STRORRER fragt: „Was ist ΄hyper΄ am Hypertext?“ In ihrem Aufsatz stellt sie die wesentlichen Eigenschaften von Hypertexten dar und grenzt diese von anderen Texten ab. Der vorliegenden Arbeit liegen die Fragen: „Was ist Literatur an Netzliteratur?“ und „Was ist Netz an Netzliteratur?“ zu Grunde. Es werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Netzliteratur / digitale Literatur und herkömmlicher Literatur herausgearbeitet. Ebenso wird Netzliteratur von Netzkunst und Literatur im Netz abgegrenzt. Ein Hauptaugenmerk in dieser Arbeit liegt auf verschiedenen Begriffsbestimmungen, da viele Begriffe, die im Zusammenhang mit Literatur und Internet auftreten auf Grund der Neuheit der Thematik nicht immer einheitlich verwendet werden. Schließlich sollen zwei Beiträge eines Wettbewerbs vorgestellt und anhand der vorausgegangenen Ergebnisse untersucht werden.
Inhalt
1 Einleitung
2 Literatur und Medien
2.1 Text und Literatur im Medium Computer / Internet
3 Begriffsklärungen
3.1 Hypertext
3.2 Multimedia / Hypermedia
3.3 Hyperfiction
3.4 Digitale Literatur vs. Netzliteratur
4 Das Verhältnis von Literatur zu Digitaler Literatur
5 Betrachtung zweier Wettbewerbsbeiträge
5.1 btong
5.2 blackbox
6 Fazit
7 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Strorrer fragt: „Was ist ΄hyper΄ am Hypertext?“[1] In ihrem Aufsatz stellt sie die wesentlichen Eigenschaften von Hypertexten dar und grenzt diese von anderen Texten ab. Der vorliegenden Arbeit liegen die Fragen: „Was ist Literatur an Netzliteratur?“ und „Was ist Netz an Netzliteratur?“ zu Grunde. Es werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Netzliteratur / digitale Literatur und herkömmlicher Literatur herausgearbeitet. Ebenso wird Netzliteratur von Netzkunst und Literatur im Netz abgegrenzt. Ein Hauptaugenmerk in dieser Arbeit liegt auf verschiedenen Begriffsbestimmungen, da viele Begriffe, die im Zusammenhang mit Literatur und Internet auftreten auf Grund der Neuheit der Thematik nicht immer einheitlich verwendet werden. Schließlich sollen zwei Beiträge eines Wettbewerbs vorgestellt und anhand der vorausgegangenen Ergebnisse untersucht werden.
2 Literatur und Medien
Um digitale Literatur mit herkömmlicher Literatur vergleichen zu können, bedarf es zunächst einer Definition von Literatur. An dieser Stelle soll die Definition von Link aufgegriffen werden:
„Als literarische Rede kann im strikten nur die Menge aller Texte definiert werden, die die in einer gegebenen Kultur und für einen gegebenen sozialen Träger institutionalisiert gültigen Vorstellungen von ΄Literatur΄ deutlich konnotieren.“[2]
Was also als Literatur bezeichnet wird, unterliegt einem ständigen Wandel und wird je nach sozialem Träger unterschiedlich verstanden. Link[3] führt weiter das Kriterium der literarischen Verfremdung an, durch das literarische Texte gekennzeichnet sind. Dem hinzufügen kann man als typische, im weiteren Sinne auf Verfremdung beruhende literarische Verfahren Mehrdeutigkeit, Selbstreferenz, Rekurrenz und Vorherrschen von Symbolik.
Die Bindung an ein Medium wird in dieser Definition nicht erwähnt. Allerdings bezeichnet Link[4] die literarische Rede als ein sekundäres semiologisches System, womit Bilder oder Bilderfolgen nicht zur Literatur zu zählen sind.
In den Fokus der Literaturwissenschaft sind jedoch immer weitere Elemente, wie die Trivialliteratur, der Film und das Fernsehen, Comics, digitale Literatur, Netzliteratur etc. getreten. - Die beiden letzteren Begriffe müssen im Folgenden noch näher beleuchtet werden. -
Literatur kann nicht losgelöst von einem Medium betrachtet werden, da sie eines benötigt, um sich darzustellen. Dieses muss nicht zwangsläufig das Buch sein; jedoch werden diese Erscheinungen eher als literarisch bezeichnet, die weiterhin zentrale Kriterien der Buchliteratur erfüllen. Auffallend ist, dass es sich bei der Kombination von Literatur und Medien nicht immer um ein einzelnes Medium handelt, sondern Vermischungen auftreten. So kann es zu einer literarischen Vorlage ein Hörbuch und eine Verfilmung geben; es gibt Foren im Internet und Fernsehen zum Thema Literatur etc. Eine Vermischung ist auch in der Weise möglich, dass verschiedene Medien in einem Text auf unterschiedliche Weise thematisiert werden. Beispiele hierfür sind: „Am Parktor“ von Klaus Modick oder „Soloalbum“ und „Blackbox“ von Benjamin von Stuckrad-Barre.
Die unterschiedlichen Medien stehen in einer Wechselwirkung zueinander. Man kann hier von Intermedialität sprechen und die Literatur steht in diesem Spannungsfeld der Intermedialität. Sie wird von den Medien beeinflusst und wirkt ihrerseits auf die Medien. Es findet eine parallele Entwicklung, Koevolution, statt.[5]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Abb. 1: Literatur im Spannungsfeld der Intermedialität)
Eine Vermischung der Medienlandschaft, die auch Auswirkungen auf die Literatur hat, ist unbestreitbar. Mittlerweile hat die Literatur ebenso Einzug in den Bereich Computer / Internet gehalten. Dieser Bereich ist für diese Arbeit von entscheidender Bedeutung; deshalb soll im Folgenden untersucht werden, wie sich Literatur zum Medium Computer / Internet verhält.
2.1 Text und Literatur im Medium Computer / Internet
Literatur als geschriebener Text ist schon deshalb stark mit dem Computer verbunden als dass dieser die Schreibmaschine als ΄Textverarbeitungsmittel΄ abgelöst hat. Dabei bietet der Computer zusätzliche Möglichkeiten. Eine schnellere und einfachere Be- und Verarbeitung, Aktualisierung, Speicherung, Weiterleitung, sowie zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten, wie Veränderung des Layouts, das Einbinden von Bildern und Grafiken etc. Problematisch ist hier die Frage nach dem Endprodukt. Existiert noch ein Endprodukt? Der Text, der schwarz auf weiß auf dem Papier festgehalten ist, ist ebenfalls in digitaler Form im Computer abgelegt. Auf diesen kann jederzeit zugegriffen werden und es bleibt die Möglichkeit der Veränderung, genauso kann er problemlos jeder Zeit gelöscht werden. Vom Computer zum Internet ist es nur ein kleiner Schritt. Das Internet bietet eine neue Möglichkeit der Distribution. Gemeint ist hier nicht nur der Vertrieb von Print-Produkten über das Internet, sondern vielmehr die Möglichkeit, Texte ins Internet zu stellen und einer großen Masse zugänglich zu machen. Mit der notwendigen Software ist dies im Grunde jedem möglich. Deshalb verwundert es nicht, dass die Produkte, die im Internet zu finden sind, sehr zahlreich aber auch sehr unterschiedlich sind und so häufig kein Anspruch auf Qualität erhoben werden kann. Durch das Veröffentlichen auf einer eigenen Homepage umgehen die Produzenten die Qualitätskontrolle eines Lektors.[6] Jeder kann zum ΄Verleger΄ werden. Dies ist ein großer Unterschied zum gedruckten Buch; ebenso die Tatsache, dass die Texte im Internet nicht beständig sind. Sie können „jederzeit wieder geändert, verschoben oder aus dem Netz genommen werden.“[7]
So vielfältig die Texte im Internet sind, genauso vielfältig sind auch die Begriffe, die die Phänomene, die im Zusammenhang von Literatur und Internet (Computer) auftreten, beschreiben bzw. diese von anderen Phänomenen abgrenzen wollen. Hyperfiction, Hypertext, Hypermedia, Multimedia, Netzliteratur, Literatur im Netz, digitale Literatur, netart fordern Begriffsklärungen und -erläuterungen, die im nächsten Kapitel folgen sollen.
3 Begriffsklärungen
3.1 Hypertext
Spricht man über das Internet, spricht man häufig auch von Hypertext. „Was ist ΄hyper΄ am Hypertext?“[8] fragt Storrer und zeigt, dass nicht jeder Text im Internet gleich Hypertext ist. Die vorherrschende Codierung im Internet ist der Text. Die Produkte weisen jedoch gegenüber dem Medium Buch eine starke Vermischung von medialen Objekten auf (Text, bewegte / unbewegte Bilder, Ton / Sprache). Storrer weist neben „Mehrfachkodiertheit und Synästhetisierung“ „nicht-lineare Organisationsform“ und „computerverwalteter Text“ als definitorische Merkmale von Hypertexten aus.[9] Computerverwaltet bedeutet dabei, dass sich der Hypertext „nicht ohne Wertverlust auf Papier ausdrucken lässt,“ da verschiedene Textelemente durch Links miteinander verknüpft sind.[10]
„Es handelt sich streng genommen nicht mehr um einen Text, sondern um ein Netz oder Gewebe von Einzeltexten, die aber erst in digitaler Form, also auf Diskette, CD-Rom oder auf einer Website im Internet, dem Leser eine größtmögliche Freiheit versprechen.“[11]
Die nicht-lineare Organisationsform ermöglicht einen individuellen Rezeptionspfad. Storrer unterscheidet zwischen medialer Linearität bzw. Nicht-Linearität und konzeptioneller Linearität bzw. Nicht-Linearität; für letztere wählt sie den Begriff Sequenziertheit. Entscheidend hierbei ist, dass bei linearen Medien die Daten in einem fest vorgegebenen zeitlichen Nacheinander angeordnet sind, welches nur schwer unterlaufen werden kann (z.B. Tonkassette, Filmband etc.). Das Buch als ein nicht nicht-lineares Medium, in welchem die Daten zwar räumlich nacheinander angeordnet sind, lässt aber dennoch eine partielle Rezeption bzw. ein Querlesen zu. Man muss also gegenüber der Sequenziertheit unterscheiden, die die vom Textproduzenten getroffene Entscheidung über die Strukturierungsform beschreibt. Monosequenzierte Texte sind für die vollständige Lektüre des vom Autor gelegten Lesewegs bestimmt. Die Strukturierung unterstützt den Leser durch die vorgegebene Textführung bei der Kohärenzbildung. Beispiele sind Märchen, Fachartikel oder Urteilsbegründungen. Mehrfachsequenzierte Texte ermöglichen verschiedene Rezeptionspfade, die in sich kohärent sind. Der Text kann zu verschiedenen Zwecken partiell rezipiert werden (z.B. Reiseführer, Computerhandbücher). „Bei unsequenzierten Texten wird auf Lesepfade gänzlich verzichtet.“[12] Die Textelemente können unvollständig und in beliebiger Reihenfolge rezipiert werden. Beispiele sind Wörterbücher oder Lexika.[13] Hier ist eine Kohärenz häufig nicht gewährleistet.
Mehrfachsequenzierte und unsequenzierte Texte lassen sich als Hypertexte darstellen. Gerade bei diesen Texten erweist sich der Computer als vorteilhaftes Medium, wobei die Einbindung in das Internet nicht zwingend notwendig ist.
Zusammenfassend sei gesagt, Hypertexte sind multimediale, computerverwaltete und nicht-lineare - im Sinne von merhfachsequenzierte oder unsequenzierte - Texte.
Als nächster Schritt soll der Bogen gespannt werden von Hypertexten zu Netzliteratur bzw. digitaler Literatur. Dazu bedarf es allerdings weiterer Definitionen, die im folgenden Kapitel schließlich zur Netzliteratur führen werden.
[...]
[1] Storrer, Angelika: Was ist ΄hyper΄ am Hypertext? In: Sprache und neue Medien. Jahrbuch des Instituts für deutsche Sprache 1999. Hrsg.: Kallmeyer, Werner. Berlin, New York 2000. S. 222-249.
[2] Link, Jürgen: Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe, eine programmierte Einführung auf strukturalistischer Basis. 6., unveränderte Auflage. Fink. München 1997. S. 102.
[3] Vgl. Ebd.
[4] Vgl. Ebd.
[5] Vgl. Wermke, Jutta: Literatur- und Medienunterricht. In: Grundzüge der Literaturdidaktik. Hrsg.: Bogdal, Klaus-Michael / Korte, Hermann. dtv. München 2002. S. 95f.
[6] Vgl. Simanowski, Roberto: Digitale Literatur. Anmerkungen zu Spielarten elektronischer Belletristik. Online-Publikation: http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=949 (Stand: 15.02.2004).
[7] Simanowski, Roberto: Digitale Literatur? Der Essay zum Wettbewerb. In: Literatur.digital. Formen und Wege einer neuen Literatur. Hrsg.: Simanowski, Roberto. München 2002. S. 12.
[8] Storrer, Angelika [1999]. S. 222-249.
[9] Vgl. Ebd. S. 227.
[10] Vgl. Ebd. S. 229.
[11] Vogt, Jochen: Einladung zur Literaturwissenschaft. Online-Publikation: http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv/ (Stand: 25.03.2004)
[12] Storrer, Angelika [1999]. S. 241.
[13] Vgl. Ebd. S. 240ff.
- Citar trabajo
- Stefanie Mißling (Autor), 2002, Was ist Literatur an Netzliteratur?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35272
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