Die Gehörlosenschule in Bielefeld möchte es den Schülern ermöglichen,
ein weitgehend selbstständiges „Leben in zwei Welten“ zu führen. Um
sich in der Welt der Hörenden (Familie, Schule, Beruf, ...) und der der
Gehörlosen (Freunde, Partnerwahl, Freizeit, ...) zurechtzufinden, muss
die Schule den Schülern unter anderem ein positives Selbstwertgefühl
vermitteln. Zur Zeit gibt es 87 Schüler, wobei 15 davon in den
dazugehörigen Sonderschulkindergarten oder zur Früherziehung gehen.
13 Schüler sind mehrfachbehindert und gehören zu einer der beiden MGruppen.
An der Schule unterrichten 14 Lehrer/innen und vier
Lehramtsanwärterinnen. Die zehn Klassen sind jeweils mit sechs bis elf
Schülern besetzt. Außerdem gibt es noch einen Zivildienstleistenden, der
in der M-Gruppe ist, und eine Pastorin, die Konfirmationsunterricht gibt.
Die Schüler kommen aus 49 Städten in der Umgebung Bielefelds.
Teilweise haben die Schüler einen Schulweg von über 60 km, der mit
Schulbussen oder Taxen absolviert wird. Ein sehr positiver Aspekt ist die
Lage der Schule. Durch die direkte Nähe eines Supermarktes können die
Schüler auch für das praktische Leben lernen. Auch Amtsgänge sind
schnell mit dem betreffenden Schüler erledigt, weil die Stadtmitte
innerhalb von ein paar Minuten mit der U-Bahn erreicht ist. Genaueres
zeigt auch folgende Skizze. Weiterhin ist eine Skizze des Klassenraumes
hinzugefügt.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorstellung der institutionellen Rahmenbedingungen
1.1 Unterrichtsgänge
1.2 Klassenraum
2. Charakterisierung der Schüler
2.1 Sxxxxx
2.2 Sxxxx
2.3 Pxxxx
2.4 Jxxxx
2.5 Qxxxx
2.6 Hxxxx
2.7 Die Schüler als Gruppe
3. Beobachtungsprotokoll einer Unterrichtsstunde
4. Beobachtungsprotokoll eines Schülers
5. Unterrichtsplanungen
5.1 1. Kurze Unterrichtsplanung
5.2 2. Kurze Unterrichtsplanung
5.3 3. Kurze Unterrichtsplanung
5.4 4. Kurze Unterrichtsplanung
5.5 5. Kurze Unterrichtsplanung
5.6 6. Kurze Unterrichtsplanung
5.7 7. Kurze Unterrichtsplanung
5.8 8. Kurze Unterrichtsplanung
5.9 lange Unterrichtsplanung
6. Gesamtreflexion
7. Literatur
1. Vorstellung der institutionellen Rahmenbedingungen
Die Gehörlosenschule in Bielefeld möchte es den Schülern ermöglichen, ein weitgehend selbstständiges „Leben in zwei Welten“ zu führen. Um sich in der Welt der Hörenden (Familie, Schule, Beruf, ...) und der der Gehörlosen (Freunde, Partnerwahl, Freizeit, ...) zurechtzufinden, muss die Schule den Schülern unter anderem ein positives Selbstwertgefühl vermitteln. Zur Zeit gibt es 87 Schüler, wobei 15 davon in den dazugehörigen Sonderschulkindergarten oder zur Früherziehung gehen. 13 Schüler sind mehrfachbehindert und gehören zu einer der beiden M-Gruppen. An der Schule unterrichten 14 Lehrer/innen und vier Lehramtsanwärterinnen. Die zehn Klassen sind jeweils mit sechs bis elf Schülern besetzt. Außerdem gibt es noch einen Zivildienstleistenden, der in der M-Gruppe ist, und eine Pastorin, die Konfirmationsunterricht gibt. Die Schüler kommen aus 49 Städten in der Umgebung Bielefelds. Teilweise haben die Schüler einen Schulweg von über 60 km, der mit Schulbussen oder Taxen absolviert wird. Ein sehr positiver Aspekt ist die Lage der Schule. Durch die direkte Nähe eines Supermarktes können die Schüler auch für das praktische Leben lernen. Auch Amtsgänge sind schnell mit dem betreffenden Schüler erledigt, weil die Stadtmitte innerhalb von ein paar Minuten mit der U-Bahn erreicht ist. Genaueres zeigt auch folgende Skizze. Weiterhin ist eine Skizze des Klassenraumes hinzugefügt.
2. Charakterisierung der Schüler
2.1 Sxxxxx
Sxxxxx hat eine hochgradige Innenohrschwerhörigkeit mit einem Hörverlust von 110 dB auf dem rechten Ohr. Auf dem linken Ohr zeigt er nur unsichere Hörreaktionen. Außerdem hat er aufgrund einer Meningitis im Alter von vier Monaten einen Hirnschaden und eine Muskelschwäche in beiden Augen. Er kann Gegenstände nicht visuell fixieren. Sxxxxx wird nach den Richtlinien für Geistigbehinderte unterrichtet. Seine Familie kommt aus Russland und lebt seit 1995 in Deutschland. Mit seinen Klassenkameraden kommt er gut zurecht, wobei Pxxxx, neben dem er auch sitzt, sein bester Freund ist. Dem Unterricht folgt er weitgehend und zeigt auch immer Interesse für neue Themen, obwohl er häufig mit Pxxxxx oder Sxxxx Späße macht. Den schwächeren Mitschülern gegenüber verhält er sich sehr sozial und hilft ihnen, wenn diese Probleme haben. Vor allem Sxxxx hält er häufig dazu an, schneller zu arbeiten.
2.2 Sxxxx
Sxxxx hat auf dem rechten Ohr einen Hörverlust von 95 dB; auf dem linken Ohr zeigt er nur bei 3000 und 4000 dB Verstärkung eine Hörreaktion. Außerdem hat er einen Hydrocephallus und eine Diplegie im Bereich der Beine und ist deswegen auf einen Rollstuhl, bzw. auf einen Rollatour angewiesen. Weiterhin leidet er an einer Fehlsichtigkeit, die aber durch eine Brille ausgeglichen wird. Seine Eltern sind 1991 aus Russland in die BRD ausgesiedelt. Sxxxx wird als geistigbehindert eingestuft.
Im Unterricht bemüht er sich, seine Aufgaben sorgfältig zu lösen, wobei sein Tempo allerdings zu wünschen übrig lässt. Er ist zu seinen Mitschülern und den Menschen in seiner Umgebung stets freundlich und hilfsbereit. Sxxxx ist sehr daran interessiert, etwas Neues zu lernen. Seine sprachlichen Fähigkeiten sind so gut ausgebildet, dass auch ein Außenstehender ihn gut verstehen kann. Weiterhin gibt er sich viel Mühe, seine Bewegungsmöglichkeiten zu verbessern, indem er jeden Tag auf dem Schulhof sechs Runden mit dem Rollatour geht, und auch im Sportunterricht macht er mit Freude so gut mit, wie es geht.
2.3 Pxxxx
Pxxxx leidet an einer hochgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit. Auf dem linken Ohr hat er einen Hörverlust von 110 dB, und auf dem rechten Ohr 100 dB. Außerdem hat er Wahrnehmungsstörungen im visuellen Bereich. Seine Eltern sind Tamilen aus dem heutigen Puvalu, immigrierten aber nach Deutschland, bevor Pxxxx geboren ist. Unterrichtet wird Pxxxx nach den Richtlinien für Lernbehinderte. Im Klassenverband kommt er gut zurecht, und trotz der ständigen „liebevollen“ Schläge von Sxxxxx, ist er dessen bester Freund und unzertrennbar von ihm. Auch im Sportunterricht machen die beiden alles gemeinsam. Bei den anderen Mitschülern ist er sozial engagiert und hilft ihnen jederzeit. Oft wird er von Sergej zu Unsinn angestiftet und macht dort bereitwillig mit. Im Unterricht konzentriert er sich auf die zu lösenden Aufgaben und erfüllt sie in einem schnellen Tempo. Auch in den praktischen Fächern bemüht er sich und übernimmt oft freiwillig kleinere Aufgaben, wie z.B. die Fenster zu schließen oder die Tafel zu putzen.
2.4 Jxxxx
Jxxxx leidet an einer an Taubheit grenzenden Innenohrschwerhörigkeit, mit einem Hörverlust von 110 dB im rechten Ohr, und einem Hörverlust von 95 dB im linken Ohr. Außerdem zeigt er Verhaltensauffälligkeiten und autistische Züge, und wird deswegen als geistigbehindert eingestuft. Seine Aufgaben in der Schule löst er stets gewissenhaft, gibt sich auch bei schwierigen Aufgaben viel Mühe und löst sie selbstständig. Dies liegt aber auch eventuell daran, dass er sich aufgrund mangelnder Gebärdenkompetenz nicht gut mit seinen Mitschülern verständigen kann. Er hat sich nur wenige Gebärden angeeignet und führt diese nur sehr schwammig aus, so dass es schwierig ist, diese zu erkennen. Des weiteren hat er sich eigene Gebärden entwickelt, die nur seine Mitschüler deuten können. Auch auf wiederholte Aufforderung spricht Jens überhaupt nicht. Seine Kommunikation läuft eigentlich ausschließlich über die Schriftsprache ab. Aus diesem Grund ist er auch der einzige Schüler in der Klasse, der ganze Texte recht sinnvoll und verständlich verfassen kann. Auch sein Wochenend-Tagebuch schreibt er- im Gegensatz zu den anderen Schülern, die lieber das Erlebte malen.
2.5 Qxxxx
Qxxxx leidet an einer hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit mit 60 dB Hörverlust auf dem linken, und 85 dB Hörverlust auf dem rechten Ohr. Im Intelligenztest hat er einen IQ von 77 erreicht. Seine Eltern sind Albaner und sprechen auch zu Hause nur albanisch. Qxxxx fehlt oft unentschuldigt, vor allem wenn Sport- oder Schwimmunterricht anstehen. Seine Eltern unterstützen dieses Verhalten, denn sie möchten ihren Sohn zu
nichts „zwingen“. Auch auf mehrmaliges Auffordern der Schulleitung, wenn Qxxxx fehlt, eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, reagieren sie nicht. Da seine Eltern Analphabeten sind und Qxxxx auch in Albanien keine Schule besucht hat, konnte er zu Beginn seiner Schulzeit nicht schreiben. Dies wirkt sich auch heute noch aus. Er kann nur einzelne Wörter schreiben, allerdings nur, wenn er sie abschreiben kann. Und auch dann nimmt er sich jedes Graphem einzeln vor. Wenn er Aufgaben hat, die für ihn schwer zu bewältigen sind, verweigert er oft die Arbeit. Seine Frustrationsschwelle ist sehr schnell erreicht. Außerdem ist sein Arbeitsverhalten von seiner jeweiligen Tagesform abhängig. Seine Hausaufgaben lässt er sich häufig von seiner Schwägerin machen, was man immer an der Schrift erkennen kann. Wenn er dann aufgefordert wird, sie noch einmal selber in der Schule zu machen, ist er sauer, macht die Aufgaben aber dennoch. In der Klasse macht er oft Späße und kichert häufig die ganze Schulstunde über. Wenn er Fragen hat, beugt er sich meistens über Jxxxx, um Pxxxx auf sich aufmerksam zu machen, indem er ihn auf den Arm schlägt. Wenn er die Lehrer auf sich aufmerksam machen möchte, fängt er häufig an, Tanzbewegungen (Hip Hop) auszuführen, um sich Lob einzuholen. Wenn er am Unterrichtsende die Tafel putzen soll, weigert er sich oft, macht es dann aber doch irgendwann, weil seine Mitschüler, die in der Zeit auch nicht den Raum verlassen dürfen, ihn dazu drängen.
2.6 Hxxxx
Hxxxx ist erst seit Schuljahresbeginn in der Klasse. Seine Eltern sind Deutsche, die aber bis vor kurzem in Paraguay gelebt haben. Hxxxx war dort trotz seiner Schwerhörigkeit auf einer Regelschule. Er hatte keine Hörgeräte und konnte den
Unterricht nicht verfolgen, obwohl seine Schwerhörigkeit nicht
so extrem ausgebildet ist, wie bei seinen Klassenkameraden. Er kann auch ziemlich gut sprechen, allerdings artikuliert er nur sehr leise, so dass man ihn nur versteht, wenn man ganz nah an ihn heran geht. Gebärdenkenntnisse hatte er gar keine und konnte sich deshalb in der ersten Woche überhaupt nicht mit seinen Mitschülern unterhalten. Er lernt aber sehr schnell dazu, und kann sich seit der zweiten Woche schon einigermaßen verständigen. Gerade die Schimpfwörter hat er sehr schnell übernommen. Aufgrund dieser Tatsache hat er sich jetzt schon in der Klassengemeinschaft gut eingelebt und ist auch auf dem Schulhof nie alleine. Seine Aufgaben erledigt er sehr gewissenhaft und zügig. Er macht verständlich, wenn er etwas in der Schule in Paraguay nicht gelernt hat. Einige Arbeitsaufträge versteht er allerdings nicht und führt sie falsch aus. Wenn er die Arbeit dann noch einmal verrichten soll, macht er dies auch bereitwillig und zügig.
2.7 Die Schüler als Gruppe
Wenn man nun abschließend die Schüler in der Gruppe als Ganzes betrachtet, fällt einem auf, dass sie erstaunlich sozial miteinander umgehen. Wenn Sxxxx z.B. mit seinem Rollstuhl durch eine Tür möchte, dann bleibt immer einer der Jungen bereitwillig zurück, um sie ihm aufzuhalten. Auch die Pausen verbringen sie immer gemeinsam in ihrer Gruppe, sind aber auch oft für die jüngeren Kinder da, um ihnen zu helfen. Der einzige, der die Ausnahme macht, ist Jxxxx. Er ist der Einzelgänger in der Klasse, der weder vor Schulbeginn noch in den Pausen seine Zeit mit seinen Klassenkameraden verbringt. Wenn man ihn dazu auffordert, mit den anderen zusammen Basketball zu spielen, versucht er es auch zunächst. Er merkt
dann aber irgendwann, dass er den Ball nicht bekommt, wenn er im Spielgeschehen nicht mitmacht, und zieht sich dann eine in eine Schulhofecke zurück. Auch wenn andere Mitschüler ihn dazu animieren wollen, mit ihnen zu spielen, reagiert er, indem er sich zurückzieht. In der Klasse hat das aber nicht die Folge, dass Jxxxx gehänselt wird. Er wird akzeptiert und meistens in Ruhe gelassen. Der neue Schüler Hxxxx wird von den Schülern erstaunlich schnell mit in die Gruppe integriert, obwohl er zunächst keine Gebärdensprache konnte. Trotz der kleineren Streitereien, die immer mal wieder vorkommen, zeigt diese Gruppe einen guten Zusammenhalt.
3. Beobachtungsprotokoll einer Unterrichtsstunde
Thema der Stunde: Einführung des Thermometers
Zu Beginn der Stunde spricht Frau Mxxxx in Form von Frontalunterricht mit den Schülern darüber, dass das Wetter manchmal warm und manchmal kalt ist. Dann erzählt sie, dass es auch für Wärme und Kälte eine Maßeinheit gibt und fragt die Schüler, ob diese wissen, welche das denn sei. Als kein Schüler eine Antwort geben kann, schreibt sie °C an die Tafel und führt ebenfalls dazu Gebärden aus. Die Schüler sollen die Gebärde nachahmen und auch dazu sprechen. Anschließend fragt Frau Mxxxx, mit welchem Gerät die Wärme, bzw. die Kälte gemessen wird. Auch hier hat keiner der Schüler eine Idee, und Frau Mxxxx schreibt „das Thermometer“ an die Tafel. Im Anschluss wird die Gebärde dafür eingeübt. Nun hängt Frau Mxxxx noch zusätzlich eine Kopie mit den Gebärden an die Tafel, die sich an der hinteren Wand im Klassenzimmer befindet. Sie erklärt den Schülern, dass sie sich die Fotos jederzeit angucken dürfen, wenn sie die Gebärde wieder vergessen sollten. Nun erklärt Frau Mxxxx den Aufbau des Thermometers; dass über 0°C der + , und unter 0°C der –Bereich liegt. Anschließend holt sie zwei Thermometer aus ihrer Tasche, zeigt sie den Kindern und lässt den Schüler Sxxxxx dieses an die Tafel malen. Das sollen jetzt alle Schüler in ihr Schulheft übertragen. Als nächstes verteilt Frau Mxxxx einen Arbeitszettel, auf dem die Schüler ein aufgezeichnetes Thermometer beschriften sollen und die Gebärde, die sie von einem anderen Arbeitsblatt ausschneiden und dort aufkleben sollen. Die Schüler Sxxxx und Jxxxx müssen diese Arbeit zweimal erledigen, weil sie auf dem ersten Arbeitsblatt zuviel Klebe benutzt haben und alles verschmiert ist. Als dann alle fertig sind, verteilt Frau Mxxxx einen
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- Mirjam Wegener (Author), 2002, Praktikumsbericht - Zum Blockpraktikum an einer Gehörlosenschule, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35220
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