Ich arbeite seit drei Jahren auf einer Förderschule mit dem Schwerpunkt „Lernen“. In der neunten Klasse, in der ich als Fachlehrerin Technik unterrichte, lernt ein Schüler mit Tic-Störungen und ADHS. Die Kontaktaufnahme erfolgte durch mich als Fachlehrerin. Der Schüler kam zu dem Beratungsgespräch mit seinen Eltern auf Anraten der Klassenlehrerin und der Fachlehrerin.
Der Anlass der Kontaktaufnahme ist der negative Umgang eines neuen Mitschülers auf das auffällige Verhalten (regelmäßigen Tics) des Schülers und seine Äußerung die Schule zu wechseln. In der Klasse waren die Tics noch nie ein Gesprächsthema gewesen, da die Schüler unserer Schule und besonders in dieser Klasse diese gewohnt sind. Seit dem der neue Mitschüler die Klasse besucht, weigert sich der Schüler in die Schule zu gehen und zieht sich in der Klasse zurück. Das Beratungsgespräch führte ich als Fachlehrerin mit den Eltern und dem Schüler durch.
Inhaltsverzeichnis
1. Beratungsprotokoll
1.1 Allgemeine Angaben zum Ist-Zustand
1.2 Angaben zu Familie und Lebenssituation des Schülers
1.3 Präsentiertes Problem
1.4 Auf dem Weg zur Lösung - Zieloptionen
1.5 Umsetzung der Lösungsvorschläge
1.6 Reflexion
1. Beratungsprotokoll
1.1 Allgemeine Angaben zum Ist-Zustand
Ich arbeite seit drei Jahren auf einer Förderschule mit dem Schwerpunkt „Lernen“. In der neunten Klasse, in der ich als Fachlehrerin Technik unterrichte, lernt ein Schüler mit Tic-Störungen und ADHS. Die Kontaktaufnahme erfolgte durch mich als Fachlehrerin. Der Schüler kam zu dem Beratungsgespräch mit seinen Eltern auf Anraten der Klassenlehrerin und der Fachlehrerin. Der Anlass der Kontaktaufnahme ist der negative Umgang eines neuen Mitschülers auf das auffällige Verhalten (regelmäßigen Tics) des Schülers und seine Äußerung die Schule zu wechseln. In der Klasse waren die Tics noch nie ein Gesprächsthema gewesen, da die Schüler unserer Schule und besonders in dieser Klasse diese gewohnt sind. Seit dem der neue Mitschüler die Klasse besucht, weigert sich der Schüler in die Schule zu gehen und zieht sich in der Klasse zurück. Das Beratungsgespräch führte ich als Fachlehrerin mit den Eltern und dem Schüler durch.
1.2 Angaben zu Familie und Lebenssituation des Schülers
Der Schüler ist 15 Jahre alt und besucht die Förderschule in O. Er hat einen sehr langen Anfahrtsweg zu Schule. Er lebt mit seiner Mutter und der jüngeren Schwester in Z. Die Eltern leben getrennt, sind jedoch im guten Kontakt miteinander und kümmern sich beide um die Kinder. Der Vater lebt im gleichen Wohnblock wie der Schüler und hat täglichen Umgang. Der Schüler lebte bereits vier Monate in einer Klinik in N., wo er behandelt und medikamentös eingestellt wurde. Seit der Schüler in der Pubertät ist, wurde die Einnahme von medizinischen Präparaten vom Arzt eingestellt. Seine Tics treten demzufolge viel häufiger und in regelmäßigen Abständen auf, insbesondere wenn die Konzentration des Schülers im Laufe des Schultages nachlässt.
In seiner Freizeit spielt der Schüler mit seinem Vater Spielkonsole und geht mit ihm sehr oft angeln.
1.3 Präsentiertes Problem
Im Beratungsgespräch hat der Schüler geäußert, dass er nicht mehr in die Schule gehen will und diese lieber wechseln möchte. Er erzählt, dass er von dem neuen Mitschüler seit circa einem Monat regelmäßig ausgelacht und beschimpft wird. Der Mitschüler sagte zu ihm: „Solche kranken Spasten wie du werden nie eine Ausbildung bekommen, du kannst dich nicht mal vernünftig mit Menschen unterhalten.“ Seit diesem Kommentar will der Schüler ebenfalls sein Praktikum nicht mehr besuchen. Er sagt, dass er sich auch nicht mehr in der Schule anstrengen braucht, da er eh nur ausgelacht wird. Die Eltern äußern, dass er aufgrund seiner Tics noch nie gemobbt oder beleidigt wurde. Die Klassenlehrerin bestätigt diese Aussage, da alle Schüler in der Klasse irgendein Handicap mitbringen und das Anderssein für sie normal ist. Der Schüler schildert, dass er einfach seine Ruhe haben möchte und einen Neuanfang auf einer anderen Schule. Er will wieder „auch mal was zu lachen haben“ und „ohne Angst zur Schule gehen“ können. Die Eltern machen sich große Sorgen, dass er zu einem Schulschwänzer wird und dadurch keinen Schulabschluss und durch die Fehltage auf dem Zeugnis keine Ausbildung bekommen wird.
1.4 Auf dem Weg zur Lösung - Zieloptionen
Auf die Frage, welche Lösungen dem Schüler einfallen, um sein Problem zu lösen sagt er, dass er einfach auf eine andere Schule gehen möchte. Ich habe ihm daraufhin folgende Frage gestellt: „Stell dir vor, morgen kommt zu uns in die Klasse ein Mensch, der drei große Probleme von dir lösen kann, um was würdest du ihn konkret bitten und was soll sich für dich verändern?“
„Ich würde ihm sagen, dass der Typ die Schule verlassen soll. Ohne ihn war alles besser.“ „Und ich will, dass dieses blöde Gefühl aus meinem Bauch verschwindet, Angst und so.“ „Und wenn er das machen kann, dass ich einfach nicht mehr diese Tics habe, mein Kopf platzt einfach, kann nichts machen dagegen.“
Die Eltern machen daraufhin den Vorschlag, ihren Sohn medizinisch zu untersuchen, um eventuell mit der medikamentösen Therapie wieder anfangen zu können, damit er sich wieder besser konzentrieren kann und die auffälligen Tics geringer werden. Sie machen den Vorschlag, den Mitschüler vorübergehend in der Parallelklasse zu beschulen, um die angespannte Situation in der Klasse aufzulösen. Auch ein Gespräch mit dem Mitschüler und seinen Eltern würden sie gerne führen wollen.
Auf dem Weg zur Lösung des Problems habe ich folgende Vorschläge und Ziele festgemacht:
Der Schüler muss eine Angstreduktion durch positive Erlebnisse erfahren und sein Selbstbewusstsein stärken. Er hat die Möglichkeit bei der Abschlussfeier der Klasse 10, das Programm mitzugestalten und sogar aktiv auf der Bühne tätig zu werden. Ziel ist es, ihn wieder sozial in die Klassen- und Schulgemeinschaft zu integrieren, damit die Schule als Lernort wieder positiv aufgenommen wird. Ein vorübergehender Klassenwechsel ist durch den Beschluss der Lehrerkonferenz als Ordnungsmaßnahme möglich. Ein Ausschluss von der im Mai anstehenden Klassenfahrt ist eine weitere Möglichkeit der Ordnungsmaßnahme, die umgesetzt werden kann. Es wurde der Vorschlag gemacht, die Eltern des Mitschülers zu einem Gespräch einzuladen, um eine schnelle Klärung des Problems zu erreichen. Die Klassenlehrerin hat den Vorschlag gemacht, die neunten Klassen beim in der Schule stattfindenden Workshop im Mai zum Thema Gewalt und Toleranz anzumelden bei dem die Schüler durch Rollenspiele aktiv werden sollen.
Die Vorschläge wurden von mir auf der Tafel festgehalten.
Die Klassenlehrerin hat die Eltern und den Schüler gefragt, welche Lösung angestrebt werden sollte. Die Lösungsvorschlage der am ehesten erwünscht sind, sollen mit einem einen Plus markiert werden.
Das Ergebnis war, dass der Schüler und die Eltern ein weiteres Gespräch mit der Familie wünschen und dass der Schüler in die Parallelklasse versetzt werden soll. Parallel werden die Eltern mit dem Schüler den behandelnden Arzt aufsuchen, um die Situation für den Schüler zu verbessern.
Als ersten Schritt wurde ein Zeitfenster festgelegt, indem die Eltern des Mitschülers zu einem Gespräch eingeladen werden sollen. Des Weiteren wird zeitnah ein Termin zur Klassenkonferenz stattfinden, indem eine Umsetzung in die Parallelklasse erfolgen soll.
1.5 Umsetzung der Lösungsvorschläge
Folgende Schritte sind für die Umsetzung der Lösungsvorschläge angedacht. Die Klassenlehrerin informiert die Eltern schriftlich über die Situation und schlägt zwei Termine zu einem gemeinsamen Gespräch mit allen Beteiligten vor. Am Donnerstag wird um 14 Uhr eine Lehrerkonferenz stattfinden, um die Ordnungsmaßnahme zu besprechen. Die Klassenlehrerin wird ebenfalls die Lehrer darüber informieren, dass sie in dem Klassenbuch beigelegte Liste als Rückmeldung für den behandelnden Arzt täglich ausfüllen müssen, um die Reaktion des Schüler auf die möglicherweise neu angedachte Medikation zu protokollieren (Vorgang ist bereits erfolgt und die Lehrer kennen die Prozedur).
1.6 Reflexion
Nach dem Beratungsgespräch kann ich festhalten, dass ich das nächste Beratungsgespräch anders halten würde. Ich würde die einzelnen Schritte der Beratung an der Tafel visualisieren, um für alle Beteiligten eine Struktur erkenntlich zu machen und um Sprünge oder Wiederholungen in der Thematik zu vermeiden. Eine feste Zeitvorgabe im Voraus ist beim nächsten Beratungsgespräch sehr sinnvoll. Das parallele Notieren durch die Beratenden sollte beim nächsten Gespräch möglichst reduziert werden. Das parallele Schreiben habe ich als lästig empfunden und konnte dem Gespräch nicht richtig folgen, da ich Mitschriften machen musste. Ich musste häufig nachfragen und die Eltern waren bereits beim nächten Gedanken.
Bei der Schilderung des Ist-Zustandes finde ich die Methode eines Wunsch - Drehbuchs für einen Film passender, als einen fiktiven Menschen, der für einen alle Probleme lösen kann. Das würde eher zu der Altersstufe des Schülers passen.
Die Lösungsvorschläge würde ich nicht mehr an der Tafel visualisieren, da man diese nicht greifbar machen kann. Mit kleinen Kärtchen werden die Teilnehmer selbst aktiv und können ihre Gedanken fassen und formulieren. Auch das Bewegen der Kärtchen und somit der eigenen Gedanken und Lösungen ist dadurch besser möglich. Man kann die Kärtchen zum Beispiel verschieben oder weglegen.
Ich würde beim nächsten Gespräch das Schlüsselproblem und das Hauptziel fokussieren und visualisieren, damit dieses nicht in den Hintergrund gerät oder vergessen wird. Des Weiteren würde ich beim nächsten Gespräch versuchen durch unterschiedliche Fragetypen das Verbalisieren von Gefühlen und Gedanken anzuregen. Auch bei der Analyse der Situation würde ich beim nächsten Gespräch versuchen, direkteres und persönlicheres Ansprechen anzustreben. Mein Ziel als Beraterin ist es beim nächsten Gespräch mehr auf die Handlungsziele und die Handlungsschritte zu achten und diese zu konkretisieren und zu visualisieren. Mögliche Schwierigkeiten sollten ebenfalls besprochen werden, um die Eltern und den Schüler nicht zu sehr zu enttäuschen, wenn ihre Erwartungen nicht ganz erfüllt werden können. Ich würde beim nächten Gespräch die Beratung mit Sätzen beenden, die den Eltern und dem Schüler Sicherheit, Verständnis und die Zuversicht geben, dass gehandelt wird. Und als letzen Punkt würde ich anmerken, dass ich die Eltern und den Schüler fragen würde, welche konkreten Erwartungen sie persönlich an mich oder die Schule haben.
Das Beratungsgespräch verlief im Ganzen sehr angenehm und die Mutter hat sich viele Inhalte notiert. Wir haben uns darauf geeinigt die Eltern des Mitschülers so schnell wie möglich zu informieren und in die Situation einzubeziehen.
Positiv fand ich, dass der zu behandelnde Arzt von Seiten der Eltern aufgesucht wird und der Schüler diesen regelmäßig besuchen wird, um seine gesundheitliche Situation verbessert werden kann. Sorge bereitet mir die Tatsache, dass der Mitschüler nach der Rückkehr in seine Klasse wieder negative Ausdrucke äußern wird. Daher wäre es anzuraten, dass die beiden neunten Klassen bei dem Workshop teilnehmen und ein längeres Projekt zum Thema Mobbing und Toleranz in der Schule durchgeführt wird.
Positiv ist anzumerken, dass der Schüler nach dem Gespräch von einem Schulwechsel Abstand nimmt und die Familie eigene konkrete Lösungsvorschläge vorgeschlagen hat.
Abschließend will ich anmerken, dass die Familie und ganz besonders der Schüler bestärkt aus der Beratung, mit hoher Motivation etwas zu verändern, herausgingen und eine Besserung der Situation zu bekommen. Es soll zeitnah ein weiteres Gespräch mit den beiden Familien erfolgen, um weitere gemeinsame Ziele zwischen Schule und Elternhaus für beide Schüler zu schaffen.
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- Arbeit zitieren
- M. Ed. Julia Steblau (Autor:in), 2016, Exemplarisches Beratungsprotokoll eines Fallbeispiels in der Sonderpädagogik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/352213
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