Einer verbreiteten Auffassung der völkerrechtswissenschaftlichen Literatur zufolge galt in der Zeit des späten 19. Jahrhunderts bis zu Beginn des Ersten Weltkrieges ein unbeschränktes ius ad bellum. Demnach hatten souveräne Staaten im Zeitalter des Imperialismus ein unbeschränktes Recht zum Kriege zu schreiten. Grund hierfür ist die Annahme, dass die Entscheidung über Krieg oder Frieden allein in der Macht des souveränen Staates stehe, der ungeachtet rechtlicher oder moralischer Schranken mittels des Krieges dazu berechtigt wäre, seine Ziele zu verfolgen. Gleichwohl lassen die Rechtfertigungsversuche der Kriege und die aufkommenden pazifistischen Bewegungen des 19. Jahrhunderts erkennen, dass die Frage nach der Legitimation des Krieges durchaus eine Rolle spielte. Dahingehend ist die Frage zu stellen, welche divergierenden Ansichten bezüglich der Existenz des ius ad bellum bestehen und ob nicht eine Beschränkung des ius ad bellum aus der Völkerrechtslehre der Zeit zwischen 1880 bis 1914 deduziert werden kann.
Nach einer historisch-politischen Kontextualisierung soll die grundsätzliche Existenz des ius ad bellum in der Zeit 1880 bis 1914 erläutert werden, wobei neben dem Begriff des ius ad bellum auf die Frage nach der rechtstheoretischen Begründung unter Einbezug der zugrunde liegenden Ideologien der zeitgenössischen Gelehrten eingegangen wird. Anschließend wird der Versuch unternommen, eine Beschränkung des ius ad bellum aus der Völkerrechtslehre der Zeit 1880 bis 1914 herzuleiten. Hierfür werden die vorherrschenden Ansichten der Literatur dargestellt und nach Elementen untersucht, die als Ausdruck eines beschränkten ius ad bellum zu interpretieren sein könnten. Dabei wird vor allem Bezug auf die Lehre vom bellum iustum und der Ansicht vom Krieg als ultima ratio hin hinsichtlich der vorherigen Ausschöpfung friedlicher Streiterledigungsmittel genommen. Gleichzeitig soll der Einfluss der Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 auf das ius ad bellum aufgezeigt werden.
Die vorliegende Arbeit verzichtet auf fachwissenschaftliche Rezensionen von Seiten der zeitgenössischen Völkerrechtsliteratur und erschöpft sich in der eigenen Beurteilung und Bewertung der herangezogenen Quellen.
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
A. Einleitung
B. Historisch-politische Kontextualisierung
C. Die grundsätzliche Existenz des ius ad bellum
I. Zum Begriff des ius ad bellum
II. Die rechtstheoretischen Begründungen nach der zeitgenössischen Völkerrechtslehre
1. Das „ ausdrückliche “ius ad bellum
2. Die „ Indifferenztheorie “
3. Die Ablehnung eines ius ad bellum
4. Zwischenfazit
III. Die ideologischen Haltungen zwischen Bellizismus und Pazifismus
1. Die pazifistischen Haltungen
2. Die bellizistischen Haltungen
3. Zwischenfazit
D. Die Deduktion einer Beschränkung des ius ad bellum
I. Die Theorie des unbeschränkten ius ad bellum
II. Ausdruck der Beschränkung des ius ad bellum
1. Der Einfluss der Lehre vom bellum iustum
a. Historischer Abriss
b. Kritik der Lehre
c. Rezeption in der Völkerrechtsliteratur der Zeit 1880 bis 1914
d. Zwischenfazit
2. Krieg als ultima ratio
a. Die Mittel zur friedlichen Streitbeilegung
b. Bestehen einer Verpflichtung
3. Der Einfluss der Haager Friedenskonferenzen
a. Hintergrund
b. Ergebnisse der Konferenzen
(1) Zur ersten Konferenz im Jahre 1899
(2) Zur zweiten Konferenz im Jahre 1907
c. Zur Rolle der Schiedsgerichtsbarkeit
d. Zur Zulässigkeit des Krieges
e. Vergleich der Lehren von 1880 bis 1899 und 1899 bis 1914
f. Zusammenfassung
4. Die Bryan-Verträge
E. Fazit
- Quote paper
- Enno Mensching (Author), 2015, Das "ius ad bellum" in der Zeit 1880 bis 1914, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/352676
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