionen“ (Fischer et. al 2016: 86f.).
Es trägt dazu bei, den dominanten Engpass von NPO, der in der Beschaffung der finanziellen Ressourcen liegt, zu verringern (vgl. Hohn 2001: 24). Denn um die originären Leistungen an die Projektzielgruppe zu erbringen, besteht eine beinahe unbegrenzte Nachfrage an Spenden, die einem begrenzten Angebot von Spendern gegenübersteht (vgl. Kapp-Barutzki 2006: 6). Auch im Marketing geht es um die Überwindung von Engpässen durch den gezielten Einsatz der Instrumente (vgl. Meffert et. al 2015: 7f.). Demnach kann Fundraising als eine spezielle Form des Beschaffungs-marketings verstanden werden (vgl. Gahrmann 2011: 14). Fundraising nach dieser Definition wird oft negativ als „Bettelngehen“ aufgefasst, da hier jegliches Potential zur Einbindung der Spenderwünsche ausgeklammert wird (vgl. Hohn 2001: 43). Um den Paradigmenwechsel vom beschaffungs- zum beziehungsorientierten Fundraising zu begründen, werden im Folgenden die veränderten Rahmenbedingungen und Herausforderungen der Finanzierung im Non-Profit-Bereich dargelegt.
3.2 Veränderte Rahmenbedingungen und Herausforderungen der Finanzierung im Non-Profit-Bereich
Gemäß der Ergebnisse der „Untersuchung zum dritten Sektor im Rahmen des John Hopkins Comparative Nonprofit Sector Project“ (Hohn 2001: 24) stammten 1999 noch 64 Prozent der Einnahmen deutscher NPO aus Zuwendungen der öffentlichen Hand und nur 3 Prozent aus privaten Spenden- und Sponsorengeldern (vgl. ebd.). Der anhaltende Rückzug des Staates aus dem Non-Profit-Bereich lässt folglich erhebliche Finanzierungslücken entstehen und stellt die Organisationen vor die Herausforderung, neue Finanzierungswege zu erschließen. (vgl. Haibach 2006: 32; Pleil 2005: 17) Infolgedessen gewinnt die externe Mittelbeschaffung durch Privatspender und das Fundraising als Beschaffungsmaßnahme zunehmend an Bedeutung. Der Fokus liegt auf Spenden von Privatpersonen, da sie mit 66 Prozent am Gesamtspendenvolumen aller NPO mittlerweile die wichtigste Einnahmequelle bilden (vgl. Deutscher Fundraising Verband 2012: 2). Vor allem Hilfswerke im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe sind von diesen abhängig. 2015 wurden 79,3 Prozent aller Privatspenden zum Zweck der humanitären Hilfe abgegeben, wovon der Großteil (20,7 Prozent) Organisationen der Kinder- und Jugendhilfe zugute kam – vor allem dem SOS-Kinderdörfern weltweit e.V. und UNICEF (vgl. GFK 2016: 15f.; Deutscher Fundraising Verband 2012: 12).
Die Entwicklung des Spendenmarktes in Deutschland bestätigt, dass „das Volumen von Privatpersonen zur Verfügung gestellter (Geld-)Spenden wächst“ (Urselmann 2016: 123). Der Anteil der Spender in der Bevölkerung, die Spenderquote, wird jedoch geringer (vgl. Urselmann 2014: 295). Das heißt die Spenden werden von einer sinkenden Anzahl von Spendern erbracht, „deren durchschnittliche Spendenhöhe [..] kontinuierlich steigt“ (Urselmann 2016: 128). „Immer weniger (Spender) geben also immer mehr (Spenden)“ (ebd.).
Gleichzeitig drängen immer mehr Wettbewerber auf den Spendenmarkt, die um Mitglieder, öffentliche Aufmerksamkeit und finanzielle Ressourcen, d.h. um die geringe Anzahl von Privatspendern konkurrieren (vgl. Kiefer 2010: 286). Es gibt nicht nur mehr NPO, sondern als zusätzlicher Konkurrent treten Social Enterprises, sogenannte „hybride NPO“ auf den Markt - soziale Unternehmen, die ebenfalls gemeinnützige Ziele verfolgen aber nicht auf eine Gewinnausschüttung verzichten (vgl. Schwenger 2013: 122). Hinzu kommt, dass sich die Konkurrenten durch die veränderten Kommu-nikationsbedingungen des Web 2.0 und die damit einhergehenden geringeren Transaktionskosten der Kommunikation gleichberechtigt darstellen können, unabhängig von ihrer Größe und finanziellen Möglichkeiten (vgl. Breidenbach 2010: 165). So werden auch kleinere und spezialisiertere NPO durch ihre Masse zunehmend zur Konkurrenz für große Organisationen. Hier greift die Theorie des Long Tail, die besagt dass „mit dem Internet Nischenprodukte enorm an Bedeutung gewinnen und in ihrer Gesamtheit mehr Volumen ausmachen“ (Breidenbach 2010: 165). Die große Bandbreite an bespendbaren Themenfeldern bedient zudem die Forderung der Förderer nach individualisierteren Spendenmöglichkeiten. Denn das Spenderverhalten hat sich zu einem immer projektorientierteren Engagement gewandelt (vgl. Reiser 2013: 396). Vorangetrieben wird das Phänomen zum Beispiel durch die Spenden-plattform betterplace.org, auf der sich kleine NPO neben großen Hilfswerken finden lassen und direktes Online-Fundraising betreiben können (vgl. Breidenbach 2010: 165).
Durch diese veränderten Rahmenbedingungen gewinnt das Fundraising an Bedeutung und ist durch den „Verdrängungswettbewerb auf dem Spendenmarkt“ (Urselmann 2016: 134) einem zunehmendem Professionalisierungsdruck ausgesetzt. Denn „je mehr Organisationen um Mittel buhlen, desto professioneller muss das Fundraising werden“ (Pleil 2005: 17). Zum begrenzten Faktor der finanziellen Mittel kommt somit der Engpass der Aufmerksamkeit der Geldgeber hinzu. Aufwendige Kommunikations-strategien werden zur notwendigen Bedingung des Erfolgs. Obwohl Fundraising nur das Sekundärziel zur Erfüllung des Sachziels darstellt, rückt es zunehmend in den Fokus und nimmt eine kosten- und arbeitsintensivere Stellung ein (vgl. Petras 2010: 78; Breidenbach 2010: 167).
Trotz des hohen Professionalisierungsgrades ist es, bedingt durch die sinkende Spenderquote in Deutschland, schwieriger, Neuspender zu gewinnen. „Umso wichtiger wird es, die bestehenden Spender zu halten“ (Hohn 2001: 43) und diese durch Beziehungspflege an die NPO zu binden. Vor dem Hintergrund, dass NPO kaum Rücklagen bilden können, aber auf einen verlässlichen und dauerhaften Mittelzufluss angewiesen sind, gewinnt ein Spenderstamm mit loyalen Förderern an Relevanz (vgl. Naskrent 2013: 271). Fundraiser müssen sich deshalb „in den nächsten Jahren um quantitativ immer weniger Spender qualitativ immer besser kümmern“ (Urselmann 2016: 134) und mehr auf ihre Interessen eingehen. Zudem sind die Kosten für die Neuspendergewinnung erheblich gestiegen (vgl. Hohn 2001: 2). „Es ist bis zu fünfmal teurer einen Spender neu zu gewinnen als einen bereits vorhandenen zu pflegen“ (Doktor 2012: 8). Somit ist die Spenderbindung langfristig gesehen günstiger als die Neuspenderakquise und Fundraising sollte mehr Fokus auf Beziehungen zu Spendern statt auf den schnellen Euro setzten (vgl. Urselmann 2014: 14).
3.3 Fundraising als Austausch
Durch die veränderten Rahmenbedingungen des Non-Profit-Sektors muss eine Erweiterung des in 3.1 beschriebenen beschaffungsorientierten Begriffs des Fundraisings vorgenommen werden – weg von der kurzfristigen Spendenorientierung mit dem einseitigen Bitten um Mittel, hin zu einer langfristigen Spenderorientierung (vgl. Schneider 1996: 195). In den meisten wissenschaftlichen Ansätzen erfolgt ein Umdenken vom beschaffungsorientierten Fundraising über eine austauschfokussierte Sichtweise bis hin zum beziehungsorientierten Fundraising, auch „Relationship Fund-raising“ bezeichnet.
Luthe z.B. schlägt eine dreiteilige Kategorisierung des Begriffs in eine beschaffungs-orientierte, transaktionsorientierte und interaktionsorientierte Sichtweise vor (vgl. 1997: 20ff.). Im Rahmen der Transaktionsorientierung wird Fundraising als ein Austausch zwischen Spender und NPO gesehen. Der materiellen Spende steht die Übermittlung immaterieller Leistungen der NPO an die Unterstützer gegenüber (ebd. 33). Fundraising lässt sich also auch als Absatzprozess von Dienstleistungen an die Ressourcengeber verstehen (vgl. Hohn 2001: 71). Denn Austausch vollzieht sich nach Anderson und dem „Law of Exchange“ nur, wenn dieser für beide Parteien vorteilhaft ist (vgl. 1957: 24). Es findet ein Geben und Nehmen statt, womit nicht nur die Organisation der Leistungsempfänger ist, sondern ebenfalls der Spender einen Nutzen aus der Transaktion generiert (vgl. Luthe 1997: 32).
Der erwartete Nutzen des Förderers stellt die Motivation des Spendens dar. Einerseits besteht dieser darin, dass die NPO die Spende zu einem von ihm gewählten Zweck weiterleitet und eine Mittlerfunktion übernimmt (vgl. Gahrmann 2012: 20). Andererseits kann die Dienstleistung der NPO als Bedürfnisbefriedigung des Spenders bzw. als Bereitstellung von Belohnungen im Sinne des Gratifikationsprinzips angesehen werden, wie Abb. 1 anhand des gestrichelten schwarzen Pfeils darstellt (vgl. Hohn 2001: 19). Das Prinzip steht im Kontext der ökonomischen Kosten-Nutzen-theoretischen Überlegungen, im Rahmen dessen Gratifikationen Belohnungen und Bestrafungen meinen, die als Antriebskräfte des Verhaltens von Individuen gelten (vgl. Raffée et. al 1983: 698). Die Gratifikationen im Fundraising können ökonomischer Art, wie die Steuerminderung durch Spenden oder außerökonomischer Art sein (vgl. Holscher 1976: 94f.; Urselmann 1997: 16). Der Fokus der Arbeit liegt auf der Dienstleistung als Übermittlung positiver Gratifikationen an den Spender und somit auf außerökonomischen, immateriellen und ideellen Gütern (vgl. Holscher 1976: 103; Schneider 1996: 90f.). Denn die Bereitstellung des Nutzens erfolgt durch Kommunikation. Sie zeigt nicht die Gegenleistung an den Spender an, sondern aufgrund der Immaterialität der Dienstleistung ist sie die Gegenleistung. Die Kommunikationsinhalte müssen somit an den Spendenmotiven der Förderer ausgerichtet sein. Diese sind vielfältig und werden anhand der Inhalte von Blogs in Kapitel 7.2.2 aufgezeigt.
An dieser Stelle kann festgehalten werden, dass das Ziel des Fundraisings oberflächlich betrachtet, Geldbeschaffung und „Menschen zu einer direkten Reaktion, zum Handeln (= zum Spenden) zu bewegen“ (Haibach 2006: 89) ist. Da Spenden jedoch freiwillig erfolgen und einem Austauschprozess unterliegen, ist es die Aufgabe des Fundraisings, die individuellen Spenderwünsche zu erforschen und „dem potentiellen Spender angemessene Gratifikationen, im Verhältnis zu seinen mit der Spende verbundenen Kosten, anzubieten“ (Hohn 2001: 19). Nur durch die damit verbundene Zufriedenstellung der Spender kann ein dauerhafter Mittelzufluss gewährleistet werden. So stellt auch Fabisch fest, dass „gezielte Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit [...] Erfolgsfaktoren des Fundraisings“ (2006: 43) sind.
3.4 Relationship Fundraising
Auch innerhalb des interaktionsorientiertem Ansatzes setzt Luthe den Schwerpunkt auf die Förderer (vgl. 1997: 22). In Anlehnung an das Marketing leitet er Fundraising hier als „erfolgreichen Aufbau, […] Aufrechterhaltung und Verbesserung von Beziehungen zu allen relevanten Anspruchsgruppen unter Berücksichtigung der Ziele aller beteiligten Parteien“ (1997: 33) ab. Denn auch im kommerziellen Marketing hat sich ein Wandel vom kurzfristigen und anonymen Massenmarketing mit Transaktions-orientierung zum langfristig ausgerichteten Relationship Marketing vollzogen, ausgelöst durch die „Veränderung der Märkte und der Konsumenten“ (Bruhn 2015: 6). Die langfristige Bindung der Kunden wurde zu einer zentralen Erfolgsgröße und somit der „Aufbau, die Intensivierung und die Wiederherstellungen von Kundenbeziehungen“ (Bruhn 2015: 2). Damit einhergehend wurde die Marketingstrategie angepasst, von der Leistungsdarstellung hin zu einem Dialog mit dem Kunden (vgl. ebd.). Da das Fundraising, wie schon in 3.1 festgestellt, enge Bezugspunkte zum Marketing aufweist, wird das hier verbreitete Konzept der Kundenorientierung bzw. des Customer Relationship Management (CRM) auf die Spender der gemeinwirtschaftlichen Organisationen übertragen (vgl. Haibach 2006: 22; Burnett 2002: 3). Dementsprechend steht die Beziehungsgestaltung zu Unterstützern im Mittelpunkt und das Fundraising kann in Anlehnung an das Relationship Marketing als „Relationship Fundraising“ bezeichnet werden. Der Begriff geht auf Burnett zurück und meint alle Aktivitäten, die auf den Aufbau und die Pflege der langfristigen Spenderbeziehungen ausgerichtet sind und dem Spender das Gefühl vermitteln, geschätzt und geachtet zu werden. (vgl. Burnett 2002: 38) Der Vorteil von starken sozialen Beziehung ist, dass sie durch stabiles Engagement und ein hohes Verpflichtungsgefühl gekennzeichnet sind. So können die Spender ihr Engagement durch kontinuierliche Spenden ausdrücken und ein Auftreten von kurzfristigen Asymmetrien im Geben und Nehmen wird toleriert, da beide Parteien auf das Weiterbestehen der Beziehung vertrauen. (vgl. Patolla 2007: 111) Eine Voraussetzung für das Relationship Fundraising ist also das „Friendraising“, der zeitintensive Aufbau von freundschaftlichen und vertrauensvollen Beziehungen mit Spendern (vgl. Dettmann 2016: 58; Burnett 2002: 28).
Das primäre Ziel des Beziehungsaufbaus ist die Spenderbindung, d.h. die Förderer langfristig zur Unterstützung zu motivieren, um mehr Einnahmen pro Spender zu generieren (vgl. Bruhn 2011: 67f.). Sie ist von Bedeutung, da, wie bereits in 3.2 angedeutet, die Neuspenderakquise kostspieliger ist, NPO einem zunehmenden Verdrängungswettbewerb auf dem Spendenmarkt ausgesetzt sind, kaum Rücklagen bilden dürfen und durch den kontinuierlichen Mittelzufluss eine bessere Planbarkeit gewährleistet wird (vgl. Urselmann 2014: 14f). Die Hälfte der gewonnenen Erstspender wird zwischen der ersten und der zweiten Spende wieder verloren. Die Gefahr der Einstellung der Spende oder der Abwanderung zur Konkurrenz kann verringert werden, wenn sich der Unterstützer an eine Organisation gebunden fühlt, sich mit ihren Anliegen identifizieren kann und sich folglich sein Spendenverhalten habitualisiert. (vgl. Burnett 2002: 156) Als Beispiel für ein erfolgreiches Spenderbindungsmanagement kann das Kinderhilfswerk Plan gelten, dem es innerhalb von drei Jahren gelang, die Abbruchrate von Patenschaften von 13 Prozent auf 6,5 Prozent zu senken und profitable Spender an die Organisation zu binden (vgl. Kristoffersen/Singh 2004: 38).
Ein Modell, das den Grad der Spenderbindung veranschaulicht ist die Spender-pyramide (siehe Abb. 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Spenderpyramide,
Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an: Fabisch 2006: 113
Die in Beziehung zur Organisation stehenden Menschen werden in Gruppen hinsichtlich ihres finanziellen Engagements und ihrer Bindung zur NPO eingeteilt. Die Darstellung zeigt, dass es z.B. eine große Menge an Erstspendern gibt, die jedoch nur geringe Spendenbeiträge leisten und keine hohe Loyalität aufweisen. Die Beitragshöhe nimmt mit steigender Bindung zu, die Anzahl der Personen jedoch ab. (vgl. Fabisch 2006: 112) Es geht im Kontext des Relationship Fundraisings nicht darum, möglichst viele Erstspender zu gewinnen, sondern Interessenten bzw. Spender in Hinblick auf höhere Bindungsstufen weiterzuentwickeln (Upgrading) (vgl. Urselmann 2014: 16). Denn hier greift das „Pareto Prinzip“, nachdem sich 80 Prozent der Spender in den unteren Stufen befinden und 20 Prozent des Spendenvolumens ausmachen, wobei eine Minderheit von 20 Prozent in der Spitze der Spenderpyramide für den Großteil von 80 Prozent der Einnahmen verantwortlich ist (vgl. Urselmann 2014: 17). Die Pyramide zeigt den „idealtypischen Entwicklungsprozess“ (Fabisch 2006: 112) eines Spenders, wonach ein Einzelspender zu einem Mehrfach- und Dauerspender, wie in Kinderhilfswerken zu Paten, und im Endeffekt zu einem Erblasser aufsteigen soll. Gleichzeitig nimmt mit jeder Stufe der von der NPO zu leistende Aufwand zu, denn wer mehr gibt, erwartet eine vermehrte, persönlichere und individualisiertere Beachtung (vgl. Fabisch 2006: 112). Deswegen fordert das Relationship Fundraising, den Spender „entsprechend [seiner] Bedeutung für die Finanzierung der Organisation“ (Urselmann 2014: 14) wertzuschätzen. Für jede Stufe der Spenderpyramide wird ein eigenes Marketing-Konzept mit spezifischen Kommunikationsmaßnahmen und -instrumenten zur Kontaktaufnahme und -pflege entworfen (vgl. Doktor 2012: 8). An welcher Bindungsintensität bzw. Stelle der Pyramide z.B. Blogs im Rahmen der Onlinekommunikation ansetzen können, wird in Kapitel 7 weiter erläutert.
Im Hinblick auf die Forschungsfrage der Arbeit, welches Potenzial die Onlinekommunikation, im speziellen ein Blog, für das Fundraising in Kinderhilfswerken bietet, kann nun festgehalten werden, wie sich der Erfolg des Relationship Fundraisings einer NPO definiert, um im Anschluss die beeinflussenden Erfolgsfaktoren auszumachen und diese auf die Anforderungen an die Kommunikation zu übertragen. Der Erfolg wird nicht an der Anzahl der Transaktionen gemessen, auch nicht allein an der Höhe der Spendeneinnahmen, sondern zusätzlich an der Qualität der Beziehungen zu und Bindung von Unterstützern an die Organisation. Deshalb erfolgt die Bestimmung nicht über den ROI, sondern anhand des Donor Lifetime Values (vgl. Bruhn 2011: 68). Mit diesem kann der Wert eines Spenders berechnet werden, indem über den kompletten Spenderlebenszyklus die Spendenerlöse den Kosten für die Spenderbeziehungen gegenübergestellt werden (vgl. Sargeant 2001: 26). Durch den Aufbau von Beziehungen wird nicht nur ökonomisches Kapital, sondern ebenfalls Sozialkapital[7] generiert. Denn mit der Zahl der Beziehungen und dem Bindungsgrad der Spender steigt auch der Einfluss und die Sichtbarkeit einer NPO, da die Spender als vertrauensvolle Multiplikatoren fungieren und die Informationen innerhalb ihrer Netzwerke weiter verbreiten können. (vgl. Pleil 2012: 30) Die zusätzliche Aufmerksamkeit kann rückwirkend zu mehr Spendeneinnahmen führen, da die NPO an Bekanntheit gewinnt (vgl. Doktor 2016: 9). Die Vorteile der Vernetzung können vor allem durch Onlinekommunikation herbeigeführt werden, wie in Kapitel 5.1 genauer erläutert wird. Denn das Internet kann den Aufbau sozialer Netzwerke unterstützen (vgl. Pleil 2012: 29).
4. Kommunikation im Relationship Fundraising
Der Kommunikation kommt im Rahmen des Spenderbindungsmanagements eine zentrale Stellung zu, da ohne sie bzw. ohne Austausch keine Beziehungen entstehen können (vgl. Burgy 2008: 62; Haibach 2006: 90). Die Kommunikation der NPO trägt nicht nur durch die angebotenen Gratifikationen, sondern auch durch die so bereitgestellten Informationen zur Zufriedenstellung der Spender bei. Denn diese sind aufgrund der weiten räumlichen Distanz zwischen dem Informationsanfall und dem Informationsbedarf bzw. zwischen der Leistungserbringung an die Projektzielgruppe und dem Spender der einzige Kontrollpunkt und Beleg für die Arbeit der NPO (vgl. Naskrent 2010: 172; Staffelbach 1988: 279).
4.1 Kommunikation innerhalb der Phasen des Spendenprozesses
Die Kommunikationsmaßnahmen der Spenderbindung setzten erst auf der zweiten Stufe der Spenderpyramide (siehe Abb. 2), nach der erfolgreichen Spendergewinnung an. Denn die Pyramide greift damit auf den Spenderbeziehungszyklus zurück, der aus den Phasen Akquisition, Bindung und Rückgewinnung besteht. Das Spenderbindungs-management kommt demnach zwischen der Anbahnungsphase, dessen Ziel es ist, die Aufmerksamkeit des Spenders zu wecken und ihn zu einer ersten Spende zu bewegen und der Kündigungsphase einer Beziehung, an die das Spenderrückgewinnungs-management anknüpft, zum Einsatz (vgl. Stauss 2006: 429f.). Den Zeitpunkt der Kommunikation zur Spenderbindung – nach der Transaktion – verdeutlichen ebenfalls die von Hohn festgelegten Spendenprozessphasen, die auf dem von Schneider entwickelten Prozessmodell des Spenderverhaltens basieren und aus Perspektive der Förderer gesehen in folgender Reihenfolge ablaufen: Informationsphase, Entschei-dungsphase, Transaktion und Bindung (vgl. Hohn 2001: 122; Schneider 1996: 114ff.).
Für die Erstspendergewinnung, die die Voraussetzung der Spenderbindung darstellt, muss es der NPO somit in der Anbahnungsphase des Spenderbeziehungszyklus bzw. in der Informations- und Entscheidungsphase des Spenderverhalten-Modells nach Schneider gelungen sein, Präferenzen für das eigene Angebot zu schaffen. Dies kann im Rahmen eines Spendenappells umgesetzt werden, dessen Erfolg ebenfalls von den Kommunikationsinhalten abhängt. Um diese festzulegen, kann auf das AIDA-Schema der Werbewirkung zurückgegriffen werden (vgl. Reichenbach 2008: 20). Dieses geht auf Elmo Lewis zurück und ist ein Akronym für die englischen Begriffe Attention, Interest, Desire, Action (Aufmerksamkeit, Interesse, Wunsch, Aktion) (vgl. Trommsdorf/ Teichert 2011: 46). Da der Schwerpunkt der Arbeit jedoch nicht auf der Spender-gewinnung, sondern auf der daran anknüpfenden Spenderbindung liegt, soll dies nur am Rande erwähnt bleiben.
4.2 Erfolgsfaktoren der Kommunikation im Relationship Fundraising
Es stellt sich somit die Frage, wie eine NPO, im speziellen ein Kinderhilfswerk, in der Praxis kommunizieren muss und welche Inhalte wichtig sind, um die Spenderbindung und ein Upgrading eines Unterstützers auf der Spenderpyramide zu erzeugen. Dafür gilt es herauszufinden, welche Erfolgsfaktoren für das Relationship Fundraising und somit für die Spenderbindung und -beziehung relevant sind. Im Folgenden werden Ansätze und Theorien verschiedener Autoren aufgezeigt, die Aufschluss über die Bestimmungsgrößen geben.
[...]
[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.
[2] Der Begriff wird im Folgenden sowohl im Singular, als auch im Plural NPO abgekürzt.
[3] Die Begriffe Spender, Förderer und Unterstützer werden in der vorliegenden Arbeit als Synonym gebraucht.
[4] Eine Bedeutungserklärung wird in Kapitel 4.2.3 gegeben.
[5] Der Begriff „Weblog“ wird im weiteren Verlauf synonym mit der Abkürzung „Blog“ genutzt. Die Bedeutung wird in Kapitel 5.2.1 genauer erklärt.
[6] Um eine Analyse des Non-Profit-Sektors in 12 Ländern vorzunehmen, wurde 1990 eine Definition für NPO erarbeitet, die eine internationale Vergleichbarkeit ermöglicht, aber ebenfalls national anwendbar ist.
[7] Der Begriff „Sozialkapital“ nach Bourdieu meint „die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen gegenseitigen Kennens oder Anerkennens verbunden sind“ (Bourdieu 1983: 191).
- Quote paper
- Caroline Lauhoff (Author), 2016, Onlinekommunikation im Fundraising. Eine Analyse der Potenziale und des Einsatzes von Blogs bei Kinderhilfswerken, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/353634
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